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Eine Sammlung sinnreicher okkulter Geschichten: Band III
Eine Sammlung sinnreicher okkulter Geschichten: Band III
Eine Sammlung sinnreicher okkulter Geschichten: Band III
eBook457 Seiten6 Stunden

Eine Sammlung sinnreicher okkulter Geschichten: Band III

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Über dieses E-Book

Dieses mehrbändige Werk ist eine Sammlung der besten okkulten Kurzgeschichten, Romane, Aufsätze, Berichte und Erlebnisse, wie sie die hermetische Literatur uns bieten kann. Diese Geschichten sind heutzutage nicht auffindbar. Es ist uns eine Freude, diese Perlen der okkulten Literatur der Öffentlichkeit vorzustellen. Für jeden ist etwas dabei, was ihn in großes Erstaunen versetzen, ihn unterhalten und sein Wissen bereichern wird.

Inhalt:

1. Das rätselhafte Licht

2. Der verhängnisvolle Mumiensarg

3. Über unsere Sinne

4. Ein sibirischer Blut- oder Kriegssee

5. Das Spukhaus von Fougeres

6. Okkultismus im Gebirge

7. Der Fakir mit dem Seil

8. Verbrecherische Traumsuggestion

9. Der magische Spiegel

10. Traumboten und Tröster

11. Wie man in Japan Geister bannt

12. Japan in der Weltkultur

13. Doppelte Traumwarnung

14. Ein Fall des Heraustretens

15. Bei Limanova

16. Gehen Flüche in Erfüllung

17. Vampirglaube in Serbien

18. Ein chaldäischer Beschwörungsbecher

19. Merkwürdige Erlebnisse

20. Sadi Carnot

21. Inneres Schauen

22. Wunderbare Heilung

23. Rückerinnerungen

24. Unsere Sitzungen mit dem Medium

25. Hexe Neitschinne

26. Träume, usw.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum13. Jan. 2015
ISBN9783738689105
Eine Sammlung sinnreicher okkulter Geschichten: Band III
Autor

Johannes H. von Hohenstätten

Der Autor war Schüler und Freund von Anion und Ariane, welche ihn beide auf dem "Weg zum wahren Adepten" von Franz Bardon meisterlich weiterhalfen. Die beiden Meister gaben ihm den Auftrag, sein Wissen und seine Erfahrungen niederzuschreiben um sie so der Öffentlichkeit preiszugeben.

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    Buchvorschau

    Eine Sammlung sinnreicher okkulter Geschichten - Johannes H. von Hohenstätten

    zufrieden.

    1. Das rätselhafte Licht der Anden

    Die Regierungen von Chile, Peru und Bolivien haben jetzt gemeinsam eine Kommission von Gelehrten und Naturforschern eingesetzt, die eines der merkwürdigsten und rätselhaftesten Naturphänome der Anden erforschen soll. Es handelt sich um eine eigenartige Lichtausstrahlung, die von den Hochgebirgskämmen der Anden ausgeht und deren Wesen und Ursprung bisher eine wissenschaftliche Erklärung nicht finden konnte. Man hat zwar die Hypothese aufgestellt, dass diese Lichtemanationen elektrischen Ursprungs seien, aber Beweise konnten bisher nicht erbracht werden. Die Strahlung geht von den Bergen selbst aus und ist bei klarem Wetter auf Hunderte von Kilometern mit bloßem Auge deutlich wahrnehmbar. In einer amerikanischen Zeitschrift macht eines der Mitglieder der neuernannten Kommission, Dir. Pedro Santinez, einige interessante Angaben über das merkwürdige Phänomen. Danach zeigten die Lichterscheinungen gewöhnlich den Charakter eines Flimmerns und Glimmens, der Lichtkegel selbst wölbt sich in einer kühnen Kurve.

    „Es scheint, als habe dieses Licht bestimmte Ausgangspunkte, nur die Häufigkeit der Entladungen und ihre Ausdehnung wechselt. Die stärksten Ausstrahlungen kommen von einer Stelle, die man jetzt ziemlich genau feststellen konnte, die Ausstrahlungen streben zum Zenit und oft weit ins Meer hinaus. Das Leuchten beginnt gewöhnlich im Spätfrühling und dauert bis zum Frühwinter. Dann verschwindet die Ausstrahlung in südlicher Richtung vollkommen, aber in Nord- und Mittelchile kann das Leuchten auch im Winter noch wahrgenommen werden. Auch im Sommer 1912 war es vorhanden, und zwar in viel größerer Stärke als gewöhnlich."

    Das Phänomen ist vor einem Jahre zum ersten Mal von den Naturforschern exakt beobachtet worden, und dabei gelang es, die Berggipfel festzustellen, bei denen das Leuchten am stärksten ist. Auch Santinez, der seine Untersuchungen noch nicht zu Ende führen konnte, neigt der Erklärung zu, dass die Erscheinung elektrischen Ursprunges ist. Das Volk freilich glaubt an eine Luftspiegelung der geschmolzenen Lava in den Kraterschlünden, aber diese Anschauung ist wissenschaftlich nicht diskutabel. Die gemeinsame Aktion der drei anliegenden Staaten hat das Ziel, das Wesen dieses rätselhaften Andenlichtes zu erforschen. Die Lichtentladungen sind geräuschlos und bringen auch keine Funken hervor, aber allgemein stimmt man doch der Hypothese eines elektrischen Ursprunges zu.

