Glauben ohne Werke?: Wie passt der Glaubensbegriff bei Jakobus mit der paulinischen Rechtfertigung zusammen?
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Über dieses E-Book
Jakobus stellt fest: Ihr seht, dass ein Mensch aus Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein (Jak 2,24).
Was gilt nun? Rechtfertigt Gott Menschen allein durch deren Glauben an Jesus Christus und dessen Erlösungstat (Monergismus) oder braucht es dazu auch das Mitwirken der Menschen durch gute Taten (Synergismus)? Korrigiert Jakobus den Apostel Paulus, weil er in dessen Gnadenlehre eine Gefahr für eine billige Christusnachfolge sieht? Wie müssen wir das Verhältnis von Glauben und Werke verstehen? Haben wir es bei Paulus und Jakobus mit einem Widerspruch zu tun oder drücken sie mit gleichen Begriffen unterschiedliche Konzepte aus?
Die vorliegende theologisch-exegetische Untersuchung gibt Antworten.
Felix E. Aeschlimann
Felix E. Aeschlimann studierte evangelische Theologie und ist seit 2002 Rektor des Seminars für biblische Theologie Beatenberg.
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Buchvorschau
Glauben ohne Werke? - Felix E. Aeschlimann
GLAUBEN OHNE WERKE?
Kurzbeschrieb
0. Einleitung
1. Verschiedene Ansätze zur Lösung des Problems
1.1 Jakobus polemisiert gegen Paulus
1.2 Jakobus polemisiert gegen falsch verstandenen Paulus
1.3 Paulus polemisiert gegen Jakobus
1.4 Paulus und Jakobus als völlig unabhängige Autoren
2. Verfasser und Abfassungszeit des Jakobusbriefes
3. Zentrale Begriffe bei Jakobus und Paulus
3.1 Gesetz
3.1.1 Das Gesetz bei Paulus
3.1.2 Das Gesetz bei Jakobus
3.2 Werke
3.2.1 Werke bei Paulus
3.2.2 Werke bei Jakobus
4. Das Verhältnis von Glauben und Werken hinsichtlich der Rechtfertigung
4.1 Römer 3,21-31: Rechtfertigung durch Glauben, ohne Gesetzeswerke
4.1.1 Die Rechtfertigung kommt aus Glauben aufgrund der Erlösungstat Christi (3,21-26)
4.1.2 Die Rechtfertigung aus Glauben stellt Juden wie Heiden unter ein neues Gesetz (3,27-31)
4.2 Jakobus 2,14-26: Glaube ohne Werke rechtfertigt nicht
4.2.1 Die Nutzlosigkeit des Glaubens ohne Werke (2,14-20)
4.2.2 Die Begründung aus der Schrift (2,20-24)
5. Synthese
5.1 Unterschiedliche Frontstellung
5.2 Unterschiedlicher Ausgangspunkt
5.3 Unterschiedliche Terminologie
5.3.1 Gesetz des Alten Bundes - Gesetz des Neuen Bundes
5.3.2 Gesetzeswerke - Glaubenswerke
5.3.3 Rettender Glaube - unwirksamer Glaube
6. Schlusswort
Bibliographie
Impressum
Kurzbeschrieb
Felix E. Aeschlimann studierte evangelische Theologie und ist Rektor des Seminars für biblische Theologie Beatenberg
Copyright 1996 und 2022 beim Autor / Seminar für biblische Theologie Beatenberg
Verlag Seminar für biblische Theologie, 3803 Beatenberg/Schweiz
Kurzbeschrieb des Inhalts
Paulus schreibt: „Denn wir urteilen, dass ein Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, ohne Gesetzeswerke" (Röm 3,28).
Jakobus stellt fest: „Ihr seht, dass ein Mensch aus Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein" (Jak 2,24).
Was gilt nun? Rechtfertigt Gott Menschen allein durch deren Glauben an Jesus Christus und dessen Erlösungstat (Monergismus) oder braucht es dazu auch das Mitwirken der Menschen durch gute Taten (Synergismus)? Korrigiert Jakobus den Apostel Paulus, weil er in dessen Gnadenlehre eine Gefahr für eine billige Christusnachfolge sieht? Wie müssen wir das Verhältnis von Glauben und Werke verstehen? Haben wir es bei Paulus und Jakobus mit einem Widerspruch zu tun oder drücken sie mit gleichen Begriffen unterschiedliche Konzepte aus? Die vorliegende theologisch-exegetische Untersuchung gibt Antworten.
0. Einleitung
Denn wir urteilen, dass ein Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, ohne Gesetzeswerke
(Röm 3,28).
Ihr seht, dass ein Mensch aus Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein
(Jak 2,24).
