Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Das Schicksal der Elbenkinder: Elbenkinder Band 4-7: Fantasy Sammelband
Das Schicksal der Elbenkinder: Elbenkinder Band 4-7: Fantasy Sammelband
Das Schicksal der Elbenkinder: Elbenkinder Band 4-7: Fantasy Sammelband
eBook721 Seiten9 Stunden

Das Schicksal der Elbenkinder: Elbenkinder Band 4-7: Fantasy Sammelband

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Alfred Bekker

Das Schicksal der Elbenkinder

Elbenkinder

Band 4-7

Dieses Buch enthält folgende Romane:

Die Flammenspeere der Elben

Im Zentaurenwald der Elben

Die Geister der Elben

Die Eisdämonen der Elben

Die Halbelben Daron und Sarwen leben am Hof ihres Großvaters, des Elbenkönigs Keandir auf dem Kontinent Zwischenland, der auch von Menschenvölkern, Halblingen, Kleinlingen, Blaulingen, Trorks, Echsenmenschen und gewaltigen Riesenfledertieren bevölkert wird. Daron und Sarwen zähmen das Riesenfledertier Rarax. Auf ihrem Flug verlieren sie jedoch die Kontrolle und Rarax wirft sie über dem Wilderland ab, wo sie auf die Trorks treffen. Sie können sich ins Reich der Kleinlinge retten, das durch den magischen Bann eines Juwels vor den Trorks geschützt ist. Doch ein Riesenfledertier raubte das Juwel und die magische Schutz-Aura wird immer schwächer. Daron und Sarwen begeben sich sofort auf die gefahrvolle Suche nach Rarax und dem Juwel ...

Alfred Bekker schreibt Fantasy, Science Fiction, Krimis, historische Romane sowie Kinder- und Jugendbücher. Seine Bücher um DAS REICH DER ELBEN, die DRACHENERDE-SAGA,die GORIAN-Trilogie und seine Romane um die HALBLINGE VON ATHRANOR machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er war Mitautor von Spannungsserien wie Jerry Cotton, Kommissar X und Ren Dhark. Außerdem schrieb er Kriminalromane, in denen oft skurrile Typen im Mittelpunkt stehen - zuletzt den Titel DER TEUFEL VON MÜNSTER, wo er einen Helden seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einer sehr realen Serie von Verbrechen macht

SpracheDeutsch
HerausgeberAlfred Bekker
Erscheinungsdatum28. Juli 2022
ISBN9781393345244
Das Schicksal der Elbenkinder: Elbenkinder Band 4-7: Fantasy Sammelband
Autor

Alfred Bekker

Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

Mehr von Alfred Bekker lesen

Ähnlich wie Das Schicksal der Elbenkinder

Ähnliche E-Books

Fantasy für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Das Schicksal der Elbenkinder

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Das Schicksal der Elbenkinder - Alfred Bekker

    Alfred Bekker

    Das Schicksal der Elbenkinder

    Elbenkinder

    Band 4-7

    Dieses Buch enthält folgende Romane:

    Die Flammenspeere der Elben

    Im Zentaurenwald der Elben

    Die Geister der Elben

    Die Eisdämonen der Elben

    Die Halbelben Daron und Sarwen leben am Hof ihres Großvaters, des Elbenkönigs Keandir auf dem Kontinent Zwischenland, der auch von Menschenvölkern, Halblingen, Kleinlingen, Blaulingen, Trorks, Echsenmenschen und gewaltigen Riesenfledertieren bevölkert wird. Daron und Sarwen zähmen das Riesenfledertier Rarax. Auf ihrem Flug verlieren sie jedoch die Kontrolle und Rarax wirft sie über dem Wilderland ab, wo sie auf die Trorks treffen. Sie können sich ins Reich der Kleinlinge retten, das durch den magischen Bann eines Juwels vor den Trorks geschützt ist. Doch ein Riesenfledertier raubte das Juwel und die magische Schutz-Aura wird immer schwächer. Daron und Sarwen begeben sich sofort auf die gefahrvolle Suche nach Rarax und dem Juwel ...

    ––––––––

    Alfred Bekker schreibt Fantasy, Science Fiction, Krimis, historische Romane sowie Kinder- und Jugendbücher. Seine Bücher um DAS REICH DER ELBEN, die DRACHENERDE-SAGA,die GORIAN-Trilogie und seine Romane um die HALBLINGE VON ATHRANOR machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er war Mitautor von Spannungsserien wie Jerry Cotton, Kommissar X und Ren Dhark. Außerdem schrieb er Kriminalromane, in denen oft skurrile Typen im Mittelpunkt stehen - zuletzt den Titel DER TEUFEL VON MÜNSTER, wo er einen Helden seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einer sehr realen Serie von Verbrechen macht. www.AlfredBekker.de

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

    © by Author /Cover: Steve Mayer mit Pixabay/Adelind

    © dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Alfred Bekker

    Elbenkinder 4

    Die Flammenspeere der Elben

    ––––––––

    Inhalt

    Kapitel 1: Ein Nachtmahr greift an

    Kapitel 2: Magisches Licht

    Kapitel 3: Der Schatz im Berg

    Kapitel 4: Rabenschwarzes Verhängnis

    Kapitel 5: Im Bann der Finsternis

    Kapitel 6: Die Reise nach Berghaven

    Kapitel 7: Auf dem Elbenturm

    Kapitel 8: Ein erschöpfter Zentaur

    Kapitel 9: Feuer gegen Feuer

    Kapitel 10: Das brennende Waldreich

    Kapitel 11: Das zweite Riesenfledertiere

    Kapitel 12: Schlafmagie

    Kapitel 13: Auf der Spur der Diebe

    Nachwort

    Kapitel 1

    Ein Nachtmahr greift an

    „Vorsicht!"

    Es war ein intensiver Gedanke, der Sarwen erreichte, und er kam von ihrem Bruders Daron. Im nächsten Moment machte Rarax, das Riesenfledertier, auf dem sie saßen, einen Satz nach oben, indem es ein paar Mal kräftig mit den Flügeln schlug.

    Das Elbenmädchen krallte sich mit einer Hand im Fell des drachengroßen Flugungeheuers fest. In der anderen hielt sie ein Buch, dessen Seiten kaum größer als ihre Handfläche waren.

    Während Daron das Riesenfledertier mit der magischen Kraft seines Willens die letzten Stunden über gelenkt hatte, war Sarwen ganz und gar in das kleine Buch vertieft gewesen. Es enthielt eine Sammlung sehr seltener Zaubersprüche und stammte aus einer der Bibliotheken von Elbenhaven. Keandir, der König des Elbenreichs und Großvater der beiden Elbenkinder, hatte ihnen den Auftrag erteilt, dieses Buch so schnell wie möglich in die weit entfernte Elbenstadt Berghaven zu bringen.

    Normalerweise spielte Zeit für die Elben keine Rolle. Ihr Leben währte so lang, dass es einer Ewigkeit glich. Daron und Sarwen waren schon über hundert Jahre alt, aber bei vielen erwachsenen Elben zählte das Lebensalter nach Jahrtausenden. Ob etwas heute, morgen oder erst in ein paar Jahrzehnten erledigt wurde, darauf kam es normalerweise nicht so sehr an.

    Eigentlich hätte ihr Großvater Keandir daher auch abwarten können, bis der Herzog von Nordbergen mal wieder mit seinem Schiff in Elbenhaven anlegte und dem König in seiner Burg einen Besuch abstattete, um ihm bei dieser Gelegenheit das kleine Buch mit den Zauberformeln zu übergeben.

    Aber in diesem Fall drängte die Zeit. An der Küste Nordbergens gab es die schlimmste Quallenkrabblerplage, seit die Elben im Zwischenland ihr neues Reich gegründet hatten. Mit den Zaubersprüchen sollten die Quallenkrabbler vertrieben und damit verhindert werden, dass sie auch noch die letzten Pflanzen wegfraßen, die im windgepeitschten kalten Nordbergen gediehen. 