    2. Der verhängnisvolle Mumiensarg

    Im Anschluss an die Notiz „Der unheimliche Papyrus sei nachstehend ein Artikel der „International Psychic Gazette, April 1914, wiedergegeben, welcher über eine ähnliche Geschichte berichtet: „Ein jeder hat von dem unheimlichen ägyptischen Mumiensarg gehört, welcher vor einigen Jahren in das British Museum gebracht wurde und welcher den Museumswärtern und all jenen, die ihn beschauten, Tod und Unheil brachte. In gut unterrichteten Kreisen wird jetzt eine Geschichte erzählt, die von einem der Museumsverwalter herrühren soll, gemäß welcher mehrere Museumswärter das Ultimatum stellten, entweder diesen Sarg aus ihrem Bereich zu entfernen, andernfalls sie kündigen würden, da sie überzeugt waren, dass durch denselben ihr Leben in Gefahr stehe. Ihr Ersuchen wurde von der Verwaltung geprüft und in Anbetracht der Reihe von Unglücksfällen, welche irgendwie mit dem Mumiensarg in Zusammenhang standen, wurde ihrem Wunsche stattgegeben. Demgemäß wurde eine möglichst getreue Nachbildung des Sarges angefertigt und dem Publikum an Stelle des Originals gezeigt und kein Uneingeweihter ward darob klüger noch dümmer. Das Original wurde in einem dunkeln Keller im Gewölbe des Museums aufbewahrt. Seither haben alle Geschichten über den verderblichen Einfluss des ägyptischen Mumiensarges aufgehört. Mit ruhigem Gewissen und mit der größten Gelassenheit zeigten die Wärter die Reproduktion des Sarges, und das Publikum, welches dieselbe in Augenschein nahm, verspürte keinen übeln Einfluss. Bald nachher untersuchte jedoch ein amerikanischer Ägyptologe den Sarg und erklärte, dass derselbe sicherlich nicht echt sei; es ist eine täuschende Kopie, aber sein geübtes Auge hat den Betrug entdeckt. Die Feststellung, dass das British Museum unechte Objekte ausstellen würde, war ein Ereignis von größter Bedeutung, und eine Bloßstellung, welche die ehrwürdige britische Sammlung alter Kunst und Schätze in der ganzen Welt lächerlich machen würde, schien vor der Türe zu sein. Deshalb zog die Museumsverwaltung den amerikanischen Besucher ins Vertrauen und erklärte ihm, was geschehen war. Überdies führte man ihn in den Keller und zeigte ihm das Original, worüber er sich zufriedengestellt erklärte.

    „Aber sehen Sie, sagte er, „was nützt Ihnen dieser schöne Mumiensarg, um hier im Keller zu stehen! Ich möchte diesen Sarg für Amerika erwerben und will Ihnen ein Angebot machen.

    Dies geschah, und er erstand den Sarg zu dem von ihm vorgeschlagenen Preis. Man packte ihn sorgfältig in eine Kiste, sodass niemand vermuten konnte, was in derselben enthalten sei, und traf Vorkehrungen, damit keine Schwierigkeiten bei der Zollrevision entstehen würden. Und so ward der Sarg nach Amerika abgesandt, an Bord – der „Titanic"!

    Nun liegt er tief im Atlantischen Ozean. War es der gefürchtete dämonische Einfluss des Sarges, welcher den Ozeanriesen ins Verderben führte?!

    (Dies mag wohl nicht die alleinige Ursache gewesen sein, denn wie E. C. in der astrologischen Monatsschrift „l´Influence Astrale Juli 1913 – nachwies, lief die „Titanic unter einer sehr ungünstigen Konstellation vom Stapel, so dass eine Katastrophe unausbleiblich war. Wenn tatsächlich eine verhängnisvolle Kraft diesem unheimlichen Sarg eigen gewesen sein soll, so ist es bemerkenswert, dass der „Zufall" denselben gerade an Bord eines Schiffes brachte, das verschiedene feindliche Einflüsse dem Untergange zuführten).

    3. Über unsere Sinne Fritz Brömme

    Es geschehen zuweilen gar seltsame Dinge unter dem Himmel. Und wir armen Menschen stehen ihnen ratlos gegenüber. Mit dem Gefühl lassen sie sich wohl dunkel erfassen, dem klaren Verstande jedoch weichen sie aus. Bis zur Verzweiflung können sie uns quälen, wir vermögen nicht, ihnen beizukommen. Was ist´s nun, empfindet nur unsere Seele krankhaft, oder ist unser „Ahnen" an sich gesund, vielleicht eine Wirkung von übersinnlichen Tatsachen?

