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Freude im Herrn: Philipper
Freude im Herrn: Philipper
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eBook444 Seiten6 Stunden

Freude im Herrn: Philipper

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Über dieses E-Book

Eine Auslegung zum Philipperbrief

Der Brief an die Philipper ist einer der persönlichsten und wärmsten Briefe des Neuen Testaments. Die kurzen Abschnitte über die Erniedrigung und Erhöhung des Herrn Jesus sowie über sein Kommen gehen sehr zu Herzen. Ebenso die kurzen Berichte über den Autor und seine Mitarbeiter.

Der Brief hat auch eine ausgesprochen praktische Zielsetzung. Er zeigt uns, dass "die Lehre des Christus" keine Theorie ist, sondern in allen Umständen des Lebens in der Kraft des Heiligen Geistes verwirklicht werden soll und kann.

Nicht zuletzt ist dieser Brief aus dem 1. Jahrhundert auch eine Herausforderung für jeden Christen im 21. Jahrhundert. Denn es wird deutlich: Für den Schreiber, den erfahrenen Paulus, war das Leben nur Christus. Und er ließ sich durch nichts von seinem Ziel abbringen - Christus zu gewinnen.

Der Brief entstand in der Gefangenschaft in Rom. Umso erstaunlicher ist es, dass er mehr als alle anderen Briefe des Neuen Testaments von der Freude spricht.

Diese gründliche Vers-für-Vers-Auslegung will unsere Freude im Herrn anfachen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum20. Nov. 2023
ISBN9783892874980
Freude im Herrn: Philipper

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    Buchvorschau

    Freude im Herrn - Arend Remmers

    Cover.png

    AREND REMMERS

    FREUDE IM HERRN

    EINE AUSLEGUNG ZUM PHILIPPERBRIEF

    Christliche Schriftenverbreitung

    Postfach 10 01 53, 42490 Hückeswagen

    1. Auflage 2014

    © by Christliche Schriftenverbreitung, Hückeswagen

    ISBN: 978-3-89287-229-0

    www.csv-verlag.de

    INHALT

    Abkürzungen

    Einleitung

    1. Empfänger, Verfasser und Entstehungszeit des Briefes

    2. Thema und Zweck des Briefes

    3. Inhaltsübersicht

    Kapitel 1

    Gruß (V. 1.2)

    Die Freude des Apostels (V. 3–8)

    Ein Wunsch (V. 9–11)

    Die Gefangenschaft fördert das Evangelium (V. 12–14)

    Verbreitung des Evangeliums (V. 15–20)

    Christus das Leben – das Sterben Gewinn (V. 21–26)

    Würdig des Evangeliums wandeln (V. 27–30)

    Kapitel 2

    Ermahnung zu Einmütigkeit und Demut (V. 1–4)

    Das Beispiel Christi (V. 5–8)

    Erhöhung und Verherrlichung Christi (V. 9–11)

    Ermahnung zum Gehorsam (V. 12.13)

    Ermahnung zur Lauterkeit (V. 14–16)

    Geistliche Freude (V. 17.18)

    Die beabsichtigte Sendung des Timotheus (V. 19–24)

    Epaphroditus, der Überbringer des Briefes (V. 25–30)

    Kapitel 3

    Beschneidung oder Zerschneidung? (V. 1–3)

    Der Werdegang von Paulus (V. 4–9)

    Christus gleichgestaltet (V. 10.11)

    Christus das Ziel (V. 12–14)

    Aufruf zu hingebungsvollem Wandel (V. 15–17)

    „Feinde des Kreuzes des Christus" (V. 18.19)

    Himmlische Stellung und Hoffnung (V. 20.21)

    Kapitel 4

    Aufruf zu Einigkeit und Abhängigkeit (V. 1–9)

    Freude und Dank (V. 10–20)

    Grüße und Schluss (V. 21–23)

    ABKÜRZUNGEN

    EINLEITUNG

    1. Empfänger, Verfasser und Entstehungszeit des Briefes

    Der Name der Stadt Philippi geht zurück auf König Philipp II. von Mazedonien (359–336 v. Chr.), den Vater Alexanders des Großen und Gründer der Stadt. In neutestamentlicher Zeit war Philippi eine römische Kolonie und das Zentrum des östlichen Teiles von Mazedonien.

    Der Apostel Paulus besuchte Philippi auf seiner zweiten Missonsreise (ca. 51–54 n. Chr.) zum ersten Mal (Apg 16,12–40). Durch seine Predigt kam zunächst die Purpurhändlerin Lydia mit ihrem Haus zum Glauben an den Herrn Jesus. Als Paulus dann einen dämonischen Wahrsagegeist von einer Magd austrieb, entstand ein Volksaufruhr; Paulus und sein Begleiter Silas wurden ausgepeitscht und ins Gefängnis gebracht. Auf wunderbare Weise kam auch der Leiter des Gefängnisses mit seinem ganzen Haus zum Glauben (Apg 16,16–34). So entstand die erste örtliche Versammlung auf europäischem Boden (es ist jedoch nicht auszuschließen, dass in Rom zu dieser Zeit bereits eine Versammlung existierte).

    Nach kurzem Aufenthalt zog Paulus weiter. Er ließ jedoch Lukas in Philippi zurück (vgl. den „wir"-Abschnitt bis Apg 16,16 mit dem „sie"-Abschnitt ab Apg 16,40). Auf seiner dritten Missionsreise (ca. 54–58 n. Chr.) kam Paulus nochmals von Ephesus nach Mazedonien und wohl auch nach Philippi (Apg 20,1; 2. Kor 2,13). Er zog dann weiter nach Griechenland und machte auf der Rückreise Station in Philippi, wo Lukas sich der Reisegesellschaft wieder anschloss (Apg 20,6).

