Archiv für Begriffsgeschichte, Sonderheft
Von Elena Agazzi, Christoph Strosetzki, Gisela Schlüter und
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Über diese Serie
Der vorliegende Band liefert Bestandsaufnahmen der Übersetzungen von Kants Schriften ins Englische, Französische, Italienische, Spanische, Portugiesische, Katalanische und Rumänische (I), dokumentiert die Ressourcen und Mittel für heutige Kant-Übersetzungen (II), diskutiert die Schwierigkeiten, die sich bei der Übersetzung der kantischen Terminologie in Theorie und Praxis (III) sowie bezüglich einzelner Begriffe auftun (IV), und geht im Besonderen auf die Übersetzungsproblematik in der Philosophie ein (V). Eine ausführliche Bibliographie und Register runden den Band ab.
Titel in dieser Serie (13)
- Die Geburt der ästhetischen Bildung aus dem Körper der antiken Plastik: Zur Bildungssemantik im ästhetischen Diskurs zwischen 1750 und 1800
2
Dimitri Liebsch plädiert dafür, den »humanistischen Leitbegriff Bildung« hinsichtlich seiner ästhetischen Komponente einer Revision zu unterziehen: Mag sich in der Bildungssemantik und ihren Therapievorschlägen für eine problematische Moderne auf den ersten Blick auch eine Hochschätzung von Kunst artikulieren, so ist diese durch einen zweifelhaften Anachronismus erkauft, der gerade den Umgang mit moderner Kunst nachhaltig behindert hat. Ausgangspunkt des Buches ist die Beobachtung, dass die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts sowohl in allgemeiner gesellschaftlicher Hinsicht als auch in Bezug auf das Verständnis von »Bildung« als eine Zeit des Umbruchs angesehen werden muss. Auf der gesellschaftlichen Ebene gewinnt die europäische Moderne Kontur, auf der semantischen Ebene beginnt ein auf Geistiges und Seelisches bezogener Begriff von Bildung allmählich den noch auf körperliche Formen bezogenen älteren Begriff in den Schatten zu stellen. Im Gegensatz zur bisherigen Forschung, die sich teils aus ideengeschichtlichen Beweggründen, teils aufgrund einer stark vereinfachenden diachronen Orientierung vor allem jenem neueren Verständnis von Bildung gewidmet hat, zeichnet Liebsch die tatsächlich bestehenden Verknüpfungen zwischen den beiden semantischen Modi nach. Ästhetische Bildung meint – untersucht werden die Positionen von Winckelmann, Wieland, Herder, Forster, Humboldt und Schiller – im Kern die geistige Bildung des 'entfremdeten' modernen Individuums anhand der körperlichen Bildung der antiken Plastik. Dieser semantische Kurzschluß einer 'Bildung durch Bildung' verträgt sich insbesondere mit den historischen Einsichten seiner Urheber schlecht, denn für diese gibt es in der Gegenwart weder die antiken Rezeptionsbedingungen, geschweige denn eine Neuauflage ihrer Kunstproduktion.
- Eine Typologie der Formen der Begriffsgeschichte
7
Im Blick auf die Grenzen und die Möglichkeiten, die die Begriffsgeschichte (eines der bedeutendsten Modelle für die wissenschaftliche Erfassung der Geschichte der Philosophie) bisher entwickelt hat, analysiert dieser Band ihre Geschichte, ihre Entwicklung und ihre zukünftigen Perspektiven. Der erste Teil behandelt die historische Entwicklung der Begriffsgeschichte, ihre bedeutendsten Leistungen und ihre Beziehung zur Problemgeschichte und zur Metapherngeschichte. Teil II erörtert die Beziehungen zwischen Begriffsgeschichte und politischer Philosophie und Teil III widmet sich einem Ausblick auf neue Horizonte der begriffsgeschichtlichen Forschung.
