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Davyan (Band 2): Schönes Biest
Davyan (Band 2): Schönes Biest
Davyan (Band 2): Schönes Biest
eBook453 Seiten

Davyan (Band 2): Schönes Biest

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Über dieses E-Book

Wenn man nichts hat, kann man auch nichts verlieren. Lange traf das auf Davyans Leben zu … bis zu jenem Moment, in dem er entdeckte, dass Märchen nicht nur in Büchern existieren und selbst Aschenprinzen dazu auserkoren sind, der großen Liebe zu begegnen. Doch statt endlich einer schönen Zukunft entgegenzublicken, findet er sich an einem Ort wieder, der alles andere als märchenhaft ist. Ohne Erinnerung daran, dass es da eine Person gibt, die verzweifelt nach ihm sucht – und die ebenfalls ein Geheimnis mit sich trägt. Das Geheimnis eines Biestes, dessen Fluch Davyan nur brechen kann, wenn er sich rechtzeitig darauf besinnt, wem sein Herz gehört.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum22. Sept. 2023
ISBN9783038962892
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    Buchvorschau

    Davyan (Band 2) - C. M. Spoerri

    Inhaltsverzeichnis

    Titel

    Informationen zum Buch

    Impressum

    Widmung

    Landkarte Region Fayl

    Landkarte Altra

    Prolog

    Kapitel 1 - Böses Erwachen

    Kapitel 2 - Wie geht es weiter?

    Kapitel 3 - Vergebliche Suche

    Kapitel 4 - Karakals Reich

    Kapitel 5 - Die Aufnahmezeremonie

    Kapitel 6 - Gemeinsam gefangen

    Kapitel 7 - Bücherwürmer, Monster und ernsthafte Gespräche

    Kapitel 8 - Die Bardin von Orta

    Kapitel 9 - Finde deinen Weg

    Kapitel 10 - Greif nach deinem Strohhalm!

    Kapitel 11 - Ein Abschied für immer?

    Kapitel 12 - Viel Glück

    Kapitel 13 - Der erste Kampf

    Kapitel 14 - Schicksal einer Bestie

    Kapitel 15 - Drei Mal gestorben reicht

    Kapitel 16 - Das erste Mal

    Kapitel 17 - Geister der Vergangenheit

    Kapitel 18 - Die Magie des Schwertes

    Kapitel 19 - Das Ende eines langen Dienstes

    Kapitel 20 - Singvogel

    Kapitel 21 - Schwere Verluste

    Kapitel 22 - Zweifelhafte Belohnung

    Kapitel 23 - Ein Abschied für immer

    Kapitel 24 - Fluchtpläne

    Kapitel 25 - Der letzte Kampf

    Kapitel 26 - Suche nach einem Unterschlupf

    Kapitel 27 - Ein seltsamer Fund

    Kapitel 28 - Siebenundneunzig Rosen

    Kapitel 29 - Das Schloss im ewigen Schnee

    Kapitel 30 - Unerwartete Begegnung

    Kapitel 31 - Sei hier Gast

    Kapitel 32 - Wer bist du?

    Kapitel 33 - Der einsame Beobachter

    Kapitel 34 - Nicht der richtige Moment

    Kapitel 35 - Verdammt knapp

    Kapitel 36 - Erinnerungsfetzen

    Kapitel 37 - Wo seid Ihr?

    Kapitel 38 - Ausweglos

    Kapitel 39 - Wie man einen Bücherwurm glücklich macht

    Kapitel 40 - Tanzt mit mir

    Kapitel 41 - Spieglein, Spieglein …

    Kapitel 42 - Bestieninstinkt

    Kapitel 43 - Schau mir in die Augen

    Kapitel 44 - Die letzte Rose

    Kapitel 45 - Scheiß auf Pläne

    Kapitel 46 - Die Liebe eines Biestes

    Kapitel 47 - Eine haarige Angelegenheit

    Kapitel 48 - Falscher Ort, falsche Zeit, falsche Welt

    Kapitel 49 - Einmal Biest zum Mitfliegen, bitte!

    Nachwort der Autorin

    Glossar

    C. M. SPOERRI

    Davyan

    Band 2: Schönes Biest

    Fantasy

    Davyan (Band 2): Schönes Biest

    Wenn man nichts hat, kann man auch nichts verlieren. Lange traf das auf Davyans Leben zu … bis zu jenem Moment, in dem er entdeckte, dass Märchen nicht nur in Büchern existieren und selbst Aschenprinzen dazu auserkoren sind, der großen Liebe zu begegnen. Doch statt endlich einer schönen Zukunft entgegenzublicken, findet er sich an einem Ort wieder, der alles andere als märchenhaft ist. Ohne Erinnerung daran, dass es da eine Person gibt, die verzweifelt nach ihm sucht – und die ebenfalls ein Geheimnis mit sich trägt. Das Geheimnis eines Biestes, dessen Fluch Davyan nur brechen kann, wenn er sich rechtzeitig darauf besinnt, wem sein Herz gehört.

