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Geschichte des Urchristentums: Ein Lehrbuch
Geschichte des Urchristentums: Ein Lehrbuch
Geschichte des Urchristentums: Ein Lehrbuch
eBook1.333 Seiten13 Stunden

Geschichte des Urchristentums: Ein Lehrbuch

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Über dieses E-Book

Dietrich-Alex Koch describes the early Christian community from its beginnings between 30 CE to 150 CE. With numerous excursions, supplements and figures the author presents this essential epoche vividly and scientifically. This second revised edition is carefully corrected and provides some facts related to the most current discussion, e.g. the history of the Johannine communities the use of the terms "Jews" and "Judaeans" today.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum13. Aug. 2014
ISBN9783647996882
Geschichte des Urchristentums: Ein Lehrbuch
Autor

Dietrich-Alex Koch

Dr. theol. Dietrich-Alex Koch ist Professor em. für Neues Testament an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

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    Buchvorschau

    Geschichte des Urchristentums - Dietrich-Alex Koch

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    Dietrich-Alex Koch

    Geschichte des Urchristentums

    Ein Lehrbuch

    2. korrigierte und erweiterte Auflage

    Vandenhoeck & Ruprecht

    Mit 26 Abbildungen und 10 Tabellen

    Umschlagabbildung: © Shutterstock. Das Forum von Philippi, errichtet Mitte des 1. Jh. n. Chr., im 2. Jh. umgestaltet.

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    eISBN 978-3-647-99688-2

    ISBN 978-3-525-52202-8

    Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de

    © 2014, 2013, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen/Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U. S. A.

    www.v-r.de

    Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

    Gesamtherstellung: Hubert & Co, Göttingen

    Für Ruth

    Inhalt

    Vorwort

    Vorwort zur 2. Auflage

    Kapitel 1: Einführung

    1.1 Die Komplexität der Aufgabe

    1.2 Die Fraglichkeit des Gegenstands

    1.2.1 Die Frage der Bezeichnungen: »Apostolisches Zeitalter«, »Urchristentum« oder »Frühes Christentum«?

    1.2.2 Die Frage der Identifizierbarkeit

    1.3 Die Quellenlage

    1.3.1 Überblick

    1.3.2 Die Apostelgeschichte als Geschichtsquelle

    1.3.3 Spätere und außerchristliche Quellen

    Kapitel 2: Die geschichtlichen Voraussetzungen I – Die hellenistisch-römische Welt der frühen und mittleren Kaiserzeit (1. und 2.Jh. n.Chr.)

    2.1 Entgrenzung und Globalisierung – Die Hellenisierung des östlichen Mittelmeerraums

    2.2 Der Aufstieg Roms und die Ausdehnung des Imperium Romanum

    2.3 Die Verwaltung der Provinzen und die Romanisierung des Westens

    2.4 Die Stadt als Lebensraum

    2.5 Die Wirtschaft

    2.6 Die soziale Welt

    2.6.1 Soziale und ökonomische Schichtung

    2.6.2 Die Stellung der Frau

    2.6.3 Soziale Räume: Haus und Verein

    2.7 Religion

    2.7.1 Antike Götterverehrung

    2.7.2 Göttergestalten und Götterbilder: Zentrale griechische und römische Gottheiten

    2.7.3 Göttliche Heroen: Achill und Herakles

    2.7.4 Mysterienkulte und ihre Gottheiten

    2.7.5 Hellenistischer und römischer Herrscherkult

    Kapitel 3: Die geschichtlichen Voraussetzungen II – Das Judentum in Palästina und die jüdische Diaspora im Römischen Reich

    3.1 Die Geschichte des Judentums in Palästina

    3.1.1 Die Entwicklung bis 200 v.Chr.

    3.1.2 Die Entwicklung zwischen 200 und 66 v.Chr.

    3.1.3 Palästina unter römischer Vorherrschaft (66 v.Chr.–66 n.Chr.)

    3.1.4 Die doppelte Katastrophe des palästinischen Judentums: Der »1. Jüdische Krieg« (66–70 n.Chr.) und der Bar-Kochba-Aufstand (132–135 n.Chr.)

    3.2 Die hellenistisch-jüdische Diaspora

    3.2.1 Zur Entstehung der Diaspora

    3.2.2 Geographische Verteilung und geschichtliche Entwicklung

    3.2.3 Das hellenistische Diasporajudentum zwischen Integration und Abgrenzung

    Kapitel 4: Die geschichtlichen Voraussetzungen III – Johannes der Täufer und Jesus von Nazaret

    4.1 Johannes der Täufer

    4.1.1 Das Täuferbild in den literarischen Quellen

    4.1.2 Der historische Täufer

    4.1.3 Die Bedeutung des historischen Täufers für die Geschichte des Urchristentums

    4.2 Jesus von Nazaret

    4.2.1 Jesu Wirken – Voraussetzung oder Beginn des Urchristentums?

    4.2.2 Die Bedeutung Jesu von Nazaret für die Geschichte des Urchristentums

    Kapitel 5: Die zeitlichen Grenzen des Urchristentums

    Kapitel 6: Die Urgemeinde in Jerusalem

    6.1 Das Bild der Apostelgeschichte

    6.2 Die Entstehung der Jerusalemer Gemeinde in historischer Sicht

    6.2.1 Die Ersterscheinung vor Petrus und die Restitution des Zwölferkreises

    6.2.2 Erste Ausweitung: Der Zuzug aus Galiläa und die Entstehung des Apostolats

    Kapitel 7: Die Entwicklung der Gemeinde in Jerusalem bis 48 n.Chr. und die Entwicklung in Palästina

    7.1 Weitere Ausweitung: Die »Hellenisten« und ihr Konflikt mit anderen Diasporajuden

    7.1.1 Das Bild der Apostelgeschichte

    7.1.2 Historische Rekonstruktion: Stephanus und die (christlichen) »Hellenisten«

    7.2 Weitere Ausbreitung in Palästina

    7.2.1 Ausbreitung im judäischen Kernland

    7.2.2 Ausbreitung in Samaria und Caesarea Maritima

    7.3 Frühes Christentum in Galiläa?

    7.4 Weitere Konflikte

    Kapitel 8: Die Entwicklung außerhalb Palästinas

    8.1 Die Entstehung der Christusgemeinde in Antiochia am Orontes

    8.2 Die Entwicklung in Damaskus

    8.3 Die persönliche Entwicklung des Paulus: Vom Eiferer für die ›väterlichen Überlieferungen‹ zum Apostel Jesu Christi

    8.3.1 Herkunft

    8.3.2 Der Ort der Verfolgung und der Berufung

    8.3.3 Die Gründe für die Verfolgung und der Inhalt der Berufung

    8.4 Das Wirken des Paulus zwischen Damaskus und der sog. 1. Missionsreise

    8.5 Die Stadtmission der Gemeinde von Antiochia am Orontes in Zypern und im südlichen Kleinasien (sog. 1. Missionsreise; Apg 13 f)

    8.5.1 Zur Datierung der Missionsreise des Barnabas und Paulus

    8.5.2 Anlass, Verlauf und Ergebnis der Mission

    Kapitel 9: Apostelkonzil und Antiochenischer Streit

    9.1 Das Apostelkonzil

    9.1.1 Die Quellenlage (Apg 15,1–35 und Gal 2,1–10)

    9.1.2 Historische Rekonstruktion: Anlass, Teilnehmer, Verlauf, Ergebnisse und Datierung

    9.2 Der sog. Antiochenische Zwischenfall (Gal 2,11–14)

    9.2.1 Gegenstand und Verlauf des Konflikts

    9.2.2 Datierung

    9.3 Das sog. Aposteldekret (Apg 15,20.29; 21,25)

    Kapitel 10: Die selbständige Mission des Paulus in Europa

    10.1 Die Trennung von Antiochia und der Übergang nach Europa

    10.1.1 Die Trennung von Antiochia

    10.1.2 Die Mitarbeiter

    10.1.3 Das Ziel: Makedonien

    10.2 Die Mission des Paulus in Makedonien und Achaia

    10.2.1 Der Verlauf

    10.2.2 Konflikte

    10.2.3 Ergebnisse

    10.2.4 Die soziale Struktur der paulinischen Missionsgemeinden

    10.2.5 Selbstverständnis und Organisation der paulinischen Missionsgemeinden

    10.3 Die paulinischen Missionsgemeinden zwischen 60 und 150 n.Chr.

    10.4 Anhang: Chronologie des Urchristentums I

    Kapitel 11: Das Wirken des Paulus in Kleinasien

    11.1 Der Wechsel von Korinth nach Ephesos

    11.2 Die Situation in Ephesos

    11.2.1 Christentum in Ephesos vor und neben Paulus

    11.2.2 Die paulinische Christenheit in Ephesos: Die Hausgemeinde von Aquila und Priska

    11.2.3 Mitarbeiter

    11.3 Das Wirken des Paulus außerhalb von Ephesos

    11.3.1 Galatien

    11.3.2 Das Lykostal

    11.3.3 Alexandria Troas

    11.4 Konflikte

    11.4.1 Der Aufstand der Silberschmiede (Apg 19,23–40)

    11.4.2 Nachrichten aus den Briefen des Paulus über Gefahren und Haft in Ephesos

    11.5 Krisen

    11.5.1 Die galatische Krise

    11.5.2 Die korinthische Krise

    11.6 Rückblick (mit Chronologie II)

    11.7 Die christlichen Gemeinden in Ephesos und Kleinasien zwischen 55 und 150 n.Chr.

    11.7.1 Die Entwicklung in Ephesos

    11.7.2 Die johanneischen Gemeinden

    11.7.3 Kleinasien bis 150 n.Chr.

    Kapitel 12: Die Kollekte der paulinischen Gemeinden für die Gemeinde in Jerusalem

    12.1 Voraussetzungen

    12.2 Vorbereitung

    12.3 Teilnehmer

    12.4 Verlauf

    12.5 Die Übergabe der Kollekte

    Kapitel 13: Das Ende des Paulus – Verhaftung in Jerusalem, Haft in Caesarea, Tod in Rom

    13.1 Das Problem des römischen Bürgerrechts des Paulus

    13.1.1. Gründe für die Historizität des römischen Bürgerrechts des Paulus

    13.1.2 Gründe gegen die Historizität des römischen Bürgerrechts des Paulus

    13.1.3 Historische Bewertung

    13.2 Die Verhaftung des Paulus in Jerusalem und der Prozess in Caesarea

    13.2.1 Die Quellenlage

    13.2.2 Die lukanische Erzählabfolge und die Darstellungstendenzen des Lukas

    13.2.3 Die Appellation

    13.2.4 Historische Beurteilung und Rekonstruktion

    13.3 Das Ende des Paulus: Transport nach Rom, Haft und Tod in Rom

    13.3.1 Der Transport von Caesarea nach Rom

    13.3.2 Die Haft des Paulus in Rom

    13.3.3 Der Tod des Paulus

    Kapitel 14: Die Jerusalemer Urgemeinde und die frühchristlichen Gemeinden in Judäa zwischen dem Apostelkonzil und dem 1. Jüdischen Krieg

    14.1 Die Entwicklung der Gemeinde in Jerusalem nach dem Apostelkonzil

    14.2 Die Organisation der Gemeinde in Jerusalem

    14.3 Die Zuspitzung der Situation in Jerusalem

    14.4 Die erzwungene Abwanderung der christlichen Gemeinde aus Jerusalem

    14.5 Die Aufforderung zur Flucht »in die Berge« an die Christen in Judäa

    Kapitel 15: Die Geschichte des Judenchristentums zwischen 70 und 150 n.Chr.