- Geschichte des Medienbegriffs
3
Was ist ein Medium? Diese Frage nach einer grundlegenden Bestimmung des Medienbegriffs hat in der Medienforschung zur Zeit Konjunktur. Die sozialwissenschaftlich-empirisch ausgerichtete Kommunikationswissenschaft, die Publizistikwissenschaft und die geisteswissenschaftlich orientierte Medienwissenschaft geben in der gegenwärtigen Begriffsdiskussion scheinbar unversöhnliche Antworten. dass diese auf semantische Optionen zurückgeführt werden können, die in der Bedeutungsstruktur des Wortes resp. des Begriffs Medium angelegt sind, zeigt aber die Begriffsgeschichte. Im Zuge der Analyse des auf die Antike zurückgehenden, aisthetischen Medienbegriffs erweist sich, dass dessen wahrnehmungstheoretischer Bedeutungsaspekt über viele Jahrhunderte hinweg dominant ist. Die instrumentale Bestimmung des Begriffs bricht sich frühestens mit der Entwicklung erster optischer und akustischer Medien Bahn. Heute dagegen ist der instrumental-technische Medienbegriff in weiten Teilen der Medienforschung paradigmatisch; die aisthetische Variante findet sich auf die medienwissenschaftlichen Randgebiete zurückgedrängt. Am Beispiel metaphorischer Verwendungsweisen bei Herder, Hegel, Schleiermacher, Novalis und anderen zeigt Stefan Hoffmann, wie diese Dichotomie von Aisthesis und Instrumentalismus aufgelöst werden kann. Die »Geschichte des Medienbegriffs« breitet das semantische Spektrum des Begriffs des Mediums aus, kontrastiert die Begriffsgeschichte mit aktuellen Positionen der Medientheorie und legt dadurch schließlich das Fundament zu einem integrierenden Begriffsverständnis für alle Disziplinen der Medienforschung.
- Schlüsselbegriffe der Philosophie des 20. Jahrhunderts
6
Es ist kein Zufall, dass mit den wirkmächtigen Destruktionsversuchen der philosophischen Fachsprache von Heidegger über Wittgenstein bis hin zur Postmoderne das Denken sich neu justiert - und zwar um Begriffe, deren semantischer Gehalt sich vielleicht nur in und durch Grenzbestimmungen und Grenzüberschreitungen aufdecken läßt. Schlüsselbegriffe können das komplexe Denken des 20. Jahrhunderts als ein verwobenes dechiffrieren helfen. Sie markieren zugleich die impliziten Grenzen dieses Denkens, das nicht selten alle Schranken niederzureißen suchte. (Aus der Einleitung) Das 18. Jahrhundert war wohl das erste Jahrhundert, das sich bewußt als Epoche begriff und sich zugleich einen Namen gab; es nannte sich programmatisch das »Jahrhundert der Aufklärung«, und es war damit so erfolgreich, dass selbst seine Gegner diese Bezeichnung übernahmen. Das 20. Jahrhundert ist vorüber, aber einen allgemein anerkannten Namen hat es bisher nicht erhalten. Es heißt das Zeitalter der Extreme, des Totalitarismus, der Information etc., das technokratische, Atom- oder (in seiner Spätzeit) das postindustrielle Jahrhundert. In seinen letzten Jahrzehnten wurde vielfach die Postmoderne ausgerufen. Fragt man nach den Schlüsselbegriffen des 20. Jahrhunderts und ihrer Geschichte, so kann damit nicht gemeint sein, dass diese, so kurz nach dem Ende dieses Zeitalters, schon vollzählig benannt werden können. Und ebenso soll es nicht bedeuten, dass die die Epoche prägenden Leitbegriffe nicht schon vorher vorhanden gewesen wären und andere jetzt nicht mehr ausschlaggebend seien. Aber viele Begriffe erhalten ein neues Gewicht; andere bekommen einen neuen Stellenwert. Vor allem sind die Phänomene der Verzeitlichung und Ideologisierung der politisch-sozialen Termini, die Reinhart Koselleck so nachdrücklich für deren Umbruch in der Zeit zwischen 1750 und 1830 verantwortlich machte, auch für das 20. Jahrhundert zu konstatieren (und sie werden uns aller