Sozialpsychologie des Körpers: Wie wir unseren Körper erleben
Von Gisela Steins
()
Über dieses E-Book
Mehr von Gisela Steins lesen
Von der Psychiatrie zurück in die Schule: Reintegration bei Schulabsentismus: Konzepte - Begründungen - Materialien Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSozialpsychologie des Schulalltags: Das Miteinander in der Schule Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnlich wie Sozialpsychologie des Körpers
Ähnliche E-Books
Da zu sein, wo du bist: Gelingende Kommunikation mit Menschen in existenziellen Krisen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKinderprobleme verstehen und lösen: Ein psychotherapeutischer Werkzeugkoffer für Eltern Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEmotionale Kompetenz bei Kindern und Jugendlichen: Entwicklung und Folgen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEvidenzbasierte Pädagogik: Sonderpädagogische Einwände Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJungenpädagogik im Widerstreit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerstehen, was der Fall ist: Vom Nutzen der Psychoanalyse für die Pädagogik Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUnterhaltsrecht für die Soziale Arbeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLebensräume - Lebensträume: Innovative Konzepte und Dienstleistungen für besondere Lebenssituationen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPositives Elternhandeln: Pädagogik im familiären Alltag Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWohnungslosigkeit: Grundlagen und Handlungswissen für die Soziale Arbeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIdentität und Begehren: Zur Psychodynamik der Sexualität Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBildung im digitalen Wandel: Soziologische Perspektiven Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTräume von Kindern und Jugendlichen: Diagnostik und Psychotherapie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWie Kinder zwischen vier und acht Jahren lernen: Psychologische Erkenntnisse und Konsequenzen für die Praxis Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIntuition und Improvisation in der Praxis der Sozialen Arbeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGrundlagen und Praxis der Soziotherapie: Richtlinien, Begutachtung, Behandlungskonzepte, Fallbeispiele, Antragsformulare Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSucht, Trauma und Bindung bei Kindern und Jugendlichen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAlkoholmissbrauch im Kindes- und Jugendalter Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenProfessionelle Beziehungsgestaltung in der Sozialen Arbeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSexualisierte Gewalt gegen Kinder: Hintergründe - Zusammenhänge - Erklärungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIch sehe was, was Du nicht siehst ...: Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verschiedenen Perspektiven in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTiefenpsychologie: Eine Einführung Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Phantasie und Realität: Psychoanalytische Betrachtungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStärkenorientierte Schulsozialarbeit: Grundlagen, Methoden und Handlungskonzepte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenErlebnispädagogik in der Behindertenarbeit: Konzepte für die schulische und außerschulische Praxis Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKooperative Beratung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGeschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerunsichert, ängstlich, aggressiv: Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen - Ursachen und Folgen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPsychoanalyse bei Kindern und Jugendlichen: Geschichte, Anwendungen, Kontroversen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGewalt in Abhängigkeitsverhältnissen: Grundlagen und Handlungswissen für die Soziale Arbeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Psychologie für Sie
Du bist das Placebo: Bewusstsein wird Materie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWerde übernatürlich: Wie gewöhnliche Menschen das Ungewöhnliche erreichen Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Die Traumdeutung Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5ADHS von A bis Z: Kompaktes Praxiswissen für Betroffene und Therapeuten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGrundlagen der Psychologie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTherapie to go: 100 Psychotherapie Tools für mehr Leichtigkeit im Alltag | Buch über positive Psychologie und positives Denken Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin neues Ich: Wie Sie Ihre gewohnte Persönlichkeit in vier Wochen wandeln können Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHeilpraktiker für Psychotherapie: Kompakttrainer mit den wichtigsten Prüfungsthemen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEndloses Bewusstsein: Neue medizinische Fakten zur Nahtoderfahrung Bewertung: 1 von 5 Sternen1/5Dunkle Verführung und Beeinflussung: Die Kunst verdeckter Überzeugungsmethoden. So gewinnen Sie andere Menschen für sich und schützen sich vor Manipulation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchöpfer der Wirklichkeit: Der Mensch und sein Gehirn - Wunderwerk der Evolution Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Die 16 Persönlichkeitstypen im Überblick Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLieblosigkeit macht krank: Was unsere Selbstheilungskräfte stärkt und wie wir endlich gesünder und glücklicher werden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Tiefenpsychologie nach C.G.Jung: Eine praktische Orientierungshilfe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUnruhe im Kopf: Über die Entstehung und Heilung der Aufmerksamkeitsdefizitstörungen ADHS Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKleines Lexikon der Analytischen Psychologie: Definitionen. Mit einem Vorwort von Verena Kast Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSozialpsychologie für Einsteiger: Die Psychologie in sozialen Situationen verstehen - 25 sozialpsychologische Phänomene leicht erklärt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMit C. G. Jung sich selbst verstehen: Acht Erkenntnisaufgaben auf unserem Individuationsweg Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Narzissmus: Werden wir zur Gesellschaft auf dem Ego-Trip? (GEO eBook Single) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWenn der Körper nein sagt: Wie verborgener Stress krank macht – und was Sie dagegen tun können. Internationaler Bestseller übersetzt in 15 Sprachen. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEs lohnt sich, einen Stift zu haben: Schreiben in der systemischen Therapie und Beratung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Dunkle im Menschen: Das Schattenkonzept der Analytischen Psychologie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Schatten in uns: Die subversive Lebenskraft Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBewährte Techniken der Manipulation: Dunkle Psychologie in der Praxis. Wie gerissene Menschen immer das bekommen, was sie wollen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Sozialpsychologie des Körpers
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Sozialpsychologie des Körpers - Gisela Steins
Einführung
Unser Körper blüht und gedeiht, verfällt und stirbt, wenn alles seinen natürlichen Gang geht. Wenn Sie sich also mit dem Körper und seiner Sozialpsychologie beschäftigen möchten, dann wird es nicht immer um Themen gehen, die Ihre Stimmung heben oder Ihnen wirklich gute Laune machen. Die Beschäftigung mit unserem Körper ist eine ambivalente Angelegenheit. Trotzdem müssen wir uns mit ihm beschäftigen, wenn wir einige wichtige Dinge in unserem Leben besser verstehen möchten. Deshalb haben Sie sich vielleicht entschlossen, das Folgende zu lesen.
Sollten Sie bei der Lektüre einiger der folgenden Kapitel merken, dass Ihre Stimmung sinkt und Sie vielleicht sogar in Depressionen verfallen, seien Sie versichert, es liegt am Thema! Das Thema Körper birgt so viele unschöne, auch unverständliche Aspekte, mit denen Sie sich vermutlich auch alltäglich herumschlagen müssen, dass es eine normale Reaktion ist, dass man sich danach mitunter unsicher, niedergeschlagen und vielleicht auch manchmal ratlos fühlt. Da es sich um eine Sozialpsychologie des Körpers handelt, wird es noch nicht einmal einige erhellende Kapitel geben, in denen Sie über schöne einfache Übungen informiert werden, mit denen Sie sich jung, schlank und schön bis an Ihr Lebensende halten können. Nein, vielleicht kommen Sie bei der ein oder anderen sozialpsychologischen Theorie, die auf unseren Körper bezogen wird, sogar so richtig schlecht drauf.
Vielleicht planen Sie, sich neben dieser Lektüre auch noch Gegenlektüre zu besorgen wie „Schlank und rank in einem Tag oder „Schlank durch essen
oder „Aussehen mit 65 wie 34 oder „Wie ich ewig leben kann
und Sie denken, falls Sie die folgenden Überlegungen gar zu unerträglich finden, können Sie ja jederzeit wechseln und sich aufheitern bei: „Sich akzeptieren wie man wirklich ist". Sollten Sie dieses planen, machen Sie bitte eines nicht: Kaufen Sie sich keine Schönheitsmagazine! Und wenn Sie es irgendwie aushalten, auch nicht eines der anderen gut gemeinten Ratgeberbücher zur Wiederherstellung und Erhalt von Schönheit, Jugend und ewigem Leben. Aber auf keinen Fall Schönheitsmagazine! Im Laufe der Lektüre werden Sie verstehen, warum. Sollten Sie all diese gut gemeinten Ratschläge unterlassen, behaupten Sie später bitte nicht, Sie seien nicht gewarnt worden!
