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Paralos II - Equilibrium: Die Chroniken der Götterkriege
Paralos II - Equilibrium: Die Chroniken der Götterkriege
Paralos II - Equilibrium: Die Chroniken der Götterkriege
eBook398 Seiten5 Stunden

Paralos II - Equilibrium: Die Chroniken der Götterkriege

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Über dieses E-Book

"...Das Machtverhältnis hat sich verschoben und die Welt steht vor dem Untergang. Die Gunst mächtiger Feldherren war seit jeher ein Ausweg aus dem Chaos, doch dies ist nicht mehr genug. Uns fehlt die Macht, gegen Magie zu bestehen und erfolgreich das Sterben des Landes zu bekämpfen, das sich unablässlich ausbreitet..."

Das Zeitalter der Kriege auf Paralos war vorüber, doch durch das Eingreifen des finsteren Gottes Sterros und seiner magiebegabten Feldherren tritt die Eigenart des Spielfeldes der Götter in Kraft. Die dunklen Feldherren verwehren der Welt Paralos das Blut der Schlachten, sodass kein Getreide auf den Feldern gedeiht.
Inmitten dieses Chaos erglimmt ein Funke der Hoffnung, als die weisen Magier Acyron und Celsinas auf eine der alten Prophezeiungen des Shuarim stoßen. Die Prophezeiungen des Gleichgewichts müssen erfüllt werden, sodass das Spiel der Götter und damit die Zukunft der Menschheit gerettet wird.

Der zweite Band der Paralos-Trilogie aus den Chroniken der Götterkriege
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum12. Dez. 2016
ISBN9783734558719
Paralos II - Equilibrium: Die Chroniken der Götterkriege

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    Buchvorschau

    Paralos II - Equilibrium - Sebastian Blunk

    Die Unendliche Tiefe II

    -

    Die Schatzkammer der Götter

    Der Parasit eines Gottes

    Finsternis hatte die ewige Tiefe erfüllt. Stille und Dunkelheit waren ihre Natur gewesen. Doch Raphálàtas hatte die ewige Tiefe mit Leben erfüllt. Sein erster Sohn, Turanga, schuf Welten, die in der Stille ihren Platz fanden. So entstanden Sonnen, die die Finsternis vertrieben und die Schönheit seiner Schöpfungen unterstrichen. Andere Götter erblickten das Licht der verschiedenen Welten. Viele erhoben sich aus ihrer Saat des Göttervaters und belebten die ewige Tiefe. Das Zeitalter der Dunkelheit und Stille war vorüber, eine neue Zeit war angebrochen.

    In diesem neuen Zeitalter führten die Götter Kriege untereinander, doch die Zeit, in der sie selbst kämpften, hatten sie bereits hinter sich gelassen. Feldherren kämpften an ihrer Stelle. Turanga hatte Welten erschaffen, die eigens für den Kampf der Feldherren ausgelegt waren. Große Krieger, die nur durch die Macht eines anderen Feldherren vernichtet werden konnten, befehligten die Menschen, die auf den Planeten lebten. Jene Wesen, die so vergänglich waren, wie es für die Götter kaum möglich schien.

    Latas, die Göttin der Freundlichkeit, hatte die Menschen erschaffen und erfreute sich an ihnen. Sie konnten die Wesenszüge eines jeden Gottes annehmen, sei es Zorn oder Freude. Die Macht der Menschen war gering, doch sie hatten einen starken Glauben an die Götter selbst. Dieser Glaube war es, der sogar die Kraft der Götter mehrte. Die Menschen vertrauten ihrer Schöpferin, beteten andere Götter an und folgten den Feldherren in die Schlacht. Viele starben in den großen Kriegen der Welten, doch Menschen waren schnelllebig. Sie vermehrten sich rasch und ein nahezu untergegangenes Volk konnte zwischen zwei Lichtblitzen neu entstehen und erblühen. Lichtblitze waren seit jeher das Maß in der unendlichen Tiefe: Das Ereignis, bei dem zwei rasende Partikel aufeinandertrafen und ihre Energie abgaben. Etwas, das dem Göttervater vor all der Zeit Macht eingehaucht hatte.

