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Der mündige Trinker: Ambulante Psychotherapie bei Alkoholkranken - Materialien beigefügt
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eBook440 Seiten3 Stunden

Der mündige Trinker: Ambulante Psychotherapie bei Alkoholkranken - Materialien beigefügt

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Über dieses E-Book

Das im Buch beschriebene Vorgehen folgt den Prinzipien der Selbstmanagement-Therapie.
Die Entscheidung des Klienten/Betroffenen ist zentrale Grundlage des psychotherapeutischen Prozesses mit folgenden Prozess-Schritten: Arbeitsbeziehungen, Änderungsmotivation, funktionale Diagnose, individuelles Plausibles Modell über die Störungsentwicklung und Störungsbewältigung, einzusetzende Mittel und Methoden, Prozess- und Ergebnisevaluation, Motivieren zu fortlaufendem Selbstmanagement.
Das Vorgehen wurde im klinischen Alltag überprüft. Dissertation über die Überprüfung wurde mit Promotion gewürdigt.
Zur Zeit wird das Vorgehen in der ambulanten Praxis verwirklicht.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum20. Feb. 2013
ISBN9783844248210
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    Buchvorschau

    Der mündige Trinker - Peter Sadowski

    Inhaltsverzeichnis

    Geleitwort

    Vorwort

    1 Einleitung

    1.1 Behandlungsbedürftigkeit und wirtschaftliche Ressourcen

    1.2 Zum theoretischen Hintergrund

    1.2.1 Modellannahmen über die Störungsentwicklung

    1.2.2 Zur Rekonstruktion der individuellen Störungsentwicklung

    1.2.3 Zustandsabhängiges Lernen

    1.2.4 Krankheitsmodell

    1.3 Selbstmanagement-Therapie

    1.3.1 Beziehungen Patient-Therapeut

    1.3.2 Das Ausüben von Macht im Rahmen der Therapie

    1.3.3 Transparenz des intendierten therapeutischen Prozesses

    1.3.4 Funktionale Diagnostik

    1.3.5 Therapeutischer Optimismus

    1.4 Zur Klinik

    2 Therapiestrategien

    2.1 Übertragen von Verantwortung an Patienten

    2.2 Transparenz

    2.3 Positiv formulierte Ziele

    2.4 Authentische Erlebnisse vor induzierten Erlebnissen

    2.5 Minimale Intervention

    2.6 Der Erfolg ist die Mutter der Erfolges

    2.7 Prozessorientierung

    2.8 Individuelle Arbeitspunkte innerhalb des intendierten Prozesses

    2.9 Automatisiert ablaufende Prozesse

    2.10 Fördern von Entscheidungen

    2.11 Offene oder vorgegebene Wahlen

    2.12 Der therapeutische Dreisprung (Typisch? Kritisch? Verändern?)

    2.13 Humor

    3 Therapieziele

    3.1 Allgemeine Therapieziele

    3.1.1 Abstinenz als Mittel zum Vermeiden von Nachteilen

    3.1.2 Abstinenz als Voraussetzung für das Erreichen selbst definierter Lebensziele

    3.1.3 Abstinenz als Anker zum Bewältigen von Lebenskrisen

    3.1.4 Weitere allgemeine Therapieziele

    3.2 Individuelle Therapieziele

    3.3 Unterschiedliche Intensitäten der Selbststeuerung: Selbstkontrolle und Selbstregulation

    4 Vernetzung

    5 Erfahrungen des Patienten im psychosozialen Feld vor Aufnahme in die stationäre Behandlung

    6 Das Therapieprogramm „Greifswalder Modell"

    6.1 Das Vorgespräch

    6.2 Der Beginn der stationären Rehabilitationsphase

    6.2.1 Tätigkeiten der Co-Therapeuten