1 Vorüberlegungen
Mit unserem Körper haben wir ein Leben lang zu tun. Mit ihm materialisieren wir unsere Person und nehmen unseren Platz in der Welt ein. Wir bewegen uns mit ihm durch Raum und Zeit. Mit unserem Körper sammeln und speichern wir Erfahrungen. Er ist der Ort, an dem wir notwendigerweise sind, solange wir leben.
Obwohl unser Körper uns begleitet, ist er uns nicht immer vertraut. Er kann sich auf eine Art und Weise entwickeln, die uns missfällt. Er kann in einem Maße unserem Innenleben widersprechen, dass wir seine Erscheinung akzeptieren lernen müssen. Wir können erstaunt sein, dass unser Aussehen andere Botschaften vermittelt als wir zu senden beabsichtigen. Wir können in uns selbst verliebt sein, weil unser Körper so gut geraten, aber wir können ihn auch hassen, weil er so missraten ist. Der Satz „Langes Vertrautsein macht uns zuletzt das Böse und das Gute gleich lieb" von Seneca trifft nicht notwendigerweise auf unseren Umgang mit unserem Körper zu, denn unser Körper verändert sich oft anders, als wir es gerne hätten.
Gleichgültig, ob wir mit unserem Körper gut oder schlecht auskommen, ein Minimum an Aufmerksamkeit verlangt er uns ab. Wir müssen seinen biologischen Bedürfnissen wie atmen, trinken, essen, schlafen und sozialen Bindungen nachkommen, um ihn zu erhalten. Gleichgültig wie wir zu unserem Körper stehen, er ist unser Medium. Damit ist unser Körper das soziale Symbol schlechthin, durch das wir in Beziehung zur Welt stehen. Wir kommunizieren mit anderen Menschen durch unseren Körper. Die Darstellung des Körpers verrät vermeintlich einiges über uns und die Menschen um uns herum. Wir meinen Rückschlüsse über den Status, die Persönlichkeit und andere Merkmale einer Person ziehen zu können, je nachdem wie wir deren körperliche Präsenz wahrnehmen.
Auf einer weiteren Ebene mag der Umgang mit dem Körper die Werte von Gruppen offen legen. Welche Werte eine Gesellschaft für ihre Individuen bereithält, bestimmt ihren kulturellen Umgang mit Leben und Tod. Können wir „wie ein Fisch im Wasser in unserem Land leben oder müssen wir ständig „auf der Hut
sein, „neben uns stehen", wenn es um die Gestaltung unseres Alltags geht?
Körper ist am deutlichsten als bedeutsame Größe unseres Lebens in unserem Gesundheitssystem verankert. Dort ist der Bereich, mit dem Körper häufig in Verbindung gebracht wird: Mit dem Bereich des fließenden Übergangs zwischen Gesundheit und Krankheit, Wellness und Fitness, Vorsorge und Behandlung. Wie für unsere Psyche die Psychologie zuständig ist, so ist es für unseren Körper der medizinische Versorgungsapparat.
Unser Körper ist jedoch mit allen Bereichen unseres Lebens verbunden. Unser kultureller Kontext bestimmt unser Körpererleben als eine bestimmende Kraft bis in die privatesten Lebensbereiche hinein. Eigentlich ist die Identität von Personen nicht gleich der Identität von Körpern (vgl. Williams, 1973), aber in den nachfolgenden Ausführungen wird deutlich, dass viele Personen hier eine unzulässige Gleichsetzung von Person und Körper vornehmen.
Es ist die Absicht dieses Buches, die Komplexität des Themas darzustellen und anzuregen, unseren Körper aus der Perspektive sozialpsychologischer Prinzipien zu betrachten. So erfahren wir interessante Zusammenhänge, die unseren Alltag prägen. Diese Zusammenhänge sind vielen Menschen nicht unbekannt, sie werden aber selten formuliert und können deshalb nicht in unser Bewusstsein rücken. Formulieren wir sie und beschäftigen wir uns mit ihnen, dann lernen wir sie angemessen zu bewerten und mit ihnen umzugehen. In dem Ausmaß, indem wir eine differenzierte Perspektive auf das Kräftefeld einnehmen können, das mit unserem Körpererleben zusammenhängt, können wir aktiver unseren Körper erfahren. Damit können wir ihn gezielter einsetzen um das auszudrücken, was wir mit ihm ausdrücken wollen. So lautet die grundlegende These des Buches:
Mehr Wissen um die auf unseren Körper wirkenden Kräfte und ein konstruktiver Einsatz dieses Wissens führen zu einer gelassenen physischen Präsenz und einer selbstbewussten reflektierten Einnahme des Platzes in der Welt, den wir beanspruchen möchten.
