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Aristipp in Hamburg und Altona: Ein Sitten-Gemälde neuester Zeit
Aristipp in Hamburg und Altona: Ein Sitten-Gemälde neuester Zeit
Aristipp in Hamburg und Altona: Ein Sitten-Gemälde neuester Zeit
eBook204 Seiten2 Stunden

Aristipp in Hamburg und Altona: Ein Sitten-Gemälde neuester Zeit

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Über dieses E-Book

DigiCat Verlag stellt Ihnen diese Sonderausgabe des Buches "Aristipp in Hamburg und Altona: Ein Sitten-Gemälde neuester Zeit" von Eugen von Hammerstein vor. Jedes geschriebene Wort wird von DigiCat als etwas ganz Besonderes angesehen, denn ein Buch ist ein wichtiges Medium, das Weisheit und Wissen an die Menschheit weitergibt. Alle Bücher von DigiCat kommen in der Neuauflage in neuen und modernen Formaten. Außerdem sind Bücher von DigiCat als Printversion und E-Book erhältlich. Der Verlag DigiCat hofft, dass Sie dieses Werk mit der Anerkennung und Leidenschaft behandeln werden, die es als Klassiker der Weltliteratur auch verdient hat.
SpracheDeutsch
HerausgeberDigiCat
Erscheinungsdatum14. Nov. 2022
ISBN8596547076483
Aristipp in Hamburg und Altona: Ein Sitten-Gemälde neuester Zeit

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    Buchvorschau

    Aristipp in Hamburg und Altona - Eugen von Hammerstein

    Eugen von Hammerstein

    Aristipp in Hamburg und Altona: Ein Sitten-Gemälde neuester Zeit

    EAN 8596547076483

    DigiCat, 2022

    Contact: DigiCat@okpublishing.info

    Inhaltsverzeichnis

    1. Erste lustige Fahrt.

    2. Zweite lustige Fahrt.

    3. Dritte lustige Fahrt.

    1.

    Erste lustige Fahrt.

    Inhaltsverzeichnis

    Aristipp und Hippias. Das Hôtel der Madame Grünbein in Ottensen. Altona. Die Königsstraße. Hammerich und Lesser. Fr. Clemens. Die kleine Catharinenstraße. Der Keller des Herrn Ahl. Gespräche zwischen Aristipp und Hippias über Journale, Zeitungen, Literatur und Literaten. Die Buchhandlung des Herrn Georg Blatt. Unterredung zwischen Hippias, Aristipp und Herrn Georg Blatt. Der Keller des Herrn Kerkhoven. Unterredung zwischen Aristipp und Herrn Moses Samson über die Israeliten. Der Baron und Gipsy. Altonaer Klatscherei. Der Baron, Aristipp und Hippias. Geschichte des Barons und des Herrn von Pichmeier. Die Erfrischungshalle. Die Schenkmamsellen. Fräulein Brettomani und Demoiselle Henriette. Gedichte des Barons, Hippias und Aristipps. Das Hôtel Petit und Herr Herrmann Bleicamb. Gespräche über Clemens Gercke. Das Holländische Caféehaus. Mynheer Ianssen. Mlle Jeanneton, Thereson und Linon. Der wunderbare Mann. Der Baron und der Holländische Doctor-Capitän. Die englischen Schiffscapitäne. Promenade. Lieschen. London-Tavern bei Heitmann. Geschichte des armen Lieschen und Hippias. Raisonnements.

    Eines Morgens befand ich mich in meinem Zimmer in Altona, als ich die Bothschaft erhielt, sogleich nach Ottensen zu Madame Grünbein zu kommen, weil mein Freund Hippias dort angelangt sei. Ich eilte hin und trat mit folgenden Worten, lachend, in seine Stube:

    „Aber sage mir, wie kommst du dazu in diesem Nonnenkloster abzusteigen?"

    „Aus dem einfachen Grunde, weil mir dieses Gasthaus durch eine Holsteinsche Klosterdame empfohlen worden. Uebrigens bereue ich es nicht hier abgestiegen zu sein, denn es schläft sich hier vortrefflich; Alles ist ruhig, der Garten hinter dem Hause schön und die Wirthinnen unterrichtet, zuvorkommend und hübsch. Genug hiervon. Und nun, Freund Aristipp, ist es deine Sache die wenigen Tage, welche ich in Altona bleiben werde, mich auf eine angenehme Weise hinbringen zu lassen. Ich bin gekommen um mich hier zu amüsiren."