    Latas blickte oft über die Schulter der Menschen. Nicht nur großer Könige, sondern auch dem einfachen Volke. Es begab sich zu einer Zeit, dass die Göttin der Freundlichkeit auf dem Planeten Jost die Menschen beobachtete. Stets blieb sie verborgen unter dem Mantel der Unsichtbarkeit, denn ihre Präsenz ließ die Menschen erzittern. Sie spürte, wie ihre langen, blonden Haare ihren Rücken berührten. Ein Lächeln breitete sich auf dem Gesicht dieser einmaligen Schönheit aus und wie so oft wünschte sie sich, dass die Menschen sie erblicken konnten. Würde doch bloß ihre Ehrfurcht nicht so gewaltig sein, sodass sie einem jeden Mann und einer jeden Frau ihr Antlitz zeigen konnte. Seufzend betrachtete sie ihr rotes Kleid, das so fein verarbeitet war, wie es auf keiner Welt ein Mensch herzustellen vermag. So viel Schönheit könnte sie den Menschen zeigen, ihnen die Augen öffnen und sie auf eine neue Ebene heben, doch sie musste verborgen bleiben. Für das Wohl der Menschen.

    Auf Jost gab es keine Feldherren, denn es handelte sich um eine neu erschaffene Welt, auf der die Menschen dabei waren Fuß zu fassen. Die ersten Dörfer begannen sich fort zu entwickeln und es entstanden Burgen, die das Bild des Planeten änderten. Die Baumeister der weiter entwickelten Völker ließen sich für ihren Erfolg feiern, denn durch diese für diesen Planeten neuen Ideen konnten Könige und andere Führer ihr Herrschaftsgebiet erweitern. Vieles entwickelte sich auf den Planeten gleich. Die Menschen, die Latas erschaffen hatte, waren vom gleichen Ursprung und so änderte sich das Bild der Welten kaum. Lediglich durch die Eigenschaften, die Turanga dem Planeten aufzwang, gelang es eine einzigartige Bevölkerung zu schaffen. Latas kannte das Antlitz von Burgen zu genüge. Kantige Bauten aus dem Stein umliegender Berge, der nur grob behauen war. Die ersten Burgen kannten keine wahre Schönheit, denn sie waren nur für ihren Zweck gebaut worden. Sie wusste, dass sich die Bauweise der Burgen im Laufe der Jahre ändern würde. Die Baumeister der Menschen würden merken, dass ein Wehrgang auf einer Mauer ein unerlässlicher Vorteil für Verteidiger war oder dass die stärksten Mauern keinen Schutz boten, wenn nur eine einfache Holzpforte den Eingang darstellte. Kopfschüttelnd schwebte Latas über einer dieser einfachen Burgen und gluckste vergnügt. Es war so etwas Wunderbares, den Menschen beim Erschaffen einer neuen Zivilisation zuzuschauen. Was würde wohl die nächste Entwicklung sein, die dieser Welt einen ganz eigenen Hauch verleihen würde?

    Latas hatte Gefallen an dem Planeten Jost gefunden. Die junge Welt war ganz anders, als beispielsweise die kriegerische Welt Paralos, die nach Blut dürstete. Die Eigenschaft von Jost war bisher einzigartig. Dem Planeten wohnte eine Kraft inne. Sie wusste nicht, wie Turanga dies geschafft hatte, aber irgendwie waren einige wenige Menschen in der Lage, die Kraft des Planeten zu nutzen, um Dinge zu schaffen, die jenseits der Vorstellungskraft des einfachen Mannes waren. Es gab nicht viele von ihnen, doch jene, die das Talent in sich trugen, waren eine Besonderheit in jedem Volk. Das eine Volk machte diese Menschen zu großen Anführern, ein anderes verabscheute diese Menschen und ließ sie jagen und hinrichten und wieder ein anderes Volk machte diese Menschen zu Sklaven des Königs, die niedere Arbeit erledigen mussten. Ein Wort verbreitete sich über Jost. Magie nannten sie es. Die Kraft einen Menschen zu übertreffen, die Kraft eines Magiers. Wenn dieser Planet seine Feldherren erhält und mit dem Spiel der Götter geehrt wird, wird sich vieles ändern. Das Spiel der Götter wird auf eine neue Ebene gehoben werden, dachte Latas. Ob ein Feldherr durch die Kraft der Magie vernichtet werden kann?, fragte sie sich weiter in Gedanken. In der Manier eines Gottes tauchte sie schnell hintereinander an verschiedenen Orten auf und betrachtete das Schauspiel der Magier. Manche, die gerade erst entdeckten, dass sie diese Kraft besaßen, erschufen mit ihrer Macht kleine Lichtkugeln, sodass Fackeln nicht mehr benötigt wurden. Andere nutzten ihre Macht, um Verletzte zu heilen. Eine wahrlich erstaunliche Welt!