    6.2.2 Die ärztliche Untersuchung

    6.2.3 Das psychotherapeutische Aufnahmegespräch

    6.2.4 Tests

    6.3 Die Struktur der Bezugsgruppe aus psychotherapeutischer Sicht

    6.3.1 Arbeitshaltungen der Gruppenmitglieder

    6.3.2 Gruppenregeln

    6.3.3 Institutionalisierte Aktivität

    6.3.4 Gruppensprecher, Hüter der Termine, Sport und Freizeit, Betreuer von Therapieneulingen und Ähnliches

    6.3.5 Einstieg in die Bezugsgruppe

    6.3.5.1 Ein Betreuer aus der Bezugsgruppe

    6.3.5.2 Die Bezugsgruppe stellt sich vor

    6.3.5.3 Der intendierte therapeutische Prozess wird verdeutlicht

    6.4 Der Therapieprozess

    6.4.1 Entscheidungen des Patienten zur Behandlungsbedürftigkeit, Änderungsmotivation

    6.4.2 Entscheidungen des Patienten zur Qualität der Störung (Abhängigkeit oder schädlicher Gebrauch)

    6.4.3 Entscheidungen des Patienten zum zukünftigen Trinkverhalten (Abstinenz oder Kontrolliertes Trinken)

    6.4.4 Unbedingte oder Bedingte Entscheidung für Abstinenz

    6.4.5 Entscheidungen des Patienten zum Verändern intrapersonaler Bedingungen

    6.4.6 Rekonstruktion des Störungsverlaufes (Suchtkurve)

    6.4.6.1 Auslöser für das Trinkverhalten Sichten und Ordnen

    6.4.6.2 Verhaltensanalysen

    6.4.6.3 Das individuelle Plausible Modell

    6.4.7 Individuelle Therapieziele und fortlaufendes Selbstmanagement

    6.4.7.1 Erarbeiten von Annäherungen an die definierten Therapieziele

    6.4.7.2 Entscheidungen über ausreichende Annäherungen an Therapieziele

    6.4.7.3 Ende der stationären Rehabilitationsphase

    6.5 Verzögerungen oder Störungen im intendierten therapeutischen Prozess

    6.5.1 In der Person begründet

    6.5.2 Im sozialen System begründet

    6.5.3 Anpassen des inhaltlich- therapeutischen Prozesses an die verzögernden oder störenden Bedingungen

    6.5.4 Zwei Versuche

    6.5.5 Anpassen der Therapiedauer mit Einverständnis der Kostenträger

    6.6 Eingesetzte Mittel in der Therapie

    6.6.1 Selbstanalyse

    6.6.2 Hausaufgaben

    6.6.3 Verkürzte Definition von Abhängigkeit

    6.6.4 Verstärken Verstärken Verstärken

    6.6.5 Konfrontation: Dissonanz zwischen Erwünschtem und Erreichtem

    6.6.6 Tagesberichte

    6.6.7 Realitätstraining

    6.6.7.1 Ritual Erwartungen an das Wochenende

    6.6.7.2 Ritual Überprüfen der Erwartungen nach dem Wochenende

    6.6.8 Vorstellungen von Selbsthilfegruppen

    6.6.9 Informationsvermittlung im Plenum bzw. in der Großgruppe

    6.7 Das Team

    6.7.1 Zusammensetzung des Teams, Multiprofessionalität

    6.7.2 Zusammenwirken der verschiedenen Berufsgruppen

    6.7.3 Organisation des Zusammenwirkens

    6.7.3.1 Frühteam

    6.7.3.2 Kleinteam

    6.7.3.3 Reha-Team

    6.7.3.4 Medizinische Versorgung

    6.8 Supervision, Qualitätssicherung

    7 Anstelle eines Nachwortes: „Der schlecht motivierte Patient"

    8 Anhang

    8.1 Suchtinformation, handlungsorientiert aufbereitet

    8.1.1 Definition von Abhängigkeit

    8.1.2 Entscheidungen der Patienten zur Abhängigkeit und zur Abstinenz

    8.1.3 Argumente für dauerhafte Abstinenz und gegen den Konsum anderer zustandsverändernder Mittel

    8.1.4 Über die Machbarkeit von Abstinenz