    Die Autorin

    C. M. Spoerri wurde 1983 geboren und lebt in der Schweiz. Sie studierte Psychologie und promovierte im Frühling 2013 in Klinischer Psychologie und Psychotherapie. Seit Ende 2014 hat sie sich jedoch voll und ganz dem Schreiben gewidmet. Ihre Fantasy-Jugendromane (›Alia-Saga‹, ›Greifen-Saga‹) wurden bereits tausendfach verkauft, zudem schreibt sie erfolgreich Liebesromane. Im Herbst 2015 gründete sie mit ihrem Mann den Sternensand Verlag.

    www.sternensand-verlag.ch

    info@sternensand-verlag.ch

    1. Auflage, November 2023

    © Sternensand Verlag GmbH, Zürich 2023

    Umschlaggestaltung: Alexander Kopainski

    Lektorat / Korrektorat: Sternensand Verlag GmbH | Wolma Krefting

    Korrektorat: Sternensand Verlag GmbH

    Satz: Sternensand Verlag GmbH

    ISBN (Taschenbuch): 978-3-03896-288-5

    ISBN (epub): 9978-3-03896-289-2

    Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

    Märchen schreibt die Zeit,

    immer wieder wahr …

    - Disney -

    Altra

    Prolog

    Sombren

    Tag 28, Monat 6, 1 EP 10'963 – 187 Jahre zuvor …

    »Das kannst du nicht tun!«, hörte ich die verzweifelte Stimme meiner kleinen Schwester Jala.

    Sie drang laut aus ihren Gemächern in den Gang und ich drückte den Hinterkopf gegen die Wand, an der ich lehnte.

    Mutter hatte es ihr also gesagt. Und wie ich sie kannte, so unverblümt und direkt, dass es Jalas Herz in tausend Teile brach.

    Seufzend stieß ich mich von der Mauer ab, die wie ein Wasserfall anmutete – eine reine Illusion. Wie so vieles hier im Magierzirkel. Die Liebe unserer Mutter bildete da leider keine Ausnahme.

    Gerade als ich beschloss, Jalas Zimmer zu betreten, öffnete sich die Tür und ich sah mich eben jener Frau gegenüber, die trotz der Tatsache, dass sie mich geboren hatte, wie eine Fremde auf mich wirkte. Wir hatten nie viel gemein gehabt, doch heute erschienen mir die Unterschiede so frappant wie selten.

    Ihre blauen Augen sahen in meine und sie strich sich die rote Mähne zurück, die sie wie auch die einnehmenden Gesichtszüge Jala vererbt hatte.

    Ja, ich besaß sogar so viel Distanz zu meiner Mutter, dass ich sie als neutral wahrnehmen konnte. Als schöne Frau zwar. Aber leider auch ziemlich verbittert.

    »Sie weiß es also?«, fragte ich sie und verschränkte die Arme vor der Brust.

    Sie warf einen Blick zurück, dann nickte sie. »Sie wird dich jetzt brauchen, Sombren.«

    »Was sie braucht, ist ihre Mutter«, entgegnete ich scharf. »Nicht ihren Bruder.«

    »Es tut mir leid.« In ihren Augen lag ganz und gar kein Bedauern. »Ich habe über sechzig Lebensjahre für Venero, Jala und dich im Zirkel geopfert. Das ist mehr, als eine nichtmagische Menschenfrau mit ihrer Familie verbringen würde. Es ist an der Zeit, dass ich endlich mal wieder an mich denke.«

    »Egoistischer könnte es keine Rabenmutter ausdrücken«, knurrte ich angefressen. »Warum gerade jetzt? Jala ist erst vor paar Tagen als Magierlehrling in den Zirkel aufgenommen worden – in deinen Wasserzirkel! Sie braucht dich als Stütze.«

    »Jala kommt sehr gut alleine zurecht, das tun die anderen dreizehnjährigen Lehrlinge auch, die zusammen mit ihr aufgenommen wurden«, erwiderte Mutter, und ihre Miene wirkte ebenso kühl wie ihre Stimme.

    »Eben sagtest du noch, dass sie mich braucht«, erinnerte ich sie und schnaubte leise. »Du widersprichst dir selbst!«

    »Mag sein.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich werde nun alles Nötige für die Reise packen. Mach’s gut, Sombren. Wenn du das Bedürfnis haben solltest, mich wiederzusehen, weißt du, wo du mich findest.«

    »In deinem verfluchten Talmerengebirge, das du mehr liebst als deine Familie!«, spie ich ihr entgegen.

    »Das stimmt nicht, und das wüsstest du, wenn du dich nicht nur in deinen Büchern verkriechen würdest«, sagte sie verärgert.

