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Das Buch vom Eppele: Eine Schelmen- und Räuberchronik aus Franken
Das Buch vom Eppele: Eine Schelmen- und Räuberchronik aus Franken
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eBook181 Seiten2 Stunden

Das Buch vom Eppele: Eine Schelmen- und Räuberchronik aus Franken

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Über dieses E-Book

Herr Arnold von Gailing, Reichslehenmann auf Feste Wald bei Gunzenhausen und Burgherr von Gailnau, Illesheim, Röllinghausen und Drameysl im fränkischen Land, durfte sich nur etlicher Wochen seines erstgeborenen Sohnes freuen. Seine fromme Frau Jutta nahm dieses Schicksal für eine Mahnung des Himmels und gelobte die nächste Frucht ihres Leibes der heiligen Kirche, welcher gottgefällige Verspruch nicht ohne die kräftige Nachhilfe des Burgkaplans Isidor geschah. Herr Arnold von Gailing hatte sich zuletzt brummend in das Gelöbnis gefügt, zumal auch der tapferste Ritter nicht bestehen kann, wenn Frau und Pfaffe gegen ihn verbündet sind. Insgeheim hoffte Herr Arnold, der nächste Sproß seiner Lenden möchte ein Maidlein werden, durch welchen Wunsch er gewiß keinen Betrug am Himmel beging, in dessen Macht es wohl steht, ob Knabe oder Mädchen.- Aus dem Buch Karl Bröger (1886-1944) war ein deutscher Arbeiterdichter.
SpracheDeutsch
HerausgeberSharp Ink
Erscheinungsdatum21. Feb. 2017
ISBN9788028256364
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    Buchvorschau

    Das Buch vom Eppele - Karl Bröger

    Eppeles Geburt und wie er sogleich den Pfaffen Isidor taufte

    Inhaltsverzeichnis

    Herr Arnold von Gailing, Reichslehenmann auf Feste Wald bei Gunzenhausen und Burgherr von Gailnau, Illesheim, Röllinghausen und Drameysl im fränkischen Land, durfte sich nur etlicher Wochen seines erstgeborenen Sohnes freuen. Seine fromme Frau Jutta nahm dieses Schicksal für eine Mahnung des Himmels und gelobte die nächste Frucht ihres Leibes der heiligen Kirche, welcher gottgefällige Verspruch nicht ohne die kräftige Nachhilfe des Burgkaplans Isidor geschah. Herr Arnold von Gailing hatte sich zuletzt brummend in das Gelöbnis gefügt, zumal auch der tapferste Ritter nicht bestehen kann, wenn Frau und Pfaffe gegen ihn verbündet sind. Insgeheim hoffte Herr Arnold, der nächste Sproß seiner Lenden möchte ein Maidlein werden, durch welchen Wunsch er gewiß keinen Betrug am Himmel beging, in dessen Macht es wohl steht, ob Knabe oder Mädchen.

    Als aber die Nachricht kam, Frau Jutta wäre glücklich wieder eines Sohnes entbunden, zupfte Herr Arnold von Gailing unwirsch den rabenschwarzen Bart und maß dröhnend die Burgstube von Schloß Illesheim auf ihre Länge und Breite. Hinter ihm ging wie ein verkrüppelter Schatten der Pater Isidor und erinnerte mit vielen gewundenen Worten an den Verspruch der edlen und frommen Dame Jutta. Dabei vergaß Pater Isidor jedoch auch der sehr weltlichen Vorteile dieses Seelenverkaufs nicht und stellte Herrn Arnold eindringlich vor, welches geruhige, aller Sorgen und Anfechtungen enthobene Leben sein eben geborener Sohn einmal führen würde. Ein Ritter und kleiner Lehensmann müßte sein Brot schon bald auf der Landstraße holen, einem Chorherrn von Würzburg aber trügen es die Leute gern und reichlich an den Tisch. Herr Arnold dürfte doch nur des eigenen Bruders Erkenbrecht gedenken, der doch als Chorherr im Würzburger Stift Sankt Burkhardt an Fülle des Geistes wie des Leibes wahrlich nur gewonnen hätte.

