Der Rathgeber vor bei und nach dem Beischlafe...
Von Dr. Becker
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Der Rathgeber vor bei und nach dem Beischlafe... - Dr. Becker
Becker
Der Rathgeber vor bei und nach dem Beischlafe
oder faßliche Anweisung, den Beischlaf so auszuüben, daß der Gesundheit kein Nachtheil zugefügt, und die Vermehrung des Geschlechts durch schöne, gesunde und starke Kinder befördert wird.
Zuerst erschienen: 1816
Vorrede zur ersten Auflage.
Unter allen Gegenständen, welche die Aufmerksamkeit des Jünglings wie des Greises reizen, ist wohl keiner so bedeutend, so sehr anziehend, als der, den diese Schrift behandelt. Ich wünschte, durch sie über ihn mehr Licht in den mittlern Ständen zu verbreiten, Manches zur Sprache zu bringen, was Jeder wissen sollte, und nur Wenige zu wissen pflegen. Man hat verschiedenemale schon den Wunsch geäußert, namentlich der verehrungswerthe Geheimerath Hufeland selbst in seiner Makrobiotik, daß Neuverheiratheten ein Büchelchen in die Hände gegeben werden möchte, das sie über den (physischen) Zweck der Ehe, und die Mittel, ihn sicher zu erreichen, ohne den andern Bestimmungen der Organisation Eintrag zu thun, belehrte: vielleicht ist es dazu geeignet, und der Verfasser würde sich sehr freuen, wenn unpartheische Richter den Ausspruch fällten, diesen Zweck erreicht zu haben.
Vorrede zur sechsten Auflage.
Es sollte die sechste Auflage allerdings die siebente heißen, da die fünfte wegen Kürze der Zeit, ohngeachtet sie sehr stark war, unverändert im Jahr 1809 aufs neue gedruckt werden mußte. - Endlich hat der Verfasser das Vergnügen, eine neue Auflage wieder besorgen zu können, in der er denn so Manches wieder änderte und zu bessern bemüht war. Möge diese Schrift denn auch ferner dem Zweck, den die Vorrede zur ersten Auflage angiebt, entsprechen.
Leipzig, im Jan. 1816.
Dr. Becker.
Einleitung.
Der Beischlaf ist gewiß eine der wichtigsten, ja vielleicht die wichtigste Verrichtung, für welche die thierische Oekonomie des Menschen bestimmt ist. Wer weiß nicht, wie alles auf ihn ankommt, das Geschlecht des Herrn dieser Erde zu erhalten? Wer weiß nicht, daß er die süßesten Freuden in sich faßt, für deren Genuß so mancher Andre alles aufopfert, was ihm das Schicksal oder die Vorsehung an Glücksgütern gegeben hatte? Daß durch seinen Genuß gleich sehr oft das Glück oder Unglück der künftigen Generation, die ihm ihr Daseyn verdankt, u. derer, die ihr das Daseyn gegeben, bestimmt wird? Ueberlegt man, daß von den Umständen, unter welchen er Statt findet. Schande und Ehre, Gesundheit, oder ein Leben, das in der dasselbe begleitenden Kränklichkeit jeden Augenblick zu erlöschen droht, Geistesgröße selbst oder Beschränkung der Kräfte dieses, Frohsinn und Düsternheit, und wer weiß sonst noch alles abhängt: wahrlich! dann ist man es sich selbst schuldig über einen Gegenstand genauer nachzudenken, der den Meisten nichts, als eine Reihe von üppigen Bildern darstellt, an welchen sich ihre verdorbene, irregeführte Phantasie so lange letzt, bis sie am Ende unfähig wird, der Aufmerksamkeit anderer, ernsthaft zu behandelnder, Gegenstände ein Opfer zu bringen.