    »Tja, scheint, als hätten wir eindeutig unterschiedliche Interessen.« Ich sah sie mit schmalen Augen an. »Dann mach’s gut, ich gehe mal deine Tochter trösten.«

    Damit schritt ich an ihr vorbei und betrat Jalas Gemächer, ohne mich noch einmal zu Mutter umzudrehen.

    Sollten die Trolle sie doch holen! Ich würde ihr keine einzige Träne nachweinen.

    Im Zimmer meiner Schwester erwartete mich – wie befürchtet – ein Häufchen Elend, das zusammengekauert auf dem Sofa saß, die Beine an den schlaksigen Körper gezogen, den Kopf auf den Knien, um welche sie die dünnen Arme geschlungen hatte.

    »Jala«, murmelte ich und spürte, wie mein Herz bei ihrem Anblick zerriss.

    Scheiße, verdammt.

    Warum hatte Mutter nicht noch ein paar Jahre länger hier ausharren können? Sie wusste doch, wie emotional Jala war. Wie unausgeglichen.

    Zaghaft setzte ich mich neben meine Schwester, die so viel jünger war als ich. Wären wir normale, nichtmagische Menschen, könnte ich ihr Großvater sein. Wahrscheinlich regten sich deswegen auch jetzt wieder diese Beschützerinstinkte in mir, die mich innerlich fast zerfraßen.

    Ich hob behutsam die Hand und strich ihr über den Rücken. Bei der Berührung zuckte sie kaum merklich zusammen und schniefte laut auf.

    »Ist es meinetwegen?«, fragte sie verzweifelt. »Verlässt uns Mutter, weil sie es nicht aushält, dass ich im selben Elementzirkel bin wie sie?«

    »Nein«, erwiderte ich energisch. »Es ist ihretwegen

    Ich hätte noch gern ein paar Beschimpfungen hinzugefügt, ließ es aber bleiben. Jala war schon untröstlich genug – wenn ihr Bruder sich nun lauthals über ihre egoistische Mutter aufregte, würde das nichts an der Situation verbessern.

    »Komm her«, murmelte ich und legte nun beide Arme um ihren Körper.

    Sie zögerte keine Sekunde, sondern ließ sich an meine Brust ziehen, verbarg ihr Gesicht in dem Hemd, das ich trug.

    Eine Weile hielt ich sie so fest ich konnte, dann löste sie sich von mir und sah mich aus geröteten Augen an.

    »Versprichst du mir etwas?«, flüsterte sie.

    »Kommt drauf an, was.«

    »Bleibst du bei mir? Immer?«

    Ich schmunzelte. »Du meinst, hier, im Magierzirkel von Fayl?«

    Jala nickte stumm.

    »Solange der Zirkel regelmäßig die Bibliothek aktualisiert, habe ich keinen Grund, diesen Ort zu verlassen«, erklärte ich und mein Lächeln wurde etwas breiter.

    Auch in ihrer Miene konnte ich Belustigung erkennen. »Dann hoffe ich, dass den Schriftstellern nie die Geschichten ausgehen.«

    Kapitel 1 - Böses Erwachen

    Sombren

    Tag 21, Monat 6, 1 EP 11 150 – Gegenwart

    Ich räkle mich in den weichen Laken, und der Kampf aus dem Schlaf gelingt mir nur langsam.

    Das ist nicht mein Bett, in dem ich liege.

    Das ist der erste Gedanke, der mich überkommt. Gähnend wälze ich mich auf den Rücken und erkenne durch die geschlossenen Lider die Sonne, die warm auf mich herunterscheint. Vögel zwitschern fröhlich ihre Lieder, Wasser plätschert in der Nähe, Insekten summen emsig herum und ein leichter Wind weht über mein Gesicht.

    Es ist so friedlich, dass ich tief ein- und ausatme.

    Sommer. Es riecht nach saftigem, warmem Sommer.

    Nach und nach beginne ich mich zu erinnern, wo ich bin und wieso.

    Ich liege in einem Himmelbett, unter einem Pavillon, direkt an einem kleinen See in den Weinbergen und denke an das, was in den vergangenen Tagen alles geschehen ist.

    Der Maskenball im magischen Zirkel … die mysteriöse Prinzessin, die sich als Prinz entpuppte. Mein Aschenprinz, den ich hier am Teich wiederfand.

    Davyan.

    Die Nacht mit ihm hallt in meinem ganzen Leib nach.

    Er ist so viel mehr für mich geworden als der schüchterne Mann, dem ich in der Bibliothek des Zirkels begegnet bin. Und er ist wunderschön, sein schwarz gelocktes Haar, die ungleichen Augen, eines wie die Sonne, das andere wie die Nacht. Seine fein geschwungenen Lippen, die kleine Nase … ich mag alles an ihm, auch seinen schlanken Körper, die definierten Muskeln.

    Die Art, wie er mich ansieht, geht mir durch Mark und Bein. Diese Bewunderung, dieses Vertrauen und die Ehrfurcht, die in seinem Blick liegen … es sind dieselben Gefühle, die auch ich ihm gegenüber empfinde.