1.1 Vorgehensweise
Die Einführung in das Thema beginnt mit einer Begriffsklärung. Diese ist notwendig, damit die Vielfalt der Begriffe rund um die Körperforschung besser eingeordnet werden kann. Auch wird in der Einführung thematisiert, inwieweit unser Konzept von unserem Körper ein Teil unseres Selbstkonzeptes ist und vor allem, wie dieses sich entwickelt. Hier ist eine bindungstheoretische Perspektive interessant, weil wir mit ihr genauer verstehen können, dass unser Körpererleben untrennbar mit unserem sozialen Umfeld verbunden ist.
In diesem Buch wird in der Hauptsache eine sozialpsychologische Perspektive auf das Phänomen des Körpers und dessen Erleben eingenommen. Viele andere Perspektiven sind genauso interessant und erhellend, werden aber hier vernachlässigt. Es handelt sich hier also um eine mögliche Perspektive unter vielen anderen.
Nachdem die Grundkenntnisse zum Körperbild und Körpererleben ausgeführt sind, beginnt der erste Teil der Ausführungen zum Thema „Phänomene rund um das Körperbild". Dieser erste Teil ist, wie die Überschrift ankündigt, phänomenologisch. Körpererleben wird theoriefrei betrachtet. Wenn wir uns die Frage stellen, welche großen Themen wir in der Forschung entdecken können, die mit Körpererleben zu tun haben, stoßen wir auf mindestens drei Bereiche: Die Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, die verschiedenen Maßnahmen der Körpermodifikationen und psychopathologische Phänomene, die sich besonders an unserem Umgang mit Körper manifestieren. Diese Phänomene werden detailliert beschrieben und es werden internationale Forschungsergebnisse hierzu zusammengetragen.
Daraus ergibt sich der zweite Teil des Buches, „Kräfte auf den Körper". Die in Teil I dargestellten Phänomene werfen zahlreiche Fragen auf, vor allem die Frage, warum es diese Phänomene überhaupt gibt und wie sie zu erklären sind. Drei Einflussgrößen, als Kräfte bezeichnet, werden in Teil II näher ausgeführt:
Die biologischen Determinanten unseres Körpererlebens,
die soziokulturellen Kräfte und
die individuellen Kräfte.
Die Beschreibung dieser Kraftfelder birgt eine Fülle relevanter Theorien in sich, mit denen Körpererleben in seiner Vielfalt besser verstanden werden kann.
In Teil III werden die Theorien zu den Phänomenen rund um den Körper in eine Sozialpsychologie des Körpers integriert. Aus diesem Modell lassen sich Implikationen für aktuelle Interventionen und Präventionen ziehen. Diese werden ebenfalls ausgeführt. Auch sind die Überlegungen dieses Buches ein spannendes Anwendungsfeld für den Schulalltag. Julia Smaxwil hat eine Reihe interessanter Transfermöglichkeiten der hier dargestellten Inhalte für den Kontext Schule zusammengetragen. Eine Zusammenfassung als letztes Kapitel führt uns in eine mögliche Zukunft des Körpererlebens.
Die Ausführungen in diesem Buch werden durch eigene Befunde illustriert. Diese Befunde wurden durch Befragungen von Lehramtsstudierenden gewonnen: 20 Männer und 78 Frauen zwischen 20 und 34 Jahre alt, also durchschnittlich 23,62 Jahre, wurden regelmäßig über einen Zeitraum von vier Monaten zu allen möglichen Aspekten ihres Körpers befragt. Die hier dargestellten Ergebnisse sind sicherlich aufgrund der nicht repräsentativen Stichprobe lediglich als Illustration bereits publizierter Forschung auf der Basis größerer und repräsentativerer Stichproben zu interpretieren. Dennoch ist es erstaunlich – um den Ergebnissen zusammenfassend vorzugreifen – dass, obwohl die sich über vier Monate hinziehende Befragung vielen Störfaktoren und Einschränkungen ausgesetzt war, in einer solch kleinen und selektiven Stichprobe viele der Zusammenhänge zu finden sind, welche wir aus der vielfältigen Forschung zu diesem interessanten Bereich zusammentragen können.