    Ritter Arnold, des Wortes wenig mächtig, doch von gesundem Verstande, nahm die Reden des Mönches ohne viel Gegensprache hin und wog bei sich nur ab, was darin etwa von weltlichem und geistlichem Nutzen sein könnte. Die Zeitläufte mußten jedem ehrsamen Ritter zuwider sein. Alle standen gegen alle, und nicht einmal das kaiserliche Haupt Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation war vor Gewalttat sicher. Hatte nicht vor drei Sommern erst der Habsburger Albrecht unter den Schwerthieben des eigenen Neffen Johann von Schwaben ausgeblutet? Nun war der Luxemburger Graf Heinrich zwar zu Aachen gekrönt. Doch in welcher welschen Stadt mochte er zurzeit Hof halten? Frecher, immer frecher wuchsen die Städte auf, pochten auf eigene, vom Reich verliehene Rechte und maßten sich freie Fahrt auf Fluß und Straße an, wo doch seit alters der Ritterbürtige schatzen durfte, was ihm gefiel. Ging nicht der Bauer in Wehr und Waffen, als wäre es nicht mehr seine gottgesetzte Pflicht, den Pflug zu führen und den Zehnten ordentlich am Gelttage zu entrichten? Und führte das alles nicht dahin, dem edelbürtigen Ritter die Notdurft zu schmälern, daß er bald selbst den Pflug in die Hand nehmen oder Krämerei wie die Nürnberger Pfeffersäcke treiben sollte?

    Einen mächtigen Zug aus dem Humpen voll Frankenwein mußte Herr Arnold von Gailing tun, um all dieses Widerwarts der Zeiten Herr zu werden. Dem Kaplan Isidor schien der Augenblick günstig, den Ritter festzupichen auf seiner Ehefrau Gelöbnis, doch empfing er auf alle Anzapfung nur die unerwartete Rede, er, Arnold von Gailing, der Vater, wolle das Kind erst einmal sehen.

    Es war kein sonderlich ansehnliches Stück Menschenfleisch, das da an Frau Juttas Seite im Wochenbett lag und quäkende Nasenlaute von sich gab. Herr Arnold betrachtete den Sprossen, nachdem er sein Weib innig geküßt hatte, aufmerksam und nachdenklich und spürte einen gelinden Stich unter seinem Herzen. Dieser Dreispannenlang würde kaum je ein Pferd tummeln und ein Schwert schwingen können. Mochte ihn also die Kirche behalten, der er schon vor Geburt zugesprochen war.

    Pater Isidor rief in seiner Freude alle Heiligen des Himmels an, daß sie die Rede des ehrenwerten Ritters von Gailing bezeugen möchten, und Frau Jutta reichte dem Beichtvater bewegten Herzens den Sohn, ihn doch vor der Taufe zu segnen. Damit schien jedoch der jüngste Gailinger ganz und gar nicht einverstanden, sondern hub ein Zetern an, wovon die Wände der Wochenstube bebten. Der Burgkaplan erklärte dieses Geschrei sogleich für ein günstiges Zeichen des Himmels, da eine starke Stimme doch zum allernötigsten Rüstzeug eines Gottesmannes gehöre, um die Schrift laut und vernehmlich zu lehren. Auch sonst entdeckte Pater Isidor an dem Säugling nicht wenige Merkmale des künftigen Priesters und verbreitete sich salbungsvoll über solche Merkmale.

    Der junge Gailinger achtete dieser frommen Reden gar nicht, sondern schrie, was aus dem Halse ging und zappelte wild in den fleischigen Mönchshänden. Und da geschah es denn: Als Pater Isidor eben die rechte Hand hob, den jüngsten Diener der Kirche zu segnen, rieselte es silbern hell aus dem natürlichen Brünnlein auf und ergoß sich warm über Hand und Knie des Pfaffen. Pater Isidor schwieg plötzlich, Herr Arnold von Gailing guckte erst und prustete dann dröhnend los, und Frau Jutta verbarg ihr Lächeln schämig hinter dem hohen Betthimmel.

    So hatte Eppelein von Gailingen den Pater Isidor getauft, ehe denn er selbst zum Taufwasser und zu einem Namen gekommen war.

    Eppeles richtige Taufe und was dabei ins Taufbecken fiel

    Inhaltsverzeichnis

    Zur Taufe des jungen Gailingers waren die Edlen und Ehrenfesten des halben Gaues geladen und auch erschienen. Denn es war die beste Zeit über Land zu reiten, drei Wochen vor einem späten Osterfest, wo der Schnee schon geschmolzen war und die Straße wieder festen Grund hatte. Der Märzwind schnob gelinde um die Hänge des Hohen Steigs und tändelte mit den ersten Weidenkätzchen im Grunde des Aischflusses.