    Aber es ist nicht nur das. Sein ganzes Wesen zieht mich in seinen Bann. Er ist still, in sich gekehrt, unsicher – und besitzt ein Herz aus Gold.

    Ja, womöglich bin ich wirklich gerade dabei, mich nach vielen Jahrzehnten zum ersten Mal wieder zu verlieben. In einen Mann, der eine Tiefgründigkeit und Stärke an den Tag legt, die mir den Atem rauben. Und dessen Zerbrechlichkeit mich dazu bringt, alles von ihm fernhalten zu wollen, das ihm jemals auch nur annähernd wieder wehtun könnte.

    Davyan hat in seinem Leben bereits so viel durchgemacht. So viele sinnlose Bestrafungen erfahren. So viele Schläge erdulden müssen.

    Dass er zusammenzuckt, sobald man die Hand hebt, lässt mein Herz schwer werden.

    Er hat verdammt noch mal so viel Besseres verdient …

    Ich wollte das nicht – diese Nacht mit ihm hier am Teich verbringen. Wollte ihm Zeit geben.

    Doch als er mich so traurig ansah … ich musste ihm einfach zeigen, wie wertvoll er ist und wie schön Gemeinsamkeit sein kann. Wie gut es sich anfühlt, wenn man sich jemandem bedingungslos anvertraut, sich ihm öffnet und hingibt.

    Wie sehr ich es genossen habe, ihn zu verwöhnen.

    Sein Stöhnen … sein Seufzen … noch immer überzieht mich eine Gänsehaut, wenn ich an seine erregten Laute denke.

    Es hat in der Tat enorme Kraft gekostet, mich zurückzuhalten. Dennoch ist mir klar, dass ich ihn komplett überfordert hätte, wenn ich meiner Leidenschaft freien Lauf gelassen oder Dinge von ihm verlangt hätte, für die er noch nicht bereit war.

    Verdammt, wie sehr ich ihn will …

    Diese Begierde sollte mich beängstigen, wenn es sich nicht so richtig anfühlen würde.

    Warum bloß schweigt bei ihm die Bestie in mir? Warum will sie ihn nicht ebenso zerfleischen wie jeden anderen? Warum überlässt sie mir bei ihm komplett die Kontrolle und hält sich zurück?

    Ich habe keine Ahnung … und genieße es einfach. Es ist das erste Mal seit einer Ewigkeit, dass ich wieder Lust empfinden kann, ohne direkt die Angst im Nacken zu spüren.

    Auch jetzt ist da dieses Ziehen in meiner Lendengegend, das die ganze Nacht nicht abebben wollte, da ich mich nicht um mich, sondern einzig um Davyan gekümmert habe.

    Meine Männlichkeit ist hart und bettelt um Erlösung. Aber ich werde damit warten, bis der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Der richtige Zeitpunkt … mit Davyan. Nur mit ihm möchte ich diesen Höhepunkt erleben, nach dem ich mich gerade verzehre.

    Ich öffne blinzelnd die Lider und taste gleichzeitig mit der Hand neben mich.

    »Davyan?«, murmle ich verschlafen.

    Als er keine Antwort gibt, erinnere ich mich daran, dass er schon vor dem ersten Sonnenstrahl zum Gutshaus aufgebrochen ist.

    Scheiße! Das Weingut!

    Mit einem Ruck setze ich mich auf.

    Verdammt noch mal!

    Wenn er das Blutbad sieht, das die Bestie – ich! – dort angerichtet hat, wird er aus allen Wolken fallen!

    Kein Wunder, dass er noch nicht zurück ist, wahrscheinlich hilft er den Mägden, die ich verschont habe, die zerfetzten Leichen der Gutsleute und deren Knechte zu bestatten.

    So rasch ich kann, rapple ich mich auf und schlinge mangels Kleidung kurzerhand das Laken um die Hüfte.

    Als ich den Pavillon verlassen will, fällt mein Blick auf ein goldenes Schwert, das neben dem Bett am Boden liegt.

    Stirnrunzelnd hebe ich es auf.

    Davyan erwähnte, glaub ich, ein Schwert, ehe er aufbrach, oder?

    Mist, im Halbschlaf sollte man nicht mit mir sprechen – ich vergesse direkt alles wieder, das war schon immer so.

    Ich erkenne die Waffe in meiner Hand sofort. Es ist die Klinge, die Davyan sowohl als Prinzessin als auch als Prinz auf dem Zirkelball bei sich trug. Sie gehört ihm, ich muss sie ihm zurückgeben. Und dann werde ich ihm sagen, dass ich es nicht länger zulassen kann, ihn auf diesem Weingut zu wissen.

    Zwar sind diese grausame Stiefmutter und ihre verblödeten Söhne Geschichte, aber er soll endlich das Leben führen dürfen, das ihm zusteht. Ich werde ihn in den Zirkel holen. Gewiss, er ist gildenlos, doch das kann man korrigieren.