    8.2 Intervention „Problemlösetraining"

    8.3 Selbstanalyse

    8.4 Fragebogen FESTA

    8.5 Therapiematerial

    8.5.1 Tabelle Selbststeuerung

    8.5.2 Medizinisches und bio-psycho-soziales Krankheitsmodell

    8.5.3 Tabelle Verhaltensanalyse

    8.5.4 Tabelle Suchtkurve

    8.5.5 Tabelle Trinkauslöser

    8.5.6 Tabelle Plausibles Modell

    8.5.7 Tabelle Beobachtungen zum Therapieverlauf

    8.5.8 Tabelle Kurzbilanz der Therapie

    Literaturverzeichnis

    Index

    Fussnoten

    Peter Sadowski

    Der mündige Trinker

    Selbstmanagement-Therapie für Alkoholkranke
    mit umfangreichen Materialien für die ambulante Psychotherapie bei Alkoholkrankheiten
    ergänzte und korrigierte Auflage

    2013

    Korrespondenzadresse:

    Dr. phil. Peter Sadowski

    Psychotherapeutische Praxis

    Turmstraße 19

    17033 Neubrandenburg

    E-Mail: info@peter-sadowski.de

    Homepage: www.der-muendige-trinker.de

    Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

    Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; 

    detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

    Imprint:

    Der mündige Trinker. Selbstmanagement-Therapie für Alkoholkranke mit umfangreichen Materialien für die ambulante Psychotherapie bei Alkoholkrankheiten

    ergänzte und korrigierte Auflage

    Copyright: © 2013 Dr. Peter Sadowski

    Umschlagbild: Caspar David Friedrich, Mönch am Meer (1809/10)

    published by epubli GmbH, Berlin www.epubli.de

    ISBN 978-3-8442-4821-0

    Geleitwort

    Mit dem vorliegenden Buch finden die Leserinnen und Leser eine, im deutschen Sprachbereich einmalige, Darstellung der Möglichkeiten und Chancen des Selbstmanagementansatzes in der Therapie der Alkoholabhängigkeit.

    Es ist erstaunlich, wie wenig dieser Ansatz, ursprünglich von Frederik H. Kanfer entwickelt, in Deutschland und den Nachbarländern rezipiert wurde. Dies mag vor allem seiner Komplexität geschuldet sein. Denn Selbstmanagement ist – wie auch der Titel des vorliegenden Buches „Der mündige Trinker" zeigt – ein anspruchsvolles und zutiefst humanistisches Programm. Insofern ist es der besondere Verdienst des Autors Peter Sadowski, dass er Theorie, Modelle und Praxis des Selbstmanagements in seiner Anwendung auf alkoholbezogene Probleme dargestellt hat und damit zur sicherlich verdienten und notwendigen weiteren Verbreitung des Therapieansatzes beiträgt.

    Zur Systematik des Selbstmanagements gehören vor allem,

    dass der Patient selbst eindeutige Entscheidungen zum Behandlungsauftrag und zur Störungsbewältigung trifft, wobei er wohlwollende therapeutische Begleitung erfährt

    dass den Betroffenen grundlegende Selbstmanagement-Kompetenzen vermittelt werden. Insofern liefert die Therapie entscheidende Bausteine zu einer erfolgreichen Lebensführung und einem gelingendem Leben

    dass die funktionalen Zusammenhänge zwischen Störungsentwicklung und Persönlichkeit gemeinsam mit den Patienten identifiziert werden

    und dass schließlich gemeinsam mit dem einzelnen Patienten Alternativen für die Art des Erlebens und Verhaltens erarbeitet werden, die bis dahin die Abhängigkeitsentwicklung gefördert hatten.