    Eine stattliche Gesellschaft hatte sich am Morgen des Sonntags Okuli im großen Saale von Schloß Illesheim versammelt und wartete des Rufs in die Burgkapelle. Die Gesippen und Freunde vom Hause Gailing standen im Kreis um einen leiblich ansehnlichen Priester, aus dessen zufriedener Miene keine Rückspiegelung der verworrenen Zeit fiel. Der Hochwürdige Pater Ambrosius, Chorherr am Stifte Sankt Burkhardt zu Würzburg, hatte einmal Erkenbrecht von Gailing geheißen und war des Burgherrn und Taufvaters älterer Bruder. Frau Jutta, durch den Burgpfaffen Isidor angeeifert, ließ ihm bald nach der Geburt ihres zweiten Knaben Botschaft zugehen mit der Bitte, doch der Taufe selbst beizuwohnen. Herr Erkenbrecht, längst schon auf eine andere Lüftung seines Menschen begierig, als sie das stille Stift Sankt Burkhardt bot, hatte freudig zugesagt. Er wollte sogar selbst die heilige Handlung vornehmen, unterstützt von dem nächsten Anwärter auf dieses Amt, dem Burgkaplan Isidor. Frau Jutta war darüber selig, denn konnte des Himmels Gnade ausbleiben, wo sich gleich zwei geistliche Herren bemühten? In feierlichem Aufzuge schritt die Taufgesellschaft über den Burghof, vorauf Kindsvater und Kindsmutter beiderseits des Täuflings, der auf schweren Brokatkissen getragen wurde von der ihm bestimmten Amme Gertrud, einer wohlgebauten, lustig blinzelnden Weibsperson in den besten Jahren. Der Chorherr von Sankt Burkhardt und Pater Isidor eröffneten den Reigen der Gäste. In der Kapelle begann des Täuflings Vatersbruder die heilige Handlung mit einer sehr umfänglichen Taufpredigt, worin er die Bedeutung des Aktes allgemein und für den besonderen Fall des Tages erläuterte, den frommen Entschluß der Eltern hoch pries und dem Täufling einen gottseligen Wandel voraussagte, der ihn gewiß dereinst unter die Zierden der Christenheit einreihen müßte. So hoch steigerte sich der Würzburger Chorherr in seine erbauliche Betrachtung, daß es fast schien, als sollte er selbst und nicht das annoch namenlose Kind diesen Sonntag Okuli des Jahres 1311 der heiligen Taufe teilhaft werden. Bis er sich endlich doch auf den eigentlichen Zweck der Stunde besann, seine Rede schloß und dem Pater Isidor zuwinkte.

    Der Täufling hatte derweil noch keinen einzigen Laut von sich gelassen, einfach darum, weil er wie ein Dachs schlief und sich um keines Würzburger Domherrn Taufpredigt kümmerte. Da ihn nun aber der Burgkaplan aus den warmen Kissen nahm, der Windeln entledigte und nackt an das Taufbecken trug, wachte der junge Gailinger flugs auf und empfand die kühle Märzluft für eine gänzlich unbillige Störung seines Behagens. Aus welcher Empfindung er denn auch sofort ein mörderliches Gebrüll anschlug und der Taufgesellschaft einen Choral vorsang, dergleichen die stille Burgkapelle von Illesheim weder vorher noch nachher zu hören bekam. Chorherr und Burgkaplan schauten fast zornig auf den rüstigen Schreihals, der mit Händen und Beinen hampelte, im Gesicht abwechselnd blau und rot anlief und um ein Haar dem Pater Isidor aus den Händen geschnalzt wäre, als der Chorherr das geweihte Wasser über seinen schütteren Schopf ausgoß. Apollonius sollte der Knabe heißen, wie es sich ziemt für einen beginnenden Kleriker, dem der Bischofshut schon in die Wiege gelegt worden ist. Sei es nun, daß Frau Jutta vor der letzten Stillung des Söhnleins eine zu stark gewürzte Speise genossen hatte, sei es, daß einfach das heftige Hampeln und Strampeln des Täuflings die Ursache war: Es begab sich in diesem feierlichen Augenblick der Namensnennung das menschlichste Ereignis, und umsonst hielt Pater Isidor die Hand unter, dem Unheil zu steuern, was nach ewigem Ratschluß seinen Lauf nehmen muß, nahm auch bei dem jungen Eppele von Gailing den vorbestimmten Lauf und fiel mitten in das geweihte Wasser. Nach diesem von keiner Seite gewollten Zwischenfall ging die weitere Handlung sehr schnell vor sich. Der Würzburger Chorherr trat von dem entweihten Taufbecken zurück, strich das Doppelkinn nach vorne und maß den kleinen Apollonius mißtrauischen Blicks, ob nicht ein Teufels- oder Hexenmal die angeborene Bosheit bekunde. Dieser aber mummelte sich schon wieder wohlig in die warmen Kissen, grunzte etliche Male befreit und zufrieden und schlief aufs neue ein, bevor die Amme Gertrud ihn noch über den Burghof getragen hatte.