    Mein Atem stockt, als ich mich daran erinnere, was er mir gestern so beiläufig gezeigt hat.

    Er beherrscht Magie!

    Wie konnte er bloß all die Jahre unerkannt hier leben? Warum schickte ihn niemand in den Zirkel, damit er seine Kräfte beherrschen lernt? Es hätte sonst was geschehen können! Mit Magie ist nicht zu spaßen – er hätte sich selbst oder jemand anderen verletzen können.

    Himmel noch mal, die Tragweite seines Schicksals wird mir erst nach und nach bewusst.

    Höchste Zeit, dass sich das ändert!

    Auch wenn es ihm widerstrebt, er wird an der Aufnahmezeremonie in drei Tagen zur Sommersonnenwende teilnehmen. Und womöglich sogar als Magierlehrling im Zirkel aufgenommen werden. Dann könnte ich ihn unter meine Fittiche nehmen und ihm alles beibringen, was er wissen muss.

    Mit diesem Plan verlasse ich den Pavillon.

    Mein Hengst Sternenschweif grast immer noch friedlich in der Nähe und ich gehe schnellen Schrittes zu ihm. Doch ich bin gerade bei ihm angekommen, da stellt er sich wiehernd auf die Hinterbeine, und ich kann das Weiße in seinen Augen erkennen, während er etwas hinter mir panisch fixiert.

    Reflexartig bilde ich einen magischen Schutzschild und wirble herum, um einen etwaigen Angreifer abzuwehren. Es ist allerdings bloß der Pavillon, der sich soeben in Goldnebel auflöst. Kurz darauf ist alles am Teich wieder so, als hätte es das Himmelbett nie gegeben.

    Rasch blicke ich an mir herunter und atme auf. Das Laken trage ich noch – womöglich hilft das Schwert dabei, die Illusion aufrechtzuerhalten.

    Gut so, sonst müsste ich nackt reiten, da ich bei der Verwandlung in die Bestie meine Kleidung kurzerhand zerrissen habe. Nur noch das schwarze Amulett trage ich um meinen Hals. Ein Amulett, das Fluch und Segen gleichermaßen bedeutet.

    Keine Ahnung, wie Davyan darauf reagieren wird, wenn ich ihm erzähle, was es damit auf sich hat. Falls ich überhaupt den Mut finde, ihm dieses dunkle Geheimnis jemals anzuvertrauen. Aber daran will ich jetzt gerade nicht denken.

    »Alles in Ordnung«, murmle ich Sternenschweif beruhigend zu und ergreife seine Zügel.

    Das Halfter trägt er noch, Sattel und Satteltaschen liegen hingegen am Ufer des Teiches. Ich habe sie ihm gestern Abend abgenommen, als ich den Proviant für Davyan und mich holte. Wenngleich ich selbst nicht viel aß, da die Bestie ein wahres Festmahl hinter sich hatte. Das durfte ich Davyan natürlich nicht zeigen, aber ich überließ ihm den Großteil des Essens und widmete mich vor allem dem mitgebrachten Wein.

    Kurz durchsuche ich die Satteltaschen, finde jedoch nichts Essbares mehr darin.

    Dabei war ich mir sicher, dass da noch ein Apfel hätte sein müssen. Womöglich hat Davyan ihn gegessen, ehe er aufbrach?

    Kein Problem, ich bin ohnehin noch satt, und für die Rückreise zum Zirkel werde ich auf dem Weingut hoffentlich neuen Proviant auftreiben können.

    Nachdem ich Sternenschweif gesattelt habe, schwinge ich mich auf seinen Rücken und reite los.

    Der Weg zum Weingut ist zu Pferd glücklicherweise schnell hinter mich gebracht, auch da ich meinen Hengst zur Eile antreibe. Einerseits, weil ich nicht länger als nötig von Davyan getrennt sein will, andererseits, weil da auch das Unbehagen ist, ihn auf diesem Schlachtfeld der Bestie allein zu wissen.

    Als ich durch den Torbogen reite, bin ich allerdings erstaunt darüber, dass nichts auf das Massaker von gestern hindeutet.

    Waren Davyan und die Mägde so schnell mit dem Aufräumen?

    Alles ist still, fast so, als sei niemand mehr hier. Doch das kann nicht sein – zumindest Davyan sollte sich irgendwo aufhalten.

    Womöglich ist er bei seinem Vater?

    Ziehvater

    Der Wassermagier Niclas erzählte mir, dass sie nicht vom selben Blut sind.

    Ich hoffe, die Nymphe namens Silia konnte sich wirklich um den bettlägerigen Mann kümmern und ihn von seinem gebrochenen Herzen heilen, das ihn ereilte, als die beiden durch Davyans Stiefmutter Libella getrennt wurden.