    Sie befand sich nun im Raum eines Herrschers. Er war das Oberhaupt eines kleinen Volkes, das die Technologie der Burgen noch nicht entdeckt und übernommen hatte. Die Magie war stark in Ruy und so hatte er sich selbst zum Anführer erhoben und seinem Land Sicherheit gebracht, als sie angegriffen worden waren. Latas mochte diesen jungen Mann, der schon so viel erreicht hatte. Aber das war nicht der einzige Grund, warum sie sich hier aufhielt. Ein Kribbeln tief in ihr gab ihr das Gefühl, dass etwas Großes passieren würde. Und dieser Mann würde im Mittelpunkt stehen.

    So vergingen einige Tage, als plötzlich ein Bote eines nahen Königreichs eintraf. Das Reich Fanore fühlte sich zu Größerem auserkoren und hatte sein Herrschaftsgebiet in kurzer Zeit stark erweitert. Der Herrscher von Fanore hasste Magie und beorderte alle Menschen, die die Fähigkeit hatten Magie zu wirken, sich ihm zu ergeben. Sein Berater war ein mächtiger Magier, der alle jungen Magier verfluchte, die sich dem Reich ergaben. Der Fluch trieb die jungen Magier unter die Kontrolle des Heeres, wo sie lernten, die Magie für den Krieg zu verwenden. Sie wurden gezwungen, jeden Befehl auszuführen und so geschah es, dass diese magischen Waffen nahegelegene Reiche in kurzer Zeit unterjochten und dem Reich Fanore angliederten.

    Der Bote aus Fanore zeigte nur einen knappen Respekt vor Ruy, dem Herrscher, und überbrachte die Nachricht, dass sich das Reich auflösen musste. Alle Ländereien würden an Fanore gehen und Ruy selbst sollte zu einer magischen Waffe werden. Der Bote gab Ruy nur wenige Tage Bedenkzeit, bevor das Heer einmarschieren würde, um sich das Land gewaltsam zu nehmen. Schon früher hatte Ryu Angriffe von Fanore auf das Land zurückgeschlagen, doch da waren die magischen noch nicht eingesetzt worden. Er konnte allein kaum gegen ein Heer bestehen. Latas konnte die Verzweiflung auf seinem Gesicht sehen. In seinem Kopf drehten sich die verschiedenen Möglichkeiten, doch er würde keine passable Antwort finden können. Was würde der Herrscher dieses kleinen Landes gegen das große Fanore unternehmen?

    Doch er unternahm nichts. Er saß auf seinem Thron und wartete die drei Tage ab. Seine Berater brachten ihm sein Essen, stellten es vor dem Thron ab und verließen eiligst den Raum wieder. Die Sonne versank am Horizont und tauchte am nächsten Tag wieder auf, doch der Herrscher saß noch immer reglos auf seinem Thron. Als der Bote am dritten Tage zurückkehrte, lehnte Ryu das Angebot von Fanore ab. Die Göttin der Freundlichkeit war verwundert, denn sie hatte damit gerechnet, dass das Wohl des Volkes über seinem eigenen stehen würde, doch er schien sich anders entschieden zu haben. Es bestünde keine Möglichkeit für den Herrscher, die großen Armeen von Fanore zu besiegen, also blieb nur die Niederlage in der Schlacht. Doch Latas blieb an seiner Seite, auch wenn das Ende nahe war. Sie hatte noch immer das Gefühl, dass sie dort verharren musste. Sie verspürte den Drang, den Mantel der Unsichtbarkeit abzulegen und sich dem Herrscher zu offenbaren, doch sie musste stark bleiben. Andernfalls würde sie lediglich den Verstand des Herrschers vernichten.