    Kaum hatten sie Jerusalem erreicht, kam es zu einem Zusammenstoß mit Juden, die den Christen feindlich gesinnt waren. Paulus wurde gefangen genommen und verbrachte zwei Jahre in Cäsarea. Da er sich in einer Gerichtsverhandlung auf den Kaiser berief, wurde er als Gefangener nach Rom gesandt, wo er zwei weitere Jahre in „Untersuchungshaft" gehalten wurde. Von dort wird er den Brief an die Philipper geschrieben haben.

    Nach seiner erhofften Freilassung aus der römischen Gefangenschaft könnte er während seiner Reise nach Mazedonien (1. Tim 1,3) noch einmal in Philippi gewesen sein, bevor er einige Zeit später in die zweite Gefangenschaft geriet, die im 2. Timotheusbrief vorausgesetzt wird. Den Wunsch und die Hoffnung, die Philipper noch einmal wiederzusehen, drückt er in unserem Brief jedenfalls mehrere Male aus (Kap. 1,25.26; 2,24; 4,1).

    Zwischen den Gläubigen in Philippi und Paulus bestand von Anfang an ein enges, liebevolles Verhältnis. Er erinnert in seinem Brief daran, dass er nach seinem Aufenthalt in Mazedonien nur von ihnen materielle Unterstützung empfangen hat (Kap. 4,15–16). Kurz vor der Abfassung des Briefes war Paulus wieder eine Gabe der Philipper übermittelt worden, und zwar durch Epaphroditus. Nachdem dieser inzwischen durch Gottes Hilfe eine schwere Krankheit überwunden hatte, wurde er von Paulus beauftragt, seinen Brief nach Philippi zu überbringen (Kap. 2,25–27; 4,18).

    Die Tatsache, dass Paulus der Verfasser dieses Briefes ist, wurde nie ernstlich in Zweifel gezogen. Über den Abfassungsort sind in neuerer Zeit jedoch verschiedene Vermutungen (z. B. Ephesus oder Cäsarea) geäußert worden. Aber die traditionelle Auffassung, dass Paulus diesen Brief aus seiner Gefangenschaft in Rom geschrieben hat (wie auch die Briefe an die Epheser, die Kolosser und an Philemon), hat doch das größere Gewicht. Paulus spricht in diesem Brief vom „Prätorium" (Kap. 1,13), das heißt wohl von der kaiserlichen Leibgarde, und von den Gläubigen „aus dem Haus des Kaisers" (Kap. 4,22). Außerdem äußert er die Hoffnung, dass er bald seine Freiheit wiedererlangen würde (Kap. 1,25–26; 2,24). Der Brief wird daher gegen das Ende seiner (ersten) zweijährigen Gefangenschaft in Rom, um das Jahr 63, geschrieben worden sein. Schon Polykarp von Smyrna (ca. 70–155), Irenäus (ca. 140–202) und Clemens von Alexandrien (ca. 150–215) zitieren diesen Brief als paulinisch.

    2. Thema und Zweck des Briefes

    Der Brief an die Philipper ist einer der persönlichsten und wärmsten Briefe des Neuen Testaments. Er enthält keine ausführlichen lehrmäßigen Darlegungen über die christliche Wahrheit. Die kurzen, zu Herzen gehenden Abschnitte über die Erniedrigung und Erhöhung des Herrn Jesus (Kap. 2,5–11) und über die Verwandlung der Gläubigen beim Kommen des Herrn (Kap. 3,20–21) dienen nur der Verdeutlichung und Untermauerung des Gedankengangs. Gerade diese Abschnitte enthalten jedoch Mitteilungen, die wir sonst nirgends finden, und sind daher besonders wertvoll.

    Dieser Brief ist auch ein ausgesprochen praktischer Brief, der uns zeigt, dass „die Lehre des Christus keine Theorie ist, sondern in allen Umständen des Lebens in der Kraft des Heiligen Geistes praktisch verwirklicht werden soll und kann. Aus der sicherlich nicht angenehmen Gefangenschaft in Rom schreibt Paulus einen Brief, in dem der Herr Jesus Christus den zentralen Platz einnimmt und in dem er mehr als in allen anderen Briefen von Freude spricht. Die Worte „Freude und „sich freuen" kommen in jedem Kapitel vor, zum Teil sogar mehrmals:

    Kapitel 1

    Vers 4:„Gebet mit Freuden"

    Vers 18:Freude über die Predigt des Evangeliums (2×)

    Vers 25:Freude im Glauben

    Kapitel 2

    Vers 2:Freude des Paulus über die Philipper

    Vers 17:Freude des Paulus und Freude mit den Philippern

    Vers 18:Freude der Philipper und Freude mit Paulus

    Vers 28:Freude der Philipper über Epaphroditus

    Vers 29:Aufnahme mit Freude

    Kapitel 3

    Vers 1:Freude im Herrn

    Kapitel 4

    Vers 1:Die Philipper als Freude und Krone des Paulus

    Vers 4:„Freut euch in dem Herrn allezeit! Wiederum will ich sagen: Freut euch!"

    Vers 10:Freude im Herrn über die Philipper

    Der Grund der Freude des gefangenen Apostels lag jedoch nicht in diesseitigen, irdischen oder gar weltlichen Dingen. Seine Freude hatte ihren Ursprung in dem Herrn Jesus. Das machte den gefangenen Paulus glücklich und frei. Er brachte alles in seinem Leben, auch seine jetzige Gefangenschaft, in Verbindung mit seinem Herrn und nahm alles, was ihm begegnete, aus Seiner Hand an.