    Nun ja, seine Gemahlin zu betrügen, ist definitiv nicht die feine Art, dennoch kann ich ihn auf eine gewisse Weise sogar verstehen. Mit Libella zusammen zu sein, muss ihn einiges an Nerven gekostet haben. Nichtsdestotrotz hätte er sie verlassen können, statt sie zu hintergehen und sich heimlich mit der Nymphe am Teich zu treffen. Aber die Strafe, über zwanzig Jahre lang ans Bett gefesselt zu sein für dieses Vergehen, erscheint mir dann doch zu hart.

    Wenn Davyans Vater nun wieder auf den Beinen ist, wird er sich um sein Weingut kümmern können – und Davyan damit endgültig frei sein. Obgleich der Gutsherr wahrscheinlich einen kräftigen Knecht wie ihn gut gebrauchen könnte, so werde ich ihn in den Zirkel mitnehmen.

    Davyan und ich gehören zusammen – das hat er ebenfalls gespürt, das weiß ich. Daher wird er mitkommen, daran zweifle ich keine Sekunde.

    Die Tür, die ich in meiner Bestiengestalt problemlos aus den Angeln gerissen habe, wurde noch nicht wieder instand gesetzt, daher kann ich unbehelligt das Gebäude betreten.

    »Hallo?«, rufe ich mit lauter Stimme und umfasse das Schwert, das ich in der rechten Hand trage, fester. »Jemand da? Davyan? Silia?«

    Keine Antwort.

    Ich versteh das nicht … hier müsste überall Blut sein.

    Die Bestie hat gemordet, wo immer ihr jemand über den Weg lief. Dennoch ist nicht mal ein kleiner Spritzer zu erkennen.

    War das die Nymphe? Hat sie mit ihrer Zauberkraft die Spuren beseitigt? Anders kann ich mir nicht erklären, dass alles schon wieder sauber wirkt.

    Stirnrunzelnd versuche ich mich daran zu erinnern, wo das Zimmer von Davyans Ziehvater liegt. Im Rausch habe ich nicht sonderlich darauf geachtet, wohin mich mein Weg führte. Ich weiß nur noch, dass ich Treppen nach oben gerannt bin. Daher folge ich auch jetzt den Stufen bis in den zweiten Stock.

    Dort öffne ich das erstbeste Zimmer, aus dem mir allerdings ein starker Rosenduft entgegendringt.

    Nein, das war wohl Libellas Gemach, hier wird ihr untreuer Gemahl nicht zu finden sein.

    Nach und nach durchforsche ich die Räume, bis ich beim letzten ankomme.

    Noch während ich die Tür öffne, weiß ich, dass ich richtig liege. Ich erkenne das Zimmer wieder – das breite Bett, die hellen Vorhänge.

    Mein Blick gleitet durch den Raum und bleibt an der jungen Frau mit den goldfarbenen Haaren haften, die in einem weißen Kleid am Bettrand sitzt und die Hände des Mannes hält, der darin liegt.

    Ich muss nicht fragen, es ist offensichtlich: Der Mann lebt nicht mehr.

    Kapitel 2 - Wie geht es weiter?

    Sombren

    Als die Nymphe den Kopf hebt, glitzern in ihren silberfarbenen Augen Tränen, die ihr über die Wangen rinnen.

    Zaghaft gehe ich auf sie zu und bleibe neben ihr stehen, lege eine Hand auf ihre Schulter und drücke sie sanft.

    »Er … er wollte es so«, flüstert die Nymphe erstickt.

    Ich betrachte den knochigen Mann, dessen Gesicht voller Frieden ist. Beinahe mutet es an, als würde sich ein letztes Lächeln auf seinen eingefallenen Zügen zeigen.

    »Sitzt Ihr schon die ganze Nacht hier, Silia?«, frage ich leise und lehne das Schwert gegen die Wand.

    Die Nymphe nickt. »Ich kann ihn nicht alleine lassen. Als ich hier ankam, wollte ich ihn heilen, aber er …«, sie schluchzt, »er bat mich, ihn zu erlösen. Man sagt, wenn man jemanden liebt, muss man ihn gehen lassen, oder?« Sie sieht mich aus geröteten Augen an. »Das habe ich getan. Ich nahm ihm die Schmerzen und dann … das Leben.« Die letzten beiden Worte haucht sie, ehe sie herzzerreißend weint.

    Erschüttert sehe ich sie an, nicht sicher, was ich sagen oder tun soll. Beklommen setze ich mich neben sie auf die Matratze und kratze mich am Hinterkopf.

    Die Entscheidung, die Silia fällen musste, war definitiv nicht einfach. Auch wenn der Mann sich den Tod herbeisehnte, so bin ich mir nicht sicher, ob ich es an ihrer Stelle gekonnt hätte.

    »Habt Ihr das Blut …« Ich beiße mir auf die Unterlippe.

