Lieben, leiten, leben: Das Ehebuch für Führungskräfte
Von Daniel Zindel und Käthi Zindel-Weber
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Über dieses E-Book
- für Familienfrauen, die gerade den Anruf bekommen haben: "Schatz, es wird später; fangt doch mit dem Essen schon mal an!";
- für Geschäftsleute, die sich soeben mit schlechtem Gewissen vom Abendessen abgemeldet haben;
- für Pastoren, Verkaufsleiterinnen, Schulleiter, Politikerinnen, Vereinspräsidenten, Pflegedienstleiterinnen, Haus- und Jugendkreisleiter.
Unsere Ehe ist ein Trainingscamp für Führungsaufgaben. Und wer Leitungsverantwortung so wahrnimmt, wie Gott es sich gedacht hat, erwirbt sich Haltungen, die auch der Ehe zugute kommen. Wie aber werden wir zu Paaren, die ihre Aufgaben lustvoll miteinander gestalten; deren gemeinsame Verantwortung ihre Liebe vertieft und deren Paarkraft und Ausstrahlung andere inspiriert?
Kompetent und ehrlich schildern Daniel und Käthi Zindel-Weber die Chancen und Risiken von "Führungsehen" und geben dabei auch Anteil an ihren eigenen Erfahrungen. Die Mischung aus praktischen Impulsen und tiefen Inspirationen fasziniert; verbunden mit der steten Einladung, Gott mit ins Boot zu nehmen.
Daniel Zindel
Daniel Zindel (Jg. 1958, verheiratet, 4 erwachsene Kinder) ist Theologe und arbeitet als Gesamtleiter der Stiftung "Gott hilft", ein christliches Sozialwerk in Zizers/Schweiz. Er ist nebenberuflich als Eheseelsorger und Führungscoach tätig. Seine Hüttenzeiten nutzt er zum Beten und Schreiben. Er hat zu den Themen Leiterschaft, Spiritualität und Ehe publiziert.
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Buchvorschau
Lieben, leiten, leben - Daniel Zindel
geprägt.
Teil I: Ein Ehe-ABC
Abhängigkeit
Es war für mich (Daniel) eine der größten Entlastungen, als mir bewusst wurde, dass ich nicht für das Glück meiner Frau zuständig bin. Unabhängigkeit von Menschen lässt einen atmen. Freiheit in der Ehe ist eine Voraussetzung, damit die Liebe gedeiht. Fehlt die Freiheit, wird die Ehe zum Gefängnis. Anfangs fühlte ich mich für das Wohlergehen meiner Frau verantwortlich. Ich hatte ein inneres Pflichtgefühl, sie zufrieden stellen zu müssen. Wenn ihr eine Wanderung, die ich geplant hatte, nicht gefiel, fühlte ich mich schuldig. Wenn sie mir ein Problem präsentierte, meinte ich, es sofort lösen zu müssen. Die große Erleichterung trat dann ein, als ich merkte: Ich bin in erster Linie Gott gegenüber für mein eigenes Tun und Ergehen verantwortlich. Die Beziehung zu ihm hat erste Priorität. Er stillt letztlich meine Bedürfnisse und auch die meiner Frau. Ihr Job ist es nicht, mich zu befriedigen. Wunderschön, wenn sie es tut, aber ein Anrecht darauf habe ich nicht.
Das war auch meine (Käthis) Entdeckung, dass mein Mann letztlich nicht für mein Glück zuständig ist. Wir lernten Schritt für Schritt, die durch den Partner unbeantworteten Wünsche und Sehnsüchte zwar weiter wach zu halten, sie aber bei Gott zu deponieren und uns von ihm beschenken zu lassen oder auch eine gewisse Zeit der Leere auszuhalten. Wir wurden so abhängig von Gott und in einer guten Art unabhängig voneinander. Gerade aus dieser neu gewonnenen Freiheit heraus konnten wir uns einander echt zuwenden.