    Deshalb kann der Brief an die Philipper ein Brief der Erfahrungen genannt werden. Diese Erfahrungen sind jedoch nicht die eines schwachen, in seinem Leben häufig versagenden Christen, wie es leider bei uns so oft der Fall ist. Nein, es sind die Erfahrungen eines im Glauben gereiften Christen, eines „Vaters in Christus" (vgl. 1. Joh 2,13.14). Er ist in Christus, seinem Herrn, zur Ruhe gekommen und findet in Ihm allein seine vollkommene Freude. Die Namen des Herrn Jesus Christus werden fünfzigmal, das heißt verhältnismäßig häufiger als in den übrigen Briefen, erwähnt. Das Wort „Sünde" kommt dagegen in diesem Brief überhaupt nicht vor.

    Bei aller gegenwärtigen Freude im Herrn ist der Blick des Paulus nach vorn, in die Zukunft, gerichtet. Sein Lebensinhalt ist Christus und das Sterben ist daher für ihn Gewinn (Kap. 1,21). Er erinnert uns damit an das Volk Israel im Alten Testament, von dem wir am Ende des 4. Buches Mose und im 5. Buch lesen, dass es alle Schwierigkeiten und Erfahrungen der vierzigjährigen Wüstenwanderung hinter sich hatte, aber noch nicht im verheißenen Land Kanaan angekommen war. Nach der Begebenheit mit der ehernen (kupfernen) Schlange gelangte Israel in ein Land von „Wasserbächen (4. Mo 21,10–18; 5. Mo 10,7). Das Volk genoss damit – bildlich ausgedrückt – die „Freude des Heiligen Geistes in der Wüste. Am Anfang des 5. Buches Mose hält der Verfasser einen Rückblick auf die vergangene Zeit und lenkt den Blick des Volkes Israel dann auf das vor ihm liegende Land Kanaan, von dem es noch durch den Jordan getrennt war.

    So freut sich auch Paulus im Philipperbrief in seinem Herrn und blickt zugleich auf das vor ihm liegende Ziel, während er sich noch auf der Erde, das heißt – bildlich betrachtet – in der Wüste befindet. Auch die Errettung wird hier daher als etwas Zukünftiges gesehen (Kap. 1,19; 3,20). – Im Unterschied hierzu werden die Gläubigen im Kolosserbrief so betrachtet, als seien sie bereits durch den Jordan gezogen und im Begriff, das verheißene Land, die geistlichen Segnungen, in Besitz zu nehmen (Kol 3,1–3). Der Jordan ist ein Bild des Todes und der Auferweckung Christi und unserer Einsmachung mit Ihm darin. Der Epheserbrief geht noch weiter: Dort sind die Gläubigen gleichsam im Land Kanaan angekommen. Sie werden nicht nur als mit Christus auferweckt gesehen, sondern als in Ihm mitsitzend in den himmlischen Örtern, das heißt im vollen Besitz und Genuss des ganzen geistlichen christlichen Segens (Eph 1,3; 2,6).

    Im Philipperbrief ist der Kernvers des ersten Kapitels der Vers 21: „Das Leben ist für mich Christus", das heißt, Christus ist Lebensinhalt und -zweck.

    Der Hauptvers des zweiten Kapitels ist Vers 5: „Diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus war", das heißt, Christus in Seiner Erniedrigung als Mensch auf der Erde ist das Vorbild des christlichen Lebens.

    Der wichtigste Abschnitt in Kapitel 3 umfasst die Verse 7–14, wo Christus in der himmlischen Herrlichkeit als das Ziel des Lebens vorgestellt wird.

    Schließlich zeigt Kapitel 4,13: „Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt", dass Christus auch die Kraft und Stärke des Glaubenden ist.

    Das einzig Negative in der Versammlung zu Philippi war eine gewisse Uneinigkeit. Paulus geht in liebevoller Weise in Kapitel 1,27; 2,2–4 und 4,2 darauf ein.

    3. Inhaltsübersicht

    I.Philipper 1,1–11: Einleitung: Gruß, Dank und Bitte

    Gruß 1.2; die Freude des Paulus 3–8; sein Wunsch (V. 10: „damit ihr prüfen mögt, was das Vorzüglichere ist") 9–11

    II.Philipper 1,12–26: Persönliche Umstände des Paulus (Christus, der Lebensinhalt)

    Seine Gefangenschaft fördert das Evangelium 12–14; Freude über die Verbreitung des Evangeliums, sei es „aus Streitsucht, sei es „aus Liebe 15–20; „Denn das Leben ist für mich Christus, und das Sterben Gewinn" 21–26

    III.Philipper 1,27–2,18: Aufruf zu Einigkeit und Treue (Christus, das Vorbild)

    „Wandelt nur würdig des Evangeliums des Christus" 1,27–30; liebevolle Ermahnung zur Einmütigkeit und Demut 2,1–4; das Beispiel Christi (V. 5: „Denn diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christus Jesus war) 5–8; die Erhöhung und Verherrlichung Christi 9–11; Ermahnung zum Gehorsam 12.13; Ermahnung zur Lauterkeit (V. 15: „ihr scheint wie Lichter in der Welt, darstellend das Wort des Lebens) 14–16; himmlische Freude 17.18.