    Die genannten Ziele verdeutlichen, dass Selbstmanagement ein radikal befreiender, emanzipativer Therapieansatz sein kann. Deshalb ist es für Suchtpatienten, die sich oft als Opfer ihres Suchtmittels, ihres Umfeldes oder ihres Lebens schlechthin fühlen, ein besonders geeigneter Ansatz. Indem die Verantwortung für Denken, Fühlen und Handeln thematisiert und neu kalibriert wird, besteht für viele Abhängige die Chance zur Befreiung, zu einem verantwortlichen und mündigen Leben.

    Prof. Dr. Michael Klein

    Präsident der Deutschen Gesellschaft für Suchtpsychologie

    Leiter der Kompetenzplattform Suchtforschung an der Katholischen Fachhochschule Nordrhein-Westfalen (KFH NW), Köln

    Vorwort

    Mit dieser Auflage soll die digitale Nutzbarkeit des Textes und der Materialien verbessert werden. Wer mit einem Smartphone oder einem anderen digitalen Lesegerät kurzfristig Anregungen finden will, soll auf diese Weise leichteren Zugang finden.

    Die Materialien sind darauf gerichtet, Informationen für die besonderen Umstände eines jeden Einzelfalles zusammenzustellen. Die Informationen sind zweckgerichtet. Sie dienen dem Aufbau bzw. dem Stabilisieren von Änderungsmotivation. Deshalb ist die Formulierung vom Motivierenden Informieren passend.

    Mithilfe dieser Informationen sollen Klienten befähigt werden, personentypische Bedingungen bei sich selbst zu beobachten und diese Bedingungen kritisch zu bewerten. Klienten werden dadurch aus der Position entlastet, von außen Belehrungen über ihren Zustand ertragen zu müssen. Die Bereitschaft zur Reaktanz kann in dem gleichen Maße sinken, wie die Bereitschaft zum gemeinsamen Bearbeiten der Klientenprobleme steigt.

    Dadurch wird Kapazität gewonnen für das Anstreben individueller Therapieziele (statt Energien von Therapeuten und Klienten für das Bearbeiten von Widerstand aufzuwenden).

    Die Materialien sind zugleich geeignet, Klienten einen Anhalt zu bieten für das selbst verantwortete Aufrechterhalten desjenigen Erlebens und Verhaltens, dass die individuellen Chancen auf das Mehren von Zufriedenheit und Glück verbessern soll. 

    Erarbeitet wurden die Veränderungen in der professionellen Behandlung gemeinsam, nach Ende der Behandlung organisieren Klienten das weitere Leben eigenverantwortlich.

    Der „Mönch am Meer" von Caspar David Friedrich ist mir für diese Eigenverantwortlichkeit seit langem ein Symbol: im Angesicht der Welt trifft der Einzelne Entscheidungen - klein und einsam und ohne die Möglichkeit, die notwendigen Entscheidungen zu delegieren oder den Folgen der Entscheidungen zu entgehen. In der Psychotherapie ergibt sich immer wieder Gelegenheit, auf weitere Aspekte des Lebens hinzuweisen: es ist bunt und schön und prall!

    In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern und Nutzern viel Glück und Erfolg

    Peter Sadowski, im Februar 2013

    1

    Einleitung

    Im Folgenden wird beispielhaft das Vorgehen in der stationären Rehabilitation wegen Alkoholabhängigkeit beschrieben, wie es in der Fachklinik für Abhängigkeitsrehabilitation von 1997 bis 2007 (in der Johanna-Odebrecht-Stiftung in Greifswald) praktiziert wurde. Es handelt sich um eine kleine Einrichtung mit 22 Betten.

    Damit der Unterschied zwischen beschriebenem Konzept und gelebter Wirklichkeit in der Einrichtung möglichst gering bleibt, wurden viele Teile des Konzeptes für das Qualitätsmanagement-Handbuch der Einrichtung in die Form von Flussdiagrammen gebracht. Beschrieben wird hier das Vorgehen innerhalb des stationären Settings; die stationäre Behandlungsphase wird als Teil einer Kombi-Therapie gesehen.