    15.1 Die Entwicklung in Jerusalem

    15.2 Die Entwicklung in Judäa

    15.3 Eine judenchristliche Gemeindeordnung: Die Didache

    15.4 Ein Integrationskonzept für Christen jüdischer und nichtjüdischer Herkunft und Lebensweise: Das Matthäusevangelium

    15.4.1 Die divergierenden Traditionen des Matthäusevangeliums

    15.4.2 Der historische Ort und die Wirkabsicht des Matthäusevangeliums

    15.5 Die Stellung der Judenchristen im sich formierenden Christentum um 150 n.Chr.

    Kapitel 16: Das frühe Christentum in der Hauptstadt Rom

    16.1 Entstehung und Entwicklung des frühen Christentums in Rom

    16.2 Die Organisation des frühen Christentums in Rom

    16.3 Paulus und Petrus in Rom

    16.3.1 Die literarischen Belege

    16.3.2 Gründe für den Aufenthalt von Paulus und Petrus in Rom

    16.4 Die Beziehungen der römischen Gemeinde zu anderen christlichen Gemeinden

    Kapitel 17: Wachstum und Ausbreitung des Urchristentums

    17.1 Die Frage nach dem quantitativen Wachstum

    17.2 Regionale Verbreitung

    17.2.1 Der Osten und Italien

    17.2.2 Ägypten

    17.2.3 Der lateinische Westen

    Kapitel 18: Die Entwicklung der Gemeindeorganisation zwischen 90 und 150 n.Chr.

    18.1 Die Entstehung einer kollektiven Gemeindeleitung (Presbyteramt und Presbyterium)

    18.1.1 Der Befund

    18.1.2 Gründe für die Entstehung

    18.2 Die Entstehung des Monepiskopats

    18.2.1 Der Beginn in Kleinasien und Antiochia

    18.2.2 Die Aufgaben des Bischofs und die Gründe für die Entstehung des Bischofsamtes

    18.2.3 Zwei Bischöfe von überregionaler Bedeutung: Polykarp von Smyrna und Ignatius von Antiochia

    18.3 Das Amt der Diakone

    18.4 Hierarchiefreie Gemeinden in Kleinasien?

    18.5 Die Gemeindeorganisation der Didache

    18.6 Konflikte und Legitimationsprobleme

    Kapitel 19: Die Konflikte mit der paganen Mehrheitsgesellschaft

    19.1 Das Urchristentum als abweichende religiöse Minderheit

    19.2 Nero (54–68 n.Chr.): Die Christen Roms als Sündenböcke

    19.2.1 Die Quellenlage

    19.2.2 Das Vorgehen des Nero gegen die Christen

    19.2.3 Die Darstellung der gegen die Christen gerichteten Maßnahmen Neros bei Sueton, Nero 16,2

    19.2.4 Bewertung

    19.3 Domitian (81–96 n.Chr.) als Christenverfolger?

    19.4 Trajan (98–117 n.Chr.): Die Kriminalisierung des Christentums

    19.4.1 Die Zielsetzung des Briefes des Plinius an Trajan

    19.4.2 Das Vorgehen des Plinius

    19.4.3 Die Antwort Trajans

    19.4.4 Die Reaktion des Urchristentums: Der 1.Petrusbrief

    19.5 Hadrian (117–138 n.Chr.): Krisen und Konflikte

    19.5.1 Die unsichere Lage in der Provinz Asia um 122 n.Chr.

    19.5.2 Der rätselhafte Fall des Ignatius von Antiochia

    19.5.3 Die vorweggenommene Krise: Die Offenbarung des Johannes (130–135 n.Chr.)

    19.6 Ergebnis

    Kapitel 20: Rückblick und Ausblick

    20.1 Ausbreitung und Pluralisierung

    20.2 Die Überschreitung der Grenze des Judentums und die Entstehung eines nichtjüdischen Urchristentums

    20.3 Die fortschreitende Pluralisierung und die Sicherung des inneren Zusammenhangs

    20.4 Identitätsstiftende Faktoren: Taufe und eucharistisches Mahl

    20.5 Der Ausbau der Organisationsstrukturen

    20.6 Das Verhältnis zur paganen Mehrheitsgesellschaft

    20.7 Die Bedeutung einer eigenständigen Literatur für die Geschichte des Urchristentums

    20.7.1 Die Entstehung einer eigenständigen Literatur

    20.7.2 Die wechselseitige Rezeption der urchristlichen Literatur

    Anhang: Zeittafel zur Geschichte des Urchristentums

    Beilagen

    Beilage 1: Josephus, ant. XVIII 116–119 über Johannes den Täufer

    Beilage 2: Zwölferlisten im Neuen Testament und in der kirchlichen Tradition – Die »Zwölf Jünger« und die »Zwölf Apostel«

    Beilage 3: Der Text des Aposteldekrets

    Beilage 4: Tacitus, annales XV 44,2–5 über die Verfolgung der römischen Christen 64 n.Chr. durch Nero

    Beilage 5: Plinius Secundus, ep. X 96 über das rechtliche Verfahren gegen die Christen und die Antwort Trajans (ep. X 97)

    Beilage 6: Das Reskript Hadrians an den Statthalter Minucius Fundanus (Euseb, h.e. IV 9,1–3)

    Exkurse

    Exkurs 1: Aufschlussreich: Josephus als Analogiefall zu Lukas

    Exkurs 2: Unverzichtbar: Reden in der antiken Geschichtsschreibung

    Exkurs 3: Irreführend: Das Judentum als vermeintliche religio licita im Römischen Reich

    Exkurs 4: Verdrängt? Maria Magdalena – die eigentliche Empfängerin der ersten Erscheinung des Auferstandenen?

    Exkurs 5: Widersprüchlich: Die Lokalisierung der Erscheinungen des Auferstandenen vor den Jüngern in Galiläa bzw. in Jerusalem

    Exkurs 6: Ungewöhnlich: Die urchristliche Amtsbezeichnung Ἀπόστολος (»Apostel«)

    Exkurs 7: Verklärt: Die Gütergemeinschaft der Urgemeinde in Jerusalem

    Exkurs 8: Unausrottbar: Der angebliche Wandel »vom Saulus zum Paulus«

    Exkurs 9: Unersetzlich: Die sog. Gallio-Inschrift in Delphi

    Exkurs 10: Eingängig: Das literarische Schema der sog. Missionsreisen des Paulus

    Exkurs 11: Umstritten: Der Abfassungsort des Philipper- und des Philemonbriefs

    Exkurs 12: Klärungsbedürftig: »Galatia« als Provinzbezeichnung

    Exkurs 13: Aufschlussreich: Ein Rechenschaftsbericht als Quelle von Apg 20,4–21,18

    Exkurs 14: Präzise: Das Stationenverzeichnis der Kollektenreise

    Exkurs 15: Verstreut: Die »Wir«-Abschnitte der Apostelgeschichte

    Exkurs 16: Grundsätzlich vertrauenswürdig: Die vermutliche Grabstelle des Paulus an der Via Ostiense in Rom

    Exkurs 17: Fraglich: War Paulus doch noch in Spanien?

    Exkurs 18: Dringend gesucht: Das Grab des Petrus

    Exkurs 19: Kontrovers: Die Bezeichnungen »Juden« und »Judäer« und ihre heutige Verwendbarkeit

    Verzeichnis der Abbildungen

    Verzeichnis der Tabellen

    Abkürzungen und Zitierweise

    Literatur

    1. Quellen und Hilfsmittel

    1.1 Quellensammlungen

    1.2 Autoren und Schriftencorpora

    1.3 Inschriften- und Pypyricorpora

    1.4 Hilfsmittel

    2. Sekundärliteratur

    2.1 Kommentare zu den Schriften des Neuen Testaments und der Apostolischen Väter

    2.2 Gesamtdarstellungen, Monographien, Sammelbände und Aufsätze

    Register

    1. Stellenregister

    1.1 Alt- und neutestamentliche Schriften

    1.1.1 Altes Testament (in der Reihenfolge der Septuaginta)

    1.1.2 Neues Testament

    1.2 Weitere christliche Literatur des 2.–5. Jh. n.Chr.

    1.2.1 Weitere urchristliche Literatur (bis 150 n.Chr.)

    1.2.2 Weitere christliche Literatur des 2.–5. Jh. n.Chr.

    1.3 Literatur des antiken Judentums

    1.4 Weitere griechische und lateinische Autoren

    1.5 Inschriften und Papyri

    2. Register der verwendeten Eigennamen

    2.1 Geschichtliche Personen

    2.2 Gottheiten und Heroen

    3. Register der Orte, Provinzen, Landschaften und Straßen

    4. Sachregister

    Vorwort

    1. Geschichtsschreibung ist die Darstellung von Ereignissen und Abläufen aus der näheren oder ferneren Vergangenheit. Bei Herodot (ca. 485–424 v.Chr.), der als ›Vater‹ der europäischen Geschichtsschreibung gilt, waren es Ereignisse und Abläufe aus dem Bereich der Politik, die den Gegenstand seiner Darstellung bildeten, nämlich die nur eine Generation zurückliegenden Perserkriege samt deren (aus seiner Sicht) etwa 150-jährigen Vorgeschichte. Seitdem ist die Politik, also das Ergehen von Völkern und Staaten, der klassische Bereich der Geschichtsschreibung. Doch gibt es neben der ›Politik‹ natürlich noch andere Bereiche, die für das Zusammenleben der Menschen von Bedeutung sind, also Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur, Technik und Religion. Diese sind im Lauf der Geschichtsschreibung (die ihrerseits ihre Geschichte hat!) ebenfalls zum Gegenstand historischer Darstellungen geworden.

    Allerdings greifen diese Bereiche häufig auch ineinander, Geschichtsschreibung ist aber nur möglich, wenn sie sich auf Abläufe in einem dieser Bereiche konzentriert. Man muss also einen einzelnen Bereich aus dem Gesamtgeflecht aller geschichtlichen Vorgänge herauslösen, und wie schon bei Herodot ist es notwendig, diesen zeitlich und sachlich nochmals einzugrenzen. Das bedeutet: Geschichtsschreibung ist einerseits zwangsläufig Reduktion.

    2. Zum anderen ist Geschichtsschreibung auch Rekonstruktion. Denn die Aufgabe besteht darin, die so aus dem Gesamtgeflecht aller geschichtlichen Vorgänge herausgelösten Einzelereignisse in ihrem inneren Zusammenhang zu verstehen. Das setzt voraus, dass man nach größeren Geschehensabläufen fragt, um diesen die einzelnen Ereignisse zuordnen zu können. Derartige Abläufe erschließen sich ihrerseits aber nur dann, wenn man in der Lage ist, die in ihnen wirksamen Ursachen zu erkennen; damit verbunden ist dann auch die Frage nach den Motiven der jeweils handelnden Personen.