    Fünf Tage vergingen, bis er sich von seinem Thron erhob und nach Norden marschierte. Latas folgte ihm, noch immer verborgen unter ihrem Mantel der Unsichtbarkeit. Seine Füße trugen ihn bis zum letzten Haus im Norden und noch wenige Meilen weiter, bis er auf einer Wiese stehenblieb. Vor Ruy erstreckte sich das gewaltige Heer aus Fanore, das durchsetzt war von magischen Waffen, deren Präsenz Ruy spürte. Drei Reiter lösten sich aus der Streitmacht und kamen auf den Herrscher zu. Eine weiße Fahne baumelte am Sattel eines der Reiter. Offensichtlich hielten sie es kaum für nötig, die Fahne zu hissen, um über die Schlacht zu verhandeln. Zwei der Reiter trugen diese metallischen Ganzkörperharnische, die von den großen Reichen zur Zeit getragen wurden. Der dritte Reiter trug lediglich eine Lederrüstung und hielt einen Bogen fest umklammert. Er machte den Eindruck, als wollte er die Situation schnell beenden, doch das Zittern seiner Hand zeigte, dass er den Befehl hatte abzuwarten. Ein innerer Kampf für den unbekannten Schützen, den Ruy mit keinem Blick würdigte. Der Ritter auf dem weißen Schimmel brachte sein Ross schräg vor Ruy zum Stehen und betrachtete ihn abschätzig von unten bis oben. Der andere Ritter mit dem schwarzen Wallach trug zwar noch die weiße Fahne, aber hielt sie noch immer gesenkt.

    »Ruy, Herrscher von Iossos. Ihr habt das Angebot einer friedlichen Übergabe ausgeschlagen und damit den Angriff der geweihten Armee gefordert.« Der Bote ließ einige Momente der Stille verstreichen, sodass Ruy Zeit hatte, vor der Armee von Fanore zu erzittern. »Ich gebe Euch hiermit die Gelegenheit, Eure Entscheidung zu überdenken, sodass Iossos in Frieden leben kann.«

    »Zwei Stunden«, sagte Ruy und setzte sich im Schneidersitz auf die Wiese. Der Bote schüttelte fassungslos mit dem Kopf und nickte dann schließlich nach einigen Momenten.

    »Zwei Stunden.« Die drei Reiter wendeten ihre Pferde und kehrten zurück zu ihrer Armee. Latas beobachtete, wie es sich die Soldaten aus Fanore auf der Wiese gemütlich machten. Lediglich die magischen Waffen blieben an ihren Positionen stehen und beobachteten angespannt jegliche Bewegung ihres Feindes. Der König von Fanore führte ein strenges Regime und die magischen Waffen waren stets die ersten, die bestraft wurden. So waren sie es, die die Bewachung ihres Feindes übernahmen.

    Ruy bekam von alle dem nichts mit. Er wusste, dass er zwei Stunden Zeit hatte, um seinen verlorenen Posten zu räumen und sein Land an den König von Fanore zu übergeben. Doch faszinierenderweise schien er daran keinen Gedanken zu verschwenden. Latas hörte auf, über der Armee von Fanore zu schweben und kehrte an die Seite von Ruy zurück. Barfuß stand sie vor ihm im hohen Gras und blickte auf den jungen Mann, der konzentriert seine Stirn gerunzelt hatte. Was mochte nur in seinem Kopf vorgehen? Sie beugte sich herunter, sodass ihr Gesicht nur kurz vor seinem war. Latas hob eine Augenbraue und blickte fragend in das angestrengt verzogene Gesicht der Herrschers. Plötzlich öffnete Ruy die Augen und erschrocken fiel Latas rückwärts und saß vor ihm im Gras. Mit einem Mal war sie sich bewusst, dass sie seine Magie spüren konnte.

    »Ich fühle dich.«, hauchte Ruy so leise, dass sie es fast nicht vernehmen konnte. Latas blickte überrascht. Er konnte nicht sie meinen, ein Mensch konnte die Anwesenheit eines Gottes nicht spüren. Sie stand auf und wollte sich das Gras vom Kleid klopfen, doch mitten in der Bewegung verharrte sie. Mit einem Lächeln ließ sie ihr Kleid verschwinden und ein blaues trat an Stelle des roten in die Welt. Zufrieden nickte sie und begab sich an die Seite von Ruy, um wieder der Armee entgegenzublicken. Den Vorfall und die Worte des Herrschers hatte sie schon fast wieder vergessen und so bemerkte sie auch nicht das Lächeln auf den Lippen des jungen Mannes.

    Zwei Stunden waren vergangen und mühselig richteten sich die Soldaten aus Fanore wieder auf. Sie sahen das eher als schlechten Scherz an, denn ein einzelner Mann war nun wahrllich keine Bedrohung. Der Anführer der Armee aus Fanore ließ zehn magische Waffen vortreten. Sie stellten sich in einer Reihe auf und begannen mit langsamen Schritten auf Ruy zuzugehen.