    Innerhalb der stationären Rehabilitationsphase sollen

    vom Patienten¹ eindeutige Entscheidungen zum Behandlungsauftrag und zur Störungsbewältigung getroffen werden (Abhängigkeitsakzeptanz und unbedingte Abstinenzentscheidung)

    grundlegende Selbstmanagement-Kompetenzen vermittelt werden. Dazu gehören die Fähigkeiten, sich selbst und soziale Situationen zu beobachten, sich selbst und soziale Situationen zu bewerten, die Ergebnisse des eigenen Verhaltens zu bewerten und sich im Idealfall selbst zu verstärken.

    Individuelle funktionale Zusammenhänge zwischen Störungsentwicklung und intrapersonaler Variablen sollen gemeinsam mit den Patienten identifiziert werden.

    Gemeinsam mit dem einzelnen Patienten sollen Alternativen für die Art des Erlebens und Verhaltens erarbeitet werden, die bis dahin die Abhängigkeitsentwicklung gefördert hatten. Innerhalb der stationären Rehabilitationsphase soll begonnen werden, diese individuellen Therapieziele anzustreben. Diese Entwicklung soll in einer ambulanten Rehabilitationsphase fortgeführt werden.

    Selbstmanagement-Therapie wird in diesem Zusammenhang als eine psychotherapeutische Basisversorgung angesehen, mit deren Hilfe der einzelne Patient an das Identifizieren von individuellen Therapiezielen herangeführt wird und mit dessen Hilfe für eine weitere eigenverantwortliche Entwicklung über das Ende der professionellen psychotherapeutischen Versorgung hinaus motiviert wird (fortlaufendes Selbstmanagement). Die individuellen Therapieziele werden angestrebt mit Hilfe derjenigen psychotherapeutischen Techniken, die wissenschaftlich begründet sind und die dem jeweiligen Therapeuten zur Verfügung stehen (in der Regel verhaltenstherapeutische Standardmethoden). Ein Verbessern des Zugangs zu den emotionalen Anteilen der Person wird ebenfalls im Rahmen von individuellen Therapieziele erarbeitet; ebenso natürlich der Umgang mit Gefühlen, soweit sie dem Alkoholkonsum vorausliefen (siehe z.B.  „Verhaltensanalyse", Kapitel 6.4.6.2). Natürlich können Praktiker gute Gründe dafür finden, den Umgang mit Gefühlen zu allgemeinen Therapiezielen zu erklären.

    Aus der Sicht von Selbstregulation (siehe Kapitel 3.3 „Unterschiedliche Intensitäten der Selbststeuerung: Selbstkontrolle und Selbstregulation") heraus ist es sogar ausgesprochen wünschenswert, dass der Einzelne nicht nur seinen Verstand einsetzt, um Abweichungen oder Übereinstimmungen mit dem gewählten Weg zum identifizieren. Bei dem hier beschriebenen Vorgehen liegt der Schwerpunkt der therapeutischen Bemühungen auf dem Vorbereiten von Entscheidungen, die der Patient treffen sollte und auf dem Motivieren zu fortlaufendem Selbstmanagement.

    Die Vernetzung der therapeutischen Anstrengungen zwischen der stationären und der ambulanten Rehabilitationsphase werden ebenfalls aus der Sicht der stationären Behandlung beschrieben.

    1.1 Behandlungsbedürftigkeit und wirtschaftliche Ressourcen

    Dem Vorgehen zu Grunde liegen Überlegungen, wie der Nutzen für Patienten unter Berücksichtigung der allgemeinen Situation des Gesundheitswesens und der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation zu optimieren sei. Die Gesundheitssysteme in Deutschland stehen unter dem Druck, Kosten einzusparen. Im europäischen Vergleich wird in Deutschland ein hoher Prozentsatz des Bruttoinlandsproduktes (10,8%) eingesetzt, um durchschnittliche Ergebnisse zu erzielen. Andere Länder, z.B. Finnland, erreichen solche Ergebnisse mit einem Einsatz von weniger als acht Prozent des Bruttoinlandsproduktes (Huber & Langbein, 2004). Im Zuge der Anpassung innereuropäischer Lebensbedingungen ist zu erwarten, dass sich das Gefälle zwischen den einzelnen Ländern verringern wird. Günstige Veränderungen der konjunkturellen Situation würden diesen Prozess höchstens verzögern.