    Da saß ich an einem Junimorgen vor meinem Arbeitstisch. Vor mir lag mal wieder Hardys „Mannual of Buddhim. Die Übersetzung des fremden Palitextes war mir mit den Jahren zum Freund geworden. Wie eine Sehnsucht nach dem Sonnenlande Indien kam´s manchmal über mich, wie ein Heimweh. – Da ist plötzlich, unangemeldet ein junger Mann eingetreten, sieht mich aus elendem Asketengesicht an, mit traurigen Augen unter einer weißstrahlenden Stirn. Ich rücke erstaunt meinen Sessel herum. Er zieht einen Brief aus der Tasche und legt ihn mir auf den Tisch. Ich greife neugierig danach und will lesen. Er wehrt ab: „Jetzt nicht, erst wenn wir gesehen haben, dass alles so ist. Sie müssen mit mir gehen und mit mir suchen! – Er gibt mir meinen Hut. Und ich gehe wirklich mit ihm, ich muss . . . die weiße Stirn. „Wandle ich im Traum? Was wollen wir jetzt im Dom? – Der alte, bequeme Küster, ein guter Bekannter, vertraut mir den Schlüssel an. Aus dem warmen Sonnenschein treten wir in dämm´rige Kühle. Durch das Seitenschiff, am hohen Chor vorbei zum Kryptaeingang. Die schwere versilberte Eisentür knarrt. – Vor mir her tappt mein Gefährte die Stufen hinab, den finsteren Gang entlang, als zöge ihn etwas. Willenlos folge ich im Dunkeln. Feuchtkalte Kellerluft haucht aus dem Gemäuer. – Mein Führer bleibt stehen, brennt ein Licht an und sucht unruhig. – Rechts, ein Gewölbe mit kostbaren Särgen, etwas weiter hin eine Nische mit Schutt. – Das Licht hält an, leuchtet in eine niedrige Kammer hinein und verschwindet darin. – Eine Sammlung von zerbrochenen Grabdenkmälern. Mir schauert; der Fremde atmet schwer und stöhnt erregt; er löst einen Deckel, leuchtet auf einen Leichnam, zeigt auf eine Hand, die starr ist wie Holz, und lächelt still: „O, es ist wahr, was ich dir in dem Briefe schrieb. Nun hab´ ich´s gesehen; schau an, das war mein armer Leib. Die Hand noch blau – das Gift – und wie gelb sonst alles. – Mir erschüttert das Herz den Körper bei jedem Schlag. – Erst als ich am Tageslicht bin, kommen mir allmählich die Sinne wieder. – Der Fremde befiehlt: „Nun lies und komm´ heute Abend zu mir, draußen nach den Pappeln, sag´ dem Gärtner, dass Sinha Dich erwartet!"

    Ich laufe verständnislos nach Hause und falle schwer aufs Bett. – Nach einigen Stunden erwache ich aus tiefem Schlaf. Mir fällt der Brief ein, den ich lesen soll. Ich öffne ihn, und da steht in zierlich kleiner Schrift geschrieben:

    „Anuruddha! Sinha erzählt Dir, was er im Geist sah von seiner früheren Geburt, wie er litt und reiner ward durch den Tod. Höre, vor fünfhundert Jahren war ich in dieser Stadt. Und ich saß in einem dumpfen Gewölbe. Schädel lagen vor mir, und würmerzernagte Pergamente neben mir. Feuer brannte, und ein blaues Gift braute darüber im Glas. – Da sprang die Retorte, und giftige Splitter drangen in meine Hand. Rieseln merkt´ ich das Gift mir ins Blut. Voll Angst lief ich hinauf und saß dort bleich. Der Arzt kam herbei. Der sah und wandte sich weg, und ich hörte ihn sagen: „In drei Tagen ist er nicht mehr! Ich fühlte mein Herz klopfen, keine Schmerzen sonst, nicht Furcht. Auf den alten Friedhof ging ich, am Dome vorbei, den Abhang hinab und traf den Totengräber. Ich sagte ihm, es sei einer bei uns am Sterben, er möge das Grab machen, ein schon belegtes möchte er frisch ausheben. Ich selbst wollte die Stätte auswählen. Er ging voran und zeigte mir verschiedene Plätze. Über ein offnes Grab führte er mich auf schwanken Brettern. Ich war barfuß und ging darum vor Grausen nicht drüber, nur ängstlich herum. Daneben war eine riesige, rote Sandsteinplatte aufgestellt. Ein mosaischer Priester war darauf im Bild, mit Juwelen geschmückt und heil´gem Gewand. Uralt musste der Stein sein, und ein Kunstwerk war er. Der Greis schlug mit seiner Hacke den Stein entzwei. Ich weinte, als er ihn zerstörte, fühlte aber, dass darunter eine würdige Grabstätte mir sei. Er arbeitete, und ich sah ihm zu. – Da wollte er wissen, für wen er es tue. Und ich sagte ihm: „Für mich, in drei Tagen bin ich tot! Ich musste ihm schwören, dass die Wahrheit das sei, damit er nicht umsonst die Arbeit habe. Er war es zufrieden. Nun war er fertig; aber da gefiel es mir nicht, in Erde gebettet zu werden. Da führte er mich in den alten Dom. Wir gingen hindurch bis an ein schweres Eisentor. Das war silbern, mit goldenen Sternen besetzt. Es war in die Wand eingelassen, und die war ringsum zugehauen wie ein riesiges Froschmaul, die offene Tür war der Rachen. Es sollte der Tod damit dargestellt sein. – Die Tür knarrte schwer in den Angeln. Wir stiegen eine Treppe im Dunkel hinab und kamen durch Kammern mit kostbaren Zinksärgen. Könige ruhten hier, Prinzen dazwischen. Wir gingen. Da sah ich im Dämmerlicht in einer Kammer einen Haufen Gebein. Daneben war für mich ein frei. Das wählte ich. – Der Alte bereitete alles zu. Nun stiegen wir wieder aufwärts. Als ich wieder auf den Friedhof trat, wurde gerade ein Priester begraben. In langer Reihe folgten dem Sarge Bischöfe in prächtigen, seidnen Gewändern, Priester und Ritter in glänzender Rüstung, alle auf schwarzbehangenen Eseln. – Der Priester wurde in die Erde gesenkt. Das Grabgefolge kehrte zurück. Aber stille hielten sie bald bei mir und umringten mich schweigend. Ich sagte ihnen: „Mich sollt Ihr noch begraben. In drei Tagen sterbe ich, da sollt Ihr mich hintragen! Sie nickten lautlos, als wüssten sie´s schon. Ich ging hinweg. Wohin sie sich wandten, weiß ich nicht. – Nun musste ich mich auf den Tod bereiten. Das Fegefeuer sah ich im Geiste, Seelen, in siedender Lohe geläutert. – Da ergriff mich unsagbare Angst. Zur Erde fiel ich am Wege. Frohe Menschen wandelten plaudernd vorüber, sahen mich an und begriffen es nicht. Ich sah sie kaum. – Und ich betete, betete lange, kämpfte und beklagte meinen frühem Tod. Ich fügte mich, dann stand ich auf und wankte nach Hause. Und an andern Morgen, da lachte der Frühling durch bunte Scheiben zwischen Rosen hindurch. Und ich – sollte sterben. Das peinigte mich, und den Tag und die Nacht zuckte mein Leib in Qualen am Boden. Einsam lag ich noch am selben Ort. Da erhob ich mich endlich und dachte an mein Weib. Und ich breitete die Arme aus, wirr vor mich hin und flehte es an, mich nicht zu verlassen und betete lange, lange es an. Und da kam Friede tröstend in mich. Ich ahnte, seine Seele eilte herbei, schnell, sich der meinigen zu vermählen. Nieder zur Erde fiel ich wieder und fühlte das Gift tückisch in Adern mir kochen. Es ward mir weiß, der Tod rang in mir. Schwer ging mein Atem. – Da trat sie herein und beugte sich nieder und küsste mir weinend für immer den Mund. – Ich fühlte nichts mehr. Nur ward es mir leicht, ganz leicht. Und es hob und hob sich sanft mit mir. An Sonnen vorbei, in Unendlichkeit schwebten wir aufwärts.