Wahrscheinlichkeit nach erhalten bleiben). Innerhalb dieses Rahmens lassen sich Veränderungen feststellen, die sich im Laufe des vergangenen Jahrhunderts abzeichnen und - vor allem nach 1989 - verstärkt haben. Mit Beiträgen zu den Begriffen: Anderer · Aufklärung · Bedeutung und Sinn · Bild · Dialog · Gerechtigkeit · Gemeinschaft, Gesellschaft · Identität · Krise · Kultur · Leben · Leib, Körper · Macht · Medium · Mensch, Dasein · Metapher · Paradigma · Schuld · Sein, Existenz · Selbstbestimmung · Sprache · Struktur · Symbol, Zeichen · System · Utopie, Zukunft · Verantwortung · Verstehen
- Redner und Rhetorik: Studie zur Begriffs- und Ideengeschichte des Rednerideals
5
In der modernen Rhetorikforschung, die sich vor allem auf die Redetechnik konzentriert, gehört das Rednerideal nach wie vor zu den am wenigsten untersuchten Themen. Dabei setzt erst der Redner als der Handelnde in der Redesituation das Wirkungspotential der Rhetorik um. Die wichtigsten Konstitutionsmerkmale seines Handelns sind Subjektivität, Bildung, Psychologie und Ethik. Diese waren in der klassischen rhetorischen Tradition noch ganz anders präsent als heute. Franz-Hubert Robling stellt sie durch eine begriffs- und ideengeschichtliche Analyse von Rhetoriktraktaten vor. Das Untersuchungsmaterial stammt aus der Zeit von den sophistischen Anfängen der Redekunst bis zum Ende des 18. Jahrhunderts, als die Schulrhetorik normative Kraft und systematischen Zusammenhalt verlor. Als Ergebnis enthält die Arbeit nicht nur eine historische Typologie des Redners, sondern zeigt ebenfalls die Vielfalt der Rednerformen wie Prediger, Dichter, Geschichtsschreiber, Dialektiker und Philosoph, Hofmann, Politiker und Demagoge. Auch humanistische Leitbilder für die rednerische Erziehung von Frauen werden vorgestellt. Mit dieser Studie ist eine Grundlage geschaffen für jede kulturhistorische und kulturanthropologische Erforschung der Kommunikatorkonzepte in Vergangenheit und Gegenwart.
- Begriffsgeschichte im Umbruch
4
Gibt es eine Zukunft der begriffsgeschichtlichen Forschung nach dem Abschluß der disziplinären Großprojekte? In exemplarischen Fallstudien reflektieren die Autoren Begriffsgeschichte und historische Semantik zugleich vor dem Hintergrund der kulturwissenschaftlichen Wende der Geisteswissenschaften und der Überwindung eines disziplinär segmentierten Kulturbegriffs. Methodisch rücken dabei metapherntheoretische, sprachpragmatische und diskursgeschichtliche Fragestellungen und ihre Verbindung stärker in den Mittelpunkt, in technischer Hinsicht werden neue Möglichkeiten der Nutzung von Computer und Internet bei der Recherche, Präsentation und Vernetzung semantikgeschichtlicher Befunde geprüft.
- Zur Kulturgeschichte der Scham
9
»Das Schamempfinden gehört zur menschlichen Grundausstattung. Es ist ein soziales Gefühl, das sich beim Gewahrwerden eines Defizits einstellt, an dem andere Anstoß nehmen könnten« (Dorothea Baudy, in: Religion in Geschichte und Gegenwart). Die Autoren dieses Bandes untersuchen das Motiv der Scham aus der Perspektive ganz unterschiedlicher Fachdisziplinen (Literaturwissenschaft, Philosophie, Theologie, Geschichte, Soziologie) und grenzen Scham gegen andere kulturgeschichtliche Begriffe wie Schuld, Erniedrigung, Schande oder Tabu ab. Ist Schamempfinden gleichzusetzen mit zivilisatorischem Fortschritt (N. Elias)? Trägt das Konzept der Unterscheidung von »Schamkultur« und »Schuldkultur« (R. Benedict)? Mit Beiträgen von Clemens Albrecht, ChristinaMaria Bammel, Ulrike Bardt, Michaela Bauks, Jürgen Boomgaarden, Rudolf Lüthe, Martin F. Meyer, Michael Meyer, Werner Moskopp, Jörn Müller, Axel T. Paul und Eduard Zwierlein.