    Das Statistische Bundesamt hat im Juli 2004 veröffentlicht, dass der Anteil der Gesundheitskosten am Bruttoinlandsprodukt zwischen 1992 und 2002 von 10,1 % auf 11,1 % gestiegen sei (Statistisches Bundesamt, 2004)². In dieser Veröffentlichung wurde auch der Druck illustriert, der sich aus der wandelnden Alters-Zusammensetzung der Gesellschaft ergeben wird: Knapp 43 % der Krankheitskosten würden auf die rund 17 % der Bevölkerung entfallen, die über 65 Jahre alt sind; bis zum Jahr 2050 sei eine Verdoppelung des Anteils der über 65Jährigen zu erwartet.

    Die volkswirtschaftlichen Kosten von Alkoholabhängigkeit und Alkoholmissbrauch belaufen sich nach Einschätzung des Bundesgesundheitsministeriums zurzeit etwa auf 20,6 Milliarden Euro (Bühringer, 2000).

    Auch wenn es erste Hinweise darauf gibt, dass der Konsum von Alkohol nicht weiter kontinuierlich steigt, sind immer noch bedenkliche Zahlen für einen riskanten Konsum oberhalb eines Grenzwertes von 20 g bzw. 30 g reinen Alkohols pro Tag für Frauen bzw. Männer festzustellen.

    Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung geht in ihren Bericht für das Jahr 2004 von 3,8 Millionen Männern und 1,7 Millionen Frauen aus, die in riskanter Weise Alkohol konsumieren (Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, 2004). Die Zahl der Fälle ist so groß, dass deutschlandweit von etwa 40.000 Todesfällen pro Jahr, als Folge des Alkoholkonsums, gesprochen wird (Bühringer et. al., 2000 spricht gar von 42.000 Personen, deren Tod direkt oder indirekt mit Alkohol in Verbindung steht).

    Die Landesstelle zur Bekämpfung der Suchtgefahren in Mecklenburg-Vorpommern veröffentlicht regelmäßig Hinweise, dass die durchschnittliche Belastung der Bevölkerung in diesem Bundesland höher liegt als der bundesweite Durchschnitt.

    Im Vergleich mit Deutschland hat Mecklenburg-Vorpommern vor allem in den jüngeren Altersgruppen eine drastisch erhöhte Krankenhaushäufigkeit im Bereich alkoholbezogener Erkrankungen – diese Aussage wiederholt sich jedes Jahr... In der Region Vorpommern lag der Anteil dieser Männer in der Altersgruppe der unter 40jährigen fast dreimal so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Ein Indikator für den übermäßigen Alkoholkonsum der Bevölkerung in Mecklenburg-Vorpommern ist die Anzahl der Lebererkrankungen. 2002 waren 57% aller Krankenhausfälle bei den Männern wegen Lebererkrankungen alkoholbedingt (Frauen 36 %) (Landesstelle Mecklenburg-Vorpommern, 2003).

    Es ist anzunehmen, dass eine kostengünstige und wirksame Therapie von den Kostenträgern und ihren Versicherten eher nachgefragt werden würde als eine Maßnahme, die im Vergleich einen höheren wirtschaftlichen Einsatz fordert.

    Grundsätzlich beruhen die Überlegungen für eine Kombitherapie mit einer stationären und einer ambulanten Behandlungszeit darauf, dass es aus ethischer Sicht geboten ist, über möglichst wenig Lebenszeit der Patienten, durch eine stationäre Aufnahme und die damit verbundene Entkoppelung aus ihren sozialen Bezügen, zu verfügen.