    Ich bin fertig, meine Gedanken gehen hin und her. Ich zweifle. – Seltsam! – Wäre der Sinha ein Schwindler? Nein, warum sollte er lügen? O, Sinha, der gelbe Körper mit der blauen Hand – Dein? – Ja, der Dom – die Krypta – das Eisentor – die Gewölbe, das stimmt alles genau. Armer Sinha! Oder wäre doch alles Lug und Trug? Ich werde zu ihm gehen.

    Es ist dunkel draußen, als ich zur Stadt hinausgehe. Der Gärtner zeigt mir den Weg. Sinha liegt auf dem Bett und sieht mich starr an. Nein, sein Blick ist nach innen gerichtet. Mit matter Stimme, von Leid durchzittert, redet er mich an:

    „Du hast gelesen. So höre mich weiter an! Ich schwöre Dir bei dem heiligen Dharma Gautamas, des Buddhas, dass ich so schrieb und so sprechen werde, wie es mir der Geist offenbarte. Sinha nenn´ ich mich, weil ich früher, ganz früher Sinha war. Wo der Himalaya Indiens blauen Himmel trägt, wiegt der Rohini die Lotos. Du weißt´s. Aus dem Stamme der Sakyas bin ich, aus Kapilavastu. Kennst Du mich nun wieder? Du weißt´s, denn ich kannte Dich, Anuruddha. Wir saßen zusammen beim Vollmond unterm heiligen Baume Bo zu Bodh-Gaya. Entsinnst Du Dich? Und rundum saßen die Bauern und kauten Betelblatt und Betelnuss und weißen Kalk. Und die Brüder lasen am offnen Altar das Bana. O, schon war ich auf dem edlen, achtfachen Pfad zum Nirwana! Da gab mir der Böse das blaue Gift, und ich gab´s Dir für Betelnuss. Und sterbend sprachst Du: „Wir sehen uns wieder auf ferner Erde, wo man vorn Buddha nichts weiß! O, Anuruddha, weit fort ist nun für mich Nirwana, die selige Insel, wo man sicher ist, nicht mehr zu künftigen Geburten in die Wogen des Ozeans der Seelenwanderung hinausgeschleudert zu werden. O, ich Armer, wann werde ich nun wieder Ruhe haben? Zwar das Gift hab ich durch´s Gift gesühnt, als ich vor fünfhundert Jahren in dieser Stadt wiedergeboren war. Du sahst heute mit mir die blaue Hand im Dom. Und was ich litt, das kannst Du nach meinem Briefe kaum ermessen. Glaub´ mir, es war furchtbar. Anuruddha, nun vergib Du mir, was mich Mara an Dir tun hieß! Ich habe Dich gesucht zu meiner Erlösung. In meinem dritten Leben hab ich Dich gefunden. Das unabwendbare Karma hat sich an mir erfüllt.

    Ich hielt dem Freunde meine Hand hin – und ging. Es muss wohl wahr sein, ja, es ist ganz gewiss. – Ich hab es ja schon selbst manchmal gefühlt, wenn ich in meiner Paliübersetzung las. – Nein, und es ist doch wohl Trug, es wäre sonst unfassbar, über unsere Sinne!