    Silia, die den Toten betrachtet hat, hebt den Kopf und ihr Blick begegnet meinem. »Ja«, flüstert sie mit erstickter Stimme. »Da war … ein wahres Blutbad. Eine Bestie hat hier gewütet, ihr Gestank hat das gesamte Weingut verpestet. So konnte ich Elzgar nicht gehen lassen. Er sollte das Weingut so in Erinnerung behalten, wie es war. Sauber und wunderschön.«

    Ich nicke stumm.

    Weiß sie, dass ich diese Bestie war? Falls ja, lässt sie sich nichts anmerken und ich bin froh darüber.

    »Die Toten?«, hake ich zögernd nach.

    »Auch wenn sie es nicht verdient haben, so habe ich sie mit meiner Magie bestattet«, antwortet sie und ihre Stimme wird fester. »Allerdings weit entfernt von hier.« Ihre Aufmerksamkeit gleitet wieder zum toten Gutsherrn.

    »Weiß Davyan, dass …«, beginne ich, vervollständige den Satz aber nicht.

    Silia schüttelt den Kopf. »Er war noch nicht hier.«

    Stirnrunzelnd sehe ich sie an. »Was heißt ›er war noch nicht hier‹? Er wollte herkommen. Schon vor Stunden.«

    Nun lässt die Nymphe die Hände des Toten los und ihr Blick verfängt sich in meinem. »Das verstehe ich nicht – habt Ihr denn nicht die Nacht …?«

    »Doch«, unterbreche ich sie und spüre, wie mein Herz schneller zu schlagen beginnt.

    Mein Kopf rattert, und ein ganz und gar ungutes Gefühl erobert meinen Körper.

    Scheiße, wo ist Davyan?

    »Wir waren zusammen, aber er ist früher erwacht und wollte hierher kommen«, erkläre ich. »Verflucht noch mal. Wo ist er?!«

    Meine Stimme ist lauter geworden, doch Silia hebt die Hand und schließt gleichzeitig die Augen. »Wartet«, flüstert sie. »Ich versuche ihn …« Eine Falte bildet sich zwischen ihren Brauen. »Hm … das ist eigenartig …«

    »Was?!« Ich bin vom Bettrand aufgesprungen und tigere unruhig hin und her, habe alle Mühe, mich zusammenzureißen.

    Wo ist Davyan, verdammt?! Warum ist er nicht hier?

    Eine böse Vorahnung will sich meiner bemächtigen und ich schaffe es nicht, sie zu verdrängen.

    Was, wenn ihm etwas zugestoßen ist? Was, wenn er in Gefahr schwebt?

    Davyan gehört nicht zu der Sorte Männer, die einfach abhauen, ohne eine Nachricht zu hinterlassen.

    Er sagte doch, er wolle zum Weingut, oder? Oder habe ich mir das eingebildet? Gut möglich, dass ich ihn im Halbschlaf falsch verstanden habe.

    Scheiße, verdammt!

    »Ich spüre ihn nicht«, unterbricht Silia mein Gedankenkreisen.

    »Was soll das heißen?!« Ich bleibe stehen und starre sie grimmig an.

    Sie erwidert meinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. »Normalerweise kann ich jemanden aufspüren, wenn er sich in meinem Wirkungskreis aufhält.«

    »Ich dachte, ihr seid durch den Kuss der wahren Liebe von diesem Ort befreit worden?«, knurre ich unwirsch.

    Silia erhebt sich nun ebenfalls vom Bett und tritt vor mich hin. »Ja, dennoch benötigen meine Kräfte eine Weile, bis ich sie über die Grenzen des Ortes, an den ich jahrhundertelang gebunden war, hinausschicken kann.«

    Ich streiche mir über die Stirn, bemüht darum, die Fassung zu wahren. »Und wie lang dauert diese verfluchte Weile?«, stoße ich angespannt hervor.

    »Ein paar Jahrzehnte? Vielleicht Jahrhunderte?« Sie zuckt entschuldigend mit den Schultern.

    Mir entfährt ein gereiztes Schnauben. »Verdammt noch …«

    »Schhhht, hört auf zu fluchen, bitte.« Sie hebt die Hände, ohne mich jedoch zu berühren.

    »Scheiße!«, belle ich und trete mangels einer Alternative mit dem Fuß gegen die Kommode neben dem Bett. »So eine verfluchte Kacke!«

    »Das hilft uns jetzt auch nicht weiter«, bemerkt sie hinter mir in ruhigem Tonfall.

