Das Jahr 2013 - Meine Mama wäre 100
Von Anton Reinbold
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Über dieses E-Book
Es ist eine spannende Biographie einer Frau, die, wie auch die Geschichte ihrer ganzen Generation. Im Wirbelsturm der turbulenten, oft trostlosen Jahren mit Millionen Opfern, Heimatlosen und Vertrieben versuchten Menschen nicht nur selbst mit Familie zu überleben sondern auch Ihre Würde und menschliche Eigenschaften zu behalten.
Das Buch ist nicht groß aber informationsreich, mit vielen spannenden, interessanten Episoden, Daten und Fakten.
Es vermittelt nicht nur traurige Fakten, ist durchaus optimistisch, gelegentlich gibt es verborgenem Humor.
Beschrieben wird nicht nur der private Bereich sondern auch das begleitende politische „Klima“, das das Verhalten der Menschen bestimmte.
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Anton Reinbold
Dr. Anton Reinbold, am Ende des 2ten Weltkrieges in Eilenburg, Deutschland geboren. Wurde im selben Jahr mit Familie nach Sibirien - Irkutsk - deportiert. Sein Vater als Angehöriger der Wehrmacht verbrachte acht Jahre im Gewahrsam auf Kolyma. 1953 kam die Familie zusammen. Nach der Befreiung aus der Kommandantur wechselte die Familie ihren Wohnsitz nach Moldawien. Nach 30 Jahren gelang der Familie die Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland. Reinbold ist promovierter Chemiker mit langer Erfahrung in der Forschung. Interessen: Sporttätigkeiten, Musik, Singen, Reisen, Geschichte, Familie, Gesellschaft, Landesentwicklung
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Rezensionen für Das Jahr 2013 - Meine Mama wäre 100
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Buchvorschau
Das Jahr 2013 - Meine Mama wäre 100 - Anton Reinbold
„Wenn Du noch eine Mutter hast, so danke Gott und sei zufrieden".
Dieser einfache Satz war auf einer Bürstentasche eingestickt, die bei uns lange Jahre an der Wand im Zimmer hing.
Im Nachhinein denke ich:
„Wenn Du aber sie nicht mehr hast, so vergesse nicht, was sie für Dich war".
Dieser Bericht ist mit Dank meiner Mutter gewidmet.
Inhalt
Inhalt
Einführung,
Die Kindheit
Die Jahre bis zum zweiten Weltkrieg
Der Krieg 1941-1945. – Flucht und Vertreibung
Спецпоселение - Sondersiedlung in Sibirien
Eingeschränkte Freiheit, Sibirien ade!
Die erste Ausreisewelle nach Deutschland
Nachwort
Einführung,
Meine Mutter, Johanna Reinbold, geborene Scherer, ist am 27. Juni 1913 im damaligen Russland, heute Ukraine, im Dorf Baden geboren. Das Dorf heißt heute Otscheretowka, es liegt ca. 50 km westlich von der Hafenstadt Odessa entfernt.
Der Vater in der Familie, Anton Scherer, war kein Bauer im echten Sinne sondern Handwerker, Tischler vom Beruf. In diesem Beruf hat er auch seinen Sohn, meinen Onkel Josef angelernt. Die Mutter, Dorothea, geborene Bartsch, kam aus dem anderen, nahe liegendem Dorf Elsass.
Baden war damals eine von ca. 3500 deutschen Siedlungen im Russischen Reich. Die Siedler, wie auch wir, ihre Nachkommen, sind als „Russlandsdeutschen nach dem heutigen Lexikon bekannt. Der Begriff ist korrekt. Nicht selten werden wir in der Presse oder in der Bevölkerung falsch als „Deutschrussen
bezeichnet. Klingt ähnlich wie „Deutschtürken", damit verdreht man aber die wahre Bedeutung des Wortes.
Die deutschen Einwanderer spielten in der Geschichte des Russischen Reiches eine sehr große Rolle. Berühmte Politiker, Wissenschaftler, Feldherren, Dichter und Schriftsteller, Geographen und Entdecker hinterließen tiefen Spuren in der Geschichte dieses Landes. Besonders willkommen war in Russland der massenhafte Zuzug der Deutschen zwischen dem Ende des 18ten und dem Anfang des 19ten Jahrhunderts. Nach mehreren Kriegen in vorigen Zeiten und vor allem nach den siegreichen Kriegen gegen die Türken, konnte Russland riesige Gebiete zu seinem Territorium gewinnen. Dieses neue Land war fast menschenleer. Daraufhin hat die Zarin Katharina II, die Große, ein Manifest am 22.07.1763 erlassen, mit dem Aufruf, Ausländer zur Einwanderung nach Russland zu bewegen. Später kam das ergänzende Manifest vom 20.02.1804 ihres Enkels, Alexanders I, in dem einige Punkte korrigiert und erweitert wurden. Dies war die Grundlage für die massenhafte Einwanderung der Deutschen, die zuerst das Wolgagebiet und dann andere Regionen des Landes besiedelten. Die ersten deutschen Siedler, welche an die Wolga kamen, kamen überwiegend aus Hessen. Dieser Einwanderungsprozess der Deutschen ging viele Jahre weiter und dauerte fast ein Jahrhundert. Sie siedelten in praktisch allen Teilen Russlands, vorwiegend jedoch an der Wolga und rund um das Schwarze Meer. Insgesamt vermehrte sich rasant die Zahl der Russlandsdeutschen; aus den etwa 100.000 Einwanderern entstand bis Anfang des 20ten Jahrhunderts eine Volksgruppe von 1,7 Millionen Menschen.