    4. Ein sibirischer „Blut- oder Kriegssee"

    Wie die „Leipziger Neuesten Nachrichten" Nr. 261 d. J. berichten, hat man in Sibirien einen See gefunden, dessen Wasser wegen seiner dunkelroten Farbe in erschreckender Weise wie Blut aussieht. Er gilt darum als Blutsee. Die Volksphantasie sucht natürlich auch nach einer Erklärung dieser auffälligen Erscheinung, und da man beobachtet haben will, dass nach jedem großen Blutvergießen, also nach Revolutionen und Kriegen und so besonders nach dem furchtbaren russisch-japanischen Kriege die Farbe des Sees immer dunkler und grausenerregender wurde, so meinte man, die Verfärbung könne tatsächlich von dem vielen Blute der gefallenen Russen herrühren. Darum nennt man den See auch den Kriegssee. Oft werden Wallfahrten nach diesem seltsamen See unternommen, und dann halten fromme Beter ergreifende Messen für die Seelen der Gefallenen ab. Seit längerer Zeit hat sich auch die Wissenschaft damit befasst, und da will man als Ursache der Verfärbung unzählige Mikroben gefunden haben. Dabei hat sich auch herausgestellt, dass die Farbe des Wassers tatsächlich nicht immer gleich ist, aber der Wechsel vollzieht sich nicht nur in großen Zeiträumen, sondern wich täglich, denn tagsüber, besonders um die Mittagszeit, ist das Wasser verhältnismäßig hell, während es am Abende wieder dunkler wird. – Ältere Leser werden sich erinnern, dass auch von einem Blutsee bei Luzern berichtet wurde. Dort führt man aber in wissenschaftlichen Kreisen die Verfärbung auf eine seltene Algenart zurück. Das Volk jedoch sah darin wie 1870 die Ankündigung eines großen Krieges. Ich meine, wenn man das durch eigentümliche astrologische Konstellationen bedingte Wachstum der Lebewesen, wie auch bei Epidemien, wie im Zusammenhange die Beeinflussung der Menschen durch solche Konstellationen, die Reizung zu kriegerischen Unternehmungen berücksichtigt, so kann man möglicherweise der wahren Ursache am nächsten kommen und den Gelehrten wie dem Volke gerecht werden.

    5. Das Spukhaus von Fougeres

    Die ruhige Einwohnerschaft von Fougeres-sur-Bievre war in heller Aufregung wegen der geheimnisvollen Klopflaute, welche sich in einem Hause des Dorfes tagtäglich wiederholten. Fougeres-sur-Bievre liegt 19 Kilometer von Blois (Loire-et-Cher-Departenment, Frankreich) entfernt und zählt an die 700 Einwohner. Die tollsten Geschichten kursieren im Dorf, und die Erregung war derart, dass mehrere Frauen vor Schrecken krank geworden sind und das Bett hüten mussten. Der Bürgermeister sah sich genötigt, die Straßen, welche Zugang zu dem Spukhaus haben, absperren zu lassen, weil Tag und Nacht hindurch Scharen von Neugierigen vor demselben versammelt waren. In No. 7. 816 vom Jahre 1914 bringt „Le Journal" einen Artikel von seinem Spezialberichterstatter über die Vorgänge aus Fougeres-sur-Bievre, aus welchem Nachstehendes in Übersetzung wiedergegeben ist:

    „Das Spukhaus liegt unweit der Straße von Blois. Es besteht im Erdgeschoss aus einem Zimmer, der Küche und dem Hausflur, von wo eine Treppe zu dem ersten Stockwerk und dem Speicher führt. Das Haus wird bewohnt von Herrn Geometer Prouteau, seiner Frau, seinem Schwiegersohn und seinem zwölfjährigen Enkel, welche erst vor kurzer Zeit nach Fougeres gezogen sind.

    „Es war auf Drängen meiner Frau, erzählt Herr Prouteau, „dass ich nach Fougeres kam, welche bei ihrem alten Vater sein wollte, der Eigentümer unseres Hauses ist. Ich kenne niemand hier und glaube auch nicht, mir Feinde gemacht zu haben. Ich kann daher nicht annehmen, dass die Vorgänge, welche uns so sehr beunruhigen, das Werk irgend eines Spaßvogels sind. Am letzten 27. Dezember fanden diese Kundgebungen zum ersten Male statt. Ich war um drei Uhr morgens aufgestanden, um einen Sachverständigenbericht niederzuschreiben, als ich ¾ Stunde später plötzlich durch ein ungewöhnliches Geräusch gestört wurde. Ich glaubte, mein Nachbar zur Linken würde Holz spalten. Als der Tag angebrochen, stellte ich ihn deswegen zur Rede, worüber er sehr erstaunt war und mir entgegnete, er wollte eben zu mir kommen, um mich zu ersuchen, in Zukunft seine Nachtruhe nicht mehr zu stören. Das war äußerst sonderbar. Am andern Tag wiederholte sich das nämliche Geräusch, und tags darauf verstärkte es sich. So ging es weiter an den folgenden Tagen, und bald stellte sich das Geräusch ebenfalls am Abende ein.

    „Was vernehmen Sie denn eigentlich?"

    „Man glaubt, das ganze Haus würde heftig erschüttert werden, die Wände und Fenster zittern, Klopflaute ertönen in den Wänden und man hört ein donnerähnliches Grollen. Sie lachen, aber mir ist das Lachen längst vergangen. Dieses mysteriöse Gepolter hat meine Frau krank gemacht."

    „Zu welcher Stunde hört man diesen Lärm?"

    „Des Morgens von vier bis sieben Uhr und des Abends gegen 8.30 Uhr."

    „Sind Sie sicher, dass Sie nicht von irgendjemand gefoppt werden?"