Der Mythos der Unabhängigkeit
Abhängig zu sein, ist für uns moderne Menschen sehr herausfordernd. Seit dem Zeitalter der Aufklärung heißt es: Wage es doch, aus deiner selbstverschuldeten Unmündigkeit auszusteigen. Gebrauche dazu deine Vernunft! Was leierst du bei einem heraufziehenden Gewitter zu deinem Schutz den Rosenkranz herunter oder liest im Bibelbuch? Lies das Buch der Natur und ziehe daraus die richtigen Schlüsse. Entdecke das Naturphänomen der Elektrizität und baue einen Blitzableiter. – Der autonome Mensch, der sich so von »Gott« befreit, wird säkular und mündig. Was hat seine »Mündigkeit« hervorgebracht? An der Oberfläche enorm viel. Wir Menschen haben auf der Ebene der Naturwissenschaften und der Technik Erstaunliches geleistet, im Bereich des Machbaren (des Verhaltens) ist uns viel gelungen.
In der Beziehung zu uns selbst, in Paar-und Familienbeziehungen, als Gemeinschaft sind wir nicht weiter gekommen. Im Gegenteil. Hier, wo es um tiefere Schichten unseres Seins geht, um das, was sich in unserer Gesinnung abspielt, scheinen wir aufgeklärten Menschen zu verkümmern: Nachhaltige, verlässliche und glückliche Beziehungen sind selten geworden und die Emanzipation von der vertrauenden Abhängigkeit von Gott hat uns in neue Verstrickungen geführt: Entweder ist an ihre Stelle die Abhängigkeit von Menschen getreten oder wir leben ganz auf uns selbst fixiert. Unser Gott sind jetzt die eigenen Lust- und Unlustimpulse: Sie steuern unser Verhalten. Die zwölf Gebote sind auf zwei reduziert worden: Lustgewinn und Schmerzvermeidung. Damit wird das Individuum, losgelöst von Gott und der Gemeinschaft, Sklave seiner selbst.
Auf Gott und den Mitmenschen bezogen
Wir können also nicht nicht abhängig sein, so wie wir nicht nicht kommunizieren können. Wir sind es immer, entweder von Gott, von anderen Menschen oder unserem Ego. Warum? Weil wir von unserem Wesen her auf Beziehung angelegt sind. Wir sind als Säuglinge am Gegenüber unserer engsten Bezugspersonen erst richtig Mensch geworden. Jemand hat uns das Leben geschenkt, uns gesäugt und genährt, beschützt und gereinigt, uns das Sprechen und den aufrechten Gang gelehrt. Wir sind als Empfangende und Schenkende geschaffen. Mensch sein heißt, Beziehung zu leben. Dies umfasst neben der horizontalen, zwischenmenschlichen Ebene auch eine vertikale: Wir sind auf ein höheres Du hin angelegt: »Und Gott schuf den Menschen als sein Bild; als Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie« (1. Mose 1,27). In diesem Satz aus dem ersten Kapitel der Bibel kommen die menschliche und die göttliche Beziehungsdimension zusammen.
Dreierbeziehung
Diese Tatsache hat große Bedeutung für die Ehe. Wir sind der Überzeugung, dass unsere Ehebeziehung in unserer Spiritualität aufgehoben sein muss. Es muss in unserem Leben etwas Höheres und Heiligeres geben als unseren Partner. Die Quelle, aus der alle Qualität, Liebe und tiefe Freude fließt, entdecke ich nicht in meinem Partner. Wir erleben das als sehr entlastend und ermutigend. Die Beziehung zu Gott, der Quelle des Lebens, hat für uns beide erste Priorität. Ob wir miteinander alt werden, wissen wir nicht. Aber dass der ewig junge, lebendige Gott uns treu zur Seite stehen wird, davon sind wir überzeugt.
Damit wird unsere Ehe zur Dreierbeziehung, unser Dialog erweitert zum Trialog. Mann und Frau leben sowohl die Beziehung miteinander als auch die Beziehung zu Gott. Es entsteht damit ein Beziehungsdreieck.³ Von der göttlichen Quelle her werden Mann und Frau genährt, geliebt, ermutigt. Sie werden korrigiert und empfangen Vergebung. Diese göttlichen Ressourcen machen Mann und Frau für eine tragfähige Liebes- und Lebensbeziehung bereit.