    IV.Philipper 2,19–30: Timotheus und Epaphroditus

    Die beabsichtigte Sendung des Timotheus 19–24; die Sendung des von schwerer Krankheit genesenen Epaphroditus 25–30

    V.Philipper 3,1–21: Warnung und Beispiel (Christus, das Lebensziel)

    Christus oder Gesetz (V. 3: „Denn wir sind die Beschneidung, die wir durch den Geist Gottes dienen und uns Christi Jesu rühmen und nicht auf Fleisch vertrauen) 1–3; der Werdegang des Paulus: erst Gesetz 4–6, dann „die Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu 7.8; nicht Gesetzes-Gerechtigkeit, sondern die Gerechtigkeit aus Gott 9; Christus gleichgestaltet werden 10.11; Christus das Ziel 12–14; Appell zu geistlichem Wachstum 15–17; Warnung vor „Feinden des Kreuzes Christi" 18.19; himmlische Stellung und Hoffnung der Gläubigen (V. 20: „Denn unser Bürgertum ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten") 20.21

    VI.Philipper 4,1–9: Aufruf zu Einigkeit und Abhängigkeit

    Feststehen 1; Evodia und Syntyche zur Einigkeit ermahnt 2–3; Freude im Herrn 4; Milde 5; das Gebet und seine Folge (V. 7: „der Friede Gottes) 6.7; Erwägen und Tun (V. 9: „der Gott des Friedens) 8.9

    VII.Philipper 4,10–23: Freude und Dank (Christus, die Lebenskraft)

    Freude über die empfangene Gabe 10; Genügsamkeit von Paulus (V. 13: „Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt") 11–13; Lob für die Philipper 14–18; Lobpreis Gottes 19.20; Grüße und Segenswunsch 21–23

    KAPITEL 1

    Gruß (V. 1.2)

    Vers 1: Paulus und Timotheus, Knechte [o.: Sklaven] Christi Jesu, allen Heiligen in Christus Jesus, die in Philippi sind, mit den Aufsehern und Dienern:

    Anders als in den Briefen an die Römer, Korinther, Galater, Epheser und Kolosser bezeichnet Paulus sich hier (wie auch in den Briefen an die Thessalonicher) nicht als Apostel. Er stellt sich mit Timotheus, der wohl sein engster und vertrautester Mitarbeiter war, auf eine Ebene und bezeichnet diesen und sich selbst als „Knechte" (griech. douloi „Sklaven") Christi Jesu. Sie dienten Ihm, dem jetzt zur Rechten Gottes verherrlichten Menschen Christus, der einst in Niedrigkeit auf der Erde erschien, um Gott zu offenbaren, Ihm als wahrer Knecht zu dienen und das Erlösungswerk zu vollbringen.

    Als Adressaten werden zunächst „alle Heiligen in Christus Jesus, die in Philippi sind" genannt. Der Brief ist demnach nicht an die Versammlung als solche gerichtet (vgl. 1. u. 2. Kor; 1. u. 2. Thes). Und doch kommt in dieser Anrede der Gedanke an die Gesamtheit der Gläubigen an diesem Ort, die ja die örtliche Versammlung bilden, zum Ausdruck. Vergessen wir in unserer Zeit der Zerrissenheit und Trennungen nie, dass zur weltweiten Versammlung Gottes „alle Heiligen in Christus Jesus" gehören! Und nicht nur das: Auch die Versammlung Gottes an einem bestimmten Ort besteht aus „allen Heiligen in Christus Jesus, die dort wohnen. Wenn auch in der Praxis nicht alle dem biblischen Muster des Versammlungslebens folgen, darf doch unsere „Liebe zu allen Heiligen nie aufhören (Eph 1,15; Kol 1,4; Phlm 5).

    Jeder wahre Gläubige ist ein Heiliger. Die biblische Bedeutung von „heilig" ist: abgesondert für Gott. Durch die vom Heiligen Geist bewirkte Heiligung werden Menschen, die fern von Gott sind, zum Glauben an das Erlösungswerk Christi geführt (1. Pet 1,2). Dadurch werden sie „Heilige [o.: Geheiligte] in Christus Jesus (vgl. 1. Kor 1,2). Das heißt: Alle wahren Gläubigen sind heilige, aus der Welt für Gott abgesonderte Menschen, die Er „in Christus mit Wohlgefallen betrachtet. Sie sind ja alle mit Ihm, Seinem geliebten Sohn, einsgemacht und in Ihm angenehm gemacht vor Gott.

    Die praktische Heiligung baut auf dieser grundsätzlichen Heiligung und Heiligkeit auf. Wenn wir also in 1. Petrus 1,15 aufgerufen werden: „Wie der, der euch berufen hat, heilig ist, seid auch ihr heilig in allem Wandel!", dann werden wir nicht aufgefordert, nach einer Heiligkeit zu streben, die wir noch nicht besitzen. Wir werden aufgerufen, uns in der Heiligkeit zu bewahren, die wir durch Gottes Gnade und Liebe empfangen haben.

    Erst nach den „Heiligen in Christus Jesus wird eine bestimmte Gruppe unter ihnen erwähnt: die „Aufseher und Diener. Diese vom Heiligen Geist berufenen und von Menschen bestellten Männer standen nicht über ihren Glaubensgeschwistern, sondern waren ihnen als Vorbilder und Hilfen gegeben (1. Pet 5,1–3). Der Philipperbrief ist der einzige Brief des Neuen Testaments, in dem die Aufseher (oder Ältesten, vgl. Apg 20,17.28; Tit 1,5.7) und Diener in der Anrede erwähnt werden. Sie werden im Wort Gottes von den geistlichen Gaben unterschieden, die der verherrlichte Herr den Seinen zur Erbauung Seines ganzen Leibes, ohne örtliche und zeitliche Einschränkung, gibt (Eph 4,11.12). Im Unterschied zu den Gaben der Evangelisten, Hirten und Lehrer bekleideten die Aufseher/Ältesten und Diener/Diakone in der Anfangszeit der Versammlung auf den jeweiligen Ort beschränkte Ämter, zu denen sie von den Aposteln oder deren Beauftragten ernannt wurden (Apg 6,3–6; 14,23).