Dadurch wird eine wichtige Erkenntnis dieser Forschung deutlich: Es ist wichtig zu lernen und ein essentieller Bestandteil von allen Erziehungs- und Sozialisationsprozessen, für sich selbst die Sorge zu tragen, zu sich selbst ein positives und kritisches Grundgefühl zugleich zu entwickeln, welches Selbstkonzept und Körperkonzept als untrennbare Aspekte einer Person mit einschließt.
2 Begriffe rund um die Körperforschung
Die Art und Weise, wie wir unseren Körper erleben wird in der psychologischen Forschung rund um den Körper durch unterschiedliche Begriffe zu beschreiben versucht. Es kristallisieren sich zwei hauptsächliche Forschungsfelder heraus, die jeweils unterschiedliche Begrifflichkeiten verwenden, nämlich Körperbild und Körperschema. Zentral für die hier aufgeführten Betrachtungen ist das Konzept des Körperbilds, also die Art und Weise wie wir uns mit unserem Körper fühlen.
Körperbild
Die Forschung zum Begriff des Körperbilds bezieht sich nach Nutzinger und Slunecko (1991) auf die emotionale Ebene der Körpererfahrung. Die Autoren verstehen die Forschung hierzu als persönlichkeitspsychologisch. Die subjektive Einordnung und Bewertung der Körpererfahrungen und die mit dem Körper verbundenen Einstellungen stehen im Mittelpunkt des Interesses. Diese werden wiederum durch soziokulturell vermittelte Erfahrungen beeinflusst, so dass Körpererfahrung aus dieser Perspektive heraus eine konstruktive Leistung der Persönlichkeit darstellt. Schilder (1935, S. 11) definiert Körperbild folgendermaßen:
„The image of the human body means the picture of our own body which we form in our mind, that is to say the way in which the body appears to ourselves."
Oder wie Krueger es 2002 formuliert:
„… is the cumulative set of images, fantasies, and meanings about the body and its parts and functions; it is an integral component of self-image and the basis of selfrepresentation" (S. 31).
Körperschema
Die perzeptive Ebene, Struktur und Prozess, wird durch diesen Begriff zu erfassen versucht (Nutzinger & Slunecko, 1991). Die Forschung zum Körperschema ist somit eine eher neuropsychologisch orientierte (Nutzinger & Slunecko, 1991), im weitesten Sinne, wahrnehmungspsychologische Forschung.
Body self
„… refers to a combination of the psychic experience of body sensation, body functioning, and body image. Thus body image is the dynamically and developmentally evolving mental representation of the body self" (Krueger, 2002, S. 30).
Demnach stellt das Körperbild einen Aspekt des sogenannten Körperselbst dar. Das Körperselbst wiederum ist ein Aspekt des Selbstkonzepts einer Person und entwickelt sich ein Leben lang.
Weitere Begriffe
Den Begriffen „Körperbild und „Körperschema
können nun weitere Konzepte zugeordnet werden. So beschreibt der Begriff „Körper-Ich die Art und Weise, sich zu fühlen, den eigenen Körper wahrzunehmen (Galli, 1997, S. 18) und stellt damit eine Variante des Begriffs „Körperbild
dar. Dem Körper-Ich stellt Galli die Bezeichnung Körper-Organismus gegenüber. Damit ist die eher anatomische Betrachtungsweise des Körpers gemeint. Die Forschungsinhalte, die mit diesem Begriff gemeint sind, überlappen teilweise diejenigen zum Körperschema, umfassen aber noch weitere, humanbiologische Fragestellungen.