    So erhob auch Ruy sich wieder und blickte den Männern entgegen. Er hatte bereits viel von magischen Waffen gehört, doch hatte er nie einer im Kampf gegenüberstehen müssen. Man hörte allerlei furchterregende Geschichten darüber, dass diese Männer und Frauen nur dafür ausgebildet wurden, um mit ihrer Magie zu töten und keine andere Magie beherrschten. Ruy, der selbst viele Arten der Magie beherrschte, konnte sich kaum vorstellen, dass diese Gerüchte stimmen sollten, doch er wusste auch, dass man sich vor diesen Kriegern in Acht nehmen musste.

    Latas spürte plötzlich wieder die Magie in Ruy und bemerkte, dass sie in ihm wuchs. Er bereitete einen Zauber vor. Auf diese Distanz? Die magischen Waffen waren immer noch ziemlich weit entfernt. Vielleicht die doppelte Entfernung eines Bogenschusses. Was hatte er nur vor? Mit einem Mal spürte die Göttin der Freundlichkeit ein Ziehen und sie riss die Augen auf. Das Ziehen verstärkte sich und die Magie in Ruy erbebte förmlich. Über der Armee von Fanore sammelte sich eine kreisende Scheibe aus weißem Licht, die mit jeder Sekunde größer wurde. Die ersten Soldaten blickten panisch nach oben und auch die magischen Waffen waren stehengeblieben und blickten zurück auf die Scheibe aus purem Licht. Die kreiselnde Bewegung wurde schneller und das Licht schien noch intensiver zu werden, sodass die ersten Soldaten ihre Waffen fallen ließen, doch dafür war es bereits zu spät. Plötzlich hielt die Scheibe an und einer Säule gleich bohrte sich das Licht von der Scheibe aus in den Boden. Die gesamte Armee von Fanore wurde von dem Licht verschluckt. Nur die magischen standen außerhalb dieses Schauspiels, mussten aber die Augen vor der Helligkeit diesen Angiffs verschließen.

    Nach einer Weile klärte sich die Säule auf und verschwand ebenso plötzlich, wie sie aufgetaucht war. Die Armee des Königs von Fanore war verschwunden. Entsetzen war in den Zügen der zehn magischen Waffen zu sehen, die ungläubig dorthin starrten, wo noch eben die Armee gestanden hatte. Latas hörte das Schluchzen von zwei Frauen der magischen Waffen und ein Mann war zusammengebrochen und wirkte, als wäre sein Verstand zerstört worden. Die anderen diskutierten wild durcheinander und einige begannen zu schreien. Einige Male blickten sie zu Ruy und entschlossen sich dann fortzulaufen. Schmunzelnd bemerkte Latas, dass sie nicht in Richtung Fanore liefen, denn sie konnten sich sicher sein, dass der König ein solches Versagen nicht ungestraft verstreichen lassen würde. Doch wahrscheinlich würde der magische Zwang sie irgendwann zurück zum König und seinem Heer treiben, sodass sie ihre Strafe finden würden.

    »Ich danke Euch, Unbekannte«, hauchte Ruy und brach neben Latas zusammen. Seine Augen waren bereits geschlossen und sein Brustkorb hob und senkte sich schneller als gesund sein musste. Latas blickte besorgt auf den jungen Herrscher hinab. Dieser Magier hatte tatsächlich die Macht eines Gottes angezapft und mit seiner Magie verbunden. Das Resultat war gewaltig. Er hatte die Existenz einer ganzen Armee ausgelöscht, ohne dass etwas von der Umgebung zerstört worden war. Irgendwie musste es Ruy gelungen sein, ihre Anwesenheit zu spüren und eine Verbindung mit ihr einzugehen. Doch diese Verbindung war eher etwas Parasitäres gewesen, denn sie hatte es nicht gespürt und auch nicht zugelassen. Ein Hustenkrampf durchschüttelte den Körper des Herrschers und Latas blickte auf ihre Hände. Natürlich könnte sie diesen Mann retten, aber das war nicht ihre Aufgabe. Latas war die Göttin der Freundlichkeit, sie würde Freude unter Menschen und Göttern säen, aber keine Wunder vollbringen und Gutes tun. Schließlich war sie nicht der Widersacher von Sterros, dem Gott des Bösen. Allein bei dem Gedanken, sich dem Finsteren in den Weg zu stellen, schüttelte es sie. Traurig blickte sie auf Ruy herab und eine Träne sammelte sich in ihrem Augenwinkel.