    In der Zeit des Neuen Testaments gab es wahrscheinlich überall in den Versammlungen solche Aufseher/Älteste und Diener/Diakone, die für die göttliche Ordnung in den Versammlungen verantwortlich waren. Das wird besonders in Apostelgeschichte 14,23 deutlich, wo es heißt: „Als sie ihnen aber in jeder Versammlung Älteste erwählt hatten, beteten sie mit Fasten und befahlen sie dem Herrn an, an den sie geglaubt hatten" (vgl. Apg 20,17; 1. Tim 3; Tit 1,5; Jak 5,14). In den Versammlungen in Judäa gab es von Anfang an Älteste. Schon im Judentum gab es diese Stellung ja bereits. Gläubige Männer mit geistlicher Einsicht und Autorität konnten die Aufgabe in den Versammlungen weiter ausüben (vgl. 2. Mo 3,16; Esra 5,5; Lk 7,3; Apg 11,30; 15,4). Die Tatsache, dass in einem Brief keine Ältesten und Diener erwähnt werden, besagt daher nicht unbedingt, dass es sie an diesem Ort nicht gab. Im Brief an die Epheser werden zum Beispiel die dortigen Ältesten nicht genannt, wohl aber in Apostelgeschichte 20,17. Die Ältesten oder Aufseher hatten mehr geistliche Aufgaben, die Diener dagegen mehr äußerliche. Gemeinsam sorgten sie für die Ordnung und das Wohl der Versammlung, zu der sie gehörten.

    Obwohl die Aufseher und Diener hier wie selbstverständlich genannt werden, finden wir weder in diesem Brief, den Paulus ja bereits als Gefangener in Rom verfasste, noch in seinen späteren Briefen (an Timotheus und Titus) irgendeinen Hinweis auf eine Fortführung oder Fortsetzung dieser Ämter nach seinem Heimgang. Das sollte denen zu denken geben, die heute für die Wahl oder Einsetzung von Ältesten und Dienern plädieren und dies für unabdingbar halten.

    Schon relativ bald nach dem Abscheiden der Apostel und ihrer Generation wurden diese im Anfang von Gott gegebenen und notwendigen örtlichen Ämter mit den Gaben der Evangelisten, Hirten und Lehrer vermischt, die vom Herrn ohne örtliche und zeitliche Einschränkung für Seinen ganzen Leib gegeben werden (Eph 4,11–13). Obwohl es im Neuen Testament nur ein Amt von Ältesten oder Aufsehern gibt, wurden aus den Ältesten (griech. presbyteros) „Priester", aus den Aufsehern (griech. episkopos) „Bischöfe". Außerdem wurden auch die Diener (griech. diakonos) zu „Diakonen". So bildete sich schon im 2. Jahrhundert n. Chr. die kirchliche Ämterhierarchie heraus. Diese entbehrt jedoch jeglicher Grundlage im Neuen Testament. Während der Herr Jesus noch immer und überall die geistlichen Gaben zum geistlichen Aufbau Seiner Versammlung schenkt, hat heute niemand mehr die Autorität zur offiziellen Ernennung von Ältesten oder Aufsehern, obwohl die in diesen Bereich fallenden Aufgaben von dazu befähigten Männern an den einzelnen Orten erfüllt werden können und sollen.

    Die Aufseher und Diener werden hier erst an zweiter Stelle genannt. Das zeigt, dass es in diesem Brief nicht um die Ordnung in der Versammlung geht. Im Gegenteil, das Ewige steht vor dem Zeitlichen. In der ewigen Herrlichkeit wird es keine Aufseher und Diener, aber auch keine Gaben mehr geben, sondern nur Erlöste und Heilige, obwohl das, was hier für den Herrn Jesus getan worden ist, bei Gott nie in Vergessenheit geraten wird.

    Vers 2: Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!

    Wie fast alle seine Briefe beginnt Paulus auch den an die Gläubigen in Philippi mit dem Wunsch: „Gnade und Friede". Der Brief an die Epheser endet auch damit (Eph 6,23.24). Dieser Wunsch ist ein Zeichen des geistlichen Interesses und der brüderlichen Liebe, die Paulus seinen Geschwistern entgegenbrachte. Gnade und Frieden bilden gewissermaßen den „Mutterboden" für unser praktisches Glaubensleben. Wenn sie uns fehlen, ist es schlecht um uns bestellt. Da kann dann nichts Gutes gedeihen.

    Dass es hier wirklich um ganz praktische Dinge geht, wird uns schnell klar. Die errettende Gnade Gottes hatten die Gläubigen in Philippi ja bereits kennengelernt; diese brauchte Paulus ihnen nicht mehr zu wünschen. Was er ihnen jedoch wünschte, war das Bewusstsein der Gnade Gottes, in der sie standen, sowie die praktische Betätigung der Gnade zueinander und zu den Verlorenen in ihrem täglichen Glaubensleben (vgl. Kol 4,6; Heb 12,15).