Je nach Siedlungsgebieten unterteilt man die Deutschen in Russland als Wolgadeutsche, Schwarzmeerdeutsche, Krimdeutsche, Kaukasusdeutsche, Wolyniendeutsche, Sibiriendeutsche u.a.
Zu dem Begriff „Schwarzmeerdeutschen" gehören deutsche Kolonisten, die das Land zwischen den Flüssen Dnjestr und Bug besiedelten. Die Kolonien unterteilten sich hier in vier Siedlungsgebiete: Beresaner, Liebentaler, Kutschurganer und Glückstaler.
Unsere Eltern lebten in der Kutschurganer Region. Die bedeutendsten Kolonien des Kutschurganer Gebiets (Kutschurgan ist in kleiner Nebenfluss von Dnjestr) waren Straßburg (heute Kutschurgan), Baden (Otscheretowka), Selz (Limanskoe), Kandel (heute Rybalskoe)), Mannheim (heute Kamenka) und Elsass (Stepanowka).
Unsere Vorfahren, wie auch Tausende Anderen, kamen 1808 ins Schwarzmeergebiet nach dem oben erwähnten Inkrafttreten des Manifestes des Zaren Alexanders I. Die Meisten waren Bauern und stammten aus den deutschen Gebieten Baden, Württemberg, Pfalz sowie Elsass. Sie suchten aus Not und Verzweiflung, die nach unendlichen Kriegen in Mitteleuropa entstanden, ihre Hoffnung auf ruhiges, menschenwürdiges Leben in der Ferne. Die versprochenen Privilegien wie etwa Religionsfreiheit, Befreiung vom Militärdienst, Selbstverwaltung auf lokaler Ebene mit Deutsch als Amtssprache, finanzielle Starthilfe, Darlehen, 30 Jahre Steuerfreiheit u.a. waren auch sehr verlockend.
Was war das für ein Jahr, das Jahr 1913! In allen Hinsichten ein besonderes Jahr, wie es sich später herausstellte. Es herrschte FRIEDEN. 1913 – das letzte Jahr vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs. Eine heile Welt in Europa. Kaiser Wilhelm II von Deutschland feierte sein 25-jähriges Regierungsjubiläum, die Romanows in Russland ihre 300-jährige Geschichte und in Österreich führte Kaiser Franz Joseph seit nun 65 Jahren das Land.
Das Jahr 1913 war für Russland durch höchste wirtschaftliche Produktivität und Prosperität in ihrer bisherigen Geschichte gekennzeichnet und war der Maßstab / Etalons für die kommunistische Führung noch viele Jahre danach.
Die deutschen Siedler schafften es in etwas mehr als 100 Jahren durch Fleiß, Schweiß und Blut zu verdientem Wohlstand. Der Alltag in den deutschen Kolonien zeichnete sich im Jahr 1913 durch friedliche Normalität aus.
Das war ein Jahr der unbegrenzten Möglichkeiten für die Menschen und gleichzeitig das Jahr der vergebenen Chancen. Nun, es war aber nur die Ruhe vor dem Sturm, wie die Russen sagen „затишье перед бурей". Nach diesem Jahr ging Vieles bergab. Die turbulenten Jahre danach rissen Menschen und Schicksale der Generation meiner Mutter, wie im stürmischen Meer mit sich, mit Höhen und Tiefen. Nichts mehr war normal, nichts mehr war stabil und vorauszusehen. Für Millionen Menschen in ganz Europa brachten die Folgejahre großes Leiden.
Nebenbei sollte erwähnt werden, dass dieses Jahr 1913 nicht nur das Geburtsjahr meiner Mama, sondern auch das des Bundeskanzlers Willi Brand sowie der US-Präsidenten Richard Nixon und Gerald Ford war. Alle kamen gleichberechtigt ins Leben, nur weit nicht Jeder hatte die großen Chancen.
Die Kindheit
Meine Mutter war die jüngste von fünf überlebenden Kindern in der Familie (insgesamt waren es 12 Geschwister) zu denen weiterhin