Mit „Konzept vom eigenen Körper ist ein subjektiv interpretiertes Abbild körperlicher und auf den Körper bezogener Gegebenheiten gemeint. Die Funktion dieses Konzeptes liegt in der Bewältigung der Realität und der Stabilisation des Selbst. Dieser Begriff umfasst eher Aspekte des Körperbilds, denn es geht um die subjektive Repräsentation selbstkonzeptrelevanter Körperaspekte. Die Forschungsdisziplin, die hinter diesem Begriff steht, ist mehr sozialpsychologisch als persönlichkeitstheoretisch geprägt. Eng mit dieser Sichtweise verbunden ist der Begriff der „Körpererfahrung
. Damit ist nach Paulus (1982, S. 1) gemeint:
„… wie Individuen ihren eigenen Körper erleben, welche Beziehung sie zu ihm haben, wie sie mit ihm umgehen. (…) sowohl die unmittelbar konkrete, singuläre Erfahrung, wie auch die Organisation vieler einzelner Erfahrungen, die den Moment überdauern."
Paulus sieht Körpererfahrung als einen integralen Bestandteil einer Theorie über die eigene Person an (S. 75). Auch hier klingt wieder die Verbindung zur Selbstkonzeptforschung, somit zur Sozialpsychologie, an.
In der Forschungsliteratur werden je nach fachlichem Hintergrund diese Begriffe verwendet. Es wird deutlich, dass damit nicht immer notwendigerweise unterschiedliche Inhalte gemeint sind.
Wir selbst verbinden mit dem Begriff „Körper" sicherlich ganz andere Begriffe und Definitionen. So zeigt sich in Tabelle 2.1 das Ergebnis des ersten Begriffs, den die befragten Studierenden mit „Körper" assoziieren.
Aus der Tabelle ist ersichtlich, dass der äußere Eindruck mit 17,2 % der gesamten Nennungen die häufigste Assoziation mit dem Begriff „Körper" ist. Auch die Bewertung dieses Aussehens scheint bei vielen ein wichtiger Aspekt zu sein. Aber auch einzelne Körperteile und Eigenschaften des Körpers, Tätigkeiten, die man mit dem Körper machen kann und psychologische Assoziationen werden genannt. Die Unterschiedlichkeit der Begriffe zeigt, wie verwoben unser Körper mit unserem Leben und vor allem mit uns selbst ist. Allerdings, und das wird insbesondere Thema des ersten Teils sein, wird auch deutlich, dass unser Körper im sozialen Kontext eine wichtige Größe darstellt. Kaum anders ist der Schwerpunkt der Nennungen auf Aspekten wie Aussehen und Bewertung zu erklären.
Tab. 2.1: Was wird mit Körper assoziiert?
3 Das Selbstkonzept und unser Körper
Wir nehmen nicht nur andere Menschen wahr und machen uns von ihnen ein Bild, sondern sind als reflektierende Wesen in der Lage, uns auch von uns selbst ein Bild zu machen. Wir können uns selbst in den verschiedensten Situationen beobachten und bewerten und entwickeln über die Zeit und durch die Summe der Erfahrungen und Rückmeldungen aus unserer sozialen Umwelt ein Konzept von uns selbst.
Das Erleben des eigenen Körpers wird von einigen Autoren als ein integraler Bestandteil dieses Selbstkonzepts angesehen. So gehören nach Rosenberg (1986) unsere physischen Charakteristika zu unserem äußeren Selbst, aber auch unsere soziale Identität und unsere Dispositionen. Es kommt auf unseren Entwicklungsstand an, wie wir dieses äußere Selbst nach außen hin darstellen. Werden Kinder danach gefragt, wer sie selbst sind, dann nennen sie überwiegend körperliche Merkmale wie Augenfarbe, Haarfarbe, Körpergröße und -gewicht oder Körperstärke (Livesley & Bromley, 1973). Dieses Erleben des Selbst über eine körperliche Dimension tritt zugunsten einer psychologischen Definition und Darstellung immer mehr in den Hintergrund. Am Ende dieser Entwicklung denken wir, nur noch wir selbst wissen, wer wir wirklich sind: Wir sind Experten unserer selbst geworden. Der Körper als soziales Medium und damit für alle sichtbar und zuzuordnen verliert für unsere Selbstdarstellung an Bedeutung.