    „Dich in Altona zu amüsiren? Nun, bei Gott, der Gedanke ist nicht übel! Glaubst du denn, daß irgend ein Menschenkind von Stande sich je in Altona amüsirt hätte? Unter uns Hippias, du bist zu vornehm um dich amüsiren zu dürfen, du hast hier Verwandte und Bekannte die es dir nie vergeben würden, wenn du dich hier amüsirtest. Dein Name wird schon in der Fremden-Liste stehen, und so kannst du gewiß sein, daß jeder deiner Schritte hier bemerkt, bekrittelt und beklatscht werden wird."

    „Gut. Wie beginnst du es denn aber um deine Zeit hier angenehm hinzubringen, da du in gleichen Verhältnissen mit mir stehst?"

    „Ich setze mich über alle Nachreden hinweg; frequentire nicht die gute Gesellschaft; mache keine Visiten; lebe auf meine eigene Hand und suche meinen Trost in meiner Freiheit, bei meinen Büchern und meine Erholung in Bachus und in der Freude Armen. Ich bin ein Mann des Volkes. Ich besuche alle öffentliche Oerter, die Hütte des Armen. Ich spreche mit Jedermann; genieße das Leben und studiere bei meinen Orgien und Bachanalien den menschlichen Verstand; das menschliche Herz; Lebensweisheit. Jeder Mensch ist für mich ein Blatt aus dem ungeheuren Lehrbuche der Schöpfung; daher mir interessant, wichtig. Deßhalb mische ich mich unter das Volk und beobachte die Handlungen, den Gemüthszustand, die Ansichten und die Stufe der Bildung des gemeinen Mannes. Es läßt sich nicht läugnen, daß ein kluger Minister viel Verstand und Kenntnisse besitzen muß; daß ein Justizrath, ein Regierungsrath, ein Advocat, ein Professor, ein Polizeiminister Kenntnisse, Einsichten und Verstand besitzen muß. Häufig trifft es sich aber, daß der gemeine Mann, oder das Volk in seiner einfachen Art Gegenstände aufzufassen, eine schärfere Urtheilskraft beweist als alle jene Gelehrte und Studierte. Aus diesem Grunde bin ich ein Mann des Volkes geworden. Nicht aber, weil ich ein Republikaner, oder ein junger Deutscher bin, wie man es glauben könnte. Das war ich nie und werde es nie! Die vornehme Sippschaft, obgleich ich zu ihr gehöre, hasse ich, weil sie nie und nimmer veraltete Vorurtheile ablegen wird, und nimmer dem Menschen oder dem gemeinen Manne oder dem Volke gleiche Rechte mit den privilegirten Ständen zugestehen wird." — —

    „Verzeihe es mir, Aristipp, wenn ich dich unterbreche. Deine Suade ist mir zu bekannt, als, daß ich nicht befürchten müßte, ließe ich dich zu reden fortfahren, wir würden den ganzen Tag hier in Ottensen versitzen. Das ist nicht meine Meinung. — Du kennst mich überhaupt gut genug um davon überzeugt zu sein, daß deine Gesellschaft mir lieber ist, als jede andere. Dich zu sehen; mit dir zu sein bin ich hieher gekommen. Wo du mich hinführest, da gehe ich hin. Du weißt, daß wir Jugendbekannte, Verwandte, Universitätsfreunde, Militärs und Schriftsteller waren und sind; was dem Einen gefällt, gefällt folglich dem Andern. Und nun entwirf den Plan unseres Taglaufes." —

    „Wenn du so willst, so ist er schon fertig. Ich werde dich überall hinführen wo guter Wein, gutes Essen zu haben ist, und dir manche hübsche Mädchen und Frauen zeigen. Wir werden Gelegenheit haben einige gleichgesinnte Bekannte zu treffen, und wollen uns bemühen jeder Sache oder jedem Gegenstande, die oder der uns auf unserer Fahrt aufstoßen sollte, die wahre Seite abzugewinnen. Hier in Ottensen wüßte ich dir nichts zu zeigen. Klopstocks Grab wollen wir betrachten, wenn wir zurück kommen und ernster gestimmt sind. Rainvilles Garten kennst du. Das Gebäude, die Anlagen und die Aussicht sind dort wunderschön; aber da ist kein Leben, kein Treiben! Wir wollen den Menschen studieren. Gehen wir."