    Als König Keandir durch eine Brieftaubenbotschaft von der großen Not erfahren hatte, die in dem weit entfernten Herzogtum herrschte, war ihm sofort der Gedanke gekommen, Daron und Sarwen mit dem Riesenfledertier Rarax auszuschicken, um Herzog Isidorn das kleine Buch zu überbringen. Ein Buch mit uralten Vertreibungszaubersprüchen, niedergeschrieben in einer weit zurückliegenden Zeit, in der die Magie der Elben noch sehr stark gewesen war. Gewiss war auch ein Spruch darin enthalten, mit dem man etwas gegen die Quallenkrabbler ausrichten konnte.

    „Buch der Vertreibungsmagie" lautete der Titel des kleinen Bandes, der noch in der Alten Schrift verfasst war. Die war von den Elben benutzt worden, bevor sie mit ihren Schiffen das Zwischenland erreicht und dort ihr neues Reich Elbiana gegründet hatten. Sarwen beherrschte sowohl die Schrift als auch die Sprache aus Athranor, der Alten Heimat der Elben, in der viele ältere magische Schriften verfasst waren. Denn Sarwen war von der Magie der alten Zeit fasziniert und vertiefte sich immer wieder in die Bücher und Schriftrollen, die von den Elben aus Athranor mitgebracht worden waren und die in den Bibliotheken am Königshof von Elbenhaven lagerten. Es war das gesammelte Wissen der Elben – und vieles davon war schon fast vergessen.

    Während das Elbenmädchen es ihrem Bruder überlassen hatte, das gezähmte Riesenfledertier per Gedankenkraft zu lenken, hatte sich Sarwen während des Fluges in das „Buch der Vertreibungsmagie" vertieft. Manche der Sprüche waren vollkommen rätselhaft und schienen keinerlei Sinn zu ergeben, obwohl Sarwen jedes einzelne Wort und jede Elbenrune kannte, aus denen sie sich zusammensetzten. Doch trotz allem blieb das Geschriebene für sie vielfach einfach mysteriös.

    Dennoch hätte Sarwen niemals gewagt, auch nur irgendeinen dieser Sprüche unbedacht auszusprechen, denn die Folgen waren nicht abzusehen. Zwar war die Magie der Elbenheit, seit sie die Alte Heimat verlassen hatten, immer schwächer geworden, und manche behaupteten sogar, dass die Kräfte der elbischen Schamanen und Magier schon vorher stark nachgelassen hatte. Aber in dieser Hinsicht waren Daron und Sarwen Ausnahmen: In ihnen war die Magie so stark, wie es seit vielen Zeitaltern bei den Elben nicht mehr der Fall gewesen war.

    Eine dunkle, aber mächtige Kraft war es, die ihrem Großvater König Keandir auf der Insel Naranduin begegnet und in ihm eingedrungen war, kurz bevor die Elbenschiffe das Zwischenland erreicht hatten. Und Keandir hatte diese Kraft seinen Söhnen und seinen Enkeln vererbt, wie es schien.

    Diese besondere Kraft war es unter anderem auch, die dafür sorgte, dass die beiden Elbenkinder ein so gewaltiges Geschöpf wie das Riesenfledertier Rarax zu beherrschen vermochten.

    Daron und Sarwen hatten mittlerweile die schneebedeckten Gebirgszüge an der Grenze zwischen Elbiana und Nordbergen erreicht. Schroffe Felsen ragten in den Himmel, und dazwischen gab es düstere Täler, in denen es selbst am Tag nicht hell wurde. Ein eisiger Wind wehte den beiden um die spitzen Ohren, die durch das seidige, sehr feine blauschwarze Haar stachen.

    Jeden Menschen hätte dieser Wind wohl innerhalb kürzester Zeit erfrieren lassen, aber den beiden Elbenkindern machte er nichts aus – und das, obwohl Sarwen nur ein Kleid aus dünner Elbenseide trug und auch das Wams ihres Zwillingsbruders aus dem gleichen fließenden Material bestand und keineswegs aus dicker Wolle. Aber Elben waren ziemlich unempfindlich gegen Kälte. Und wenn es wirklich einmal selbst für sie zu frostig wurde, half ein einfacher Wärmezauber, zu dem so gut wie jeder Elb fähig war. Selbst diejenigen, deren magische Fähigkeiten nur ganz schwach ausgeprägt waren.

    „Du hättest mich vorwarnen können, Daron!", sandte Sarwen ihrem Bruder einen ärgerlichen Gedanken – denn die beiden Elbenzwillinge standen sich so nahe, dass jeder von ihnen die Gedanken des anderen lesen konnte.

    „Wir mussten aufsteigen, sonst hätten wir einen der Schneegipfel gerammt", verteidigte sich Daron.

    „Aber doch nicht so plötzlich. Ich war so vertieft in die Zaubersprüche des Buches."

    „Vielleicht ist dies nicht der passende Zeitpunkt, seine ganze Aufmerksamkeit von einem Buch in Anspruch nehmen zu lassen."

    „Ach was!", beschwerte sich Sarwen. „Das hast du doch mit Absicht getan!"

    „Stell dich nicht so an."

    „Wenn wir erst in Berghaven sind, muss ich das ›Buch der Vertreibungsmagie‹ dem Herzog von Nordbergen übergeben und werde dann wohl für lange Zeit keine Gelegenheit mehr erhalten, darin zu lesen. Und dabei hatte ich gerade das Gefühl, einen der Sprüche vollkommen begriffen zu haben, der mir zuvor noch ungeheuer rätselhaft erschien ..."

    Darons Augen wurden plötzlich vollkommen schwarz, sodass nichts Weißes mehr darin auszumachen war. Ein Zeichen dafür, dass er seine magischen Kräfte sehr stark konzentrierte. Es dauerte nur einen kurzen Moment, aber Sarwen spürte es, obwohl sie die Augen ihres Bruders nicht sehen konnte, da sie hinter ihm saß.

    „Was ist los, Daron?"

    „Ich weiß nicht", sagte er laut, offenbar weil er mit seinen Gedanken anderweitig beschäftigt war. Auf seiner eigentlich glatten Stirn war auch eine deutlich sichtbare Falte zu erkennen, als er den Kopf wandte, um Sarwen über die Schulter hinweg anzusehen.

    „Irgendwas mit Rarax?", fragte das Elbenmädchen.

    Er nickte. „Er scheut vor den dunklen Tälern zurück."

    „Warum?"

    „Er fürchtet sich."

    „Aber dazu besteht doch kein Grund!"

    „Vielleicht ist er deswegen gerade so ruckartig aufgestiegen."

    „Beruhigen wir ihn mit vereinen magischen Kräften", schlug Sarwen vor.

    Aber Daron hielt das für übertrieben. „Lies du ruhig in deinem Buch, ich komme schon allein mit unserem Fledertier zurecht. Das wäre doch gelacht."

    Und während der Elbenjunge das sagte, füllten sich seine Augen abermals vollkommen mit Schwärzte. Diesmal allerdings bleiben sie schwarz.

    Auf einmal stieß Rarax einen Schrei aus, der so schrill war, dass Daron und Sarwen gerade noch ihr empfindliches Elbengehör dagegen abschirmen konnten, um nicht einen dauerhaften Schaden zu erleiden.

    „Ganz ruhig!", schickte Daron einen energischen Gedanken an das Riesenfledertier. Das riesenhafte Flugungeheuer ließ daraufhin ein dumpfes Knurren hören. Es fügte sich Darons Kräften, machte aber andererseits deutlich, wie sehr ihm das missfiel.

    „Ich frage mich, was er hat", dachte Sarwen. „Hier gibt es dich wirklich nichts, wovor ..."

    Ihr Gedanke brach ab, denn ein deutliches Unbehagen machte sich plötzlich in Sarwens Magengegend bemerkbar. Ein Gefühl, das allerdings nicht mit gewöhnlichem Hunger zu tun hatte, denn längere Zeit ohne Nahrung auszukommen war für Elben kein Problem. Und für Daron und Sarwen galt das ganz besonders, denn sie hatten sich schon seit vielen Jahrzehnten entschieden, zunächst nicht mehr zu wachsen, sodass sie ohnehin weniger Nahrung brauchten.