    Die Darstellung der Geschichte einer religiösen Bewegung muss daher ganz wesentlich auch nach den religiösen Ursachen fragen, die in den einzelnen Entwicklungen wirksam gewesen sind, sowie nach den theologischen Motiven, die für die einzelnen Personen oder Gruppen leitend waren.

    3. Das Interesse an der Geschichte beruht auf der Überzeugung, dass die gegenwärtige Lebenswelt, sei es im Bereich von Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur oder auch Religion, nur dann angemessen verstanden werden kann, wenn diese einzelnen Bereiche als geschichtlich gewordene Sachverhalte in den Blick genommen werden. Das gilt umso mehr, wenn sich gegenwärtige Institutionen wie das Christentum bewusst in Rückbindung an ihren Ausgangspunkt verstehen. Dies zeigt sich beim Christentum besonders deutlich an der Existenz des neutestamentlichen Kanons. Die in ihm zusammengefassten Schriften des Urchristentums sind identitätsbestimmend für das Christentum bis in die Gegenwart.

    4. Zu diesen deskriptiv zu erhebenden Sachverhalten kommt noch ein inhaltlich-theologischer: Das Christentum selbst ist an seiner Urgeschichte interessiert, weil es das kirchengründende Offenbarungsgeschehen nicht als zeitlos-abstrakten Vorgang versteht, sondern als Gotteshandeln in einer bestimmten geschichtlichen Situation (vgl. Gal 4,4 oder auch Joh 1,14). Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass schon zum neutestamentlichen Kanon selbst eine Geschichtsdarstellung gehört, die Apostelgeschichte. Geschichtsschreibung in der Antike und der Moderne sind natürlich zu unterscheiden, einerseits um der Apostelgeschichte gerecht zu werden, andererseits um Entstehung und Entwicklung des Urchristentums dem heutigen methodischen Bewusstsein entsprechend darstellen zu können. Die Tatsache aber, dass das Urchristentum schon bald eine anspruchsvolle Geschichtsdarstellung hervorgebracht hat, ist nicht zu unterschätzen.

    5. Das vorliegende Buch geht auf Vorlesungen und Seminare zurück, die ich als Hochschullehrer seit 1984 in Mainz und dann ab 1985 in Münster in regelmäßigen Abständen über die Apostelgeschichte und (getrennt davon!) über die »Geschichte des Urchristentums« gehalten habe. Das Buch ist daher bewusst als Lehrbuch gestaltet: Es soll der Weg von der kritischen Analyse der Quellen zum Ergebnis, d.h. der geschichtlichen Darstellung offengelegt werden. Auf diese Weise sollen die Grundlagen der jeweiligen Entscheidungen erkennbar werden, so dass auch eine Beurteilung der hier vorgelegten Analyse möglich ist.

    Damit kommt auch die z.T. lebhafte Fachdiskussion in den Blick, doch musste, um die Darstellung in vertretbaren Grenzen zu halten, hier auch immer wieder eine deutliche Auswahl getroffen werden. Dass diese im einen oder anderen Fall auch anders hätte erfolgen können, versteht sich von selbst. Die jeweils angegebene Literatur soll jedoch die Möglichkeit eröffnen, sich mit den einzelnen Bereichen eigenständig weiter zu beschäftigen.

    Das Buch ist für Leserinnen und Leser geschrieben, die nicht an vermeintlichen Enthüllungen, mediengerechten Sensationen oder plakativen Urteilen, sondern an einem wissenschaftlich vertretbaren Bild der Geschichte des Urchristentums interessiert sind. Wenn es diesen dazu verhilft, zu einem eigenen, sachlich begründeten Verständnis der damaligen Entwicklungen zu gelangen, hat es seinen Zweck erfüllt.

    6. Dieses Buch wäre ohne vielfache Hilfe nicht möglich gewesen. Zunächst sind die vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmer meiner Lehrveranstaltungen zu nennen, die mich immer wieder dazu veranlasst haben, die Probleme der Geschichte des Urchristentums neu zu durchdenken und bei den vielfältigen Einzelfragen den Gesamtzusammenhang nicht aus den Augen zu verlieren. Die mühsame Arbeit des Korrekturlesens haben Klaus Schüngel und Cecilie Koch übernommen, die auch durch Rückfragen zur Verbesserung der Darstellung beigetragen haben. Klaus Schüngel hat auch maßgeblich bei der Anfertigung der Register mitgewirkt. Das Verständnis und die Übersetzung vieler griechischer und lateinischer Quellentexte konnte ich immer wieder mit Cecilie Koch besprechen. Für die Exkurse 17 und 19 (zu den Grab- bzw. Gedächtnisstätten von Paulus und Petrus in Rom) verdanke ich Dr. Tomas Lehmann (Berlin) wertvolle archäologische Beratung. Den Fortgang der Arbeit begleitete mit fachkundigem Rat mein langjähriger Kollege und Freund Prof. Dr. Andreas Lindemann (Bielefeld). Allen gilt mein herzlicher Dank, für Mängel im Ergebnis sind sie jedoch nicht verantwortlich.

    Für die anschließende hervorragende verlegerische Betreuung des Manuskripts gebührt dem Verlag Vandenhoek & Ruprecht in Göttingen uneingeschränkter Dank. Hier sind insbesondere Herr Jörg Persch und Herr Christoph Spill von der Abteilung Theologie und Religion zu nennen, sowie in gleicher Weise Frau Ulrike Bade, der die sorgfältige Herstellung des Buches zu verdanken ist.

    Die wichtigste Hilfe für das gesamte Projekt geht aus der Widmung hervor – die meiner Frau.

    Vorwort zur 2. Auflage

    Schneller als erwartet ist eine 2. Auflage erforderlich. Sie gibt mir Gelegenheit, Versehen, die in der 1. Auflage noch enthalten waren, zu beseitigen. Allen aufmerksamen Lesern, die mir entsprechende Hinweise gegeben haben, sei dafür an dieser Stelle ausdrücklich gedankt. Dieser Dank gilt natürlich genauso für inhaltliche Reaktionen, zustimmende und kritische, die vor allem auf verbliebene Lücken hingewiesen haben. Hierauf konnte ich eingehen, d.h. einige Teile überarbeiten und auch Ergänzungen einfügen, weil mir der Verlag in großzügiger Weise eine Erweiterung des Umfangs angeboten hat. Auch dafür sei sehr herzlich gedankt.

    Neben kleineren Abänderungen sind in dieser Neuauflage folgende größere Überarbeitungen und Ergänzungen vorgenommen worden:

    a)Überarbeitungen: S.188–191 (zum sog. ›Haus des Petrus‹ in Kapernaum), S.302–304 (zu Kolossai), 334 f (zu 2Kor 8); in den Übersichten 315–317 und 517–519 sind Unstimmigkeiten beseitigt worden.

    b)Völlig neugestaltet und erheblich erweitert ist Abschnitt 11.7 zur Geschichte des Urchristentums in Kleinasien zwischen 55 und 150 n.Chr. (318–326).

    c)Neu hinzugekommen ist auf S.282 der dazu parallele Abschnitt über die Geschichte der paulinischen Gemeinden in Makedonien und Achaia bis 150 n.Chr. (jetzt Abschnitt 10.3).

    d)Ebenfalls neu ist Exkurs 19 (S.622–630) zur Frage der Verwendung der Bezeichnungen »Jude/Judäer«, der eine Ergänzung zum 3. Kapitel (»Das Judentum in Palästina und die jüdische Diaspora«) darstellt.

    Der Dank an die im Vorwort der 1. Auflage genannten Gesprächspartner und auch der Dank an die Mitarbeiter des Verlags Vandenhoeck & Ruprecht gilt für diese Auflage in gleicher Weise.

    Kapitel 1: Einführung

    ALKIER, ST., Urchristentum. Zur Geschichte und Theologie einer exegetischen Disziplin, BHTh 83, Tübingen 1993; CONZELMANN, Geschichte; DUNN, Beginning; GOPPELT, Die apostolische und nachapostolische Zeit; GRAF, F. W./WIEGANDT, K. (Hg.), Anfänge des Christentums; HYLDAHL, History; LIETZMANN, H., Art. Altchristliche Kirche, RGG² 1, 1927, 241–249; LINDEMANN, A., Art. Urchristentum, RGG⁴ 8, Tübingen 2005, 820–825; LOHSE, E., Das Urchristentum. Ein Rückblick auf die Anfänge, Göttingen 2008; LÜDEMANN, G., Das Urchristentum. Eine kritische Bilanz seiner Erforschung, ARGU 12, Frankfurt/M. 2002; SCHENKE, Urgemeinde; VOUGA, Geschichte; DERS., Art. Urchristentum, TRE 34, 2002, 411–426; WEIZSÄCKER, C., Das apostolische Zeitalter der christlichen Kirche, Freiburg 1886; ZELLER, Entstehung; DERS., Konsolidierung.

    1.1 Die Komplexität der Aufgabe

    Eine Darstellung der Entstehung und Entwicklung des Urchristentums sieht sich sehr schnell mit dem (Selbst-)Anspruch konfrontiert, nicht nur eine möglichst vollständige Materialdarbietung, sondern darüber hinaus auch eine umfassende Deutung der grundlegenden Epoche des Christentums zu liefern. Und hierfür reicht eine Beschränkung auf die sog. Ereignisgeschichte nicht aus. Wenn es sich beim Urchristentum um eine genuin religiöse Bewegung gehandelt hat, sind deren religiöse Impulse freizulegen, und wenn sich diese religiöse Bewegung schon sehr früh über die von ihr formulierten Glaubens- und Lehrinhalte definierte und Interpretation und Weitergabe dieser Überlieferung zu ihrem Selbstverständnis gehörten, dann ist der gesamte Bereich der zentralen religiösen Vollzüge (Gottesdienst, Taufe, Herrenmahl), aber auch der Theologiebildung (d.h. Christologie, Eschatologie, Anthropologie, Ethik) einzubeziehen. Es müsste sich also um eine Ereignisgeschichte handeln, die zugleich eine Darstellung der Theologiegeschichte, aber auch der Liturgiegeschichte, der Literaturgeschichte und der Sozialgeschichte des Urchristentums umfasst.¹ Dies alles müsste außerdem von vornherein in den Gesamthorizont der antiken Welt hineingestellt werden. Es wären also laufend die jüdische und nichtjüdische Welt des östlichen und auch des zentralen Mittelmeerraums zu berücksichtigen, die jeweils genauso ihre Ereignisgeschichte, ihre Religionsgeschichte, ihre Literaturgeschichte und ihre Sozialgeschichte haben. Denn in diesen Kontexten ist das Urchristentum entstanden, und hier hat es seine Identität entwickelt. Eine arbeits- und darstellungsökonomisch praktikable Lösung rückt dann allerdings in weite Ferne.

    Deshalb wird in der folgenden Untersuchung die sog. Ereignisgeschichte Leitfaden und Rückgrat der Darstellung sein, um zumindest in diesem Bereich – soweit die Quellenlage es zulässt – eine Gesamtsicht zu erarbeiten.² Theologiegeschichte, Liturgie-, Literatur-, Sozial- und Religionsgeschichte werden herangezogen, um die Abläufe der Ereignisgeschichte angemessen erklären zu können, doch werden diese Aufgabenbereiche nicht als eigenständige Arbeitsfelder behandelt. Der grundlegenden geschichtlichen Verflechtung des Urchristentums mit der Antike des 1. und 2.Jh. n.Chr. wird jedoch insofern Rechnung getragen, als eine knappe Darstellung der geschichtlichen Entwicklung der hellenistisch-römischen Welt und des antiken Judentums vorangestellt wird.