    Nach diesen Worten ergriffen Hippias und ich Hut und Stock; traten aus dem Grünbeinschen Hôtel; schritten quer über den großen Platz die Allee nach Altona hinunter und befanden uns bald in der Königsstraße der friedlichen Stadt zweiten Ranges des Königreiches Dänemark, oder, um mich besser auszudrücken, in der ersten Stadt des Herzogthums Holstein. Ich erlaube mir dieses hervorzuheben, weil es ein anmaßender Gedanke des Dänen ist, Holstein als eine dänische Provinz zu betrachten, da Holstein mit Dänemark in keiner andern Beziehung und Gemeinschaft steht, als daß der Herzog von Holstein, König von Dänemark ist. Die Holsteiner als Dänen zu betrachten, würde ebenso falsch und lächerlich sein, als wenn man unter der Regierung Wilhelms des Vierten die Hannoveraner Engländer genannt, und Hannover als ein von England abhängiges Königreich hätte betrachten wollen. —

    Hippias und ich gingen bei der Buchhandlung von Karl Aue, der Buchdruckerei und Verlagshandlung von Hammerich und Lesser, der Leihbibliothek von Lesser vorüber.

    „Hier wohnt Karl Aue und Hammerich und Lesser, bemerkte ich. „Schriftsteller, wie wir, empfinden immer ein gewisses Hochachtungs-Gefühl, wenn wir vor einer großen Buchhandlung vorbeigehen. Es müßte ganz angenehm sein dort verlegt zu werden, nicht wahr? Die Hammerichsche Verlagshandlung hat einen bedeutenden Ruf in Europa. Hammerich ist ein thätiger Mann und weiß die Verlags-Artickel richtig zu beurtheilen. Auch der Freihafen erscheint dort.

    „Eine Empfehlung für beide. Der Name des Verlegers thut oft soviel, als der Name des Schriftstellers. Ein Werk, das bei Hammerich und Lesser, oder bei Hoffmann und Campe verlegt worden, bedarf keiner weitern Empfehlung."

    „Du machst den Herrn ein großes Compliment; jedoch pflichte ich dir bei. Die Lessersche Leihbibliothek ist außerdem im ganzen Lande berühmt, und hat den Vorzug, daß man in ihr fast täglich Fr. Clemens antrifft, welcher dort die neuesten Werke liest."

    „Wer ist das?"

    „Fr. Clemens! Clemens Gerke! da fragst du noch? Hast du denn nicht seinen „Spatziergang durch Hamburg; sein „Bei Nacht und Nebel; seinen „Jacob Stainer gelesen!? Du bist weit zurück. Ich rathe dir, auf alle Fälle, diese Bücher zu lesen. Du wirst in ihnen eine starke, männliche, wilde Phantasie finden, richtige Ansichten des Lebens und ein hochherziges Gemüth.

    „Ich werde deine Empfehlungen gewiß beachten, du scheinst sehr von diesem Manne eingenommen zu sein?"

    „Du wirst es auch sein, wenn du seine Schriften gelesen, noch mehr aber, wenn du ihn selbst persönlich kennst und seine Ansichten und Grundsätze von ihm selber aussprechen hörst. Sie sind zeitgemäß, richtig und edel. Ueberhaupt, lieber Freund, obgleich ich ein aimable roué bin; so hat sich doch bei mir nie das Gefühl, die Empfänglichkeit für das Große, das Schöne, das Heilige, die Tugend und das Achtbare verloren. Wie hoch muß ich daher einen Mann schätzen, der von dem Grundsatze ausgeht: jeder Schriftsteller muß sich als Lehrer des Volkes betrachten, und wie sein Wort, das er an das Volk richtet, rein und edel sein muß; so muß auch sein bürgerlicher Lebenswandel rein und makellos sein."

    „Dein Clemens hat Recht, Aristipp. Das köstlichste Getränk aus einem schmutzigen, unreinen Gefäße angeboten, widert an. Du erregst meine ganze Neugierde diesen Mann kennen zu lernen, weil es so selten ist, in dem genialen Schriftsteller auch den sittlichen, moralischen Menschen achten und lieben zu können! Wir werden den Clemens wohl in den geselligen Cirkeln antreffen können."