    Das ungute Gefühl, das Sarwen verspürte, rührte von einer unbekannten magischen Kraft, die sie nur ganz kurz wahrnahm. Und sie brauchte nicht einmal Darons Gedanken zu lesen, um zu erkennen, dass er es auch gespürt hatte.

    „Was war das?", fragte Sarwen ihren Bruder lautlos.

    „Keine Ahnung. Ich habe immer gedacht, dass die dunklen Täler Nordbergens völlig unbewohnt sind."

    „Vielleicht gilt das nicht für alle Dunkeltäler", vermutete Sarwen.

    Oft genug hatte sich Daron mit seinem Großvater König Keandir die Karten des Elbenreichs angesehen, denn der Elbenkönig war der Ansicht, dass sein Nachfolger über sein zukünftiges Reich Bescheid wissen sollte. Nordbergen lag so weit vom Hof in Elbenhaven entfernt, dass Herzog Isidorn dort für den König regiere musste, und nur wenige Elben lebten dort, der Großteil von ihnen in der Stadt Berghaven im Norden und ein kleinerer Teil in der Stadt Turandir im Süden. Das Land dazwischen war größtenteils unbewohnt, so hatte Daron von seinem Großvater erfahren.

    Der Elbenjunge blickte hinab in die Tiefe. Sie überflogen gerade eines jener Täler, die so tief waren, dass dort ewige Finsternis herrschte, denn gleichgültig, von welcher Seite die Sonne auch schien, der Grund des Tals lag stets im Schatten.

    Die Schwärze in jenem Tal, das Rarax gerade überflog, war jedoch so finster, dass nicht einmal Darons scharfe Elbenaugen bis zum Boden zu blicken vermochten. Es sah fast so aus, als wäre da ein dunkler Schlund, der direkt in ein finsteres Nichts führte.

    Daron schauderte, denn er fühlte plötzlich von dort unten eine Kälte aufsteigen, wie er sie nie zuvor gespürt hatte. Er murmelt einen Wärmezauber und hörte, wie Sarwen es ihm gleichtat. Aber dieser eigentlich gut erprobte Zauber schien völlig wirkungslos.

    Daron versuchte, Rarax nach links zu lenken, um das Tal zu umrunden. Aber es war zu spät. Etwas Dunkles, Schattenhaftes schnellte von unten herauf. Dazu ertönte ein Laut, der an das Knurren eines Bergwolfs erinnerte.

    Rarax stieß erneut einen schrillen Schrei aus und flatterte aufgeregt mit den Flügeln.

    Der Schatten schwebte für einen Augenblick über dem Kopf des Flugungeheuers. Nur für diesen kurzen Moment und auch nur für scharfe Elbenaugen war die nachtschwarze Kreatur in seiner eigentlichen Gestalt zu erkennen: ein hässliches geflügeltes Wesen, die Ohren so spitz wie die der Elben, nur viel, viel länger, mit rot glühende Augen und einem Maul mit langen Reißzähnen. Die Haut des Ungeheuers glich dem faltigen Leder eines alten Sattels, und der Geruch, der von der Kreatur ausging, drohte die Zwillinge mit ihren empfindlichen Elbennasen fast zu betäuben.

    Vor Schreck wie gebannt saßen sie auf dem Rücken des Riesenfledertiers, während sich die Schattengestalt in dunklen Rauch auflöste und in die Ohren des Riesenfledertiers strömte.

    Ein Nachtmahr!, durchfuhr es Sarwen, und der Gedanke war so intensiv, dass ihr Bruder ihn aufschnappte, obwohl er gar nicht für ihn bestimmt gewesen war.

    Nie zuvor waren Daron und Sarwen einem Nachtmahr begegnet – aber sie hatten beide in den alten Schriften von diesen Kreaturen gelesen. In der alten Elbenheimat Athranor hatte es angeblich viele dieser Schattengeschöpfe gegeben, die von anderen Wesen Besitz ergreifen und sie mit ihrem Willen lenken konnten.

    Im Zwischenland war man bisher noch nicht auf sie gestoßen. Selbst der uralte Fährtensucher Lirandil, der als der am weitesten gereiste Elb galt, war ihnen in den Reichen des Zwischenlandes noch nicht begegnet.

    Aber vermutlich war er auch noch nie in diesem Tal gewesen, wo der Nachtmahr vielleicht schon seit sehr langer Zeit darauf wartete, dass ein Geschöpf vorbeikam, dessen Willen er unterjochen konnte.

    Rarax schrie wieder auf, taumelte in der Luft und fiel dann in die Tiefe. Offenbar unterband der Nachtmahr den Flügelschlag des Riesenfledertiers, sodass es wie ein Stein dem finsteren Schlund entgegenstürzte. 

    Daron sammelte all seine magische Kraft in einem einzigen Gedanken, mit dem er die Kontrolle über das Flugungeheuer zurückzuerlangen versuchte. „Rarax! Gehorche mir!"

    Aber Rarax fiel der Finsternis entgegen, und als er sein Maul öffnete, drang daraus ein höhnisches Gelächter.

    Der Nachtmahr hatte von ihm Besitz ergriffen.

    Kapitel 2

    Magisches Licht

    Sarwens Augen waren ebenso schwarz geworden wie die ihres Bruders. Während sie auf dem Riesenfledertier in die Tiefe stürzten, versuchten die beiden Elbenkinder mit vereinten magischen Kräften, Rarax wieder unter ihren Willen zu zwingen. Aber das schien im Augenblick unmöglich. So viel Kraft sie auch aufwandten und so sehr sie sich auch anstrengten – es war vergebens.

    Rarax stürzte der Finsternis entgegen, die tief unter ihnen das Tal ausfüllte. Der Nachtmahr, dieses schattenhafte Geschöpf, das in der kalten Finsternis des Talgrunds gelauert haben musste, ließ den Geist des Flugungeheuers nicht los.

    Das Riesenfledertier stieß zwischendurch immer wieder einen schrillen Schrei aus, der sich aber jedes Mal schon im nächsten Moment in das schauerliche Lachen des Nachtmahrs verwandelte.

    Sarwen rief ein paar Worte in der Elbensprache der Alten Heimat Athranor. Es war einer der Sprüche aus dem „Buch der Vertreibungsmagie", in dem sie zuvor so intensiv gelesen hatte. Und dieser Zauber wirkte: Rarax breitete auf einmal seine Lederschwingen aus und verlangsamte damit seinen Fall, dann fuhr der Nachtmahr mit einem schmerzerfüllten Aufstöhnen aus dem Kopf des Riesenfledertiers, quoll als schwarzer Rauch aus den Ohren, dem Maul und den Nasenlöchern des Flugungeheuers, der sich zu einer schattenartigen Gestalt verdichtete.

    „Nein!", brüllte der Nachtmahr mit seiner Gedankenstimme. Nur sein mit langen Zähnen bestücktes Maul war für einen Moment deutlich zu erkennen, dann entschwand das schattenhafte Geschöpf nach oben und war nicht mehr zu sehen.

    Sarwen wiederholte den uralten Spruch, um dessen Wirkung zu verstärken und zu verhindern, dass der Nachtmahr schon im nächsten Augenblick zurückkehrt und erneut von dem Riesenfledertier Besitz ergriff.

    Daron erlangte in der Zwischenzeit die Kontrolle über Rarax‘ Geist zurück. Das Flugungeheuer stieß einen angstvollen Laut aus. Mit heftigen Schlägen seiner Schwingen versuchte es weiterhin den Fall abzubremsen.

    Dennoch tauchten sie im nächsten Moment in die Dunkelheit ein, die den unteren Teil des Tals ausfüllte.

    Dann schrammte Rarax über einen steilen, rutschigen Hang, von dem in der Finsternis kaum etwas zu sehen war. Immer weiter ging es hinab. Daron und Sarwen mussten sich mit aller Kraft in Rarax’ dichtem Rückenfell festkrallen, ehe sie schließlich am tiefsten Punkt des Tals angelangt waren.