    1.2 Die Fraglichkeit des Gegenstands

    1.2.1 Die Frage der Bezeichnungen: »Apostolisches Zeitalter«, »Urchristentum« oder »Frühes Christentum«?

    Der Gegenstand einer Geschichte des Urchristentums ist in den letzten Jahrzehnten immer fraglicher geworden. Dies zeigt sich beispielhaft an der Frage der Bezeichnungen.

    Der Begriff »Apostolisches Zeitalter« als Bezeichnung für die erste christliche Generation (und der Begriff »Nachapostolisches Zeitalter« dann für die zweite und dritte Generation) wurde lange Zeit relativ selbstverständlich gebraucht, so insbesondere von Carl Weizsäcker (1886), Hans Lietzmann (1927), Leonhard Goppelt (1966) und auch Niels Hyldahl (1997).³

    Hans Conzelmann wandte sich 1969 entschieden gegen die Verwendung des Begriffs eines »apostolischen Zeitalters«, weil dieser sich einem bestimmten Geschichtsbild verdanke, aber nicht der geschichtlichen Wirklichkeit entspreche:⁴ Die Vorstellung einer von den Aposteln einheitlich geleiteten Anfangsphase der Kirche habe sich in der Forschung längst aufgelöst, die »apostolische« Herkunft der meisten neutestamentlichen Schriften, abgesehen von den echten Paulusbriefen, sei längst als Postulat erkannt und der im Begriff enthaltene Anspruch der Normativität Resultat einer späteren Entwicklung.

    Diese Kritik ist grundsätzlich berechtigt. Insbesondere die Assoziation einer reinen Ursprungsphase der Kirche (eine Sicht, die ja schon von der Apostelgeschichte befördert wird), der dann geradezu zwangsläufig der Abfall folgte, macht den Begriff des »Apostolischen Zeitalters« problematisch. Er reduziert zudem die geschichtliche Wirklichkeit der ersten christlichen Generation zu sehr auf den begrenzten Personenkreis der Apostel, der zudem nie als geschlossene Gruppe gehandelt hat. Dennoch wird im Laufe der Darstellung zu berücksichtigen sein, dass das Apostelamt eine für die erste Generation charakteristische Institution war, und zwar so charakteristisch, dass es nicht in die zweite oder dritte Generation hinein verlängert wurde.

    Der demgegenüber offenere Begriff »Urchristentum«, den Hans Conzelmann bevorzugte, ist aber später in ähnlicher Weise kritisiert worden.⁵ In der Tat ist der Begriff »Urchristentum« ursprünglich ebenfalls wertend verwendet worden. So benutzte ihn bereits der Aufklärungspädagoge und -theologe Johann Bernhard Basedow (1724–1790)⁶ als Bezeichnung für »den ursprünglichen ›Zweck und Sinn der Lehre Jesu und seiner Apostel‹«,⁷ um diese der orthodoxen Kirchenlehre kritisch gegenüberzustellen. Wo vom »Urchristentum« geredet wird, werde – so lautet die Kritik – daher immer noch ein normativer Begriff benutzt und nicht zwischen Beginn und Wesen des Christentums unterschieden.⁸

    Allerdings: Die Einsicht in die gar nicht so ›idealen‹ Abläufe in der Anfangsphase des Christentums verbietet es keineswegs, den Begriff »Urchristentum« zu verwenden,⁹ sofern damit nicht die Vergangenheit idealisiert, sondern zum Ausdruck gebracht werden soll, dass in dieser Anfangsphase grundsätzliche Weichenstellungen erfolgten, die für alle späteren Epochen des Christentums von erheblicher Folgewirkung waren. Zwei dieser Weichenstellungen, von denen eine für das Binnenverhältnis und die andere für das Außenverhältnis des Christentums fundamental ist, seien genannt:

    1. In den ersten 120 Jahren des Christentums sind sämtliche Schriften entstanden, die in der zweiten Hälfte des 2.Jh. n.Chr. dann von der übergroßen Mehrheit der christlichen Gemeinden als kanonisch rezipiert wurden. Insofern hier die bis heute gültigen Leittexte des Christentums entstanden sind, die die gemeinsame Grundlage aller christlichen Kirchen und Konfessionen bilden, hat diese Epoche grundlegende Bedeutung für die Christenheit insgesamt.¹⁰

    2. Das Christentum ist in einem stabilen politischen Gesamtsystem, dem Römischen Reich, entstanden und hat ein funktionierendes Verwaltungs- und Rechtssystem vorgefunden, war jedoch in den ersten drei Jahrhunderten seiner Existenz von allen Machtmitteln ausgeschlossen. Es hat dennoch das vorhandene Rechtssystem akzeptiert und kein eigenes Recht entwickelt. Dies gilt dann auch für das 4. und 5.Jh. n.Chr., als das Christentum in die politische Gesamtverantwortung für das Römische Reich einbezogen wurde. Die Folge ist, dass es bis heute im Traditionsbereich des Christentums kein »christliches«, sondern allenfalls ein »Römisches« Recht gibt. Der Unterschied zum Islam, der unter ganz anderen politischen und gesellschaftlichen Bedingungen entstanden ist und daher ein eigenes Recht entwickelt hat, das bis heute zum Identitätsmerkmal islamischer Gesellschaften geworden ist, ist offenkundig.

    Beim Begriff »Urchristentum« geht es also nicht darum, die Anfangsphase des Christentums zu verklären, sondern um die Wahrnehmung des geschichtlich grundlegenden Charakters dieser Epoche. Dagegen ist der Begriff »Frühes Christentums« in seiner zeitlichen Offenheit so unbestimmt, dass er als Beschreibungsbegriff für die Anfangsphase kaum geeignet ist.¹¹

    1.2.2 Die Frage der Identifizierbarkeit

    Darüber hinaus wird die Frage gestellt, ob es überhaupt ein identifizierbares Phänomen »Urchristentum« gegeben hat. So kann die innere Divergenz der verschiedenen christlichen Gruppen der ersten drei bis vier Generationen so sehr betont werden, dass eine einheitliche Größe »Urchristentum« gar nicht mehr sichtbar wird, man also zu dem Ergebnis kommt, dass es »das« Urchristentum überhaupt nicht gegeben habe und man allenfalls von »(Ur-)Christentümern« sprechen könne.¹²

    Zusätzlich kann man darauf hinweisen, dass die Herauslösung des frühen Christentums aus dem Judentum ein schrittweiser und örtlich jeweils unterschiedlich verlaufender Prozess gewesen ist. Daher sei auch in dieser Hinsicht vor 150 n.Chr. kaum eine gemeinsame christliche Identität feststellbar – womit ebenfalls der Gegenstand einer »Geschichte des Urchristentums« entfiele und allenfalls eine Beschreibung derjenigen Gruppen möglich wäre, aus denen sich dann später das Christentum entwickelt hat.

    In einem Überblick über die inzwischen breit gefächerte Debatte über Inhalt und Anwendbarkeit des Identitätsbegriffs stellt Bent Holmberg fest:¹³

    1. Der Begriff »Identität« ist mehrdeutig, weil hier eine ursprünglich anthropologische Kategorie auf soziale Gruppen angewandt wird, d. h. der Begriff wird metaphorisch verwendet.

    2. Der Begriff »Identität« oszilliert in seiner Verwendung zwischen deskriptiver und normativer Funktion.

    3. Identitätskonzeptionen haben sich mehrfach als anfällig für ideologische Voreinstellungen erwiesen, so dass ein selbstkritisches Vorgehen wichtig ist.

    4. Identitätskonzepte, die historisch ertragreich sein wollen, müssen sich auf reale historische Abläufe beziehen und diese auch erreichen.

    5. »Identität« selbst ist nicht als eine statische Gegebenheit zu verstehen, sondern unterliegt ihrerseits dem geschichtlichen Wandel.

    Besonders im Anschluss an die beiden zuletzt genannten Gesichtspunkte ist im Blick auf das Urchristentum festzustellen, dass es nicht nur den Prozess der inneren Differenzierung und Pluralisierung gegeben hat. Vielmehr blieb im Gegenzug auch das Bewusstsein der wechselseitigen Zusammengehörigkeit erhalten, gerade auch angesichts der fortschreitenden Pluralisierung. Am Ende der Phase des Urchristentums ist auf lokaler Ebene ein relativ umfassender Prozess der Zusammenführung des überwiegenden Teils (jedoch nicht durchweg aller Teile) des zunächst häufig sehr locker organisierten Christentums zu beobachten. In der ersten Hälfte des 2.Jh. n.Chr. bildete sich eine relativ feste Organisationsform der christlichen Gemeinden aus, wobei die jeweilige Gemeinde an einem Ort grundsätzlich eine Einheit bildete. Insofern sind die christlichen Gruppierungen der ersten 120 Jahre nicht nur Vorstufe eines erst ab 150 (oder gar erst ab 180) n.Chr. identifizierbaren Christentums. Vielmehr gilt es, das Christentum der ersten vier Generationen gerade auch in seiner spezifischen Gestalt wahrzunehmen, für die der gemeinsame Begriff »Urchristentum« durchaus angemessen ist.

    Außerdem: Das schrittweise Herauswachsen des Urchristentums aus dem Judentum, in dem es seinen Ursprung hatte, ist ein Grunddatum seiner Geschichte überhaupt. Dies führte zu einem spannungsreichen Neben- und Miteinander von Gemeinden mit Mitgliedern unterschiedlicher, nämlich jüdischer oder nichtjüdischer Herkunft, wobei es zumindest in der ersten Generation zahlreiche Gemeinden gab, in denen Christen jüdischer und nichtjüdischer Herkunft zusammenlebten.

    Schon in der ersten Generation sind die damit verbundenen Probleme unverkennbar. Symptomatisch ist hier die Geschichte der Kollekte für Jerusalem. Diese Kollekte zeigt beides: Das Bewusstsein für die Zusammengehörigkeit gerade der Gemeinden aus der »Unbeschnittenheit« mit denen aus der »Beschneidung« und zugleich die zunehmenden Schwierigkeiten, diese Gemeinsamkeit durchzuhalten.¹⁴ Doch ist dies kein Grund, grundsätzlich die geschichtliche Identität des Urchristentums zu bestreiten, zumal die beiden immer stärker auseinanderdriftenden Teile einen gemeinsamen Ursprung hatten.

    Schließlich ist von außen sehr früh das sich entwickelnde Christentum als eigenständige Größe wahrgenommen worden:

    1.) 64 n. Chr. konnte Nero die Christen in Rom als Sündenböcke für den ihm (zu Recht oder auch nicht) angelasteten Brand Roms gebrauchen. Das setzt voraus, dass man sie klar von den in Rom ja durchaus zahlreichen Juden unterscheiden konnte.