- Literaturwissenschaft als Begriffsgeschichte
8
Thema dieses Bandes ist der spezifische Stellenwert der Begriffsgeschichte für die Literaturwissenschaft: Wie ist das Verhältnis zwischen philosophischer und literaturwissenschaftlicher Metaphorologie systematisch und historisch zu beschreiben? Welche Beziehungen haben Literatur- und Sprachwissenschaft zu Disziplinen wie Begriffsgeschichte, Ideen-, Problem- und Sachgeschichte, Modellforschung und Denkformenlehre? Was bedeutet die Beziehung von Realität und Begriff beim literarischen Werk? - Im ersten Teil wird aus historischer Perspektive aufgearbeitet, wie die Begriffsgeschichte entstand, welchen Platz sie im 19. und 20. Jahrhundert einnahm und welche Bedeutung ihr gerade auch im Bezug zur Literaturwissenschaft zugeschrieben wurde. Die Beiträge des zweiten Teils befassen sich speziell mit dem methodischen Zusammenspiel zwischen Begriffsgeschichte und Literatur- wie auch Sprachwissenschaft und mit Themengebieten an der Schnittstelle dieser Wissenschaften. Der dritte Teil enthält Studien zu ausgewählten Begriffen und Metaphern, die paradigmatisch analysiert werden, um den historischen und systematischen Wandel am Einzelfall detailliert aufzuzeigen. Mit Beiträgen von Hans Erich Bödeker, Ulrich Dierse, Carsten Dutt, Gottfried Gabriel, Lutz Geldsetzer, Gerda Haßler, Helmut C. Jacobs, Thomas Leinkauf, Riccardo Pozzo, Wolfgang Rother, Gisela Schlüter, Helwig Schmidt-Glintzer, Gianluigi Segalerba, Christian Wehr und Ulrike Zeuch
- Schlüsselbegriffe der Philosophie des 19. Jahrhunderts
11
Das 19. Jahrhundert ist zu Recht das lange Jahrhundert genannt worden. Wie es mit einem Epochenumbruch, dem der Revolution, beginnt, so endet es: mit dem Ersten Weltkrieg und dem Eintritt der beiden späteren Weltmächte, den USA und Sowjetrussland, in die Weltgeschichte. Dazwischen bestimmen andere Revolutionen und Restaurationen, Kriege und Friedenszeiten das politische Geschehen. Die Geistes- und Philosophiegeschichte des 19. Jahrhunderts kennt weder eine dominierende Strömung noch eine kontinuierliche Entwicklung. Karl Löwith spricht vom »revolutionären Bruch im Denken des 19. Jahrhunderts«, der vor allem von Marx und Kierkegaard markiert werde. Beider Opposition zu Hegel und zum Idealismus wird begleitet vom gleichzeitigen Aufschwung des Positivismus, dann vom Neukantianismus, Materialismus, Darwinismus, Pragmatismus und vielerlei weiteren Ismen, für die das Zeitalter kennzeichnend ist und für die es den neutralen Oberbegriff »Weltanschauung« bereithält. Mehr als vorangegangene Epochen wird das 19. Jahrhundert von Begriffen geprägt, die die öffentlichen Debatten bestimmen, von solchen der Wissenschaften wie denen der Politik. Viele Termini werden über den engeren fachlichen Rahmen hinaus populär: Wer spricht nicht um 1900 in vielfältiger Bedeutung von ›Energie‹, ›Entwicklung‹, ›Mechanisierung‹, ›Unbewusstem‹ etc. Solche Begriffe werden, sobald sie aus ihrem ursprünglichen Kontext heraustreten, schnell universal, damit aber auch unscharf. Da sich Richtungen und Schulen entgegentreten, verwischen und überlagern, kann es keine Begriffe geben, die dem Jahrhundert insgesamt eingeprägt sind. Die hier vorgestellten Begriffsgeschichten sollen deshalb nicht die Einheitlichkeit der Zeit, sondern deren Vielfalt und Widersprüchlichkeit wiedergeben. Begriff (Christoph Asmuth) Bewusstsein (Gerald Hartung) Bildung (Friedhelm Brüggen) Bürger, Bürgertum (Gunilla Budde) Dialektik (Annette Sell und Myriam Gerhard) Energie (Ernst Müller) Entfremdung (Micha Brumlik) Entwicklung, Evolution (Falko Schmieder) Geist (Andrzej Przylebski) Geschichte (Ulrich Dierse) Klasse (Alois Hahn und Matthias Hoffmann) Kritik (Christian Krijnen) Mechanismus (Renate Wahsner) Nation (Christian Geulen) Partei (Holger Glinka) Politische Freiheit (Jürgen Goldstein) Revolution (Olaf Briese) Unbewusstes (Ralf Becker) Volk (Peter Brandt) Weltanschauung (Gunter Scholtz) Wille (Matthias Koßler) Wissenschaft (Helmut Pulte)