Aber gilt dies auch für unsere Selbstdefinition, für das Erleben von uns selbst? Welche Rolle spielt hier der Körper über eine menschliche Biographie hinweg?
3.1 Die Selbstdiskrepanztheorie
Wenden wir uns einem Modell des Selbst von Higgins zu (1987; s. Kasten 3.1), dann wird deutlich, dass unser Selbstkonzept nicht einfach eindimensional zu betrachten ist. Es wird am besten als ein Bündel von Perspektiven auf uns selbst beschrieben. Das Ergebnis kann dann je nach Perspektive und Thema des Selbstkonzepts sehr unterschiedlich aussehen. Wie aus der tabellarischen Darstellung der Annahmen zum Selbstkonzept von Higgins zu entnehmen ist (Kasten 3.1), können zwei grundsätzlich verschiedene Standpunkte zum Selbstkonzept eingenommen werden:
Wir können uns selbst betrachten oder
wir können uns „durch die Augen einer anderen Person" sehen wie innerhalb des symbolischen Interaktionismus formuliert (Mead, 1934), also uns so sehen, wie andere uns vermutlich wahrnehmen.
Damit aber nicht genug: Je nach den Kriterien, die wir selbst oder andere Personen an bestimmte Seiten von uns stellen, kommen wir zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. So unterscheidet Higgins tatsächliches Selbst, ideales Selbst und gefordertes Selbst. Je nachdem ob wir uns unter dem Aspekt der Realität, des Wunschdenkens oder der Anforderungen – jeweils unserer eigenen oder den vermeintlichen der anderen Personen – betrachten, können wir negative oder positive Diskrepanzen erleben. Wir können in einem bestimmten Bereich genau so sein wie wir das gerne hätten, aber es ist dann vielleicht nicht so, wie eine andere Person das gerne hätte.
Auch umgekehrt: Wir entsprechen sowohl unseren eigenen Wünschen wie den Wünschen einer anderen Person, aber eigentlich verstößt unser Verhalten gegen die Forderungen, die wir von einer anderen Person gestellt bekommen. Da unser Selbstkonzept nach dieser Auffassung eine derartige Perspektivenvielfalt enthält, ist es schwierig, in einem Bereich keine Diskrepanzen zwischen unterschiedlichen Standards zu erleben und wir müssen lernen, „dass man es nicht allen recht machen kann". Dies ist ein schwieriger Lernprozess. So nimmt Higgins im Rahmen seiner Selbstdiskrepanztheorie auch an, dass jede Art der Selbstdiskrepanz für Menschen unangenehm ist. Je größer die Diskrepanz zwischen Real- und Idealbild, zwischen Ist und Sollen und Ist und Wollen, als desto unangenehmer wird dies empfunden. Deshalb neigen wir dazu, Diskrepanzen jeder Art zu reduzieren. Besonders das Auseinanderklaffen zwischen eigenem Anspruch und den geforderten Standards wird als unangenehm erlebt. Hier sind wir besonders motiviert, die Diskrepanzen zu reduzieren.
Bei den meisten Menschen überlappen sich Außen- und Innenperspektive. Das kann man gut an einem Ergebnis aus unserer Stichprobe illustrieren. Die befragten Studierenden bearbeiteten zwei Skalen von Deusinger (1997) zur Selbstakzeptanz des eigenen Körpers und zur wahrgenommenen Akzeptanz des eigenen Körpers durch andere. Wir finden hier eine hohe Überlappung: Je stärker die Befragten ihren eigenen Körper akzeptierten, desto mehr glaubten sie auch, dass er von anderen akzeptiert wurde (r (92) = .56, p < .001). Ob wir nun unseren Körper mehr akzeptieren, weil er unseren eigenen Wunschvorstellungen entspricht und deshalb davon ausgehen, dass auch andere ihn akzeptieren, oder aber ob wir ihn akzeptieren, weil andere ihn akzeptieren, können wir aus diesem Ergebnis nicht erkennen.
Unser Körperbild, das Konzept von unserem Körper, kann in seiner Komplexität nur nachvollzogen werden, wenn wir es als Bündel von Perspektiven betrachten. Wollen wir also Körpererleben verstehen, müssen wir eine Vielzahl von Perspektiven genauer untersuchen,