    Dort blieb Rarax erschöpft liegen ...

    ––––––––

    Daron und Sarwen rangen nach Atem – was bei Elben sehr selten vorkam.

    Ein Gedanke seiner Schwester erreichte Daron.

    „Glück gehabt."

    „Kann man wohl sagen."

    „Es heißt, dass sich Nachtmahre von der Lebenskraft derer ernähren, die sie beherrschen. Womöglich wären wir schon tot, hätte er uns und nicht Rarax angegriffen."

    „Vielleicht war unsere Magie aber auch zu stark für ihn und hat ihn zurückschrecken lassen", meinte Daron. „Und abgesehen davon hattest du offenbar auch gerade den passenden Spruch auf den Lippen."

    „Das war die Eingangsformel des ›Buches der Vertreibungsmagie‹", antwortete Sarwen in ihren Gedanken. „Er fiel mir gerade ein. Ich habe zwar nicht wirklich genau verstanden, wogegen sich dieser Spruch nun eigentlich richtet, aber er scheint gegen alle möglichen Geisterwesen zu helfen."

    Rarax ließ ein dumpfes Knurren hören, das fast einem Wimmern ähnelte. Offenbar ging es dem drachengroßen Flugungeheuer alles andere als gut, und keiner der beiden Elbenkinder wusste, wie viel Lebenskraft der Nachtmahr ihm bereits entzogen hatte.

    Gerade die besonders alten Elben, die sich noch an die Alte Heimat erinnern konnten, erzählten mitunter wahre Schauergeschichteten über die Nachtmahre. In Athranor waren sie in manchen Gegenden offenbar recht häufig anzutreffen gewesen. Hingegen hatte man bisher die Hoffnung gehegt, dass es diese Geschöpfe im Zwischenland nicht gab.

    Doch das war offensichtlich ein Irrtum ...

    Daron murmelte einen einfachen Kraftzauber, um Rarax damit etwas zu stärken. Doch das Fledertier gab daraufhin nur einen röchelnden Laut von sich. Schon die Art, wie Rarax die Flügel von sich streckte, gefiel Daron nicht.

    Normalerweise faltete sie ein Riesenfledertier am Leib zusammen, nachdem es gelandet war, auch wenn die Landung womöglich sehr unsanft gewesen war. Rarax aber streckte seine Schwingen einfach nur von sich und ließ sie schlaff auf dem Boden liegen, so als wäre ihm alles gleichgültig.

    Sein Atem klang sehr flach und verhalten.

    „Ich höre sein Herz nicht mehr", eröffnete Daron seiner Schwester sorgenvoll. Den Herzschlag eines so gewaltigen Wesens vermochte ein Elb normalerweise über eine Meile hinweg zu vernehmen, wenn er sich darauf konzentrierte. Und wenn Daron und Sarwen auf dem Rücken des gezähmten Riesenfledertiers im Zwischenland umherreisten, mussten sie sich gegen diesen für ihre empfindlichen Elbenohren ziemlich lauten, hämmernden Klang sogar abschirmen, damit sie nicht taub davon wurden.

    Aber der Schlag von Rarax’ riesigem Herzen war tatsächlich nicht mehr zu hören, obwohl sich Daron darauf konzentrierte, und Sarwen ging es nicht anders.

    „Rarax!", sandte ihm das Elbenmädchen einen besorgten Gedanken, der gleichzeitig die Lebensgeister des Riesenfledertiers wach halten sollte.

    Daron glitt von Rarax‘ Rücken. „Es schlägt wieder", stellte er erleichtert fest. „Es hat nur einige Augenblicke ausgesetzt."

    „Auf jeden Fall werden wir unseren Flug wohl unterbrechen müssen", befürchtete Sarwen. „Jedenfalls glaube ich nicht, dass Rarax so schnell in der Lage sein wird, wieder in die Lüfte zu steigen."

    „Gut, dass du dich an diesen Bannspruch erinnern konntest."

    „Ja, aber Herzog Isidorn und die Elben von Berghaven werden wohl auf die dringend nötige Hilfe gegen die Quallenkrabbler noch etwas warten müssen."

    „Hauptsache, dieser Nahtmahr kehrt nicht zurück und versucht es ein zweites Mal."

    „Ich glaube, er ist fort", erwiderte Sarwen mit lauter Stimme, so als wollte sie dadurch ihrer Hoffnung Kraft verleihen.

    „Glaubst du, wir würden ihn andernfalls mit unseren magischen Sinnen rechtzeitig bemerken?", fragte Daron weiterhin stumm und in Gedanken. „Vorhin haben wir ihn jedenfalls erst bemerkt, als es schon fast zu spät war. Und das ist auch gar kein Wunder, schließlich sind wir noch nie zuvor einem dieser Geschöpfe begegnet."

    „In den alten Schriften steht, sie sollen mit den Nebelgeistern verwandt sein. Achte also mit deinem Magiesinn auf alles, was Nebelgeistern ähnlich ist", riet Sarwen.

    Daron antwortete nicht. Das brauchte er auch nicht. Sarwen wusste auch so, dass sich ihr Bruder ärgste Sorgen machte. Schließlich war nicht ausgeschlossen, dass am Grund dieses finsteren Tals noch weitere dieser Kreaturen lauerten und nur darauf warteten, dass ein Lebewesen ihren Weg kreuzte, das sie dann übernehmen und ihm die Lebenskraft stehlen konnten.

    Sarwen kletterte ebenfalls von Rarax‘ Rücken.

    Daron starrte in die Dunkelheit, die sie umgab. „Diese Finsternis wird nicht nur durch den Schatten der umliegenden Berge erzeugt", stellte er schaudernd fest, während seine Linke instinktiv den Griff seines Dolchs umfasste. Er steckte am breiten Gürtel, der sein Wams aus Elbenseide zusammenhielt.

    Er sah nach oben. Bis zu einer bestimmten Höhe gelangten die Strahlen der Sonne noch ins Tal. Darunter war der ganz normale Schatten zu sehen, den die hoch aufragenden Berge warfen, die das Tal wie eine gewaltige Felsmauer mit gezackten Zinnen umgaben. Die eigentlich und zweifellos magisch hervorgerufene Finsternis begann erst etwas tiefer.

    Während des Sturzes in die Tiefe war Daron dieser feine Unterschied zwischen der natürlichen Dunkelheit des Schattenbereichs und der magischen Finsternis, die den Boden des Tals ausfüllte, nicht aufgefallen. Doch wenn man darauf achtete, war es nicht zu übersehen.

    Vorsichtig machte er einen Schritt nach vorn. Der Untergrund war feucht und glitschig. Inzwischen hatten sich die scharfen Elbenaugen der Zwillinge an die Dunkelheit gewöhnt, sodass sie sich einigermaßen orientieren konnten.

    Es gab ein paar verwachsene Bäume, die allerdings ohne Blätter und anscheinend völlig vermodert waren. Ein fauliger Geruch ging von ihnen aus.

    „Das ist pure dunkle Kraft, die dieses Tal erfüllt, stellte Sarwen laut fest. „Jemand muss sie hier gesammelt haben.

    „Wahrscheinlich der Nachtmahr, vermutete Daron. „Eigentlich könnten in einem so sonnenlosen und kalten Tal keine Bäume gedeihen. Das bedeutet, dass sie schon hier gestanden haben, als dieses Land noch wärmer war.

    „Ja, aber sie sind nicht vermodert und zu Staub zerfallen, nachdem Maden und Käfer sie zerfraßen", gab Sarwen zu bedenken.

    „Auch das könnte an der dunklen Kraft liegen, die hier auf irgendeine Weise eingefangen wurde."

    Sarwen nickte. „So wird es sein."

    „Woher stammt diese dunkle Magie?, fragte Daron, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. „Und wie lange haust der Nachtmahr schon hier?

    „Man sagt, Nachtmahre gehören zu den wenigen Geschöpfen, die noch älter als Elben werden. Und es ist gut möglich, dass er nicht der Einzige seiner Art ist, der in diesem Tal sein Zuhause gefunden hat."