    „Durchaus – Zunächst werden meine Nachbarn dadurch ebenso belästigt wie ich. Außerdem wurden Nachforschungen bei ihnen angestellt während den Stunden des Gepolters, doch war nichts zu entdecken. Ich kann daher meine Nachbarn zur Rechten wie zur Linken nicht verdächtigen. Ich habe noch einen anderen Nachbar, den Herrn Pfarrer, dessen Garten hinter meinem Hause liegt, doch wäre es unsinnig zu vermuten, dass er derartigen Schabernack treiben würde. Übrigens wie könnte er den formidabeln Lärm erzeugen, den Hunderte von Menschen gehört haben. Meiner Ansicht nach sind diese Phänomene auf elektrische Einwirkungen zurückzuführen, welche ich mir jedoch nicht erklären kann."

    So berichtete Herr Prouteau, welcher ein schlichter, nüchtern denkender Mann ist.

    Im Dorfe haben jedoch die sonderbarsten Geschichten Kurs. Für die einen haust Satan höchstpersönlich bei Herrn Prouteau, für andere wird der Lärm von Abgestorbenen verursacht, für Dritte wurde Herr Prouteau vom Pfarrer behext, weil er nicht zur Kirche geht usw. So deutet jeder die rätselhafte Angelegenheit auf seine Art und ein jeder weiß von anderen Kundgebungen zu berichten. Einst soll ein Bauer in Anwesenheit von etwa dreißig Personen dem unsichtbaren Störenfried die Frage gestellt haben, wie viel der Liter Wein koste, und die Antwort sei ebenso prompt wie richtig durch Klopflaute erfolgt. Andere wissen zu berichten, dass auf Verlangen des Gendarmeriewachtmeisters ein donnerähnlicher Schlag in der Mauer erdröhnte, so dass dieser vor Entsetzen beinahe ohnmächtig wurde. Es wird auch erzählt, dass durch das Getöse ein Hund tobsüchtig wurde und getötet werden musste. Die Gendarmerie nahm eine Untersuchung vor, welche jedoch resultatlos verlief. Seither soll das Geräusch allerdings etwas nachgelassen haben.

    Da Zeitungsberichte meist unzuverlässig sind und solche beängstigende Ereignisse stets aufgebauscht werden, wandte ich mich direkt an Herrn Prouteau, um eine Bestätigung dieser Geschehnisse sowie nähere Einzelheiten aus erster Hand zu erhalten. Hier folgt, ins Deutsche übertragen, was mir Herr Prouteau in seinem Schreiben vom vergangenen 14. März mitteilte:

    „Am letzten 27. Dezember gegen 3.45 Uhr (französische Zeit) setzte ich mich an meinen Schreibtisch, um ein Sachverständigengutachten für das Zivilgericht zu redigieren. In diesem Augenblick vernahm ich eine Anzahl Schläge, wie wenn jemand Holz spalten würde. Dies konnte mich weiter nicht beunruhigen. Des Abends um acht Uhr wiederholte sich dasselbe Geräusch während ungefähr einer Stunde. Am andern Tag nahm ich meine Arbeit zur selben Stunde wieder auf und hörte denselben Lärm, welchem ich jedoch weiter keine Aufmerksamkeit schenkte. Dies dauerte ungefähr drei Wochen an, als plötzlich, an einem Mittwoch Abend, der Lärm sich ganz bedeutend verstärkte. Anderntags, am Donnerstag, fand um 8.30 Uhr ein wirkliches Erdbeben statt, verbunden mit Donnergrollen und raschen Schlägen, welche auf 200 Meter im Umkreise gehört wurden. Dies dauerte wenigstens anderthalb Stunden. Am andern Morgen wiederholte sich dasselbe Getöse von 5.30 Uhr bis ungefähr 6.30 Uhr. Dieser Heidenlärm dauerte vierzehn Tage hindurch. Seither hat jedes Geräusch aufgehört. Ich nahm gleich die Wissenschaft in Anspruch und zog ganz bedeutende Elektro-Ingenieure zu Rat. Wir sind alle dahin einig, dass diese Erscheinungen auf eine elektrische Entladung zurückzuführen sind. Für meine sechzig Jahre befinde ich mich sehr wohl und bin keineswegs an Angst gewöhnt, doch verspürte ich recht gut den elektrischen Schlag. Aber woher kommt diese Entladung? Zur Zeit ignorieren wir es noch. Hoffentlich wird die Wissenschaft, welche sich mit diesen Phänomenen beschäftigt, deren Ursache entdecken. Ich wohne erst seit kurzer Zeit in Fougeres-sur-Bievre mit meiner Frau und meinem Enkel – die Einzigen, welche mir von meiner Familie übrig bleiben.

    Dieses Haus hat mein Schwiegervater vor ungefähr zwei Jahren gekauft. Gemäß den eingezogenen Erkundigungen glaube ich nicht, dass jemals derartige Dinge in diesem Hause stattfanden. Alle Angaben, welche die Zeitungen diesbezüglich vorbreitet haben, sind falsch. Es liegt hier eine Verwechslung vor mit einer ähnlichen Begebenheit, welche vor etwa dreißig Jahren in einem ca. 20 Kilometer von Fougeres-sur-Bievre auf dem Gebiete von Soings gelegenen Haus stattgefunden haben.

    Es wurden in meinem Hause keine Exorzismen von irgendeiner Religion vorgenommen, da ich an nichts Übernatürliches in dieser Angelegenheit glaube. Da ich mich zur Zeit dieses grässlichen Gepolters niemals von Haus entfernte, weiß ich nicht, ob dasselbe auch in meiner Abwesenheit stattgefunden hätte. Ich verfolge die Untersuchung dieses Phänomens ohne Unterlass. Falls Ihnen mein Schreiben für die Veröffentlichung interessant erscheint, können Sie dasselbe nach Belieben verwenden.

    gez. Prouteau.