    Ebenso ist es mit dem Frieden. Die Gläubigen in Philippi kannten den Frieden mit Gott aufgrund ihres Glaubens an den Erlöser (s. Röm 5,1), aber den Frieden Gottes in ihren Herzen und den Frieden untereinander benötigten sie immer wieder von neuem – ebenso wie wir (vgl. Kap. 4,7; Eph 4,3)!

    Sowohl Gnade als auch Frieden kommen von „Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Es sind also auf keinen Fall menschliche Charaktereigenschaften oder Bemühungen. Ihre Quelle ist Gott und in vollkommener Weise sind sie im Leben des Herrn Jesus zum Ausdruck gekommen. Er sprach „Worte der Gnade und genoss allezeit den inneren Frieden, den Er einmal „meinen Frieden" nennt (vgl. Lk 4,22; Joh 14,27).

    Wenn wir unser eigenes Glaubensleben unter die Lupe nehmen, werden wir feststellen, wie angebracht, ja notwendig dieser liebevolle Wunsch des Apostels auch für uns ist.

    Die Freude des Apostels (V. 3–8)

    Ein besonderes Kennzeichen der Briefe des Paulus sind die Danksagungen für die Gläubigen, an die er schrieb. Nur den Brief an die Galater beginnt er ohne jeden Ausdruck des Dankes. Die Gründe dafür gehen aus dem Brief hervor.

    Verse 3.4: Ich danke meinem Gott bei all meiner Erinnerung an euch allezeit in jedem meiner Gebete, indem ich für euch alle das Gebet mit Freuden tue,

    Gewöhnlich fand Paulus genügend Anlass zum Danken. Er lebte in inniger Gemeinschaft mit seinem Gott und Vater und dem Herrn Jesus. Wenn diese Gemeinschaft echt ist, führt sie nicht nur zu persönlicher Freude, sondern bewirkt ein tiefes Interesse für andere Kinder Gottes und damit auch die Fürbitte für sie. Sie sind ja Kinder desselben Vaters und Gegenstände derselben göttlichen Liebe. Wir sind uns wohl kaum der Bedeutung und des Wertes bewusst, die die Danksagung und das Gebet für die Geschwister im Glauben besitzen. Wenn wir die verschiedenen Stellen betrachten, an denen wir zu anhaltendem Gebet aufgefordert werden, wird uns dies wohl klarer (vgl. Röm 12,12; Eph 6,18; Phil 4,6; Kol 4,2; 1. Thes 5,17). Paulus selbst ist uns darin ein Vorbild. Er dankte Gott allezeit und in jedem seiner Gebete für das, was er bei den Philippern sah.

    Zugleich erwähnt er hier zum ersten Mal die Freude. Hier ist es seine eigene Freude, die seine Gebete für die Gläubigen in Philippi begleitete. Sie erfüllte ihn so sehr, dass er nicht anders konnte, als sie später in diesem Brief auch den Philippern zu wünschen (Kap. 3,1; 4,4).

    Um das richtig zu verstehen, müssen wir uns daran erinnern, dass Paulus sich nicht in angenehmen Umständen befand. Er war jetzt als Gefangener in Rom. Sein früherer Dienst für den Herrn war ihm versagt. Und doch war er nicht niedergeschlagen oder entmutigt. Im Gegenteil, der Brief bezeugt von Anfang an die Freude, die dieser Gefangene in seinem geliebten Herrn empfand. Sie stärkte ihn nicht nur in den unangenehmsten Umständen, sondern hob ihn darüber hinaus, und zwar so sehr, dass er in der Lage war, andere Gläubige zu ermuntern und für sie zu beten.

    Vers 5: wegen eurer Teilnahme [o.: Gemeinschaft; griech. koinōnia] an dem Evangelium vom ersten Tag an bis jetzt,

    Paulus hatte einen besonderen Grund zum Danken und zur Freude über die Philipper: ihre „Teilnahme an dem Evangelium vom ersten Tag an bis jetzt". Sie hatten nicht nur an das Evangelium zu ihrer eigenen Rettung und Segnung geglaubt, sondern sie hatten von Anfang an auch ein tiefes Interesse daran, dass diese gute Botschaft weitergetragen wurde, und zwar insbesondere vom Apostel Paulus. Das Evangelium nimmt im ersten Kapitel dieses Briefes einen wichtigen Platz ein: Es kommt sechs Mal vor (V. 5.7.12.16.27 [2×]). Die verschiedenen Aspekte, unter denen es jeweils gesehen und erwähnt wird, zeigen, dass Paulus sich bewusst war, wie sehr das alles die Philipper interessierte.

    Die Teilnahme der Philipper am Evangelium beschränkte sich nicht auf dessen Verkündigung. Sie interessierten sich für alle Bereiche, Fragen und Probleme in Verbindung mit dem Evangelium und dessen Verkündigern. Das war wahre Gemeinschaft mit dem Evangelium und mit Paulus, dem vom Herrn besonders auserwählten Gefäß zur Verbreitung der guten Botschaft in der ganzen Welt.

    Zeigt uns dies alles nicht, was die Wahrheit von der „Einheit des Geistes" (Eph 4,3) und deren Bewahrung in der Praxis bedeutet? Wahrscheinlich erkennen wir die Wahrheit als solche durchaus an, aber wie sieht es um ihre Verwirklichung aus? Ist sie uns nicht bereits teilweise verloren gegangen? Aber wenn auch die Versammlung Gottes als Ganzes sich in einem schwachen Zustand befindet, können wir doch dem Vorbild, das uns hier gezeigt wird, folgen und die gleichen Empfindungen der Liebe für Geschwister haben, die weit von uns entfernt sein mögen, vielleicht sogar auf anderen Kontinenten und den dortigen Missionsgebieten.