    2.) Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt wurden die Christen in der Hauptstadt der Provinz Syrien, Antiochia am Orontes, als »Christianer« (χριστιανοί) bezeichnet (Apg 11,26). Dabei handelt es sich, wie Lk selbst sagt, um eine Fremdbezeichnung. In dieser Bezeichnung wird der Begriff χριστός/christós, die griechische Übersetzung des hebräischen mešiah/»Der Gesalbte«, als Eigenname missverstanden, so dass diese Bezeichnung nicht von jüdischer Seite geprägt worden sein dürfte. Die Wortbildung, die deutlich latinisierend ist, könnte sogar darauf hindeuten, dass die Bezeichnung auf die römische Provinzialverwaltung zurückgeht.

    3.) Im Jahr 111/112 n. Chr. war der Statthalter von Bithynien und Pontus, Plinius d. J., in der Lage herauszufinden, welche religiösen Handlungen Christen mit Sicherheit verweigern, nämlich Götterkult, kultische Verehrung des Kaisers, Beteiligung an spezifisch paganen Gebeten und Verfluchung Christi.¹⁵

    1.3 Die Quellenlage

    1.3.1 Überblick

    Jede Geschichtsdarstellung ist abhängig von den Quellen, auf die sie sich stützen kann. Kennzeichnend für die Quellenlage im Bereich des Urchristentums ist, dass sie sehr ungleichmäßig und in weiten Teilen ausgesprochen lückenhaft ist.

    Am besten sind wir über ein sehr interessantes, aber doch auch recht begrenztes Segment der Geschichte des Urchristentums unterrichtet, die fünfjährige missionarische Tätigkeit des Paulus zwischen 50 und 55 n.Chr. in Griechenland und Kleinasien. Hier stehen als Quellen sowohl die Apostelgeschichte als auch die Briefe des Paulus zur Verfügung, die er an insgesamt 5 Gemeinden (in Thessaloniki, Korinth, Galatien, Philippi und Rom) und an einen einzelnen Briefempfänger (Philemon) gerichtet hat. Aber bereits das, was sich in diesen Jahren parallel zum Wirken des Paulus ereignet hat, etwa in Rom, Antiochia oder Jerusalem, ist ungleich schlechter dokumentiert. Für die Zeit davor, also die Jahre zwischen 30 und 50 n.Chr., gibt es keine direkten Quellen, aber die von Lk in der Apg verarbeiteten Überlieferungen, die sich nicht allein auf Paulus konzentrieren; außerdem sind auch einige Rückschlüsse aus den Briefen des Paulus möglich (insbesondere aus Gal 1 f). Dennoch ist festzustellen, dass die Überlieferungen über die mit Paulus gleichzeitigen Personen, also Petrus, Barnabas, Jakobus, Apollos, insgesamt sehr begrenzt sind.

    Mit dem Ende der Darstellung der Apg (etwa mit dem Jahre 59/60 n.Chr.) wird die Situation noch schwieriger, weil für die darauf folgenden Phasen des Urchristentums keine mit der Apg vergleichbare Quelle zur Verfügung steht.¹⁶ Die »Kirchengeschichte« des Euseb von Caesarea enthält zwar auch Nachrichten aus der Zeit vor 150 n.Chr., doch ist deren Auswertung mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, weil Euseb Anfang des 4.Jh. n.Chr., also 150 Jahre nach Ende des Urchristentums schrieb.

    Zwar gibt es aus der Zeit zwischen 60 und 150 n.Chr. eine durchaus reichhaltige urchristliche Literatur (Evangelien, Briefliteratur, Apokalypsen, Gemeindeordnung), doch sind diese Schriften, anders als die Apostelgeschichte, gar nicht dazu konzipiert, geschichtliche Überlieferungen zu sammeln, zu interpretieren und weiterzugeben. Auch ist das in ihnen enthaltene Material, das sich auf ihre eigene Zeit bezieht, unterschiedlich groß. Hinzu kommt, dass die Auswertung dieses Materials unmittelbar von der Datierung dieser Schriften abhängt, und das heißt häufig von ihrer Einordnung in die Entwicklung des Urchristentums. Andererseits kann ein Gesamtbild dieser Entwicklung zu allererst durch die Analyse dieser Schriften gewonnen werden.

    1.3.2 Die Apostelgeschichte als Geschichtsquelle

    ALEXANDER, L. C. A., Acts in its ancient literary context. A classicist looks at the Acts of the Apostles, London 2007; DIBELIUS, Aufsätze; LÜDEMANN, Christentum; MARGUERAT, La première histoire du christianisme; PLÜMACHER, E., Lukas als hellenistischer Schriftsteller, StUNT 9, Göttingen 1972; DERS., Art. Apostelgeschichte, TRE 3, 1978, 483–528; DERS., Geschichte und Geschichten. Aufsätze zur Apostelgeschichte und zu den Johannesakten (hg. von Schröter, J./Brucker, R.), WUNT 170, Tübingen 2004; SCHRÖTER, J., Actaforschung seit 1982. III. Die Apostelgeschichte als Geschichtswerk, ThR 72, 2007, 383–419; DERS., Lukas als Historiograph, in: Becker, E.-M. (Hg.), Die antike Historiographie und die Anfänge der christlichen Geschichtsschreibung, BZNW 129, Berlin 2005, 237–262.

    1.3.2.1 Darstellungsweise und Darstellungsmittel der Apostelgeschichte

    Die Apostelgeschichte ist für die Darstellung der Geschichte des Urchristentums eine unentbehrliche Quelle. Sie kann dies aber nur sein, wenn man den Quellenwert dieser »historischen Monographie«¹⁷ möglichst präzise bestimmt.

    Beurteilen kann man die Apg als Geschichtsquelle am ehesten, wenn man nicht moderne Maßstäbe anlegt, sondern sie mit Geschichtsdarstellungen gleichzeitig schreibender Historiker vergleicht. Zum Vergleich bietet sich der jüdische Historiker Josephus an, dessen Werk mit dem des Lukas zeitgleich ist. Ein Blick auf Josephus zeigt: Für ihn sind Darstellungsinteressen im Zweifelsfall wichtiger als (aus seiner Sicht) vordergründige Treue in der Wiedergabe von Ereignissen.¹⁸ Genauso ist es für antike Schriftsteller selbstverständlich, frei konzipierte Reden als Darstellungs- und Interpretationsmittel einzusetzen.¹⁹ Analoges gilt auch für Lukas.

    a) Von Lukas frei gestaltete Szenen

    In Lk 4,16–30 gestaltet Lk eine Szene, in der Jesus das erste Mal öffentlich auftritt, die sog. Antrittspredigt in Nazaret.²⁰ Lukas benutzt dabei eine kurze Episode aus seiner Mk-Vorlage (Mk 6,1–6a) über die Ablehnung Jesu in seiner Vaterstadt, formuliert jedoch eine programmatische Selbstvorstellungsrede Jesu (4,18–27), die von einem dazu passend ausgewählten Schriftwort ausgeht. Diese Szene stellt Lk an den Anfang des öffentlichen Wirkens Jesu, und das hier formulierte Bild Jesu ist jetzt das Vorzeichen für das gesamte Evangelium: Jesus wird als Geistträger und Erfüller alttestamentlicher Verheißungen dargestellt (4,18–21). Zugleich wird hier bereits die Hinwendung zu den Heiden in den Blick genommen (4,25–27), die erst in der Apg tatsächlich erzählt werden kann.

    In Lk 4,16–30 kann man die schriftstellerische Kreativität des Lk kontrollieren, in Apg 2,14–40, der programmatischen Anfangsszene der Apg, dagegen nicht. Aber sie weist in Struktur und Thematik auffallende Parallelen zu Lk 4,16–30 auf: Sie nimmt ebenfalls von einem alttestamentlichen Zitat ihren Ausgang (Apg 2,17–21), Thema des Zitats ist ebenfalls die Geistverleihung, jetzt aber an die sich dadurch konstituierende Gemeinde. Auch die Pfingstrede des Petrus von Apg 2 ist eine Rede an rein jüdische Zuhörer, bei der am Ende die Hinwendung zu den Heiden in den Blick kommt (Apg 2,39b). Aufgrund der gleichen Kompositionstechnik und der analogen inhaltlichen Zielsetzung wird man auch in Apg 2 in erster Linie den Schriftsteller Lukas am Werk sehen.²¹

    b) Unterschiedliche Darstellung des gleichen Vorgangs

    Lukas erzählt die Himmelfahrt des auferstandenen Jesus zweimal, am Ende des Lukasevangeliums (LkEv) und am Beginn der Apg. Die Unterschiede sind erheblich: In Lk 24,50–53 segnet der scheidende Jesus die Jünger, die danach »mit großer Freude« nach Jerusalem zurückkehren (24,52). In Apg 1,9–11 wird Jesus dagegen ohne Segenshandlung vor den Augen der Jünger »entrissen« (1,9), von anschließender Freude ist hier nicht die Rede, statt dessen erklären zwei Gottesboten den ratlosen Jüngern den Vorgang. Hinzu kommt: In Lk 24 ist die Himmelfahrt Abschluss des irdischen Wirkens Jesu und findet ohne zeitliche Zäsur am Tage der ersten Begegnung des Auferstandenen mit den Jüngern statt. In Apg 1 gibt es zwischen Auferstehung und Himmelfahrt einen Abstand von 40 Tagen, den man von Lk 24 herkommend überhaupt nicht erwarten kann. Doch ist diese Diskrepanz erklärlich: In Lk 24 ist die Himmelfahrt der Abschluss des Erzählzyklus über die Auferstehung, in Apg ist sie dagegen der Auftakt für die in 10 Tagen folgende Geistausgießung an die Jünger, und diese ist wiederum auf das jüdische Wochenfest datiert.²² D.h. die literarische Funktion des gleichen Vorgangs ist jeweils verschieden.

    Vergleichbar ist das Verfahren bei der dreimaligen Schilderung der Bekehrung bzw. Berufung des Paulus (Apg 9,1–19a; 22, 3–16 und 26,12–18).²³ Als guter Schriftsteller langweilt Lukas seine Leser nicht mit der mechanischen Wiederholung des schon einmal Erzählten, sondern er variiert bewusst und kann dabei auch neue Akzente setzen.

    Bei der ersten Darstellung steht die Überwindung des Verfolgers im Mittelpunkt, in den späteren Darstellungen tritt die Beauftragung zum Christuszeugen in den Vordergrund. So sagt in Apg 9,4 und 22,7 der himmlische Herr zu Paulus vor Damaskus lediglich »Saul, Saul, warum verfolgst du mich?« und erteilt die Anweisung, in die Stadt zu gehen und dort auf neue Weisungen zu warten; in 26,14–18 teilt der Herr dagegen Paulus sofort seine Beauftragung und Sendung zu »dem Volk (d. h. Israel) und den Heiden« (26,17) mit. Dieser Aspekt ist in Apg 9,1–19a auch vorhanden, allerdings nur als Mitteilung an Ananias, als dieser in einer Erscheinung vom Herrn beauftragt wird, den erblindeten Paulus zu taufen. Paulus erfährt von diesem Auftrag in Apg 9 überhaupt nichts. Umgekehrt wird in Apg 26 Paulus direkt berufen und beauftragt, und Ananias kommt überhaupt nicht mehr vor.²⁴

    c) Reden

    DIBELIUS, M., Die Reden der Apostelgeschichte und die antike Geschichtsschreibung, in: Ders., Aufsätze, 120–162; SOARDS, M. L., The Speeches in Acts. Their Content, Context, and Concerns, Louisville 1994; WEISER, Apg. Bd. I, 97–100 (Exkurs: Die Reden in der Apostelgeschichte).