    Ich ignoriere ihre Worte und wirble zu ihr herum. »Ihr seid doch ein magisches Wesen, oder?«, fahre ich sie an. »Dann tut irgendetwas! Ihr müsst Davyan finden!«

    »Und Ihr solltet Euch erst mal beruhigen«, erwidert sie ungerührt. »Ich habe gerade die Liebe meines Lebens verloren, aber Eure Liebe ist noch irgendwo da draußen. Jetzt reißt Euch zusammen und hört auf, in der Gegend herumzubrüllen!«

    Ich starre sie einen Moment sprachlos an, dann nicke ich und fahre mir mit der Hand über das Gesicht. »Ihr habt recht«, murmle ich. »Entschuldigt. Ich …« Ein dunkles Stöhnen entfährt mir. »Vielleicht klärt sich alles schneller, als ich denke. Womöglich ist Davyan nur … spazieren gegangen oder so.«

    Wie dämlich ich mich anhöre, wird mir gerade selbst bewusst und ich beiße mir auf die Zunge.

    Als ob Davyan nichts Besseres zu tun hätte, als spazieren zu gehen!

    Grübelnd schließe ich die Augen und atme ein paarmal tief durch, ehe ich die Lider wieder öffne und Silia ansehe. »Ihr seid eine Nymphe. Könnt Ihr … keine Ahnung …«, ich wedle unbestimmt mit der Hand in der Luft herum, »nicht irgendwie die Tiere, Bäume und Gräser befragen, wo Davyan ist? Jemand muss ihn doch gesehen haben, er kann nicht vom Erdboden verschluckt worden sein.«

    Silia legt den Kopf schief und ein trauriger Ausdruck erobert ihr schönes Antlitz. »Das könnte ich, das stimmt. Wenn ich noch an diesen Ort gebunden wäre.«

    »Scheiße!«, entfährt es mir ein weiteres Mal und ich massiere mir mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel. »So ein verfluchter, verdammter Drecksm…«

    »Bitte«, unterbricht sie mich. »Hört auf mit diesem Rumbrüllen und Fluchen.«

    »Entschuldigt.« Ich presse abermals die Lider zusammen und versuche mich zu sammeln.

    »Ich werde mich in der näheren Umgebung mal umsehen«, sagt sie einfühlsam. »Bleibt hier, vielleicht kommt Davyan von selbst her und alles klärt sich.«

    Ich nicke stumm, und als ich blinzle, erkenne ich gerade noch den goldfarbenen Nebel, in dem sie verschwindet. Nachdem dieser sich gelegt hat, stehe ich alleine im Zimmer – mit einem Toten.

    Fröstelnd ziehe ich das Laken enger um meinen Leib und beschließe, mir erst mal Sachen zum Anziehen zu suchen. Auch etwas zu trinken könnte ich vertragen – Appetit verspüre ich allerdings immer noch keinen. Vielmehr herrscht in meinem Magen ein Kloß, der sich krampfend zur Kehle hocharbeitet und den ich kaum runterschlucken kann.

    Gerade habe ich mich zur Tür gedreht, da erscheint dort eine Gestalt.

    Für den Bruchteil einer Sekunde ereilt mich die Hoffnung, dass es Davyan ist, doch dann erkenne ich die Magd mit dem braunroten Haar, die mich bei meinem ersten Aufenthalt hier so freundlich empfangen hat. Es ist dieselbe, die sich meiner Bestie furchtlos in den Weg stellte, und nun, in meiner Menschengestalt, erinnere ich mich auch wieder an ihren Namen.

    »Ana«, stoße ich verwundert aus.

    Sie starrt mich mindestens so verblüfft an wie ich sie, dann gleitet ihr Blick hinter mich und ihre Augen weiten sich. Ohne ein Wort der Begrüßung zu verlieren, stürzt sie an mir vorbei und ist mit wenigen Schritten neben dem Bett.

    »Götter!«, stößt sie hervor. »Ist er …«

    »Tot, ja.« Ich nicke fahrig.

    Tränen schießen unvermittelt in ihre Augen und sie sinkt auf den Bettrand, als hätte alle Kraft sie verlassen. Schluchzend ergreift sie, wie vorhin Silia, die Hände des Toten und streicht ihm dann liebevoll über die ausgemergelte Wange.

    Unschlüssig bleibe ich bei der Tür stehen und beobachte, wie sie stumm um ihren ehemaligen Herrn weint.

    Ein Teil von mir bedauert, dass ich Elzgar nie kennengelernt habe. So, wie Ana und Davyan sich um ihn gekümmert haben, muss er ein guter Mann gewesen sein.

    Nach einer Weile beruhigt sich die Magd und hebt den Blick, sieht mich an. »Wie ist er …«

    »Keine Ahnung, als ich hier ankam, war er bereits tot«, murmle ich, da es mir widerstrebt, ihr von Silia zu erzählen. Stattdessen stelle ich ihr eine Frage, die mir unter den Nägeln brennt: »Wisst Ihr, wo Davyan ist?«

    »Davyan?« Sie erhebt sich und streicht ihre Schürze glatt, die ziemlich verschmutzt ist, wie ich erst jetzt feststelle.

    Wahrscheinlich, weil sie mit den anderen Mägden vor mir fliehen musste.

    »Er …« Abermals bilden sich Tränen in ihren Augen.

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