Was gewinnen wir als Paar durch diesen Ansatz für unser Amt in der Verantwortung? In der Ehe können wir lernen, uns aus Verstrickung oder gar unguter Verschmelzung mit dem Partner zu lösen und in die Freiheit vor Gott hineinzuwachsen. Wir entdeckten dabei immer mehr, dass wir dem anderen Zuwendung schenken können, ohne etwas zu erwarten. Unabhängigkeit ist für Leitende unerlässlich. Wer an Menschen gebunden ist, weil er sie zufrieden stellen möchte, gar ihre Anerkennung braucht oder sogar Angst vor ihnen hat, kann nicht wirklich führen. Die Abhängigkeit von Gott und damit die Freiheit von Menschen verleihen uns den unbestechlichen Blick für unsere Verantwortung, ein klares, sachbezogenes Urteil und freie Handlungsfähigkeit.
3Manfred Engeli, a. a. O., 14. Dieses Beziehungsdreieck entfaltet er in seinem Buch: Makarios – Der Weg, ein glücklicher Mensch zu werden, Neufeld, Schwarzenfeld ³2014.
Beten
Eine Beziehung lebt vom gegenseitigen Austausch. Sie ist Nehmen und Geben, Empfangen und Schenken, Geliebt werden und Lieben. Gebet ist Gesprächsaustausch mit Gott. Beten ist Beziehung, keine religiöse Pflichtübung. Beten ist das Empfangen göttlicher Liebe und meine Antwort auf seine Liebe. Beten ist Ausdruck davon, dass der christliche Glaube keine Buchreligion, sondern ein Beziehungsglaube ist. Wir haben hier nicht den Raum, das Geheimnis, den Reichtum und die facettenreiche Fülle des Gebetes zu entfalten. Doch möchten wir einige Punkte herausgreifen.
Beten stärkt die Selbstwahrnehmung
Ein Ehepartner, der im Zwiegespräch mit Gott lebt, bekommt neben der Möglichkeit zum ehelichen Beziehungsaustausch die Beziehungsmöglichkeit mit Gott. Zu den menschlichen Ressourcen, die uns als Paar gegeben sind, treten die göttlichen Möglichkeiten und Lösungen hinzu. Wer sich im Gebet Gott zuwendet und sich von ihm lieben lässt, lernt sich mit seinen Stärken und Schwächen besser kennen. Das Gebet stärkt unsere Selbstwahrnehmung. Wer betet, ist besser in sich zu Hause, wird wacher und liebender. Warum? Weil er die göttliche Quelle kennt und lernt, sich daraus stillen zu lassen. Er wird damit weniger anspruchsvoll, weniger fordernder. Wie das konkret aussieht?
Beten ist Psychohygiene
Manchmal lasse ich (Daniel) mich, wenn es mir nicht so gut geht, auf unserem Sofa fallen, bitte Gott um Ermutigung oder Vertrauen. Ich gebe ihm meine Ängste ab, etwa die, dass ich oder ein Angehöriger an Krebs erkranke. Oder ich lasse meinen Frust darüber abfließen, dass meine Frau eine Abmachung nicht eingehalten hat. Möglicherweise bekenne ich ihm eine Schuld, die mir bewusst geworden ist. (Es war nicht in Ordnung, den Termin für den Einkauf eines Snowboards, den ich mit meinem Sohn vereinbart hatte, zum zweiten Mal wegen eines Geschäftstermins zu verschieben.) »Schüttet euer Herz vor ihm aus. Gott ist unsere Zuflucht« (Psalm 62,9). Alle seelischen Inhalte können wir vor Gott ausbreiten. Gott ärgert sich nicht grün und blau. Er wird auch nie rot vor Scham. Nie wird er gelb vor Neid, weil er nur das Beste für mich will. Er ist ja verstehende und schenkende Liebe. Er ist ja Wahrhaftigkeit, die uns in die guten Ordnungen zurückführen will.