    Lukas teilt mit der übrigen antiken Geschichtsschreibung die Vorliebe für Reden,²⁵ die er den handelnden Personen in den Mund legt. Auch Lukas benutzt die Reden, um den Lesern die Bedeutung der von ihm berichteten Ereignisse zu vermitteln. So sind alle Reden der Apg, auch die von Apg 7, als schriftstellerische Bildungen des Lukas zu beurteilen.²⁶ Sie sind keine Zeugen für die Theologie des Petrus, Stephanus, Paulus oder Jakobus, sondern genuiner Ausdruck der Theologie des Lukas. Im Falle des Paulus kann man das auch durch den Vergleich mit seinen authentischen Briefen sehr gut überprüfen.²⁷ Die (durchaus beabsichtigte) Folge ist, dass es keinerlei Spannungen oder gar Widersprüche zwischen den Reden der verschiedenen Personen gibt. Dem widerspricht nicht, dass Lukas einigen Reden ein persönliches Kolorit geben kann, so wenn er in Apg 13,38 und 20,28 in abgeschwächter Form einige Stichworte der Theologie des Paulus einfließen lässt. Das zeigt nur, dass Lukas ein geschickter Schriftsteller ist, der seine Protagonisten als Einzelpersönlichkeiten zeichnen kann.

    1.3.2.2 Darstellungsziele der Apostelgeschichte

    Welche Darstellungsziele verfolgt nun Lukas in der Apostelgeschichte?

    1. Die Geschichte des Urchristentums (ein Begriff, den Lukas natürlich nicht kennt) ist für Lukas eine gottgelenkte Geschichte, und zwar ist der Gegenstand dieser Geschichte die Ausbreitung des »Wortes der Gnade« (Apg 14,3, vgl. 20,24.32) von Jerusalem bis Rom (vgl. auch das Programm in 1,8, das mit den »Enden der Erde« die dargestellte Entwicklung jedoch deutlich überschreitet). Dieser Weg ist durch den Geist gelenkt. Gerade an entscheidenden Wendepunkten ist es der Geist, der die Entwicklung vorantreibt. Auf dessen direktes Eingreifen gehen zurück:

    – Apg 2: die erste öffentliche Verkündigung des Petrus und die Entstehung der ersten Gemeinde überhaupt;

    – Apg 10: die erste Taufe eines Heiden durch Petrus, nämlich des römischen Hauptmanns Cornelius in Caesarea Maritima;

    – Apg 13,2: die Aussendung von Barnabas und Paulus von Antiochia aus (es folgt die sog. 1.Missionsreise in Apg 13–14, die damit insgesamt durch den Geist veranlasst ist);

    – Apg 16,6–10: der Übergang des Paulus nach Europa und die Gründung der ersten Gemeinde Europas in Philippi;

    – Apg 20,22 f: der Gang des Paulus ins Martyrium.

    Parallel dazu greift auch der himmlische Christus direkt in das Geschehen ein:

    – Apg 9,1–19a (Bekehrung des Paulus): Der himmlische ›Herr‹ (vgl. die Anrede in 9,5) erscheint dem Paulus vor Damaskus in einem Lichtglanz (9,3–6) und danach in einem »Gesicht« (ὅραμα) dem Ananias, der so die nötigen Anweisungen zur Taufe des Paulus erhält (9,10–16).²⁸

    – Apg 18,9 f: Vor der Gerichtsverhandlung vor dem Statthalter Gallio in Korinth hat Paulus eine Erscheinung des »Herrn«, der ihm seinen Beistand zusichert: »Ich habe ein großes Volk in dieser Stadt«.

    Der Sinn dieser Darstellungsweise ist offenkundig: In diesen zentralen und ja durchaus umstrittenen Weichenstellungen ist, so Lukas, nicht menschlicher Eigenwille am Werk gewesen, sondern die handelnden Personen haben lediglich die göttliche Lenkung nachvollzogen.²⁹

    Das bedeutet umgekehrt, dass für eine ganze Reihe von Entwicklungen von Lukas überhaupt keine Begründung angegeben wird oder zumindest eine innergeschichtliche Erklärung fehlt. Das gilt nicht nur für die Taufe des Cornelius (Apg 10) oder den Übergang des Paulus nach Europa (Apg 16,6–10), sondern auch für seine Reise nach Jerusalem (20,3–21,18) in Begleitung von mindestens 7 Personen aus mindestens drei verschiedenen Gemeinden (20,4 f). Über den Zweck dieser Reise erfährt der Leser überhaupt nichts. Sie ist für Lukas die Reise des Paulus ins Martyrium, wie die (natürlich lukanische) Abschiedsrede des Paulus in Milet zeigt. Diese Rede steht allerdings erst 20,18–35 und keineswegs am Beginn der Reiseschilderung. Später erfährt der Leser beiläufig den tatsächlichen Grund der Reise: die Überbringung eines »Almosens« durch Paulus (24,17). Aber selbst hier bleibt unklar, warum dann auch noch eine so große Begleitgruppe ebenfalls diese (ja nicht gerade kostenlose) Reise unternommen hat.³⁰

    2. Lukas zeichnet die Epoche der ersten Generation als ideales Gegenbild zu seiner eigenen Gegenwart. Diese kommt in der Abschiedsrede des Paulus in Milet (20,18–35) in den Blick: Es ist die Zeit, in der »reißende Wölfe« in die Gemeinde einbrechen (20,29), und es werden »aus eurer Mitte Männer aufstehen, die Falsches reden, um die Jünger hinter sich herzuziehen« (20,30). Die Gegenwart ist also nicht nur durch äußere Gefährdung, sondern auch durch innere Differenzen geprägt. Demgegenüber zeichnet Lukas für die Zeit der ersten Generation das Bild einer stets völlig einmütigen Gemeinde. Charakteristisch ist gleich die erste verallgemeinernde Schilderung des Lebens der Jerusalemer Gemeinde in Apg 2:

    »Sie verharrten in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und in den Gebeten… Täglich verharrten sie einmütig (ὁμοθυμαδόν) im Tempel, brachen das Brot in den Häusern und nahmen die Speise zu sich mit Jubel und lauterem Herzen« (2,42.46).³¹

    Sofern Differenzen auftauchen, sind sie gelöst, kaum dass sie sichtbar geworden sind. Das gilt nicht nur für Apg 6,1–6, den Streit zwischen den »Hebräern« und den »Hellenisten« in Jerusalem, sondern auch für die lukanische Darstellung des sog. Apostelkonzils (Apg 15,1–29). Da in Gal 2,1–9 eine weitere Quelle für diesen Vorgang vorliegt, ist die Darstellungsweise des Lukas gut kontrollierbar.

    Nachdem Lukas in Apg 15,1–5 den Streitgegenstand (die Frage der beschneidungsfreien Heidenmission) dargelegt hat und dabei kurz erwähnt hat, dass es zunächst in Antiochia, dann in Jerusalem »Aufruhr« und »Streit« gegeben habe (15,2 und 15,7), ergreift in der Jerusalemer Gemeindeversammlung als erster Petrus das Wort. Die Gemeinde verstummt daraufhin schlagartig, Barnabas und Paulus können über die erfolgreiche Heidenmission referieren, und Jakobus macht einen Lösungsvorschlag, der dann ohne weitere Diskussion angenommen und »einmütig« (15,25) den betroffenen Gemeinden in Syrien und Kilikien mitgeteilt wird.

    In Gal 2,1–10 liest sich das deutlich anders: Die Vertreter Antiochias, also Barnabas, Paulus und Titus (der in Apg 15 fehlt), verhandeln zunächst mit der Gemeinde insgesamt, was zu keinem Erfolg führt. Den Durchbruch bringt ein Spitzengespräch hinter verschlossenen Türen zwischen Barnabas und Paulus einerseits und den drei »Säulen« Jakobus, Petrus und Johannes andererseits (Gal 2,2). Dass dabei tatsächlich eine Einigung erzielt werden konnte, war keineswegs selbstverständlich, jedenfalls berichtet Paulus von »eingeschlichenen Falschbrüdern«, also Gegnern innerhalb der christlichen Gemeinde Jerusalems, die eine Einigung zu verhindern versuchten. Von diesem komplizierten Verlauf ist bei Lukas nichts zu erkennen, und von den »Falschbrüdern« ist bei ihm weit und breit nichts zu sehen.³²

    3. Lukas ist an der Kontinuität der von ihm dargestellten Entwicklung interessiert. Die Christenheit seiner eigenen Zeit hat sich schon längst vom Judentum entfernt, aus dem es in der ersten Generation hervorgegangen ist. Gerade weil sich das Band zur Ursprungssituation immer weiter dehnt, muss der Zusammenhang bewusst herausgearbeitet und für die Zukunft festgehalten werden. Deshalb beginnt das lukanische Doppelwerk im Herzen des Judentums, in Jerusalem, und dort im Allerheiligsten, im Tempel (Lk 1,5–23). Deshalb betont Lk mehrfach, dass die Jünger nach der Auferstehung in Jerusalem bleiben müssen (Lk 24,49, vgl. die Durchführung in 24,52; dann Apg 1,4, vgl. die Ausführung in 1,12).³³ Die (durchaus historische) Entstehung der ersten christlichen Gemeinde in Jerusalem hat also für Lk programmatische Bedeutung.

    Auch später schafft Lukas Brücken und Verbindungsglieder, um die Kontinuität sicherzustellen:

    – Paulus ist nach Apg 7,58; 8,1 (zumindest mittelbar) an der Verfolgung der »Hellenisten« in Jerusalem beteiligt (was historisch fraglich ist).

    – Nach 9,23–29 kehrt Paulus nach seiner Bekehrung nach relativ kurzer Zeit nach Jerusalem zurück, um sich dort den »Aposteln« anzuschließen (was der eigenen Darstellung des Paulus in Gal 1,17–18 glatt widerspricht).³⁴

    – Auch die frühchristlichen Gemeinden, die sich außerhalb Palästinas bilden, werden zumindest nachträglich an Jerusalem angebunden:

    a) Zu der in Antiochia entstandenen Gemeinde wird Barnabas von Jerusalem gesandt (Apg 11,22), so dass der Eindruck entsteht, er sei von Jerusalem als Gemeindeleiter der neuen Gemeinde eingesetzt worden;

    b) die Gemeinden in Syrien und Kilikien insgesamt werden (immer noch nach Lukas) durch das Aposteldekret an Jerusalem angebunden (Apg 15,22–35);

    c) Paulus selbst verkündet (wieder nach Lukas) das Dekret dann auch in den schon zuvor gegründeten Gemeinden in Lykaonien (Apg 16,4).