    Zum nachhaltigen Fördern von Eigenverantwortung kann sich jeder psychotherapeutische Tätige durch die in Art. 1 der Verfassung Deutschlands verankerte Unantastbarkeit der Würde des Menschen verpflichtet sehen (Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 1949, zuletzt geändert 2002). Die Verpflichtung gilt auch dann, wenn es für den einen oder anderen Einzelnen bequemer ist, Verantwortung für die eigene Lebensgestaltung zu delegieren, statt sich um eine eigenverantwortliche Bewältigung der eigenen Lebensprobleme zu bemühen. Auch für den Einzelnen selbst bleibt die eigene Würde rechtlich unantastbar.

    Aus der Sicht der Wirtschaftlichkeit bietet eine Kombi-Therapie mit stationärer und ambulanter Rehabilitationsphase einen weiteren Vorteil: Aus dem kostenintensiven stationären Setting lassen sich Therapieteile in das kostengünstigere ambulante Setting externalisieren.

    1.2 Zum theoretischen Hintergrund

    Der Beschreibung des therapeutischen Vorgehens liegen einige Überlegungen über das Entstehen der Störung Alkoholabhängigkeit zu Grunde. In den letzten Jahrzehnten gab es immer wieder Versuche, die Genese dieser Störung aus der Sicht verschiedener psychotherapeutischer Modellvorstellungen zu erklären. In den letzten Jahren werden die Erklärungsansätze erfreulicherweise auch häufiger durch biologisch-physiologische Aspekte ergänzt (Bühringer et. al., 2000, Bühringer 2001). Eine allseits anerkannte und umfassende Theorie über das Entstehen von Alkoholabhängigkeit ist hier aber zurzeit nicht bekannt. So wird davon ausgegangen, dass es keine einheitliche Theorie über das Entstehen von Alkoholabhängigkeit gibt. Dies wird auch von anderen Fachleuten ausdrücklich bestätigt (z.B. Tretter & Müller, 2001; Petry, 1996).

    Die traditionell deskriptiven Näherungen im ICD-10 (Dilling, Mombour & Schmidt, 1991) und in DSM IV benennen in den Hinweisen zur Differenzialdiagnostik nur einzelne Kriterien und zusätzlich jeweils den Hinweis auf eine gestörte Selbststeuerung („…anhaltender Substanzgebrauch trotz schädlicher Folgen", ICD10 GM, 2004).

    Die zurzeit laufenden Anstrengungen, evidenzbasierte Behandlungsleitlinien zu erarbeiten, machen ebenfalls deutlich, dass eine allseits anerkannte Theorie über die Genese der Störung zurzeit nicht verfügbar ist (Arbeitsgemeinschaft medizinischer Fachgesellschaften, Stand laut Veröffentlichung im Internet 4/2004).

    So ist also jedes Konzept zur Behandlung von Alkoholabhängigkeit aus den vorhandenen wissenschaftlichen Grundlagen über das Entstehen und Verändern von Einstellungen und Verhaltensweisen abzuleiten. In dieser Beschreibung einer therapeutischen Vorgehensweise muss nicht, im Sinne eines Lehrbuchs, der gesamte theoretische Hintergrund jeder Intervention ausgeleuchtet werden. Gleichwohl werden immer wieder Hinweise auf die psychologischen Grundlagen des Vorgehens in den einzelnen Kapiteln eingestreut.

    1.2.1 Modellannahmen über die Störungsentwicklung

    Das Behandlungskonzept der Fachklinik für Abhängigkeitsrehabilitation in der Johanna-Odebrecht-Stiftung (Sadowski & Kirchner, 2001) geht von zwei grundsätzlichen Annahmen im Zusammenhang mit der Entstehung der Störung aus: Zum einen wird der fortgeschrittene Zustand der Störungsentwicklung, der in der stationären Entwöhnungsbehandlung gesehen wird, in Zusammenhang gebracht mit Aspekten einer gestörten Selbststeuerung (Konsum trotz nachteiliger Folgen; ICD10, Dilling, Mombour, & Schmidt, 1991; ICD-10 GM 2004, DMDI und DSM IV, Saß, Wittchen, Zaudig & Houben, 2003).