Manchmal erzähle ich (Käthi) meinem Mann etwas aus der Tiefe meines Herzens. Doch was mich so berührt hat, nimmt er vielleicht gar nicht auf. Er geht einfach darüber hinweg. Dann fühle ich mich unverstanden. Es schmerzt mich, dass wir das nicht teilen können. Doch ich habe gelernt, diesen Schmerz im Gebet Gott zu bringen und dabei zu erfahren, dass er mich in der Tiefe versteht. Das erfüllt mich mit Frieden und der Gewissheit, dass ich nicht zu kurz komme. Das ist für mich und für uns beide effizienter, als wenn ich aus meiner Verletzung heraus Streit beginne.
Göttliche Supervision und Stillung im Gebet
Wenn ich (Daniel) so meine seelischen Inhalte vor Gott ausgebreitet und bei ihm losgelassen habe, beginne ich innerlich zu hören: Gott, was hast du auf dem Herzen für mich? Wie beurteilst du diesen Streit? Ermutige mich doch durch ein Wort von dir! Weise mich zurecht, wo ich daneben liege! Was mir in solchen Zeiten der Stille und Stillung zufällt, hat unterschiedliche Qualität.⁴ Manches erkenne ich als eigene Gedanken und Gefühlsinhalte. Anderes wieder hat eine Klarheit und Feinheit, die ich als göttliche Impulse deute. Die betende Zweisamkeit mit Gott baut innerlich auf. Sie stillt unsere tiefsten Bedürfnisse in einem Maße, wie es unser Partner nie geben kann. Die Lektüre in der Bibel ist mir dabei eine große Unterstützung. (Gott spricht viele Sprachen, seine Muttersprache ist die der Bibel.) Gerade dem Lesen der Psalmen, des Gebetbuches Jesu, kommt eine große Bedeutung zu, weil darin alle Emotionen vor Gott zur Aussprache kommen, wenn Eheleute »Krieg und Frieden« ihrer Beziehung durchleben.
Negative Gefühle abfließen lassen
Betende Ehepaare lernen, negative Gefühle und Gedanken bei Gott abfließen zu lassen. Sie erbitten im Gebet Geduld, Barmherzigkeit, Humor, Liebe und Verständnis. Sie empfangen von Gott neue Gefühle, entscheiden sich dafür und versuchen, darin zu laufen. Wo in einer Ehe gebetet wird, findet eine Entschlackung zwischenmenschlicher Verletzungs- und Abnutzungsgefühle statt. Das ist die Sauerstoffzufuhr göttlicher Liebe.
Betende Ehepartner sind Frauen und Männer, die die Verantwortung für ihre Gedanken und Gefühle übernommen haben und so Psychohygiene vor Gott betreiben. Sie haben aufgehört, den anderen für das eigene Ergehen verantwortlich zu machen. Das Gebet, in dem jeder Partner für sich vor Gott ungute Dinge bereinigen kann, ist die Alternative zu unseren unfruchtbaren ehelichen Interaktionszirkeln, wo wir Schuld verschieben: »Weil du …, habe ich halt …« »Wenn du nicht …, hätte ich auch nicht …«
Als Ehepaar gemeinsam beten
Es liegt eine große Chance darin, wenn wir gemeinsam beten. Wir sind darin allerdings erst Anfänger. Das hat manche Gründe: Wir mussten uns zu Beginn unserer Ehe von einer christlichen Prägung lösen, wo man im gemeinsamen Gebet indirekt kommunizierte: Die Stimme an Gott richtend und dabei auf den anderen zielend, sagte man Sachen, die man sonst, in einem offenen Gespräch, verschwieg. Wir misstrauten daher dem gemeinsamen Gebet. Wir wollten direkte Kommunikation, eine faire Streitkultur. Das war damals gut so. Vermischt damit war bei mir (Daniel) eine große Zurückhaltung – wir können es auch Behinderung nennen –, Intimität in meinen Gefühlen zuzulassen. (Und echtes gemeinsames Gebet schafft ja gerade eine große Nähe.) Heute merken wir, wie es uns verbindet und gut tut, wenn wir Gott gemeinsam danken oder eine Not vor ihn bringen können. Oder es macht uns wieder frei, wenn wir im Gebet unsere festgefahrenen Positionen abgeben und ihn um Rat bitten