    Wie Eppele aufwuchs und zum ersten Male nach Nürnberg kam

    Inhaltsverzeichnis

    Burg Illesheim thronte nicht auf stolzer Höhe und war doch ein starker, wehrhafter Platz, als trotziges Wasserschloß der fränkischen Ebene hart an die Ufer der Aisch gebaut, von doppelten Wassergräben umzogen und doppelten Mauerreihen. Rund um Illesheim schwang ein Kreis langgestreckter Hügel, Ausläufer des Steigerwaldes und der Frankenhöhe. Gegen Süden und Westen mauerte der Hohe Steig den Himmel ab, und in Nord wie Ost rückten die Hänge bis dicht an die Burgmauern. Nur der Bergfried von Illesheim ragte über die nördlichen und östlichen Hügelkämme hinaus und musterte herausfordernd die zum Greifen nahen Türme und Mauern der Reichsstadt Windsheim. Frau Jutta liebte Burg Illesheim vor allen andern Schlössern des Gailingschen Besitztums und hatte ihren Eheherrn Arnold zu bewegen gewußt, vorzüglich auf Illesheim zu hausen. Diese Neigung der Mutter bestimmte mehr denn sonstige Umstände, daß Eppele in der Burg Illesheim heranwuchs, dort seine Windeln abstreifte und bald seiner Amme Gertrud entlief, wenn sie den kleinen Gailinger im Burghof haschen mußte. Denn obschon zarten Aussehens und scheinbar von schwacher Brust war Eppele hurtig trotz einem Wiesel und ein Waghals über seine Kräfte, dem kein Baum, keine Mauer, keine Zinne zu hoch schien, der sich durch das größte Loch im Kopf nicht abschrecken ließ und den die Knechte an einem Nachmittag dreimal aus dem Wasser des inneren Burggrabens fischen mußten, weil er hartnäckig immer wieder die gleiche gefährliche Stelle des Mauerkranzes erklettert hatte. So hurtig wie der Fuß lief ihm aber auch die Zunge, und Herr Arnold von Gailing, ein wortkarger Mann, bedachte manchmal still bei sich, woher seinem Söhnlein dieser muntere Witz nur geraten sein mochte. Kurz: Eppele gedieh bei seinem ungebundenen Leben an Leib und Seele, biß kräftig in seinen Haferbrei und sann von morgens bis abends, mit welchem tollen Streich er sich heute wieder die Jugend versüßen könnte. In den Pferdeställen kroch er umher, schlüpfte bei gutem Anlaß auch in den Zwinger der bissigen Rüden und balgte besonders gern mit dem größten und wildesten Burghunde, dem Saufänger Packan, der sich außer seinem Herrn nur noch das dreijährige Eppele ans zottige Fell kommen ließ.

    Ein Wesen allerdings gab es auf Schloß Illesheim, dem Eppele aus dem Weg lief, wo er nur konnte: dem Kuttenmann Isidor. Was hatte der Pater nicht schon angestellt, den jungen Gailinger, seinen künftigen Schüler, zu kirren! Mit dem Versuch, dem Büblein heilige Geschichten zu erzählen, hatte es begonnen. Eppele ließ den Burgpfaffen ruhig reden, um bei der ersten Gelegenheit von des Paters Schoß zu rutschen und wie ein Wirbelwind fortzurennen. Kein bittender und lockender Zuruf brachte ihn dann wieder zurück, und seit Pater Isidor es einmal unternommen hatte, den Ausreißer zu fangen, wobei er im Burghof stürzte und sich das Knie übel zerstieß, schüttete der abgelehnte Gottesmann in jedem neuen Falle der Mutter sein betrübtes Herz aus. Frau Jutta suchte dann Eppele umzulenken, stieß aber jedesmal auf einen unbändig und unfaßbar störrischen Trotz des Knaben.

    Gegen Ende der Woche zu Sonntag Invokavit 1315 war der Ritter von Gailing mit

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