    Unter ihren Augen verstarb Ruy, der Herrscher von Iossos, der sein Land verteidigt hatte und dabei sein Leben ließ. Vermutlich würde innerhalb kurzer Zeit das Königreich Fanore einen noch größeren Angriff beginnen und damit das ganze Reich vernichten, doch für diesen Augenblick hatte er Iossos gerettet. Vielleicht war sein Lehrling ja zu den gleichen Kunststücken in der Lage, doch irgendwie bezweifelte Latas dies. Gerade hatte die unendliche Tiefe ein erstaunliches Geschöpf verloren und vermutlich war sie die einzige, die sich dessen bewusst war.

    Göttliche Vernunft

    »Wir können so nicht weitermachen!«, beendete Latas ihre rührende Rede, doch die anderen Götter wirkten eher gelangweilt. Klamtor, der Gott der Macht, gähnte herzhaft, während Aitugasil und Thalassar sich leise unterhielten. Raphálàtas laute Stimme donnerte durch das Säulengebäude, in dem sie den Rat der Götter abhielten.

    »Zeigt Respekt vor eurer Schwester!« Einige Götter zuckten zusammen, da sie nicht mal bemerkt hatten, dass Latas ihre Rede beendet hatte.

    »Göttervater, das ist lächerlich. Ich verstehe nicht mal, warum wir uns dafür überhaupt versammeln mussten«, sagte Savascitul angesäuert.

    »Zwei Götter haben den Rat einberufen und Ihr habt zu folgen. So war es seit jeher.«, sagte Raphálàtas mit beherrschter Wut. »Außerdem ist es nicht an dir zu entscheiden, ob ein Antrag überflüssig ist oder nicht. Wir sind hier um zu diskutieren.«

    »Welcher Gott hat dir seine Macht geliehen, um diesen Rat einzuberufen, Latas?«, fragte Trika belustigt. Latas senkte ihr schönes Haupt und lief rot an. Trika, die Göttin des Schicksals, die es vermochte, die Schicksalsflüsse zu vermischen und damit das Schicksal eines Menschen zu verändern, strahlte stets eine ungeheuerliche Macht und Autorität aus. Das lange schwarze Kleid stand ihr wieder ausgesprochen gut, mit ihrer hellen Haut und den vollen, blutroten Lippen. Das schöne Gesicht, eingerahmt von schwarzem Haar, konnte eine Kälte ausstrahlen, die auch andere Götter verzagen ließ.

    »Es war meine Macht«, sagte Isape, die Göttin der Hoffnung. Gelächter ertönte in der Halle und selbst Raphálàtas griff nicht ein. Er hielt eine seiner gewaltigen Hände vors Gesicht und jeder konnte für sich selbst entscheiden, ob der Vater aller Götter gerade selbst belustigt war oder sich für seine Kinder schämte.

    »Die Göttin der Hoffnung. Hoffnung für die Zukunft der Menschen?«, sagte Klamtor höhnisch.

    »Niedlich!«, stieß Savascitul lachend aus. Ein lautes Räuspern des Göttervaters brachte die Götter wieder zur Raison. Sie mussten tatsächlich diese Angelegenheit diskutieren. Der Göttervater fasste noch einmal für jene zusammen, die es versäumt hatten, den Ausführungen der Göttin der Freundlichkeit zu lauschen.

    »Eure Schwester steht vor euch mit der Bitte, das Spiel der Götter zum Wohle der Menschheit der verschiedenen Welten zu beenden. Sie appelliert an das Mitgefühl ihrer Schwestern und Brüder.« Stille kehrte nach diesen Worten im Saal der Götter ein. Der Göttervater ließ einige Momente verstreichen und blickte jedem Gott einzeln in die Augen. Es wurde eine Abstimmung verlangt und jeder Gott musste sich der Verantwortung gegenüber seinen Mitgöttern und der unendlichen Tiefe bewusst werden. Die fordernden Augen des Göttervaters lösten Unbehagen bei vielen aus, doch alle blieben standhaft und erwiderten den Blick ihres Schöpfers. »Es ist eine Abstimmung verlangt. Soll das Spiel der Götter beendet werden, sodass die Menschheit sich entwickeln kann? Stimmt ab, wie ihr es seit jeher getan habt und hüllt euch in das Kleid eures Gemüts durch die Macht, die ich euch gab und die Macht, die euch über das einfache Volk hebt«, beendete er seine Ansprache mit dem heiligen Wort des Rates der Götter. Alle Götter erhoben sich von ihren Sitzen und blickten auf den Schrein im Mittelpunkt des Saals, der zur Einberufung des Rates verwendet worden war. Nach und nach schloss jeder Gott die Augen und ergab sich der einen Macht, die der Göttervater ihnen eingepflanzt hatte. Bereits nach einigen wenigen Momenten flammte eine Art roter Dampf um die Götter auf.