    1.3.2.3 Der Verfasser der Apostelgeschichte – ein Zeitzeuge?

    Seit etwa 180 n.Chr., und zwar aufgrund von Irenäus, haer. III 1.1 (vgl. 14.1 und Euseb, h.e. V 8,3) gilt der in Phlm 24, Kol 4,14 und 1Tim 4,11 erwähnte Lukas als Verfasser des (in der kanonischen Reihenfolge) dritten Evangeliums und der Apg. In Kombination mit den »Wir«-Abschnitten der Apg (16,10–17; 20,5–21,18; 27,1–28,16), auf die bereits Irenäus verweist, gilt dieser Lukas als Reisebegleiter des Paulus und damit als (natürlich zuverlässiger) Zeitzeuge, jedenfalls für die Ereignisse von Apg 16 bis 28. Seit Beginn der kritischen Erforschung der Apostelgeschichte und der Entstehung des Urchristentums in der ersten Hälfte des 19.Jh. wird dieses Bild³⁵ immer mehr in Frage gestellt.³⁶

    Gegen die Abfassung der Apg durch den Zeitzeugen und ständigen Paulusbegleiter Lukas werden angeführt:³⁷

    1. Es bestehen tiefgreifende Diskrepanzen zwischen der Theologie des Paulus und der der Apg.³⁸ So fehlen bei Lukas zentrale Inhalte der Christologie und Soteriologie des Paulus (Rechtfertigungslehre; Taufe als Sterben mit Christus; Verständnis der Sünde als Macht u.a.).³⁹ In der Eschatologie ist eine deutliche Verschiebung festzustellen (Ablösung der Naherwartung [vgl. 1.Thess 4,13–5,11] durch eine Stetserwartung [vgl. Apg 1,6 f.11]). Schließlich spiegeln sich in der Apg insgesamt nicht die Probleme der ersten Generation, sondern die der ausgehenden zweiten bzw. beginnenden dritten Generation wider (besonders deutlich in 20,18–35). Dem entspricht, dass in 20,17 (sowie vorher schon in 14,23; 15,6–23) die nachpaulinische Institution der Presbyter vorausgesetzt ist.

    2. Der Verfasser der Apg stellt wichtige Abläufe des Wirkens des Paulus unzutreffend dar. Dies betrifft besonders:

    – die erste Reise, die Paulus nach seiner Bekehrung vor Damaskus nach Jerusalem unternimmt: Nach Apg 9,23–30 erfolgte sie nach relativ kurzer Zeit,⁴⁰ wobei sich Paulus dann den Aposteln in Jerusalem anschloss, bei den ›Jüngern‹ ein- und ausging, längere Zeit dort blieb und sogar in den Synagogen der griechischen Diasporajuden verkündigte. Das widerspricht glatt der Darstellung des Paulus selbst in Gal 1,17–18, nach der er erst »nach drei Jahren« nach Jerusalem gereist und dort auch nur kurze Zeit, nämlich zwei Wochen, geblieben ist; bei dieser Gelegenheit sah er nur Petrus und den Herrenbruder Jakobus, also gerade nicht die ganze christliche Gemeinde. Erst recht kann bei diesem Besuch nicht von einer öffentlichen Verkündigungstätigkeit in Jerusalem die Rede sein.

    – die Darstellung des Apostelkonzils in Apg 15, die gegenüber dem Bericht des Paulus in Gal 2,1–10 erhebliche Verschiebungen aufweist; das gilt nicht nur für den Personenkreis (Titus fehlt!), den Verlauf, der harmonisierend dargestellt ist (s. o.), sondern auch für das Ergebnis: Die Verfügung des Aposteldekrets widerspricht Gal 2,6, umgekehrt fehlt die Vereinbarung über die Kollekte (Gal 2,10).⁴¹

    3. Der Verfasser der Apg verweigert Paulus fast ausnahmslos den Aposteltitel.⁴² Das hängt mit seinem Bild der 12 Apostel zusammen: Bei Lukas ist der aus Galiläa stammende Zwölferkreis sekundär mit der nachösterlichen Institution der Apostel gleichgesetzt.⁴³ Die »Apostel« müssen daher grundsätzlich Zeugen des irdischen Wirkens Jesu gewesen sein, und zwar vom Beginn in Galiläa an.⁴⁴ Dass hier ein völlig unpaulinisches Apostelverständnis vorliegt, ist unabweisbar.

    4. Die Wir-Stücke der Apg sind als literarische Bildung durch den Verfasser oder als Übernahme von älteren Quellen erklärbar.

    Zur Beurteilung:

    1. Ein zeitweiliger Paulusbegleiter muss keineswegs auch Paulusschüler gewesen sein, zumal er auch in den Paulusbriefen, abgesehen von Phlm 24, nirgends hervortritt, etwa als Mitabsender von Briefen. Außerdem kann er sich auch später theologisch ganz anders entwickelt haben.⁴⁵ Es ist ja ohnehin damit zu rechnen, dass zwischen dem Wirken des Paulus und der Abfassung der Apg rund 40 Jahre liegen.

    2. Hält man an der Identität des Verfassers der Apg mit dem in Phlm 24 erwähnten »Mitarbeiter« (συνεργός) des Paulus fest, ist dieser lediglich dort als Begleiter des Paulus vorauszusetzen, wo der Verfasser der Apg im Wir-Stil formuliert.⁴⁶ Das beträfe also den Übergang des Paulus nach Europa mit der Missionstätigkeit in Philippi (Apg 16,6–10), die Reise von Philippi nach Jerusalem zur Überbringung der Kollekte (20,5–21,18) und den Transport des gefangenen Paulus von Caesarea Maritima nach Rom (27,1–28,16). Die Diskrepanzen in der Darstellung des Wirkens des Paulus (etwa Apg 15) betreffen also durchweg Ereignisse außerhalb dieser Zeitabschnitte.⁴⁷

    3. Nicht so einfach ist die Tatsache zu erklären, dass der Verfasser, bei aller Hochschätzung des Paulus, ihm den Aposteltitel vorenthält, obwohl Paulus selbst diesen Anspruch vehement verteidigt hat (vgl. allein 1Kor 9,1 f). Dass ein Verfasser, der bei dem Beginn der selbständigen Missionstätigkeit des Paulus in Europa Augenzeuge gewesen ist und ihn später auf zwei langen Seereisen begleitet hat, das nicht gewusst haben soll, kann ausgeschlossen werden.

    4. Die Wir-Stücke scheiden in der Tat als selbständiges Argument aus, weil sie auch literarisch erklärt werden können (s.u.).

    Ergebnis:

    1. Der Verfasser schreibt aus der Perspektive der ausgehenden zweiten Generation, ist also von den Ereignissen, die Paulus betreffen, rund 40 Jahre entfernt, von den früheren Ereignissen entsprechend länger.

    2. Die Ansicht, dass es sich um einen früheren Paulusbegleiter (nicht: Paulusschüler) gehandelt hat, ist nicht zu widerlegen, bleibt aber eine Hypothese, die positiv nicht zu sichern ist. Der Umgang mit dem Aposteltitel spricht jedoch eher dagegen.

    3. Die Bedeutung der Frage, ob der Verfasser der Apg als Reisebegleiter des Paulus und damit als Zeitzeuge gelten kann, wird weithin völlig überschätzt. Nicht nur deshalb, weil die zur Diskussion stehende Augenzeugenschaft zeitlich und sachlich doch recht begrenzt ist. Noch wichtiger ist etwas anderes: Die Analyse der Geschichtsdarstellung eines zeitgenössischen Historikers wie Josephus zeigt, dass auch ein Zeitzeuge keineswegs ein verlässlicher Vermittler der von ihm miterlebten Ereignisse sein muss. Die Aufgabe einer kritischen Analyse der in der Apg verarbeiteten und wiedergegebenen Ereignisse bleibt daher die gleiche, unabhängig davon, welche Verfasserhypothese man voraussetzt.⁴⁸

    4. Geht man von der Richtigkeit der Irenäus-These aus, dann ist die pseudepigraphische Notiz in 2Tim 4,11⁴⁹ eine Bestätigung aus dem ersten Drittel des 2.Jh. n.Chr. für das frühe Wissen um die große Nähe des Lukas zu Paulus; hält man dagegen die Gleichsetzung des Lukas von Phlm 24 mit dem Verfasser von LkEv und Apg für eine Fiktion, wird man in 2Tim 4,11 einen Baustein der dann bei Irenäus greifbaren Autorenfiktion sehen.

    1.3.3 Spätere und außerchristliche Quellen

    a) Aus der Zeit nach 150 n.Chr. stehen nur wenige christliche Quellen zur Verfügung, die die Geschichte des Urchristentums betreffen. Es handelt sich zum einen um Überlieferungen bei Irenäus, Bischof von Lyon (gestorben um 200 n.Chr.), in dessen Hauptwerk Adversus haereses; wesentlich mehr Informationen hat dagegen Euseb, Bischof von Caesarea Maritima, gesammelt, der zwischen 290 und 325 n.Chr. eine zehnbändige Kirchengeschichte verfasst hat,⁵⁰ in der er zahlreiche ältere Überlieferungen verwertet und oft auch zitiert. Allerdings weisen beide Werke selbst einen deutlichen Abstand von den Abläufen im ersten und beginnenden zweiten Jahrhundert auf, und der Wert der von ihnen verarbeiteten Quellen ist häufig recht umstritten. Jedenfalls ist deren historische Zuverlässigkeit in jedem Fall genau zu prüfen.

    b) Die einzige jüdische Quelle besteht aus einer kurzen Notiz des Josephus (37-ca. 100 n.Chr.) in seinem Werk Antiquitates Iudaicae XX 200 (veröffentlicht 93/94 n.Chr.), in der Josephus von der Hinrichtung des Herrenbruders Jakobus 62 n.Chr. berichtet. Seine Mitteilung über die Hinrichtung Jesu (ant. XVIII 63–64) und dessen Charakterisierung als Wundertäter und Messias ist dagegen äußerst umstritten und zu einem erheblichen Teil sicher später aus christlicher Perspektive umformuliert worden.⁵¹ Die Schlussbemerkung, dass der »Stamm der Christen« (τῶν Χριστιανῶν τὸ φῦλον/ton christianón to phýlon) auch heute noch existiere, ist zwar unproblematisch, aber z.Zt. der Abfassungszeit der Antiquitates auch relativ selbstverständlich.

    ⁵²

    c) Auch die paganen Quellen sind sehr begrenzt. Dies zeigt deutlich, wie wenig das frühe Christentum öffentlich wahrgenommen wurde.

    – Sueton (70- nach 128 n. Chr.) berichtet in der Biographie des Kaisers Claudius (41–54 n. Chr.) sehr ungenau, dass »Juden«, angestiftet von einem »Chrestus«, Unruhe stifteten und daher aus der Stadt Rom ausgewiesen wurden (vita Claudii 25.4).