    „Das wollen wir nicht hoffen ..."

    Ein Geräusch ließ Daron und Sarwen herumfahren. Etwas Dunkles flog durch die Luft.

    Aber es war wohl nur Rarax, der mit einer seiner Schwingen gezuckt und mit der Flügelspitze etwas von dem Schlamm aufgeworfen hatte.

    Sarwen atmete erleichtert aus.

    „Ich hoffe, dass diese dunkle Kraft keine Auswirkungen auf uns hat und uns irgendwie schaden kann, wenn wir zu lange hier bleiben", überlegte Daron laut.

    „Darum mache ich mir keine Sorgen, antwortete das Elbenmädchen. „Bedenke, dass auch in uns beiden eine dunkle Kraft schlummert. Und auch in Rarax, der ja eigentlich ein Geschöpft der Dunkelmächte ist.

    Während sie sprach, ging Daron zu dem auf dem schlammigen Boden liegenden Kopf des Riesenfledertiers und berührte vorsichtig Maul und Nüstern des Flugungeheuers. Er konzentrierte seine magische Kraft und ließ etwas davon in den gewaltigen Körper fließen.

    Daraufhin rührte sich Rarax. 

    „Auf keinen Fall schlappmachen!", sandte der Elbenjunge dem gezähmten Flugungeheuer einen intensiven Gedanken. „Hast du gehört? Sammle alle Lebenskraft, die der Nachtmahr dir gelassen hat!"

    Rarax antwortete mit einem sehr schwachen Laut, einer Mischung aus Schnauben, Knurren und schmerzerfülltem Stöhnen. Auch wenn der Geist des Riesenfledertiers zu fremdartig war, um sich mit ihm in einer herkömmlichen Sprache zu unterhalten, so hatte Daron immer mehr das Gefühl, dass dieses Monstrum ihn verstand, wenn er mit ihm redete oder ihm einen konzentrierten Gedanken sandte. Dass Rarax trotz alledem oft seinen eigenen Willen hatte und auch nicht zögerte, diesen auch durchzusetzen, stand auf einem anderen Blatt.

    Noch einmal berührte Daron das Riesenfledertier am Kopf, diesmal an einer Stelle neben dem rechten Ohr, wo es eine kleine Vertiefung gab. Er musste sich dafür sehr weit über das Maul des Monstrums beugen, aber Rarax ließ es bereitwillig geschehen. Er schien zu begreifen, dass Daron es gut mit ihm meinte.

    Noch einmal ließ der Elbenjunge etwas von seinen magischen Kräften auf das Monstrum übergehen, und Rarax grunzte dankbar.

    „Daron!", erreichte ihn ein Gedanke seiner Schwester, mit dem sie ihm gleichzeitig übermittelte, dass da etwas über ihnen war, das sie in Aufregung versetzte.

    Daron sah empor.

    Ein dunkler Fleck zog über den klaren, strahlend blauen Himmel – ein Fleck, der die Form des Nachtmahrs hatte, sofern er nicht gerade in ein fremdes Lebewesen gefahren war, um diesem seinen Willen aufzuzwingen.

    Ein heiseres Gelächter ertönte, das an das Krächzen eines Raben erinnerte.

    Der Nachtmahr kreiste mehrfach über dem dunklen Tal, aber irgendetwas schien ihn davon abzuhalten, herabzustürzen und erneut anzugreifen.

    „Dein Zauberspruch scheint ihm Respekt eingeflößt zu haben, sagte Daron laut und hoffte, dass sein Gedanke stark und intensiv genug war, um auch den Nachtmahr zu erreichen, denn er wollte das unheimliche Wesen damit einschüchtern. „Komm nur herunter, dann wirst du schon sehen, was du davon hast!, rief er zu der Kreatur am Himmel hinauf. Seine Augen waren dabei vollkommen mit Schwärze gefüllt, aber am Talgrund war es so finster, dass nur ein anderer Elb in der Lage gewesen wäre, dies zu erkennen.

    Das Gelächter des Nachtmahrs wurde gänzlich zu einem Krächzen.

    Sarwen murmelte bereits leise den Vertreibungszauber, aber sie hatte kaum die ersten Silben über die Lippen gebracht, da hatte sich der Nachtmahr schon hinter den schroffen, schneebedeckten Berggipfel verzogen. Wenn es sein musste, konnte er sich offenbar mit einer solchen Geschwindigkeit durch die Lüfte bewegen, dass ihm selbst der scharfe Blick eines Elbenauges kaum folgen konnte, um zu sehen, wohin er flog.

    „Ich schlage vor, auch du merkst dir diesen Zauber, sagte Sarwen. „Dann können wir ihn das nächste Mal mit vereinten Kräften anwenden.

    „Gute Idee, fand Daron. „Denn ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass der Nachtmahr schon aufgegeben hat.

    Sarwen sandte ihrem Bruder den Vertreibungsspruch in einem sehr eindringlichen Gedanken. In unnötigerweise laut auszusprechen wäre riskant gewesen, schließlich war schwer abzuschätzen, wie und wogegen er dann gewirkt hätte. Schließlich hatte sich der Nachtmahr schon entfernt, und die durch einen Zauberspruch entfalteten Kräfte, die den Gegenstand oder das Wesen nicht trafen, gegen den oder das sie gerichtet waren, suchten sich manchmal selbst ein Ziel. Und das konnte dann völlig unvorhergesehene Auswirkungen haben.

    „Alles verstanden und gemerkt?", fragte Sarwen ihren Bruder.

    „Ja, sicher. Ich bin ja schließlich nicht so magisch minderbemittelt wie Waffenmeister Thamandor."

    „Wenn der Nachtmahr das nächste Mal auftaucht, müssen wir den Zauber beide gleichzeitig anwenden und ihn dieser Kreatur mit so viel magischer Kraft entgegenschleudern, dass sie zunächst mal genug von uns hat. Zumindest, bis wir hier weg sind."

    „Was nicht so ganz einfach werden dürfte", befürchtete der Elbenjunge. „Sieh dir nur an, in welchem Zustand Rarax ist. Und ohne ihn können wir dieses Tal kaum verlassen."

    „Davon abgesehen würden wir ihn auch nicht hier zurücklassen", merkte Sarwen an.

    Daron stimmte ihr sogleich zu. „Natürlich nicht."

    Schließlich hatten sie das Riesenfledertier mit viel Mühe und elbischer Heilkunst gesund gepflegt, nachdem sie es  verletzt in der Wildnis gefunden hatten. Und das Flugungeheuer anschließend zu zähmen, war ebenfalls nicht leicht gewesen. Dass Rarax die beiden Elbenkinder einst im weit entfernten Wilderland abgeworfen und in Stich gelassen hatte, wo sie es mit Trorks, Riesenmammuts und gefährlichen Flügelschlangen zu tun bekommen hatten, das hatten Daron und Sarwen ihm längst verziehen. 

    „Rarax wird sich schon wieder erholen", gab sich Daron optimistisch.

    „Ganz bestimmt", murmelte Sarwen halblaut.

    ––––––––

    Wieder ließ Daron ein Geräusch aufhorchen. Und diesmal war sich der Elbenjunge sicher, dass es nicht Rarax gewesen war, der sich bewegt oder gezuckt hatte. 

    Er lauschte angestrengt, und Sarwen tat es ihm gleich, denn obwohl ihr das Geräusch nicht aufgefallen war, erkannte sie aufgrund der engen geistigen Verbindung, die es zwischen den beiden Elbenkindern gab, wie beunruhigt Daron auf einmal war.

    „Was war?", fragte sie ihn.

    „Keine Ahnung."

    „Spürst du die Magie?"

    „Ja, sicher. Die dunkle Kraft, die in diesem Tal auf irgendeine Weise eingefangen wurde."

    „Nein, nein, da ist noch etwas anderes. Es ist viel schwächer, und die Kraft der Dunkelheit, die hier unten herrscht, überdeckt es fast. Aber es ist da, ganz bestimmt."