    Vers 6: indem ich eben darin guter Zuversicht bin, dass der, der ein gutes Werk in euch angefangen hat, es vollenden wird bis auf den Tag Jesu Christi;

    Angesichts dieser deutlichen Ergebnisse, die die Gnade Gottes in den Gläubigen in Philippi hervorgebracht hatte, konnte Paulus „guter Zuversicht" sein. Ganz anders war es bei den Korinthern, wo er viel Fleischliches sah, aber doch auf die Treue Gottes vertraute, oder gar bei den Galatern, um die er Furcht hatte, ob er nicht etwa vergeblich an ihnen gearbeitet hatte, und nur im Blick auf den Herrn Jesus Vertrauen zu ihnen gewann (1. Kor 1,8. 9; Gal 4,11; 5,10). Hier gründete sich sein Vertrauen zwar auch auf Gottes Handeln, aber er sah bei den Philippern eine Herzenseinstellung, die in Übereinstimmung mit Gott war. Sie lebten in Gemeinschaft mit Gott und mit dem Evangelium. Dadurch war ihr Wandel ein offenbares Zeugnis des Wirkens Gottes in ihnen. Wenn Paulus sich in Dankbarkeit und Liebe an alles erinnerte, was sie für den Herrn Jesus und auch für ihn selbst getan hatten, dann war er voll guter Zuversicht, dass Gott Sein Werk, das Er durch Seinen Heiligen Geist in ihnen begonnen hatte, auch vollenden würde, so dass am Tag Jesu Christi die Frucht zu Seiner Verherrlichung und zu ihrem eigenen Segen sichtbar werden würde. – Übrigens: Der „Tag Jesu Christi ist nicht die öffentliche Erscheinung Christi mit den Seinen, die „Tag des Herrn genannt wird, sondern der Zeitpunkt, an dem die Erlösten kurz nach ihrer Entrückung vor dem „Richterstuhl des Christus offenbar werden. Dann wird „einem jeden sein Lob werden von Gott (vgl. V. 10; Kap. 2,16; 1. Kor 4,5; 2. Kor 5,10; 2. Tim 4,8).

    Auch in Kapitel 3,15 bringt er eine ähnliche Zuversicht zum Ausdruck, wenn er vom Wachstum im Glauben spricht. Er ermahnt die einen, an ihrer „vollkommenen (oder: „erwachsenen) Gesinnung im Blick auf den Wettlauf hin zu Christus droben festzuhalten; die anderen, die noch nicht so weit gewachsen sind, tröstet er damit, dass Gott ihnen dies offenbaren würde. Das Letztere hätte er nicht tun können, wenn er nicht von ihrer Liebe zu Christus und von ihrer Aufrichtigkeit überzeugt gewesen wäre.

    Darüber hinaus enthalten die Worte „dass der, der ein gutes Werk in euch angefangen hat, es auch vollenden wird einen weiteren Trost. Sie zeigen uns, dass Gott nie eine halbe Sache macht. Wenn Er Sein gutes Werk in einer Seele begonnen hat, dann wird Er es auch vollenden – trotz aller Schwachheit auf unserer Seite. „Der Herr kennt, die sein sind(2. Tim 2,19) – auch wenn wir manchmal die Frucht nicht sehen, die doch zu einem Leben aus und mit Gott gehört.

    Vers 7: wie es für mich recht ist, dass ich dies über euch alle denke, weil ihr mich im Herzen habt und sowohl in meinen Fesseln als auch in der Verteidigung und Bestätigung des Evangeliums ihr alle meine Mitteilnehmer der Gnade seid.

    Die Teilnahme an (eigentlich: die Gemeinschaft mit) dem Evangelium war nicht eine plötzlich aufflammende, kurze Begeisterung. Sie war eine feste, herzliche Gewohnheit der Gläubigen in Philippi, und zwar von Anfang an, wie wir gesehen haben (V. 5). Auch waren es nicht nur einige von ihnen, die so dastanden, sondern alle (V. 3.4). Deshalb konnte Paulus nochmals unterstreichen, dass die positiven Gedanken, die er soeben geäußert hatte, richtig waren.

    Seine Überzeugung gründete sich jedoch nicht darauf, dass er sie „im Herzen hatte, wie in verschiedenen Bibelübersetzungen zu lesen ist, sondern darauf, dass die Philipper ihn in ihren Herzen hatten. Sprachlich gesehen ist die abgelehnte Übersetzung zwar möglich, nicht aber im vorliegenden Zusammenhang. Das Vertrauen von Paulus gründete sich nicht auf seine eigenen Empfindungen, sondern auf die für ihn deutlich erkennbare Zuneigung der Briefempfänger. Deren Herzenshaltung zeigte sich darin, dass sie auch jetzt, wo Paulus im Gefängnis war, fest zu ihm und seinem Dienst im Evangelium standen. Sowohl im Blick auf seine Gefangenschaft als auch im Blick auf die Verteidigung und Bestätigung des Evangeliums waren sie auch jetzt alle seine „Mitteilnehmer der Gnade.

    Einige Christen schämten sich offenbar, mit einem im Gefängnis sitzenden Apostel in Verbindung gebracht zu werden (vgl. 2. Tim 1,8.16), nicht aber die Philipper. Ihre Herzen schlugen für Paulus nicht nur, solange er bei ihnen und in Freiheit war, sondern auch in seiner Abwesenheit und Gefangenschaft. Sie nahmen die mit seiner Gefangenschaft verbundene Schande und Schmach nicht zum Anlass, sich von ihm abzuwenden, sondern sie wurden dadurch nur umso mehr bestärkt, „Mitteilnehmer der Gnade zu werden. Derselbe Gott und dieselbe Gnade, deren Werkzeug der Verkündigung („Verteidigung¹ und Bestätigung) Paulus war, bewirkte in den Philippern die innige innere und äußere Teilnahme daran. Diese Gemeinschaft war für den gefangenen Paulus so wertvoll und wichtig, dass er sie hier nochmals dankend erwähnt.