    „Clemens Gerke! Du hast gut sprechen! Er ist nicht hochgeboren; nicht reich; kein graduirter Doctor! Er ist nur ein simpler Musikant, der noch dazu in einem öffentlichen Locale in St. Pauli spielt! Wie könnten die anerkannten Soliditäten, aus denen die hiesige, höhere Gesellschaft besteht, einen Mann in ihren Kreisen sehen, dessen Amati zum Tanze der Mädchen und lustiger Matrosen spielt!!! Guter Freund! Auf die Schaale kommt es hier an, nicht auf den Kern! Der Mann, seine Talente, gelten nicht, nur sein Titel; seine Firma oder sein Reichthum!"

    „Was verstehst du unter dem Ausdrucke: anerkannte Soliditäten?"

    „Das sind erstens alle Leute, welche Geld genug haben um „insgeheim" ihre menschlichen Schwächen zu befriedigen; ihre Fehler und Lüste mit silbernem oder goldenen Mantel zu bedecken, und daher vor der Welt als moralische, sittliche Männer auftreten.

    Zweitens Alle jene Leute, welche den Schein beobachten; die durch fleißiges Kirchengehen, Armen- und Krankenhäuser Besuchen; dadurch, daß sie Gott, Christum, Tugend, Thätigkeit und Grundsätze stets im Munde führen, ihren Ruf als heilige und christliche Menschen begründet haben.

    Drittens die ganze Masse von ältlichen Frauenzimmern, heirathet oder nicht, die, weil sie nicht mehr sündigen können, weil Niemand sie zu verführen strebt, nichts anders thun, als ihre wohlfeile Ehrbarkeit und Tugend hervorzustreichen und über ihre Mitmenschen herzufallen. Zu dieser Classe gehören noch ausgemergelte Junggesellen, und diejenigen Ehemänner, welche in ihrer Jugend die leichtsinnigsten und ausschweifendsten waren, und es den jungen Männern nicht verzeihen, daß sie Fehler begehen, welche sie selbst begingen. Ein ander Mal mehr hiervon."

    „Wir sind grade vor einer Colonial-Waaren-Handlung, wo es gute Cigarren giebt. Laß uns hineingehen."

    Wir traten in das Haus des Kaufmanns, wo ein reinlich gekleidetes, rothbackiges Ladenmädchen uns ein Dutzend Cigarren und für einen Doppelschilling Schnupftaback verabreichte. Während ich bezahlte betrachtete Hippias ein Päckchen Taback, welches auf dem Ladentische lag und zeigte es mir. Das Päckchen war in ein Papier gehüllt, auf welchem vier rauchende Männer abgebildet waren, die um einen Tisch herum saßen und folgende sinnreiche Bemerkungen machten, die über ihren Köpfen zu lesen waren:

    Der Eine sagte mit zufriedener Miene: „De Taback — Der Andere: „is got von Schmack — Der Dritte fragt neugierig: „wo köpt ji de? — worauf der Vierte erwiederte: „bi Sauké.

    Wir kauften der Merkwürdigkeit wegen dieses Päckchen; verließen das Haus, nachdem wir einige Blicke auf die schöne Besitzerin desselben geworfen hatten, welche in einem Nebenzimmer, in dessen Thüre ein Glasfenster angebracht war, mit weiblicher Arbeit beschäftigt saß.

    „Eine wunderschöne Frau," bemerkte Hippias weggehend.

    „Was noch mehr zu bewundern ist antwortete ich, „ist, daß sie ebenso tugendhaft, als schön ist. Sie hat zwei Schwestern von denen man dasselbe sagen kann. Das schöne Geschlecht in Altona ist überhaupt solide.

    Als wir noch einige Minuten stehen blieben, fragte Hippias: „Wie heißt die Straße, welche hier von der Königsstraße abgeht?"