    Der Göttervater erhob sich über alle und schwebte über ihren Köpfen. Er verzog sein Gesicht zu einer finsteren Miene, was lediglich bedeutete, dass er zählte. Latas und Isape standen in der Mitte am Schrein und warteten auf das Ergebnis ihres Göttervaters. Beide schloss ein grünlicher Dampf ein.

    »Die Götter haben entschieden«, begann Raphálàtas die rituellen Worte und alle Götter öffneten ihre Augen erneut und der Dampf erlosch. »Es stimmten zwei Götter für die Abschaffung des Spiels der Götter. Die übrigen Götter stimmten dagegen.« Man konnte die Enttäuschung auf dem Gesicht von Latas sehen und Isape sprach tröstende Worte.

    »Die Götter haben entschieden«, endete der Göttervater und die anderen Götter nickten. Die ersten Götter begannen zwischen den Säulen zu verschwinden und nur wenige blieben, um sich zu unterhalten. Kaum ein Gott verweilte gern unter den Säulen, weil es ein Zwang für die sonst so freien Götter war. Nur mit viel Geschick und großer Macht war es möglich, sich dem Ruf zum Rat der Götter zu entziehen.

    »Und ich habe so gehofft, dass ich wenigstens einige schützen kann«, sagte Latas traurig.

    »Warum verlangt es dir so sehr danach, diese Geschöpfe zu beschützen, die nicht einmal die Dauer zwischen zwei Lichtblitzen überleben?«, fragte Thalassar, der Gott des Meeres ein wenig nachdenklich. Latas hatte schon während der Abstimmung das Gefühl, dass Thalassar sehr unentschieden war, als würde er etwas verbergen.

    »Die Menschen sind wie alle Götter. Sie haben viele Schwächen, aber auch ihre Stärken. Sie können Gefühle empfinden, ebenso wie wir. Und manche Menschen sind es wert, dass sie weiterleben.«

    »Du wolltest das Spiel der Götter beenden, damit ein Mensch diese kurze Zeitspanne überleben kann?«, fragte der Gott des Meeres ungläubig.

    »Die Menschen vermehren sich geschwind. Außergewöhnliche Geschöpfe geben ihre Lehren an die Kinder weiter und verbreiten, was sie fühlen und wissen. Ein ganzes Volk kann sich nach einer Person formen.«

    »Du sprichst einen wahren Kern an, doch auf unsere Weise überleben nur die Stärksten und die Welt wird ebenso geformt. Nur auf eine andere Weise.« Latas blickte zu Boden, doch plötzlich legte Isape ihr eine Hand auf die Schulter. Sie hatte nicht bemerkt, dass die Göttin der Hoffnung näher getreten war.

    »Du musst auch Thalassar recht geben. Die Menschen formen ihr Volk. Auf die eine oder andere Weise.«

    »Doch existieren jene, die nicht sterben dürfen«, hauchte Latas und die anderen beiden Götter blickten sie fragend an.

    »Welcher Mensch ist so wichtig, dass er nicht sterben darf? Selbst die größten Könige sterben zu einer Zeit und eben größere oder grausame folgen auf den Thron. Die Faszination der Kurzlebigkeit ist doch der Reiz, der unserem Spiel Würze verleiht«, erklärte Thalassar.

    »Ich sah...«, begann Latas, doch stockte dann. Sie blickte in die Gesichter der beiden anderen Götter und lächelte dann traurig. »Es spielt keine Rolle, was ich sah. Es gibt jene, die es wert sind zu überleben«, sagte sie entschlossen. Die Göttin der Hoffnung lächelte. Sie trat einen Schritt zurück und ein weißes Licht umgab sie. Ihr gelbliches Kleid mit den durchsichtigen Blumenmustern begann von innen zu strahlen, sodass die anderen beiden Götter nur lächeln konnten.

    »Es ist die Hoffnung, die den Menschen Stärke und Vertrauen gibt«, sagte Isape feierlich und das Strahlen wurde noch stärker.

    »Ab und an lege ich den Mantel der Unsichtbarkeit auf den Welten ab und gebe einem verloren geglaubten Mann neue Kraft durch das Licht der Hoffnung. Und ab und an schafft es ein solcher Mann zu überleben und zu neuer Stärke zu finden.«

    »Wahrlich die Göttin der Hoffnung«, hauchte Thalassar nickend und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.