    Da sah Daron etwas über den Boden huschen: einen Schatten, so groß wie eine Faust. Fast lautlos schnellte es dahin, und selbst mit seinem Elbengehör musste Daron sich sehr anstrengen, um das schnelle Tapsen zu vernehmen.

    Es musste etwas Lebendiges sein, das stand fest. Aber nicht nur die Dunkelheit verhinderte, dass Daron Genaueres erkennen konnte, sondern auch die enorme Geschwindigkeit, mit der sich das Wesen bewegte. Schon hatte es einen der schroff aufragenden Felshänge erreicht, die das Tal umgaben.

    „Siehst du es noch?", fragte Sarwen in Gedanken.

    „Nein", musste Daron eingestehen.

    Im nächsten Moment war da plötzlich ein Licht. Es strahlte mit einer Kraft in die Finsternis, die Daron und Sarwen zunächst blendete, denn ihre Elbenaugen hatten sich auf die Dunkelheit am Talgrund eingestellt.

    Einen Herzschlag später war das Licht wieder verschwunden, so wie das faustgroße Wesen.

    „Was war das?", fragte Sarwen.

    „Ich weiß es nicht. Aber dieses Licht ..." Daron vollendete den Gedanken nicht. Das Phänomen war für ihn noch zu rätselhaft, als dass er irgendetwas Bestimmtes dazu hätte äußern können.

    Mit einer Ausnahme.

    „Hast du auch die Magie in diesem Licht gespürt, Daron?", erkundigte sich Sarwen stumm – denn zweifellos war es besser, sich nur in Gedanken zu verständigen, nun, da sie wussten, dass sie in diesem Tal nicht allein waren.

    Daron nickte. „Ja", bestätigte er. „Und ich denke, wir sollten uns das mal aus der Nähe ansehen." Er wies mit einem Kopfnicken in Richtung der Stelle, wo das Licht aufgeflammt war.

    „Und wenn der Nahtmahr zurückkehrt?", befürchtete das Elbenmädchen. „Ich glaube nicht, dass Rarax einen zweiten Angriff überleben würde."

    „Dann bleib du bei ihm und schütze ihn mit deinem Vertreibungszauber", schlug Daron vor. „Du beherrschst ihn besser als ich, und du hast ihn schon zweimal erfolgreich angewendet."

    „Na gut", stimmte Sarwen zu, fügte jedoch noch einen sehr eindringlichen Gedanken hinzu: „Aber wenn der Nachtmahr zurückkehrt und ich dich mit meinen Gedanken alarmiere, musst du sofort deine Kräfte auf den Vertreibungszauber konzentrieren!"

    „Sicher", versprach Daron.

    Kapitel 3

    Der Schatz im Berg

    Daron ging in jene Richtung, aus der ihn das magische Licht geblendet hatte. Ein Licht, dessen besondere Kraft er schon einmal gespürt zu haben glaubte. Er versuchte sich daran zu erinnern, wann und unter welchen Umständen das gewesen war.

    Und dann fielen ihm die Steine des magischen Lichts ein, aus denen Waffenmeister Thamandor, der größte Erfinder der Elbenheit, ein Pulver hergestellt hatte, das er Steingewürz nannte. Dieses Pulver brauchte er für die Flammenspeere, die er vor langer Zeit erfunden hatte und mit denen man Feuerstrahlen verschießen konnte.

    Der einzige Ort, an dem man bisher jene Steine gefunden hatte, aus der er das Pulver herstellen konnte, war die Insel Naranduin, wo die geflügelten Affen lebten. Aber leider schien es jene Steine auch dort nicht mehr zu geben, denn Xaror, der Herrscher des dunklen Reichs, hatte sie während des großen Krieges von den geflügelten Affen einsammeln lassen, um sich ihre Kraft nutzbar zu machen.

    Waffenmeister Thamandor suchte schon seit langem nach einer Substanz, die das aus den Steinen gewonnene Pulver ersetzen konnte, aber in den mehr als hundert Jahren, die seit dem großen Krieg gegen Xaror vergangen waren, war ihm das nicht gelungen.

    So musste er mit dem Vorrat auskommen, den er noch hatte – und niemand konnte vorhersagen, wie oft er mit den beiden Flammenspeeren noch Feuerstrahlen verschießen konnte.

    Das war auch der eigentliche Grund dafür, weshalb er bisher nur zwei Exemplare dieser Wunderwaffe angefertigt hatte.

    Daron war sich plötzlich sicher, dass die Magie des Lichts, das er gesehen hatte, in ihrer Eigenart mit jener Kraft übereinstimmte, die in Thamandors Pulver zu spüren war.

    Der Gedanke kam mir auch schon, doch er schien mir zu unwahrscheinlich", meldete sich Sarwen bei ihm, denn obwohl Daron allein losgegangen war, blieben sie miteinander in geistiger Verbindung.

    Daron bewegte sich vorsichtig und fast lautlos über den feuchten, teilweise schlammigen Boden. Seine Augen hatten sich gut an die Dunkelheit auf dem Talgrund gewöhnt. Er durfte nur nicht allzu oft nach oben in den hellen, strahlend blauen Himmel und das grelle Sonnenlicht schauen.

    Er blieb stehen, ging in die Hocke und sah sich genauer an, was er da plötzlich am Boden entdeckt hatte.

    Fußspuren!

    Ein menschliches Auge hätte sie in der Dunkelheit nicht bemerkt, aber für Daron waren sie deutlich sichtbar.

    Die Füße, die an dieser Stelle entlanggelaufen waren, maßen eine halbe Daumenlänge. Und sie hatten sechs Zehen, wie Daron feststellte, als er ganz vorsichtig mit den Fingerspitzen über einen der Abdrücke tastete. 

    Einst hatte das geheimnisvolle Volk der Sechs Finger im Zwischenland gelebt. Dessen Abkömmlinge waren die Trorks des Wilderlands, die ebenfalls sechs Finger an jeder Hand und jeweils sechs Zehen am Fuß hatten, und Letzteres galt auch für die Gnomen von Hocherde.

    Aber die Fußabdrücke, die Daron entdeckt hatte, konnten schon von der Größe her nicht von den riesenhaften Trorks stammen, die wie eine Mischung aus Orks und Trolle aussahen. Sie überragten jeden Menschen oder Elben bei weitem, und ihre Füße waren fast so groß wie die der vielarmigen Riesen aus dem Land Zylopien. Und auch die Füße der Gnomen von Hocherde waren für diese Abdrücke eindeutig zu groß, es sei denn, es wären die eines sehr kleinen Gnomen-Kinds gewesen. Zudem gingen diese Wesen nie barfuß.

    Die Kleinlinge wiederum, in deren Reich es Daron und Sarwen  verschlagen hatte, nachdem Rarax die Elbenzwillinge über dem Wilderland abgeworfen hatte, hatten weder sechs Finger noch sechs Zehen. Und davon abgesehen waren diese Abdrücke auch selbst für einen Kleinling noch zu winzig.

    Daron ging weiter, folgte den Spuren, die sich plötzlich verloren, so als wäre dieses rätselhafte Wesen einfach im Erdboden verschwunden.

    Oder konnte es fliegen?

    Daron erreichte schließlich den steilen felsigen Hang. Genau an dieser Stelle hatte er das magische Licht gesehen. Er entdeckte ein paar Sträucher, die sich modrig anfühlten, aber fest verwurzelt waren.

    „Wie kann in dieser Finsternis, in die kein Sonnenstrahl zu dringen vermag, eine Pflanze gedeihen?", ging es Daron durch den Kopf.

    Die Gedanken seiner Schwester antworteten ihm. „Alles, was hier wächst, kann seine Kraft nur aus der Finsternis beziehen, die der Nachtmahr hier offenbar angesammelt hat."

    „Und was die kleinen Füße betrifft ...?"

    „Bin ich genauso ratlos wie du, Daron."

    Der Elbenjunge hatte Sarwen in Gedanken eine Vorstellung von den Abdrücken gesandt, aber auch sie hatte keine Ahnung, was für ein Geschöpf die hinterlassen haben könnte.