    – Tacitus (55- ca. 120 n. Chr.) berichtet in seiner Biographie des Kaisers Nero (54–68 n. Chr.) von dem Brand Roms 62 n. Chr. Dabei habe Nero zu seiner Entlastung in Rom lebende Christen als Urheber bezeichnet und sie in großer Zahl hinrichten lassen (ann. XV 44). Auch Sueton erwähnt beiläufig die Verhängung von Todesstrafen gegen die Christen unter Nero (vita Neronis 16.2).⁵³

    – Plinius d. J. (61- ca. 112 n. Chr.), Statthalter von Bithynien und Pontus (vermutlich 110–112 n. Chr.), verfasste einen langen Bericht über sein Vorgehen gegen die Christen in seiner Provinz. Gerichtet ist der Bericht an den Kaiser Trajan (98–117 n. Chr.). Kernpunkt ist die Darlegung seiner juristischen Maßnahmen, die dem Zweck dienen sollten, »die Seuche dieses Aberglaubens« (superstitionis istius contagio) einzudämmen. Das wesentlich kürzere Antwortschreiben Trajans bestätigt im Prinzip das Vorgehen des Plinius.⁵⁴

    _____________________

    1 Hinzu käme als jüngste Entwicklung die Einbeziehung der historischen Psychologie, vgl. THEISSEN, G., Erleben und Verhalten der ersten Christen, Gütersloh 2009 und VON GEMÜNDEN, P., Affekt und Glaube. Studien zur Historischen Psychologie des Frühjudentums und Urchristentums, NTOA 73, Göttingen 2009.

    2 Zum Begriff des ›Ereignisses‹ im Bereich der Geschichtswissenschaft, d. h. als »Begebenheit, die eine geschichtliche Veränderung herbeiführt,« vgl. HÖLSCHER, L. Art. Ereignis, in: Lexikon Geschichtswissenschaft (hg. Jordan, S.), 2010, 72–74 (dort 72) sowie BECKER, E.-M., Art. Ereignis. II. Neutestamentlich, Lexikon der Bibelhermeneutik (hg. Wischmeyer, O.), 2009, 142 f. Davon zu unterscheiden ist das philosophische Verständnis von Ereignis; dazu vgl. BURGER, P., Art. Ereignis, VI. Philosophisch, ebd. 145 f und FIGAL, G., Art. Ereignis, RGG⁴ 2, 1999, 1399.

    3 LIETZMANN, Altchristliche Kirche, 242 beschreibt das »Apostolische Zeitalter« in sehr idealistischer Weise, demgegenüber dann die »Nachapostolische Zeit« deutlich abfällt. Noch GOPPELT, Die apostolische und nachapostolische Zeit, 1–5 gibt in der Einleitung keine Begründung für diese Einteilung, hält sie also für selbstevident. Dies gilt auch für HYLDAL, Christianity. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im englischen Sprachbereich neben dem vagen Begriff ›Early Christianity‹ als präzisere Begriffe (bislang jedenfalls) nur ›Apostolic Era‹ und ›Post-Apostolic Era‹ zur Verfügung stehen.

    4 CONZELMANN, Geschichte, 5–7.

    5 ALKIER, Urchristentum, 255–266.

    6 Zur Geschichte des Begriffs vgl. ALKIER, Urchristentum, 161–254; anders als der Untertitel möglicherweise vermuten lässt, reicht die Untersuchung Alkiers nur von 1699 (Gottfried Arnold) bis 1862 (Albrecht Ritschl).

    7 ALKIER, Urchristentum, 163.

    8 VOUGA, Geschichte, 13: »Mit dem Präfix ›Ur-‹ wird … der Anfang zugleich mit einer Wertung verbunden, die Beginn und Wesen des Christentums gleichsetzt.«

    9 Vgl. die Gegenkritik von LÜDEMANN, Urchristentum, 14; LINDEMANN, Urchristentum, 820.

    10 Dabei bezieht sich der Kanonisierungsprozess nicht nur auf Schriften, die sämtlich vor 150 n. Chr. entstanden sind; auch der Prozess, der zur Kanonisierung führte, setzte bereits in der dritten Generation ein; vgl. dazu LINDEMANN, Brief, 261–301.

    11 Das bemerkt man besonders deutlich, wenn man den Gebrauch von »frühchristlich« außerhalb der Theologie wahrnimmt, etwa wenn dort von »frühchristlicher Archäologie« die Rede ist, die dann von 200 bis 500 oder gar 600 n. Chr. reichen kann.

    12 So gelegentlich, aber durchaus bewusst, VOUGA, Geschichte, 5. 13 u. a., der von einer »Geschichte der frühen Christentümer« spricht.

    13 HOLMBERG, B., Understandig the First Hundred Years of Christian Identity; DERS., Early Christian Identity – Some Conclusions, in: Holmberg, B. (Hg.), Exploring Early Christian Identity, WUNT 226, Tübingen 2008, 1–32.173–178.

    14 Zur Kollekte insgesamt s. u. 331–343.

    15 Dazu s. u. 473 f.

    16 Exemplarisch dafür ist das Problem, den Tod des Paulus und den des Petrus zu datieren und zu lokalisieren; dazu s. u. 371–374. 415–424.

    17 Zur Gattung der Apostelgeschichte als »historischer Monographie« vgl. die Hinweise bei CONZELMANN, Apg, 7; sodann (auch zum dramatischen Episodenstil und dem Zusammenhang der Apostelgeschichte mit der tragisch-pathetischen Geschichtsschreibung) die Arbeiten von PLÜMACHER, Lukas; DERS., Apostelgeschichte, 509–513; DERS., Die Apostelgeschichte als historische Monographie, in: Ders., Geschichte 1–14, sowie DERS., Cicero und Lukas. Bemerkungen zu Stil und Zweck der historischen Monographie, ebd. 15–32.

    18 S. u. 541–545 Exkurs 1.

    19 S. u. 546 f Exkurs 2.

    20 Der Beginn des öffentlichen Wirkens ist übrigens in allen vier Evangelien charakteristisch unterschiedlich gestaltet: Im MkEv ist es eine Dämonenaustreibung in einer Synagoge (Mk 1,21–28), im MtEv die programmatische Bergpredigt (Mt 5–7), im JohEv das Weinwunder zu Kana (Joh 2,1–11). Zu Lk 4,16–30 vgl. die Analysen bei KLEIN, Lk, 182–194 und WOLTER, Lk, 188–199.

    21 Zur Beurteilung von Apg 2,14–40 vgl. WEISER, Apg I, 88–100.

    22 Griechisch: πεντεκοστή [sc. ἡμέρα]/pentekosté [‘eméra], d. h. der »fünfzigste [Tag]«); als Lehnwort im Deutschen: Pfingsten; gemeint ist der 50. Tag nach dem Passafest; zu den Berechnungsproblemen im Einzelnen vgl. LOHSE, E., Art. πεντεκοστή, ThWNT 6, 1959, 44–53, dort 46 f; GOLDENBERG, R., Art. Wochenfest, TRE 36, 2004, 267–270.

    23 Vgl. die glänzende Analyse von MARGUERAT, La première histoire, 275–306.

    24 Die Variation in der Darstellung kann bis zum offenen Widerspruch gehen: Nach Apg 9,7 hörten die Begleiter ebenfalls die Stimme, aber sie sahen nichts, nach 22,8 sahen die Begleiter das Licht, hörten aber nichts.

    25 S. u. 546 f Exkurs 2.

    26 Hier wurde lange Zeit noch mit einer umfangreicheren, auf die »Hellenisten« zurückgehenden Vorlage gerechnet, die Lk verarbeitet habe. Doch hat JESKA, Geschichte Israels, 154–220 gezeigt, dass auch die Rede des Stephanus in Apg 7 als lukanische Bildung zu verstehen ist, die einen kohärenten Teil der lukanischen Gesamtdarstellung bildet und bei deren Bildung sich Lukas des Motivinventars der zeitgenössisch-jüdischen Geschichtssummarien bediente.

    27 Eine Rede wie die von Apg 17,22–33 ist in den Briefen des Paulus nirgends unterzubringen, auch nicht in Röm 1,18–21. Gerade der Vergleich mit diesem Text zeigt den theologischen Abstand.

    28 Diese zweite Erscheinung fehlt in Apg 22,3–16 und 26,12–18.

    29 Dabei ist die Verwendung von Träumen auch in der übrigen antiken Geschichtsschreibung keineswegs ungewöhnlich, vgl. FRISCH, P., Die Träume bei Herodot, Beiträge zur klassischen Philologie 27, Meisenheim am Glan 1968; zum Urchristentum vgl. HANSON, J. S., Dreams and Visions in the Graeco-Roman World and Early Christianity, ANRW II 23,2, Berlin 1980, 1395–1427 (zur Apg: 1422).

    30 Zur Analyse s. u. 331–343.

    31 Das Stichwort »einmütig« (ὁμοθυμαδόν/‘omothymadón) wird von Lk insgesamt fünfmal für die Jerusalemer Gemeinde benutzt, neben 2,46 bereits in 1,14, dann in 4,24; 5,12 und auch 15,25; die gleiche Funktion hat die Wendung »ein Herz und eine Seele« (καρδία καὶ ψυχὴ μία/kardía kai psyché mía) in 4,32. Zu dieser ›Einmütigkeit‹ gehört auch das Bild der Gütergemeinschaft, das Lk in 4,32–35 und 5,12–16 entwirft (dazu s. u. 561–564 Exkurs 7).

    32 Zur Analyse s. u. 225–247.

    33 Charakteristisch ist auch Lk 24,13–35: Die zwei Jünger, die Jerusalem verlassen wollen, kommen nur bis Emmaus und kehren nach der Begegnung mit dem Auferstanden selbstverständlich zu den anderen Jüngern nach Jerusalem zurück.

    34 S. auch u. 36. 214 f.

    35 Zu diesem Bild gehört auch die Aussage des Irenäus, dass Lukas »das von Paulus verkündete Evangelium in einem Buch niederlegte« – eine bei der notorisch geringen Kenntnis der Jesusüberlieferung durch Paulus völlig abenteuerliche Behauptung.

    36 Schon MEYER, H. A. W., Kritisch exegetisches Handbuch über die Apostelgeschichte, KEK III, Göttingen 1833, 3 f musste sich daher mit DE WETTE, W. M. L., Lehrbuch der historisch kritischen Einleitung in die kanonischen Bücher des Neuen Testaments, Berlin 1826, 203 f auseinandersetzen. Aufgrund der Differenzen, ja Widersprüche zwischen der Apostelgeschichte und den Paulusbriefen hatte De Wette erhebliche Zweifel daran angemeldet, dass der Verfasser der Apostelgeschichte ein Reisebegleiter des Paulus gewesen sein soll, »da der Begleiter eines Apostels sich bessere Nachrichten zu verschaffen im Stande gewesen seyn sollte« (204).

    37 Vgl. die übersichtliche Darstellung bei SCHNELLE, Einleitung, 312–315.

    38 Vgl. dazu den seinerzeit epochemachenden Aufsatz von VIELHAUER, PH., Zum »Paulinismus« der Apostelgeschichte, von 1950, abgedruckt in: Ders., Aufsätze zum Neuen Testament (I), ThB 31, München 1965, 9–27.

    39 Auch ist ein Zurücktreten der Heilsbedeutung des Todes Jesu bei Lk zu beobachten.

    40 Lukas drückt sich mit der Wendung ἡμέραι ἱκαναί (»nach geraumer Zeit«) bewusst vage aus, aber ein Zeitraum von drei Jahren (oder im dritten Jahr), wie ihn Paulus in Gal 1,18 nennt, ist durch diese Formulierung nicht abgedeckt.

    41 S. u. 234 f. 594 f.

    42 Ausnahmen: Apg 14,4.14, wo Barnabas und

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