    „Die kleine Catharinenstraße. Eine für mich merkwürdige Straße. Alle jene Häuser, die du an der rechten Seite erblickest, gehören einem Herrn Bettac, der eine englische Grammatik herausgegeben hat. Ferner wohnt in dieser Straße ein ebenso edler, als genialer, gescheuter als unterrichteter, eben so glücklich gewesener, als jetzt unglücklicher Mann; der Tausenden geholfen und dem Niemand mehr hilft; für den ich die ganze Welt um Hülfe anflehen mögte, weil er mir selbst in meinem Unglücke geholfen!"

    „Und warum hilft man ihm denn nicht?"

    „Weil er nicht zu den anerkannten Soliditäten gehört."

    „Die Catharinenstraße ist mir auch noch dadurch angenehm, daß in dem vierten Hause von hier ein Lehrer der englischen und französischen Sprache wohnte, dessen Frau sehr liebenswürdig war. Ich hatte in diesem Hause Zutritt und habe da manchen genußreichen Abend in der Gesellschaft der feurigen Wally; der niedlichen Sophie und der koquetten Marie verbracht. Außerdem lernte ich in diesem Hause den Herrn von Hammerstein kennen, der damals durch die Herausgabe seiner Memoiren viel Aufsehen erregte und nachher Alles durch seine Liebeshändel und tollen Streiche wieder verdarb. Ich habe dir manches Interessante über ihn und jene Damen mitzutheilen, was zu seiner Zeit geschehen soll."

    „Du kennst also diesen Menschen genauer? Was denkst du über ihn?"

    „Es ist nicht leicht, lieber Hippias, über einen Menschen ein entschiedenes Urtheil zu fällen. Um Jemanden, dessen Leben, Thaten und Treiben richtig beurtheilen zu können, muß man die Vergangenheit, den gegenwärtigen Zustand desselben, seine Hoffnungen für die Zukunft genau kennen. Erziehung, Geburt, Temperament des Menschen sind außerdem wohl zu beachten. Ich denke von diesem Manne, wie von allen ungewöhnlichen Männern, das Beste und das Schlimmste. Der Herr von Hammerstein hat zwei große Fehler: Die Liebe zum Wein und zu dem schönen Geschlechte. Was ihm aber noch mehr schadet, das ist, daß er keine Mördergrube aus seinem Herzen macht, und nicht zu den anerkannten Soliditäten gehört."

    Wir gingen weiter.

    „Bemerkst du wohl jenes Haus, Hippias, sprach ich, „dessen Façade gänzlich mit Weinlaub umzogen ist?

    „Ja wohl."

    „Gut. In diesem wohnt ein braver Mann. Ein Mann, der fähig ist sein Leben tausendmal zur Rettung seines Mitmenschen in die Schanze zu schlagen; dessen Manieren und Sprache aber nicht die des bon ton sind. Ich mache dich auf diesen Mann aufmerksam, weil es mir immer wohlthut in unserm entarteten Zeitalter einem Kraftmenschen, einem Urmenschen zu begegnen, der, wie ein Granitblock unter den ihn umgebenen Sandhügeln, unerschütterlich feststeht."

    „Du bist ein vortrefflicher Cicerone, Aristipp. Du kennst beinahe die Bewohner eines jeden Hauses. Was mich aber am meisten freuet, ist, daß du die guten Seiten der Menschen hervorhebst. Eine seltene Tugend in unsern Zeiten."

    „Von mir wollen wir einandermal sprechen. Betrachte hier die Hutfabrik des Herrn Dubbers, dessen Filze ebenso dauernd, als er selbst betriebsam und wohlthätig ist. Es ist sonderbar, daß in einer Stadt, wie Altona, die die größten Privilegien hat, so wenig Fabriken anzutreffen sind! Die Regierung läßt es nicht an Aufmunterungen fehlen — aber wohl fehlt der Unternehmungs-Geist den Bewohnern. Und nun, mein lieber Hippias, nahen wir einem Orte oder einem Hause, wo ich nicht vorübergehen kann. Ich bringe dich jetzt in einen Keller. Fürchte dich nicht vor diesem Souterrain. Man ist dort gut aufgehoben. Sieh nur hin! Vor dem Keller siehst du schon den hübschen, blondgelockten Küper stehen. Bemerke nur wie die Blicke der vorübereilenden Mädchen auf dem schmucken Burschen verweilen. Wahrlich! nicht Alle holen dort den Wein um des Weines wegen. — Doch wir sind da!"

    Noch einige Schritte und wir befanden uns in dem

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