    »Doch ist es meine Erscheinung, die den Menschen den Verstand raubt. Wenn ich den Mantel ablege, bleibt kaum etwas von der einstigen Helligkeit des Geschöpfs übrig«, sagte Latas leise und blickte erneut traurig zu Boden.

    »Es ist nicht mein Weg, der deinen Zielen neues Licht verleiht, sondern dein eigener, den du finden musst. Das Licht der Hoffnung strahlt in mir und meine Gestalt schenkt ein letztes Lächeln vor dem Tode oder neue Kraft zur Erlangung alter Stärke.«

    »Auch ich lege den Mantel zu manchen Zeiten ab«, sagte Thalassar stolz. »Doch verändere ich meine Gestalt zu einem Wesen der Meere und Ozeane, das gewaltige Macht verkörpert und von vielen Meeresvölkern als der König des Meeres gesehen wird. Auch ich gebe auf diese Weise neue Stärke an die Kinder. Auch wenn es nicht die Menschen sind, sondern Wasservölker, die nach dem Vorbild meiner Feldherren entstanden sind, so sind doch viele Eigenheiten ähnlich.« Latas verzog das Gesicht bei dem Gedanken an ein schreckliches Meeresungeheuer und lächelte dann schief.

    »Mein Weg wird nicht der des fallenden Mantels sein. Ich werde ihn stets tragen, sodass ich niemanden zerstöre. Es muss für mich einen besseren Weg geben, der es mir ermöglicht meinen Willen durchzusetzen.«

    »Die Göttin der Freundlichkeit sucht einen eigenen Weg, doch liegt das Attribut so nahe an der Hoffnung«, fügte Isape nachdenklich an.

    »Einen Weg, der den Mantel heiligt. Du solltest ein Beschützer sein«, sagte Thalassar mit einem Nicken.

    »Ein Beschützer?« Latas wirkte nicht sonderlich überzeugt, doch ihr Gesicht hellte sich plötzlich auf. »Ich habe eine Idee, die mein Attribut unterstreicht und den Mantel heiligt.« Sie machte zwei Schritte und blieb dann stehen. Mit einem Grinsen drehte sie sich um.

    »Ich werde Feldherren brauchen«, und dann war sie verschwunden.

    Der geflügelte Held

    Jost blieb eine einfache Welt und die Götter hatten noch immer nicht ihr Spiel begonnen. Es war einige Zeit vergangen, als Latas der Schlacht von Ruy und dem Königreich von Fanore beigewohnt hatte.

    Tief im Osten erstreckte sich ein gewaltiges Felsmassiv, das eine Abgrenzung zwischen verschiedenen Regionen darstellte. Bisher war es noch keinem Geschöpf der Menschen gelungen, das Felsmassiv zu überqueren, sodass die verschiedenen Völker, die auf den jeweiligen Seiten aufwuschen, nichts voneinander wussten. Auf der anderen Seite des Felsmassivs hatte sich ein kundiger Bergführer auf den Weg gemacht, einen Pfad durch das Gebirge zu erkunden, denn es hielt sich das hartnäckige Gerücht, dass große Reichtümer auf der anderen Seite warten würden.

    Seine Hände waren in dicken Handschuhen eingewickelt, sodass er Mühe hatte, seinen Schal zu greifen, um ihn wieder ein Stück höher zu schieben, um sein Gesicht zu schützen. Der eisige Wind biss an seinen Wangen und er verzog das Gesicht. Pano wusste, dass er aus dem Sturm gelangen musste, um eine Chance aufs Überleben zu haben. Mühselig stapfte er einige weitere Schritte durch den hohen Schnee und hob eine Hand an die Augenbrauen. Er trug seine Schneebrille, die ihm vor der Schneeblindheit schützen sollte, doch nun hinderte sie ihn daran, ein vernünftiges Versteck zu finden. Seine Augen suchten die Umgebung ab, aber er konnte keine Felsspalte oder Ähnliches entdecken, wo er sich bis zum Ende des Sturms verbergen konnte. Nach zwei weiteren Schritten brach sein rechter Fuß durch eine kleine Eisschicht, sodass er unerwartet tief trat und dabei ins Stolpern geriet. Mit beiden Händen voran stützte er sich im Schnee ab und blieb eine Weile keuchend auf einem Knie sitzen. Die Kälte machte sich immer mehr bemerkbar und

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