- Tropen und Metaphern im Gelehrtendiskurs des 18. Jahrhunderts
10
Wie können Metaphern und Tropen im geisteswissenschaftlichen Diskurs des 18. Jahrhunderts systematisiert werden? Welche Funktion sollen sie in der Vermittlung zwischen Vernunft und Einbildungskraft übernehmen? Im 18. Jahrhundert weiteten sich die ursprünglich 'begrifflichen' wissenschaftlichen Metaphern zusehends zu 'sinnlichen' Metaphern aus, indem sie zugleich den von der Dichtkunst und Literatur gestellten Ansprüchen folgten. Vor allem in Frankreich entwickelte sich die wissenschaftliche Metapher zum Vehikel für Analogiebildungen zwischen dem Mikrokosmos in der Natur und den Makrokosmos der menschlichen Gesellschaft und bereicherte so den ökonomisch-politischen Diskurs. Theoretiker wie Baumgarten, Mendelssohn, Herder u.a. beschäftigten sich intensiv mit der Gegenüberstellung von eigentlicher und übertragener Bedeutung. Die Beiträge dieses Bandes setzen sich nicht nur mit allgemeinen Kategorien wie z.B. 'scala naturae' oder 'Entwicklung' auseinander, sondern greifen auch fachspezifische Begriffe aus der Diskussion über Kunst oder sozialökonomische Fragen bzw. aus dem literarischen und dem medizinischen Bereich auf und erörtern ihre Evolution aus einer modernen Perspektive.
- Ethik und Politik des Aristoteles in der Frühen Neuzeit
12
Der frühneuzeitliche Humanismus stellt bekanntlich den Menschen ins Zentrum des Interesses. In zahlreichen Darstellungen werden seine unterschiedlichen Alltagswelten beruflicher und privater Art beobachtet, beschrieben, miteinander verglichen und beurteilt. Inwieweit spielen bei der Erörterung des Verhaltens des einzelnen und der Gestaltung der Gesellschaft die Theorien des Aristoteles eine Rolle? Ist der Rückgriff auf die aristotelische Philosophie in der Renaissance mit einer eindeutigen Wertung verbunden oder handelt es sich eher um äußere Referenzen? Und ist die Renaissance nicht eher von Platon als von Aristoteles geprägt? Mit Beiträgen von U. Baumann, D. Lines, W. Mesch, J. Müller, M. Perkams, Ch. Pietsch, R. Pozzo, Ch. Rapp, B. Roling, S. Rus Rufino, R. Saage, Ch. Schäfer, A. Schmitt und Ch. Strosetzki.
- Soma: Körperkonzepte und körperliche Existenz in der antiken Philosophie und Literatur
13
Nicht erst die moderne Philosophie hat die fundamentale Doppelnatur des Körperlichen erkannt, das einerseits diejenigen Gegenstände auszeichnet, die wir mit größtmöglicher Distanz und Objektivität wissenschaftlich untersuchen, das sich uns andererseits und zuallererst aber auch in der Form des jeweils eigenen, in seiner Integrität stets bedrohten und letztlich dem Zerfall ausgelieferten Körpers aufdrängt als Bedingung, an der unsere eigene Existenz durch und durch hängt. Schon die Denker der Antike arbeiten sich an dieser Problematik ab; und es gilt, die gedanklichen Ressourcen nutzbar zu machen, die sie für uns bereithalten. Die in diesem Band versammelten Beiträge spiegeln die antike Auseinandersetzung um den Körper und das Körperliche in all ihren Dimensionen und Schattierungen wieder. Gleichzeitig machen sie deutlich, dass diese Auseinandersetzungen nur geführt werden konnten vor dem Hintergrund einer althergebrachten und für lange Zeit sehr wirkmächtigen Tendenz, Organismen wie die Menschen als paradigmatische körperliche Wesen aufzufassen und dieses Paradigma zum Ausgangspunkt für Reflexionen über das Körperliche als solches zu nehmen. Im ersten Teil des Bandes geht es um das antike Nachdenken über den lebendigen, insbesondere menschlichen Körper. Im Mittelpunkt steht weniger die wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Körper als vielmehr die existenzielle Situation, in der sich der Mensch als ein körperliches Wesen befindet. Der zweite und dritte Teil behandeln die Frage nach den Möglichkeiten, Bedingungen und Grenzen der wissenschaftlichen Beschreibung von Körpern und ihrem Verhalten bei Platon und in der platonischen Tradition sowie bei Aristoteles und in der aristotelischen Tradition.
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