    Hinter dieser Annahme steht ein Menschenbild, nach dem es nicht erstrebenswert ist, sich fortdauernd zu schädigen; es wird davon ausgegangen, dass ein jeder grundsätzlich Interesse am körperlichen, psychischen und sozialen Wohlbefinden hat. Selbst wenn man sich eine solche Auffassung nur unter Bedenken zu Eigen machen wollte, wäre man zu einer solchen Haltung verpflichtet, solange man als Therapeut Leistungen für gesetzliche Kostenträger erbringt. Aus der Garantie des Grundgesetzes auf Achtung der Würde des Menschen und auf das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit ergibt sich diese Verpflichtung zwingend.

    Aus dieser Annahme über die Störungsentwicklung folgt zwangsläufig, dass Patienten ein Angebot zur verbesserten Selbststeuerung zu machen ist.

    Die zweite Annahme zur Störungsentwicklung ist, dass zur gestörten Selbststeuerung etwas hinzugetreten ist, was mit der erwarteten Wirkung des Suchtmittels Alkohol zu tun hat. Vereinfacht könnte man sagen, dass die erwartete Wirkung des Alkohols eine Funktion erfüllt hat. Die Funktion hatte sich entfaltet in Auseinandersetzung mit Lebenssituationen und der inneren Repräsentation (über Gedanken bzw. Gefühle) von Lebenssituationen oder in beidem. Der Wunsch nach der erwarteten Wirkung des Alkohols kann sowohl angestoßen worden sein über soziale Bedingungen als auch in Auseinandersetzung mit biologisch-physiologischen Aspekten.

    Der Interventionspunkt aus der Sicht der Therapie wird aber immer die Verarbeitung der situativen Bedingungen bzw. der biologischen Gegebenheiten sein.

    Kanfer, Reinecker und Schmelzer (2000) unterscheiden zwischen Alpha-, Beta-, und Gamma-Variablen, die auf das Erleben und Verhalten vom Menschen bestimmenden Einfluss ausüben. Im Zusammenhang mit dieser Arbeit werden die Beta-Variablen der Selbstmanagement-Therapie genauso angesehen wie die psychischen Bedingungen innerhalb eines bio-psycho-sozialen Krankheitsmodelles.

    Wenn also aus der Sicht eines Patienten eine soziale Bedingung, wie z.B. Arbeitslosigkeit, eine bestimmende Rolle bei der Entwicklung seines Alkoholkonsums gespielt hat, wird man aus psychotherapeutischer Sicht die innere Repräsentation dieser sozialen Bedingungen, (das Erleben) also eine intrapsychische Variable, als vermittelnde Variable zwischen der sozialen Bedingung und dem Konsum von Alkohol festzumachen versuchen.

    Ähnlich wird bei biologischen Bedingungen argumentiert: Wenn z.B. bei einem Individuum eine Imbalance zwischen bestimmten Neurotransmittern bestimmte Stimmungslagen fördern sollte, könnte möglicherweise eine Verordnung von z.B. Serotonin-(Noradrenalin)-Wiederaufnahme-Hemmern oder anderen Medikamenten eine Linderung nach sich ziehen. Möglicherweise hat dieses Individuum im Sinne einer Eigenmedikation auf diese biologische Bedingung mit dem Konsum von Alkohol Einfluss nehmen wollen.

    Nach der psychotherapeutischen Logik der Selbstmanagement-Therapie wären die Folgen der biologischen Bedingung (der Imbalance von Neurotransmittern), also die unerwünschten Stimmungslagen, zuerst zu identifizieren. Dann

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