    Sachverständiger zu Fougeres-sur-Bievre. (Loire-et-Cher) Frankreich.

    Ich hatte mich noch an andere Personen gewandt, um weitere Belege über die Vorgänge im Spukhaus zu erhalten, doch hatten diese nicht die Liebenswürdigkeit des Herrn Prouteau und ließen meine Schreiben unbeantwortet. Wir müssen uns daher mit vorliegendem Bericht begnügen welcher in den Hauptzügen die Angaben des „Journal"-Artikels bestätigt. Es ist, leicht begreiflich, dass, falls man nicht an Übersinnliches glauben will, man die Elektrizität für diese mysteriösen Vorgänge verantwortlich zu machen sucht, welche uns in letzter Zeit so viel Wunderbares gebracht hat. Die Annahme irgend einer elektrischen Einwirkung wird jedoch hinfällig durch die ergebnislos verlaufenen fachmännischen Untersuchungen. Nach einer weiteren Zeitungsmeldung soll man sogar den anstoßenden Garten vollständig umgegraben haben, da man dort ein defektes Leitungskabel vermutete. Es gibt jedoch verschiedene Erwägungen, welche, wenn auch keinen unanfechtbaren Beweis erbringen so doch sehr zu Gunsten der Einwirkung einer außerkörperlichen Intelligenz reden. Es sind dies folgende Momente:

    1.) Diese Klopflaute scheinen eine gewisse Absicht zu verfolgen, denn dieselben ertönen stets in Anwesenheit der Hausbewohner, und ihr hartnäckiges und regelmäßiges Auftreten lässt das Bestreben erkennen sich der Beobachtung aufzudrängen.

    2.) Die Klopflaute wiederholen sich stets an solchen Stunden, wo Dunkelheit herrscht. Es ist eine bekannte Tatsache, dass zur Hervorbringung von spiritistischen oder mediumistischen Phänomenen die Dunkelheit, während der Anfangsstadien wenigstens eine conditio sine ona non ist.

    3.) Es ist eine allmähliche Steigerung der Erscheinungen festzustellen. Ein Gleiches wird bei allen mediumistischen Leistungen beobachtet und findet nach Lombroso auch in den meisten Spukhäusern statt, wo die Kundgebungen auf die Anwesenheit eines unbekannten Mediums zurückzuführen sind.

    4.) Bevor die Familie Prouteau das Haus bewohnte, fanden derartige Vorkommnisse nicht statt. Es handelt sich also hier wohl nicht um das Wirken eines Spukes, welcher gewohnheitsmäßig an dieser Stätte haust, sondern eher um die Betätigung unbekannter medianimer Fähigkeiten eines der Hausbewohner, und dies umso mehr, da dieselben zur Zeit des Auftretens der Phänomene stets im Hause anwesend waren.

    5,) Der Umstand, dass verschiedene Mitglieder der Familie Prouteau gestorben sind, lässt die spiritistische Hypothese sehr plausibel erscheinen.

    6.) Dem Erdbeben, das die Hausbewohner verspürt haben wollen, kann gegenüber gestellt werden, dass bei spiritistischen Sitzungen oftmals eine sehr große Kraftentfaltung beobachtet wurde, welche das Maß der gewöhnlichen menschlichen Kraft bei weitem überstieg. Lombroso berichtet von Spukhäusern, wo unterirdisches Grollen und weithin hörbare Schläge, wie von einer Explosion herrührend, gehört wurden, so dass der auf 200 Meter im Umkreis hörbare Donnerschlag im Hause Prouteau nicht als eine außergewöhnlich wuchtige Kundgebung anzusehen ist.

    7.) Der elektrischen Erschütterung, welche Herr Prouteau verspürte, kann man die Beobachtung vieler Spiritisten entgegen stellen, welche öfter etwas ähnliches in Sitzungen verspürten, besonders dann, wenn die Hervorbringung einer Erscheinung nicht leicht von statten ging oder wenn das Medium hemmende Einflüsse im Zirkel verspürte.

    Diese verschiedenen Erwägungen deuten darauf hin, dass man es in vorliegendem Falle mit einem wirklichen Spukhaus zu tun hat, wo irgendeine außerkörperliche Wesenheit sich kundzugeben versucht. Von weiteren Angaben, welche für eine eingehendere Prüfung der Angelegenheit wünschenswert gewesen wären, musste der Umständlichkeit halber abgesehen werden. Immerhin ist es der Mühe wert, gestützt auf das vorliegende Zeugnis des Prouteau, von diesem neuesten Spukhaus Akt zu nehmen, da spontan auftretende Manifestationen dieser Art den besten Beweis zugunsten des Spiritismus sind, den wir unsern Gegnern entgegen halten können.