    In der Nähe der Felswand stieß Daron erneut auf Spuren. Mindestens ein Dutzend Wesen mit kleinen, sechszehigen Füßen musste an dieser Stelle herumgetrampelt sein, und hier und dort waren auch Abdrücke ihrer kleinen Hände, die sechs Finger aufwiesen, auf dem Gestein zu sehen.

    Vom Händewaschen und elbischer Reinlichkeit scheinen diese Wesen nicht viel zu halten, dachte Daron, während er sich die schmutzigen Handabdrücke an der Felswand besah. Die geheimnisvollen Wesen schienen sie hinaufgeklettert zu sein. Sie fanden offenbar selbst an steil aufragendem glattem Fels noch Halt.

    Daron bog etwas von dem Gestrüpp zur Seite, das dort wuchs, wo er das magische Licht gesehen hatte, und entdeckte den Eingang zu einer Höhle, kaum eine Handbreit hoch. Jemand hatte ein dunkles, dicht gewebtes Tuch vor diesen Eingang gehängt.

    Der Elbenjunge streifte es zur Seite, und jenes grelle Strahlen, das er aus der Ferne gesehen hatte, flackerte ihm entgegen. Es blendete ihn nur für einen Moment, denn diesmal wurde er nicht davon überrascht, und so hatte er seine Augen darauf einstellen können.

    „Tatsächlich!, murmelte er. „Steine des gagischen Feuers! Da würde sich Waffenmeister Thamandor aber freuen, wenn sie ihm ein paar dieser Steine mitbrachten.

    Daron konzentrierte seine Magie auf die brennenden Steine, um ihr magisches Feuer zu löschen. Es gelang ihm, das Flackern nahm ab und erlosch dann ganz.

    Daraufhin langte der Elbenjunge in die kleine Höhle. Fast bis zur Schulter verschwand sein Arm im Felsloch, bis er endlich etwas zu fassen bekam, von dem ihm sein angeborenes Gespür für Magie sagte, dass es genau das war, was er in der kleinen Höhle vermutet hatte.

    Es war ein Stein – ein Stein des magischen Feuers -, doch obwohl er gerade von Innen heraus gebrannt hatte, fühlte er sich völlig normal an. Andernfalls hätte ein Zauber, den Daron vorher gewirkt hatte, verhindert, dass er sich die Hand daran verbrannte.

    Er zog den Arm wieder aus dem Felsloch, da schlang sich etwas um seinen linken Knöchel, und ihm wurde das Bein nach hinten weggezogen.

    Daron fiel zu Boden, riss dabei Arm und Hand aus dem Loch. Den Stein des magischen Feuers hielt er weiterhin umklammert, während er auf dem matschigen Boden landete. Sogleich sah er sich von mindestens zwanzig kleinen Gestalten umringt.

    Keiner von ihnen war größer als eine Handspanne. Ihre Gesichter hatten im Vergleich zu ihrer Größe sehr große, knollenförmige Nasen, die Augen leuchteten grün, und auf dem Kopf trugen sie eine strubbelige Mähne aus verfilztem rotem Haar. Manche von ihnen öffneten die Münder und zeigten dabei Zähne, die an Nagetiere erinnerten.

    Ihre Kleidung war schmutzig und abgerissen. Bei manchen bestand sie beinahe ausschließlich aus zusammengeflickten Lumpen. Die Hosen endeten kurz unter den Knien, sodass die mit Fell bedeckten Unterschenkel und Füße zu sehen waren, Füße, von denen jeder sechs Zehen aufwies.

    In den Händen hielten sie kleine Speere und Spieße, manchmal auch winzige Messer und Schwerter.

    Daron versuchte sich aufzurappeln, fiel aber sofort wieder hin. Um seinen linken Knöchel war nämlich das Ende einer Peitsche geschlungen. Jener langnasige kleine Krieger, der mit beiden Händen ihren Stiel hielt, hatte daran gezogen, sodass Daron erneut das Gleichgewicht verloren hatte.

    Im nächsten Moment schwang ein weiterer der kleinen Angreifer seine Peitsche, und sie schlang sich um Darons rechten Knöchel. Beide Peitschen schienen auf eine unheimliche Art zu leben. Abgesehen vom Stiel glichen sie dünnen Schlangenkörpern, an deren Ende sich je ein runder Kopf mit rot glühenden Augen und einem Maul mit spitzen, dolchartigen Zähnen befand, von denen Daron nur hoffen konnte, dass es keine Giftzähne waren.

    Mit diesen Zähnen hakte sich der Kopf in den Schuppen seines eigenen Schlangenkörpers fest, sodass sich Daron aus der Fesselung nicht so einfach befreien konnte.

    Sarwens besorgte Gedanken erreichten ihn.

    „Bleib besser, wo du bist!", sandte Daron ihr eindringlich zurück.

    Die kleinen langnasigen Krieger redeten wild durcheinander. Sie benutzten dabei eine Sprache, von der Daron noch nie ein Wort gehört hatte. Aber die Gedanken der kleinen Kerle waren sehr intensiv und eindringlich, und so konnte der Elbenjunge zumindest Bruchstücke von dem verstehen, was sie dachten und dann auch in ihrer für ihn unbekannten Sprache sagten.

    Immer wieder war dabei von „unserem Schatz" die Rede und davon, dass jeder schrecklich bestraft werden müsste, der versuchte, ihn zu rauben.

    Der Elbenjunge überlegte einen Moment, ob er versuchen sollte, die Fesselung durch die Peitschen mithilfe seiner magischen Kräfte zu sprengen, aber er entschied sich, damit noch zu warten. Erstens war er sich nicht sicher, ob ihm der Versuch auch gelingen würde, und zweitens hatte er diese Wesen dann auf jeden Fall gegen sich – und Daron wusste ja nicht, wie lange er und Sarwen vielleicht gezwungen waren, in diesem Tal zu verweilen.

    Vielleicht konnten sie von den Winzlingen ja auch noch die eine oder andere wertvolle Information erhalten. Zum Beispiel darüber, woher sie ihren scheinbar doch recht beträchtlichen Vorrat an Steinen des magischen Feuers hatten.

    Fand man diese Steine hier in den Bergen, oder hatte der Nachtmahr sie irgendwem geraubt, und nun war es die Aufgabe der kleinen Krieger, diesen Schatz zu bewachen?

    Daron beobachtete, wie einige der Winzlinge im Boden verschwanden. Sie sanken einfach ein und waren einen Augenblick später nicht mehr da.

    „Ich bin nicht euer Feind", sagte Daron und sandte ihnen einen entsprechenden Gedanken, obwohl er sich nicht sicher war, ob sie ihn auch wirklich verstanden.

    Wenig später kamen die in der Erde verschwunden Winzlinge wieder hervor, und sie hatten noch weitere Angehörige ihres Volkes aus der Tiefe mitgebracht. Diesmal waren es nicht nur bewaffnete Krieger, auch Frauen und Kinder befanden sich unter ihnen. Letztere waren so winzig, dass man sie leicht übersehen konnte. Neugierig starrten sie Daron an.

    Jemand, der die Fähigkeit hatte, im Boden zu versinken, musste Darons Meinung nach auch über eine gewisse magische Begabung verfügen. Anders war das sonst kaum zu erklären. Von daher durfte er wohl hoffen, dass sie seine Gedanken zumindest so gut verstanden wie er die ihren.

    Daron gab sich Mühe, genug Kraft in seine Gedanken zu legen und sie außerdem klar und einfach zu fassen, damit sie für die kleinen Krieger nicht zu fremdartig waren.

    „Ich bin Daron, der Enkel des mächtigen Elbenkönigs Keandir", sprach er seine Gedanken gleichzeitig laut aus, aber die Antworten, die er aufschnappte, waren ziemlich verwirrt. Dennoch, Daron vermochte immer mehr von dem, was die Winzlinge dachten und sagten, zu verstehen. Sie schienen nicht zu wissen, was ein Elbenkönig war.

