Menon: Über die Tugend
Von Platon
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Platon
Platon wird 428 v. Chr. in Athen geboren. Als Sohn einer Aristokratenfamilie erhält er eine umfangreiche Ausbildung und wird im Alter von 20 Jahren Schüler des Sokrates. Nach dessen Tod beschließt Platon, sich der Politik vollständig fernzuhalten und begibt sich auf Reisen. Im Alter von ungefähr 40 Jahren gründet er zurück in Athen die berühmte Akademie. In den folgenden Jahren entstehen die bedeutenden Dialoge, wie auch die Konzeption des „Philosophenherrschers“ in Der Staat. Die Philosophie verdankt Platon ihren anhaltenden Ruhm als jene Form des Denkens und des methodischen Fragens, dem es in der Theorie um die Erkenntnis des Wahren und in der Praxis um die Bestimmung des Guten geht, d.h. um die Anleitung zum richtigen und ethisch begründeten Handeln. Ziel ist immer, auf dem Weg der rationalen Argumentation zu gesichertem Wissen zu gelangen, das unabhängig von Vorkenntnissen jedem zugänglich wird, der sich auf die Methode des sokratischen Fragens einläßt.Nach weiteren Reisen und dem fehlgeschlagenen Versuch, seine staatstheoretischen Überlegungen zusammen mit dem Tyrannen von Syrakus zu verwirklichen, kehrt Platon entgültig nach Athen zurück, wo er im Alter von 80 Jahren stirbt.
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Buchvorschau
Menon - Platon
Platon
Menon
Über die Tugend
Sharp Ink Publishing
2022
Contact: info@sharpinkbooks.com
ISBN 978-80-282-5223-6
Inhaltsverzeichnis
Cover
Titelblatt
Text
Menon mit Gefolge · Sokrates · Ein Sklave des Menon · Zwischenhinein Anytos
Menon: Kannst du mir sagen, Sokrates, ist die Tugend lehrbar? Oder ist sie nicht lehrbar, sondern eine Sache der Übung? Oder ist sie weder Sache der Übung noch des Lernens, sondern etwas, das den Menschen von Natur oder auf irgend eine Weise sonst zuteil wird?
Sokrates: O Menon, vordem waren die Thessalier berühmt unter den Hellenen und Gegenstand der Bewunderung nur wegen ihrer Reitkunst und ihres Reichtums; jetzt aber sind sie es auch, wie mir scheint, wegen ihrer Weisheit, und zwar unter ihnen nicht am wenigsten die Larissaier, die Mitbürger deines Freundes Aristippos. Zu danken aber haben wir das dem Gorgias. Denn als dieser nach Larissa kam, gewann er sich seiner Weisheit wegen die Liebe der Vornehmsten nicht nur unter den Aleuaden, zu denen auch dein Liebhaber Aristippos gehört, sondern unter den Thessaliern überhaupt. Auch habt ihr ja von ihm jene Sitte angenommen, furchtlos und mit edlem Freimut zu antworten, wenn jemand etwas fragt, so wie man es von Leuten erwarten kann, welche etwas wissen. Hat er ja doch selbst jedem Hellenen, der ihn was auch immer fragen wolle, sich dazu erboten und ist nie jemandem eine Antwort schuldig geblieben. Hier aber, mein lieber Menon, hat sich nun alles umgekehrt gemacht. Es ist sozusagen eine Weisheitsteuerung ausgebrochen, und fast sieht es aus, als ob die Weisheit aus hiesigen Landen zu euch entwichen sei. Wenigstens wenn du bei uns jemandem jene Frage vorlegen würdest, würde jedermann in Lachen ausbrechen und sagen: »O Fremdling, wie es scheint, hältst du mich für der Glücklichen einen, welche etwas wissen, wenigstens von der Tugend, ob sie lehrbar sei, oder auf welche Weise man ihrer sonst teilhaftig werde. Ich aber, weit entfernt, daß ich wüßte, ob sie lehrbar oder nicht lehrbar ist, weiß ja nicht einmal so viel, was überhaupt Tugend ist.«
Und auch mir selbst, Menon, geht es nicht besser. Ich bin in dieser Hinsicht so arm wie meine Mitbürger und muß mich selbst darüber anklagen, daß ich so gar nichts von der Tugend weiß. Weiß ich aber von etwas nicht, was es ist, – wie könnte ich wissen, wie beschaffen es ist? Oder hältst du es wohl für möglich, daß einer, der den Menon von Person ganz und gar nicht kennt, doch wisse, ob er schön, ob er reich, ob er ein edler Mensch, oder auch, ob er das Gegenteil hiervon sei? Hältst du das für möglich?
Menon: Gewiß nicht! Aber du, Sokrates, weißt du in der Tat nicht einmal, was Tugend ist? Und dürfen wir dir das auch zu Hause bei uns nachsagen?
Sokrates: Ja, nicht nur das, mein Freund, sondern daß ich auch sonst meines Bedünkens noch nirgends mit einem zusammengetroffen bin, der es wußte.
Menon: Wieso? Bist du nicht mit dem Gorgias zusammengetroffen, als er hier war?
Sokrates: Doch.
Menon: Nun, und du glaubst nicht, daß er es gewußt habe?
Sokrates: Mein Gedächtnis ist nicht eben das beste, Menon, weshalb ich dir im Augenblick nicht sagen kann, was ich damals glaubte. Nun, vielleicht weiß er es auch, sowie du weißt, was er gesprochen hat. Erinnere mich also nur wieder daran, wie er sich ausgedrückt hat; oder wenn du lieber willst, so sag es selber! Denn du bist ja doch derselben Ansicht wie er.
Menon: Allerdings.
Sokrates: So wollen wir ihn denn jetzt beiseite lassen, da er ja doch nicht zugegen ist. – Du selbst aber, Menon, bei den Göttern, was sagst du, daß die Tugend sei? Sprich und mißgönne mir es nicht, damit ich der glücklichsten Lüge schuldig erfunden werde, wenn es sich herausstellt, daß ihr, du und Gorgias, es wißt, während ich versichert habe, noch niemals mit einem zusammengetroffen zu sein, der es weiß.
Menon: Aber das in ja. nicht schwer zu sagen, Sokrates. Fürs erste, wenn du die Tugend des Mannes meinst, so ist sie leicht zu bestimmen: Die Tugend des Mannes nämlich ist, daß er geschickt sei, die Angelegenheiten des Staates zu verwalten und mittelst ihrer Verwaltung seinen Freunden Gutes