    Wie viel geistlicher Schaden ist schon durch unbegründetes negatives Reden über Diener des Herrn entstanden! Auch der Apostel Paulus musste dies erfahren, wie wir in den Briefen an die Korinther und die Galater sehen können. Aber bei den Philippern war es dem Widersacher nicht geglückt, das feste Band der Liebe und Gemeinschaft, das sie mit Paulus verband, zu zerstören, auch dann nicht, als er gefangen war.

    Der Apostel Paulus war in seinem Dienst ständig zur „Verteidigung des Evangeliums berufen. So war es gegenüber den Galatern, bei denen das Gesetz eingeführt werden sollte, und aus ähnlichem Grund in Jerusalem auf dem sogenannten „Apostelkonzil (Apg 15). So war es später in Jerusalem, wo die Juden die Einbeziehung der Nationen in die Verkündigung ablehnten (Apg 21 u. 22), und so war es auch jetzt in Rom vor dem kaiserlichen Gerichtshof.

    Vers 8: Denn Gott ist mein Zeuge, wie ich mich nach euch allen sehne mit dem Herzen [eig.: mit Eingeweiden] Christi Jesu.

    Kaum ein anderer Brief des Neuen Testaments enthält so viele positive Äußerungen über die Empfänger wie der an die Philipper. Ihre Herzen waren in der Liebe zum Herrn und im Eifer für Ihn auf das Engste mit Seinem Diener in der Ferne verbunden. Für den Schreiber im Gefängnis war dies eine große Ermunterung.

    Nun wendet Paulus sich jedoch seiner eigenen Person zu. Das Erste, was er den Philippern mitteilt, ist seine Sehnsucht nach ihnen. Dabei ruft er Gott zu seinem Zeugen an. Warum tut er das? Wohl einfach deshalb, weil die bisher erwähnten Tatsachen von vielen Menschen bezeugt werden konnten (vgl. 1. Thes 2,10), er jetzt aber weit von seinen geliebten Geschwistern entfernt ist. Zudem spricht er von seinen innersten Gefühlen für sie. Dafür gab es keine menschlichen Zeugen. Aber Gott, der allein das Herz aller Menschenkinder kennt (1. Kön 8,39), war Zeuge, wie sehr Paulus sich nach den Philippern sehnte (vgl. Röm 1,9; 2. Kor 1,23; 1. Thes 2,5).

    Paulus sehnte sich „mit dem Herzen Christi Jesu" nach ihnen. Wie schon aus der oben gegebenen Übersetzung ersichtlich, steht in Vers 8 ein anderes Wort (griech. splanchna) für „Herz" als in Vers 7 (griech. kardia). Es bedeutet eigentlich „Eingeweide (vgl. Apg 1,18), wird aber an anderen Stellen im Neuen Testament durch „Inneres (2. Kor 6,12), „innerliche Gefühle (2. Kor 7,15; Phil 2,1) und „Herz (Lk 1,78; Kol 3,12; Phlm 7.12.20; 1. Joh 3,17) wiedergegeben. Auch das Alte Testament kennt bereits diese Bedeutung von „Eingeweide" (hebr. me‘im), zum Beispiel in Psalm 40,9 („Herz) und Hohelied 5,4 („Inneres). Dieser Ausdruck weist mehr auf die inneren Gefühle hin als das gewöhnliche Wort für „Herz. – Wie sehr muss Paulus in seinen Empfindungen mit Christus Jesus, seinem Herrn, verbunden gewesen sein, dass er sich so ausdrückte! Er fühlte ähnlich wie der Herr Jesus, der auch mehrmals „innerlich bewegt war (griech. splanchnizomai; vgl. Mt 9,36; 14,14; 15,32; 20,34).

    Ein Wunsch (V. 9–11)

    Vers 9: Und um dieses bete ich, dass eure Liebe noch mehr und mehr überströme in Erkenntnis und aller Einsicht,

    Jetzt nennt Paulus einen besonderen Gebetsgegenstand (vgl. V. 4): Er betrifft nicht das äußerliche Wohlergehen der Philipper, sondern ihr geistliches Wachstum. Paulus weiß um ihre brüderliche Liebe, die er selbst erfahren hat. Aber er sieht hier die göttliche Liebe im weitesten Sinn, ohne irgendeine Einschränkung (vgl. 1. Joh 4,19). Sein Gebetswunsch ist nun nicht nur, dass diese Liebe noch überströmender wird, sondern dass sie in „Erkenntnis² und aller Einsicht³ wächst. Was bedeutet das? Wenn wir Stellen wie Epheser 1,8 („in aller Weisheit und Einsicht) und Kolosser 1,9 („erfüllt … mit der Erkenntnis seines Willens in aller Weisheit und geistlicher Einsicht") zum Vergleich heranziehen, verstehen wir besser, dass es hier um mehr als ein Wachsen in der Liebe geht. Die Liebe Gottes, die durch den Heiligen Geist auch in ihre Herzen ausgegossen ist (Röm 5,5), soll nicht nur als von Herzen kommend tätig sein, sondern von Erkenntnis und Einsicht

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