Der Verfasser dieser Blätter glaubt daher kein unnützes Geschäft übernommen zu haben, wenn er dem Leser jedes Standes den Weg vorzeichnet, den er bei seinem Nachdenken darüber betreten muß. So bescheiden er auch ist, so glaubt er doch kein ganz unbedeutendes Verdienst um seine Zeitgenossen sich erworben zu haben, wenn es ihm glückte, sie mit dem allen genauer bekannt zu machen, was darauf hinaus geht, den Beischlaf, das Werk des thierischen Menschen, dadurch zu veredeln, daß er immer mit Bezug auf den großen Zweck, die bedeutenden Absichten gedacht wird, welche die Natur mit ihm zu erreichen sich vornahm. Er wird sich freuen, wenn seine Leser in dem Kenntnisse erlangen, was ihn unschädlich macht, was ihn lehrt, wie sie bei seinem Genusse sicherer ihren Zweck erreichen können, als es sonst der Fall ist. Denjenigen, die vielleicht in der Absicht seine Blätter in die Hand nehmen, ihre verdorbene Phantasie zu kitzeln, wird er keinen Dienst damit erzeigen, gewiß aber Jedem, dem die Vernunft eine Leuchte in allen seinen Handlungen seyn soll.
Erster Abschnitt
Der Rathgeber vor dem Beischlafe.
Schon vor dem Beischlafe soll dein Rath nöthig seyn? Auch vor ihm die Diätetik ihre Gesetze vorschreiben?
Gewiß; wenn man auf die Wichtigkeit dessen achtet, bevor noch der Beischlaf überhaupt zu genießen ist; wenn man bei diesen Erinnerungen auf den einzelnen Moment des sich zu verschaffenden Genußes Rücksicht nimmt. In beiden Fällen wird so manches sich auffinden lassen, was für die Menschheit überhaupt, und für den Einzelnen gleich sehr wichtig ist.
1.
Man suche nicht zu früh einen Genuß, der erst mit der völligen Reife der Organisation unsers Körpers verbunden seyn soll. Es ist unglaublich, wie sehr die Natur in der Ausbildung des letztern gehindert wird, wenn Triebe befriedigt werden, die noch lange hätten schlummern sollen. Alles kündigt in ihren Geschöpfen es an, daß das ganze erste Viertheil des Lebens dazu bestimmt seyn soll, den Körper auszubilden, daß erst der ganz Ausgebildete für die Erzeugung neu erwachen soll. So verschieden die Lebensdauer der einzelnen Thiergattungen ist, so sehr stimmen doch alle in diesem Punkte überein; und wenn der Mensch hier gleichsam vor der Zeit reif wird, so wird er es nur dem Scheine nach, er wird es nur auf Unkosten seiner Gesundheit, auf Unkosten der schwächlichen Nachkommen, die ihr, vielleicht elendes, physisches Daseyn einer Stunde der Uebereilung verdanken; und schnell rächt sich an ihm die Natur, die nie ihre Gesetze von einem Zerstörer ungestraft verachten und übertreten läßt.
2.
Man sehe einen Mann, oder besser Greis, der schon im fünfzehnten Jahre im Schooße unkeuscher Buhlerinnen das verschwendete, was der reine Gatte dem Ehebette aufspart. Er wird nun in den Jahren durch Familienverhältnisse zu einer Heirath genöthigt. wo man in frühern Zeiten, in einem kraftvollen Zeitalter, erst in dieser Hinsicht eine dunkele Ahnung von dem Geheimnisse des erstem bekam, und er, der entkräftete, erschöpfte, aus Knochen und Haut zusammengesetzte Mann, für jeden Genuß, der ihm im keuschen Ehebette blühen konnte, schon abgestumpft ist. Man sehe eine Gattin, die schon in den Jahren Mutter wird, wo ihre Reize sich erst vollenden, ihre Körperkräfte den höchsten Grad erreichen sollten. Ihr zarter Körper kann nun den Beschwerden der Schwangerschaft nicht die Stirn bieten; er kann den Verlust an Säften, die Anstrengung nicht ertragen, welche mit der Niederkunft vereinigt sind; und so welken die Rosen schon, da sie noch nicht oder kaum der Knospe entblühet sind. Das widrigste Gerippe steht da, wo noch die blühendste Schönheit entzücken könnte wenn die Entwicklung und Befriedigung von Trieben nicht Statt gefunden hätte, welche noch Jahre lang ungestört hätten schlummern sollen. [Fußnote: Sehr richtig bemerkt ein Schriftsteller darüber: »Man hat behaupten wollen, daß es gut wäre, wenn Mädchen frühe Mütter würden. Ihre Bauchmuskeln, Becken. Knochen und Geburtstheile. sagt man