    Als Daron den Oberkörper hob, schlang sich eine weitere Peitsche um seinen Leib. Der Kopf am Ende der Schlangenpeitsche biss seine Zähne in die Zwischenräume der Schuppen, sodass sie festgehakt waren. Die rot glühenden Augen funkelten Daron böse an.

    Jetzt reicht es!, dachte der Elbenjunge energisch.

    Er konzentrierte seine dunklen magischen Kräfte, und seine Augen wurden dabei vollkommen schwarz. Die Schlangenpeitschen sträubten sich zwar, aber dann lockerten sie doch ihren Biss, und im nächsten Moment zuckten sie alle gleichzeitig zurück, während aus den geöffneten Mäulern wütendes Zischen drang.

    Die kleinen Krieger wichen mehrere Schritte nach hinten, und ihre Kinder wurden sofort unter die Erde geschickt. Sie sanken einfach ins Erdreich ein.

    Daron sprang wieder auf die Füße.

    Auf einmal ertönte ein dröhnender, tierhafter Ruf, der so durchdringend war, dass alle regelrecht zusammenzuckten.

    Rarax!, durchfuhr es Daron.

    Offenbar hatte Sarwen es geschafft, das völlig geschwächte Riesenfledertier dazu zu bewegen, wenigstens einen seiner furchterregenden Schreie auszustoßen, wenn es schon nicht dazu in der Lage war, Daron zu Hilfe zu eilen.

    „Vorsicht! Der spitzohrige Riese ruft sein Flugungeheuer herbei!", rief jemand.

    Mehrere Speere wurden in Darons Richtung geschleudert, aber der Elbenjunge wehrte sie allesamt mit seinen magischen Kräften ab. Dazu hob er die freie Hand und lenkte die Speere einfach zur Seite, sodass sie einige Schritt entfernt zitternd im schlammigen Boden stecken blieben. Ein Speer schlug auch gegen den Fels, woraufhin die Waffe polternd niederfiel.

    Keines der Wurfgeschosse war länger als eine Handspanne. Für zylopische Riesen oder Trorks wären sie wie Zahnstocher gewesen.

    „Hört auf damit!, rief Daron. „So einfach könnt ihr mich nicht besiegen. Und davon abgesehen würde dann meine Schwester das Flugungeheuer auf euch hetzen!

    Dass Rarax im Moment nicht mal in der Lage gewesen wäre, mit einer seiner Schwingen zu zucken, weil er sich mit seinem furchteinflößenden Schrei völlig verausgabt hatte, brauchte er seinen Gegnern ja nicht auf die Nase zu binden.

    Einige der kleinen Krieger begannen untereinander zu streiten. Ihre piepsigen Stimmen waren so schrill, dass es in Darons empfindlichen Elbenohren schmerzte, und ihre Gedanken so chaotisch, dass er davon nur einen Teil aufzuschnappen vermochte.

    Auf jeden Fall hatten sie große Angst und stritten darüber, was sie tun sollten, um sich zu schützen.

    „Ihr braucht euch nicht zu schützen, denn ich bin nicht euer Feind", erklärte der Elbenjunge.

    „Räuber!", piepste ihm einer der Winzlinge entgegen. Er benutzte dafür natürlich ein Wort aus seiner eigenen Sprache, aber Daron nahm gleichzeitig seine Gedanken wahr.

    „Ich bin kein Räuber, und es war auch nicht meine Absicht, euch etwas wegzunehmen", erklärte der Elbenjunge und ließ den Stein des magischen Feuers zu Boden fallen. Er rollte ein Stück dahin und blieb dann liegen.

    Keiner von den kleinen Kriegern hatte genug Mut, sich dem Stein zu nähern. Davon abgesehen war er für die kleinen Knirpse auch ein ziemlich schwerer Brocken. Wahrscheinlich wären drei oder vier von ihnen nötig gewesen, den Stein zu heben.

    Einer von ihnen trat schließlich doch vor, wenn auch zögerlich und vorsichtig. Er hatte einen feuerroten Bart, der ihm fast bis unter die Augen reichte. „Du sprichst eine andere Sprache als wir, und doch können wir manches von dem, was du sagst, verstehen. Allerdings glauben wir dir nicht, dass du nicht gekommen bist, um uns zu berauben, da du doch ganz offensichtlich nichts anderes im Sinn hattest, als du in eine unserer Lagerhöhlen gegriffen hast."

    „Da wusste ich nicht, dass diese Steine einen Eigentümer haben", verteidigte sich Daron.

    „Und dir ist nicht aufgefallen, dass die Höhle verhängt war?, fragte der Feuerbart sarkastisch. „Höhlen, vor denen ein Vorhang aus dem Felsen wächst, dürften äußerst selten ein.

    Daron musste zugeben, dass seine entschuldigenden Worte wirklich nicht sehr überzeugend waren.

    „Vielleicht haben wir uns einfach nur unter sehr unglücklichen Umständen kennengelernt und sollten noch mal von vorn anfangen, schlug er vor. „Wie ich schon sagte, ich bin euch nicht feindlich gesinnt, und ich werde euch nichts tun, wenn ich nicht gezwungen werde, mich zu verteidigen.

    „Gut", stimmte der Feuerbärtige zu.

    „Ich habe euch bereits gesagt, wer ich bin – auch wenn ihr von meinem Volk und meinem Großvater noch nichts gehört zu haben scheint, was mich ehrlich gesagt wundert. Schließlich lebt ihr in Nordbergen, einer Provinz, die streng genommen noch zu König Keandirs Reich gehört, auch wenn sie nicht von ihm selbst regiert wird."

    „Wir sind Bergkobolde, und mein Name ist Brathold Feuerbart, stellte sich Darons Gegenüber daraufhin vor und richtete sich stolz zu seiner vollen Größe auf – wodurch er Daron allerdings noch immer nicht bis zum Knie reichte. „Wir haben dieses finstere Tal schon seit vielen Generationen nicht mehr verlassen, und daher weiß niemand von uns über die Dinge, die außerhalb der Berge geschehen. Deshalb auch haben wir von deinem Elbenkönig noch nie etwas gehört.

    Daron dachte einen Augenblick über Brathold Feuerbarts Worte nach. Es konnte sehr gut sein, dass dieses Tal von den Elben bisher schlicht und ergreifend übersehen worden war. Schließlich lebten gerade in Nordbergen nur wenige von seinem Volk, und die Heimat der Bergkobolde lag ausgesprochen abgelegen.

    Hätte der Nachtmahr Daron, Sarwen und das Riesenfledertier nicht angegriffen, hätten auch sie diesem Tal keine Beachtung geschenkt, sondern wäre ahnungslos darüber hinweggeflogen.

    „Aber wie kommt es, dass ihr diesen Ort nie verlassen habt?, fragte Daron. „Hat es euch nie interessiert, was für eine Welt dort hinter den Bergketten liegt?

    „Doch, gewiss, antwortete Brathold. „Doch der Bann des Nachtmahrs hält uns hier gefangen. Seine finstere Kraft hindert uns daran, das Tal zu verlassen, aber sie schützt uns auch vor dem Bösen dort draußen.

    „Welchem Bösen?", fragte Daron verständnislos, denn er hatte wirklich keine Ahnung, was Brathold wohl damit meinte.

    „Das müsstest du doch wissen, erwiderte der feuerbärtige Bergkobold. „Schließlich kommst du doch von dort.

    „Und darum bist auch du böse", ergänzte einer der anderen Kobolde und stampfte zornig mit dem linken Fuß auf. 

    „Lass es gut sein, Kramso Donnerstampfer!, schalt ihn Brathold Feuerbart. „Lasst uns erst mal anhören, was der Spitzohrenriese zu sagen hat, das kann nichts schaden

    Kramso Donnerstampfer deutete auf den Stein des magischen Feuers. „Sieh dir das an! Der Spitzohrenriese hat das Feuer gelöscht. Wer weiß, ob es sich wieder entzünden lässt!"

    „Kein Problem, mischte sich Daron ein. „Ich wollte mir nur nicht die Finger daran verbrennen.

    Daron konzentrierte seine Kräfte und

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1