Das sich scheinbar widersprechende Glaubens- und Recht-fertigungsverständnis des Paulus und Jakobus, wie es sich nach Meinung vieler Theologen besonders deutlich in den obenstehenden Sätzen ausdrückt, hat seit frühester Zeit für viel Diskussionsstoff gesorgt. Es war auch ein Grund, weshalb der Jakobusbrief wegen seiner angeblichen Diskrepanz zur paulinischen Rechtfertigungslehre relativ spät in den biblischen Kanon aufgenommen wurde. Bekannt ist auch Luthers abfälliges Urteil über den Brief: Darumb ist sanct Jacobs Epistel eyn rechte stroern Epistel gegen sie, denn sie doch keyn Euangelisch art an yhr hat.
¹ Jeckel wollen wir schier aus der Bibel stossen hier zu Wittenberg, denn er redet nichts von Christo.
² Für den ehemaligen Augustiner-Mönch Luther, der sich nach langem inneren Kampf von dem Joch römischer Werkgerechtigkeit befreit hatte, bot der Jakobusbrief besondere Probleme. Dieser Brief, der so stark die Werke betont, schien ihm überhaupt nicht in rechte evangelische Theologie zu passen. Luthers Äusserungen haben sich in der Folge nachhaltig auf das theologische Verständnis des Jakobusbriefes ausgewirkt. So gehen denn auch heute die Meinungen über den Wert des Briefes sowie sein Verhältnis zur paulinischen Rechtfertigungslehre weit auseinander.
Die Fragen jedoch, die sich die neutestamentliche Forschung bezüglich des Verhältnisses zwischen Jakobus und Paulus stellt, sind seit Luther weitgehend dieselben geblieben: Haben wir tatsächlich zwei sich widersprechende Theologien in unserem biblischen Kanon? Versucht Jakobus das Rechtfertigungsverständnis des Paulus zu verwerfen oder umgekehrt? Gehört der Jakobusbrief womöglich nicht in den biblischen Kanon? Sind solche Widersprüche ein Beweis gegen das Verständnis einer göttlichen Inspiration der Autoren des Neuen Testaments?
Als Christen, die der Bibel vertrauen, müssen wir uns diesen kritischen Fragen stellen und versuchen, eine Antwort darauf zu finden, denn mit der Diskussion über das Verhältnis zwischen Jakobus und Paulus steht letztlich auch die Überzeugung von der Einheit und inneren Übereinstimmung der Schrift auf dem Spiel. Nun müssen zwar ungelöste Widersprüche
noch lange nicht den Wahrheitsanspruch der Bibel hinfällig machen, jedoch ist ein solcher m. E. doch stark gefährdet, wenn sich, wie in unserem Fall, ein gesamter Brief nicht in den biblischen Kanon einordnen lässt, ja dieser sogar grossen Teilen neutestamentlicher Theologie (namentlich Paulus) widerspricht. Man kann deshalb die Frage über das Verhältnis zwischen Paulus und Jakobus nicht einfach als unlösbar liegen lassen, ohne damit den Wahrheitsanspruch der Schrift zu gefährden. Ich meine aber, dass sich Jakobus durchaus mit dem paulinischen Rechtfertigungsverständnis harmonisieren lässt, dass beide Autoren also in keiner Weise in einem Widerspruch zueinanderstehen, sondern vielmehr jeder seinen besonderen, unverzichtbaren Beitrag zur neutestamentlichen Theologie leistet. In der folgenden Arbeit werde ich daher versuchen, diese These theologisch-exegetisch zu begründen. Dabei soll die methodische Vorgehensweise wie folgt aussehen:
Die in dieser Untersuchung diskutierten Sachfragen sollen unbedingt in den Mittelpunkt gestellt werden. Schwerpunkt kann deshalb nicht die gesamte Forschungs- und Wirkungsgeschichte der behandelten Thematik sein, sondern die theologische und exegetische Auseinandersetzung mit Jakobus und Paulus. Ebenso wenig geht es in dieser Arbeit um eine erschöpfende Diskussion der fast unzähligen Ansätze zur Lösung des Problems. Trotzdem sollen aber die wichtigsten Ergebnisse der neutestamentlichen Wissenschaft in zusammengefasster Form an den Anfang der Arbeit gestellt werden und so deutlich machen, welche Wege die Forschung gegangen ist und welche Probleme mit den entsprechenden Lösungsversuchen verbunden sind. Ferner sollen die verschiedenen Ansätze auch in der theologischen und exegetischen Arbeit an den entsprechend relevanten Stellen mitdiskutiert werden. Die Beschäftigung mit den Forschungsergebnissen soll auch zeigen, welche Konsequenzen aus einer sogenannten Früh- bzw. Spätdatierung erwachsen und welche Denkvoraussetzungen damit verbunden sind. Im Anschluss soll dann der bevorzugte Ansatz dieser Arbeit dargelegt und begründet werden.