    6. Okkultismus im Gebirge A. v. Ulrich

    Ich verbrachte diesen Herbst in einem Städtchen, das nur durch die Länge eines Tales vom Großen St. Bernhard entfernt ist. Dieses Städtchen Aosta scheint direkt aus dem Mittelalter in die Neuzeit versetzt. Kirchen, die aus den ersten Jahrhunderten des Christentums datieren, kostbare Innenausstattung derselben und uralte Wohnhäuser ohne Luft und Licht, die Einwohner einfältig, kirchlich fromm und mit dumpfem Hellsehen begabt, wie es sonst in Europa schon mehr selten zu finden ist. Fast jedermann hat okkulte Erfahrungen zu berichten. Ich teile hier nur mit, was wir von glaubwürdigen Personen zufällig hörten: So erzählte uns der Pfarrer eines Kirchleins im Gebirge, dass seit einiger Zeit die Kirchgänger durch Steinwürfe arg beunruhigt wurden. Man hatte italienische Carabinieri herbeigerufen, um dem Unfug zu steuern. Die hatten die Gegend durchsucht und kein lebendes Wesen gefunden, das Steine hätte werfen können, wohl aber die Steinwürfe selbst beobachtet. Diese Steine sollen heiß gewesen sein und von einer Art, wie sie in der Umgebung nicht zu finden waren. Daraus schloss der Pfarrer, Satan selbst mache sich das Vergnügen, die Kirchgänger abzuschrecken und hole sich die Steine direkt aus der heißen Hölle. Der Pfarrer wusste nicht, dass ähnliches Werfen mit Steinen in letzter Zeit an anderen Orten oft gemeldet wurde, ohne dass man dieses Phänomen auf Satan zurückzuführen braucht.

    Ein anderer Pfarrer ging am hellen Tage mit seinen Brüdern und der Mutter auf eine ihm gehörige Wiesenmatte, die auf einem schräg abfallenden Hange lag. Plötzlich sahen alle eine Frau in Landestracht mitten auf der Wiese stehen, ohne dass sie bemerkt hätten, wie sie dahin gekommen sei! Da ihr Gesicht von ihnen abgewandt war, wollten die Männer an sie herantreten, um zu sehen, wer es sei. Doch die Mutter hielt sie davon zurück, rufend: „Gehet nicht hin, sehet ihr denn nicht, dass sie nicht von dieser Welt ist!"

    Verblüfft blieben die Männer stehen und glaubten der Mutter nicht recht, denn die Erscheinung war so positiv deutlich und irdisch, dass sie schwer an etwas überirdisches glauben konnten. Doch bald sahen sie, wie recht die Mutter hatte, als die Frau eben so plötzlich verschwand, wie sie erschienen war; sie löste sich förmlich in Luft auf. Doch merkwürdiger als diese Berichte, die in ähnlicher Weise ja auch an anderen Orten erzählt werden, war eine Persönlichkeit, die uns am letzten Tage meines Aufenthalts zugeführt wurde. Es war ein armer Tagelöhner, ganz ohne Bildung, der letzte Spross eines Adelsgeschlechts, das früher am Hofe von Savoyen eine Rolle gespielt hatte. Doch seine Vorfahren hatten sich durch Wohltaten und Almosengeben allmählich ruiniert, und der arme Sierre musste sich durch Tagelohn sein Brot verdienen. Wörtlich nur sein Brot, denn seine Arbeit wurde ihm eben mit Brot bezahlt. Eine Suppe erhielt er nur selten, denn er war alt und schwach und konnte nicht viel leisten, er war froh, in einer Scheune oder einem Kuhstall sich ein Nachtlager auf Stroh und ein Stückchen trocknen Brotes zu verdienen. Doch war er dabei glückselig und voller Liebe zu allen Mitmenschen, von denen ihn einige als Heiligen betrachteten und andere ihn verspotteten. Besonders wurde er von der Straßenjugend gehänselt und verlacht. Doch nie entfuhr ihm ein Wort der Ungeduld oder des Missmutes darüber. Wenn der Tag ihm auch Beschwerden und Mangel brachte, in der Nacht war er selig auf seinem Strohlager, denn in der Nacht studierte er, wie er sich ausdrückte. Er studierte nämlich die höheren Welten und wurde von der Gottheit selbst belehrt über das, was er erschaute.

    Wir waren mehrere Personen beisammen bei der Abendmahlzeit, als er uns vorgeführt wurde. Er sprach einen kaum verständlichen Dialekt mit schwerer Zunge, so dass wir nur wenig von dem verstanden, was er uns anfangs erzählte. Doch als wir ihm eine gute Suppe, Brot und Früchte vorgesetzt hatten, wurde seine Sprache deutlicher, und allmählich ging er, ohne es selbst zu wissen in leidliches Italienisch über, das er sonst nicht sprach. Ich glaube, es war eine Art Telepathie, welche die Gesellschaft auf ihn ausübte. Um sein Wissen zu prüfen wurden ihm allerhand Fragen vorgelegt, unter anderem fragte jemand, auf seine Behauptung hin, dass er sich des Nachts im Himmel befände.

    „Was ist die Pforte zum Himmel?"

    Antwort: „Die Weisheit; es gibt keinen anderen Weg."

    Frage: „Wie sieht der liebe Gott aus, der mit dir spricht?"

    Antwort: „Wunderschön, denn er besteht nur aus Weisheit, Schönheit und Liebe."

    Frage: „Ist es recht oder unrecht, sich an die Lehren der Kirche zu halten?"

    Antwort:„Die wahre Kirche trägt der Mensch in seinem Innern!"

    Frage: „Soll man also die Sakramente verwerfen?"

    Antwort: „Gewiss nicht, die Sakramente sind heilig, doch den wahren Glauben und die richtige Kirche trägt jeder Mensch in sich. Alles Andere ist Nebensache, wenn man das weiß. Auch den Stein des Weisen hat jeder Mensch in seinem Innern. In der Nacht wurden uns herrliche, wunderbar leuchtende Steine gezeigt von verschiedenen Farben, und jedem Menschen war einer zugeteilt als Glücksstein. Aber der Schönste von allen war der Stein des Weisen, und der ist in jedem Menschen, der braucht ihm nicht zuerteilt zu werden."

    Zu dieser Rede bemerkte der Herr, der den alten Sierre hergeführt hatte, dass

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