Von den Einleitungsfragen interessiert uns in dieser Arbeit nur die Verfasserschaft und Abfassungszeit, denn sie sind von recht grosser Bedeutung für das Verständnis bzw. die Argumentation über die Beziehung zwischen Paulus und Jakobus. Deshalb werde ich in einem gesonderten Kapitel auf die Möglichkeit eines Pseudepigraphs oder einer Verfasserschaft durch den Herrenbruder Jakobus bzw. einer Früh- oder Spätdatierung eingehen und dabei deren Konsequenz für unsere Diskussion aufzeigen. Methodisch gehe ich dabei so vor, dass ich die Möglichkeit herausfiltern werde, für die es die besten biblischen wie ausserbiblischen Argumente gibt.
Im Hauptteil der Arbeit werde ich mich zuerst mit den Begrifflichkeiten bei Jakobus und Paulus befassen. Dabei beschränke ich mich nicht auf den Glaubensbegriff allein, sondern werde auch das Verständnis von Werke
und Gesetz
untersuchen, da diese beiden Termini bei Jakobus und Paulus untrennbar mit zum Glaubens- und Rechtfertigungsverständnis gehören. Es geht also darum, diese zentralen Begriffe biblisch-theologisch zu erfassen, zu beschreiben und gegeneinander abzugrenzen.
Daraus muss erkennbar werden, mit welchem Inhalt Jakobus bzw. Paulus die behandelten Begriffe füllen, wo Gemeinsamkeiten vorliegen, aber auch wo sie deutliche Unterschiede aufweisen und gegeneinander abzugrenzen sind. Es soll dabei deutlich werden, wo Paulus und Jakobus ähnliche Begriffe verwenden, sie aber von einer ganz anderen Perspektive her betrachten, und wo wir in Gefahr stehen, sie misszuverstehen. Umfang dieser Untersuchung müssen daher der gesamte Jakobusbrief bzw. alle dreizehn paulinischen Briefe sein.
Sind die verschiedenen Begriffe theologisch erfasst und gegeneinander abgegrenzt, so wird in einem weiteren Hauptpunkt anhand von Röm 3,21-31 und Jak 2,14-26 die Argumentation von Paulus bzw. Jakobus über ihr jeweiliges Glaubens- und Rechtfertigungsverständnis aufgezeigt. Die beiden Perikopen bieten sich deshalb an, weil sie zum einen eine sehr konzentrierte Form des Rechtfertigungs- und Glaubensverständnisses bei Paulus und Jakobus bieten und zum anderen in der kritischen Forschung als sich gänzlich widersprechende Abschnitte angesehen werden. Es sind dementsprechend zwei Texte, die zur Lösung meiner Fragestellung unbedingt berücksichtigt werden müssen. Der Schwerpunkt soll dabei nicht so sehr auf einer Detailexegese liegen, sondern viel mehr auf der jeweiligen Argumentationsweise. Es geht bei der Exegese der entsprechenden Perikopen um die entscheidenden Punkte im Vergleich zwischen Paulus und Jakobus. Hier soll anhand ihrer konzentrierten Argumentation festgestellt werden, welche Rolle bei ihnen die voruntersuchten Faktoren Gesetz, Werke und Glaube im Heilprozess spielen. Es soll deutlich werden, was Paulus und Jakobus mit ihrer jeweiligen Beweisführung erreichen wollen, ob tatsächlich eine gegenseitige direkte oder indirekte Polemik vorliegt und ob sich die Abschnitte harmonisieren lassen.
In der Exegese über Röm 3,21-31 soll aber auch die Frage geklärt werden, inwiefern der Text von vielen Exegeten vielleicht doch mit einem lutherischen Vorverständnis betrachtet wird. Dazu sollen auch einige ganz neue Ansätze über das paulinische Rechtfertigungsverständnis zur Sprache kommen. Bei diesem Punkt ist mir wichtig, vor allem den Text selbst sprechen zu lassen und auf das zu hören, was Paulus seinen damaligen Lesern vermitteln wollte.
Auch bei der Exegese von Jak 2,14-26 soll es darum gehen, den Text nicht durch die Brille der paulinischen Rechtfertigungslehre zu betrachten, sondern auf sein eigentliches Anliegen zu achten. Die Auslegung soll die Frage klären, ob Jakobus tatsächlich in irgendeiner Weise gegen Paulus polemisiert oder ob eine völlig unabhängige Argumentation gegen eine von Paulus verschiedene Front vorliegt. Da die Analyse von Röm 3,21-31 der von Jak 2,14-26 vorausgeht, werde ich den Vergleich zu Paulus in die Exegese einfügen. Erst wenn die Analyse der beiden Abschnitte sauber und konsequent durchgeführt ist, d.h. die beiden Argumentationsweisen mit den entsprechenden Absichten verstanden sind, kann eine folgerichtige Synthese gezogen werden.
In der