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Choreographie - Handwerk und Vision
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eBook511 Seiten4 Stunden

Choreographie - Handwerk und Vision

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Über dieses E-Book

Dieses Fachbuch bietet einen umfassenden Einblick in die
verschiedenen Zugänge, mit denen sich eine zeitgenössische
Choreographie entwickeln lässt, und stellt praxisnahe
dramaturgische sowie choreographische Methoden
vor, mit denen sich Tänze erfolgreich erarbeiten und analysieren
lassen.

Aus dem Inhalt:

Thema – Struktur – Dramaturgie – Stückaufbau
Thematische Entwicklung von Bewegung
Arrangement, Komposition und räumliche Gesetze
Manipulation und Bewegungsqualität
Musik – Bewegung – Pädagogik
Abstraktion – Schauspiel – Tanz
Bühnenbild, Film und Beleuchtung
Kompositorische Variationen und Rhythmik

Mit 120 Studien und Übungen.

Dieses Buch ermöglicht es Ihnen, einen tieferen Einblick
in den choreographischen Prozess zu gewinnen und ein
differenziertes Verständnis für die Welt des Tanzes zu entwickeln.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum30. Okt. 2012
ISBN9783844231113
Choreographie - Handwerk und Vision

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    Buchvorschau

    Choreographie - Handwerk und Vision - Konstantin Tsakalidis

    Choreographie.

    Choreographie ist zu 80 Prozent Handwerk!

    Dieses Handwerk lässt sich auf alle Tanzstile gleichermaßen übertragen und anwenden!

    Choreographie ist zu einem großen Teil vom tänzerischen Können unabhängig!

    Tanz.

    Der Tanz kann wie die Musik die Bewegung der Seele erfassen und dort Zwischenräume beleuchten, die sonst im Menschen unsichtbar verborgen bleiben. Er kann diese Zwischenräume vergrößern, bis sie sichtbar werden - er kann eine Ausdrucksform des Himmels auf der Erde sein. Seine Substanz ist eine Mischung aus Wissenschaft und Nonverbalem, das sich in keiner Abhandlung definieren lässt. Im Tanz wohnt ein unergründbares Geheimnis, dem wir uns im Augenblick der Bewegung annähern können, es aber nicht zwangsläufig tun. Es liegt ein innerer Kern im Wesen des Tanzes, von dem seine Faszination ausgeht, den wir, indem wir ihn umkreisen, emotional lokalisieren können. Tanzen ist die Suche nach diesem inneren Kern, dem Geheimnis näher zu kommen - im Moment der Bewegung.

    Kurse für Choreographie:

    www.choreographie-kurs.de

    Impressum

    Verlag:

    STAGE VERLAG KONSTANZ

    Schneckenburgstr. 11

    78467 Konstanz

    Fax 07531 8029353

    info@choreo-book.com

    www.choreo-book.com

    Tänzerin auf dem Cover: Verena Sommerer

     Fotografie: Rolf Wrobel und Alf Ruge

    Gestaltung: Alf Ruge

    www.alf-ruge.de

    mail@alf-ruge.de

    Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, für Vorträge und Unterricht nur mit schriftlicher Genehmigung.

    Copyright (2012). Alle Rechte bei Konstantin Tsakalidis.

    published by: epubli GmbH, Berlin

    www.epubli.de

    ISBN 978-3-8442-3111-3

    Dank

    An die Tänzerinnen und Tänzer, die in diesem Buch auf Fotos zu sehen sind:

    Laura Jaeggi, Ronny Kistler, Verena Sommerer, Laura Stecher, Ariane Brandt, Greta Bebenroth, Vit Bartak, Stephane Le Breton, Zaida Ballesteros, Annika Wiessner, Jeröme Gosset, Doriane Locatelli, Yasha Wang, Kizzy Garcia Vale, Jan Sandro Berner, Leia Salte, Montserat Ventura, Clair Dunn, Tony Halvorstad, Susana Beverly, Kate Black, Rowena Kinzett, Mahako Teriganari, Winfried Haas, Sabine Fichter, Sabine Jordan, Irka Plonski, Annegret Thiemann und viele andere.

    An meine Lehrer am Laban Center in London, bei denen ich viel über die Technik des Choreographierens lernte. An die Lehrer der Tanzwerkstatt Konstanz, die in ihre Tanzstudenten viel Geduld und Liebe investierten. An Erwin Schumann und die Züricher Lehrer, bei denen ich das Existenzielle im Tanz entdeckte. An die Lehrer in den Tausenden von Klassen und Workshops der freien Szene, an denen ich teilnahm. An die Regisseure und Choreographen, mit denen ich gearbeitet habe. An die vielen Schüler und Studenten, die mir ihr Vertrauen entgegenbrachten, um die Studien und Übungen in diesem Buch zu entwickeln. An Jeanette Neustadt für die Korrektur der ersten Fassung. An Dr. Christiana Rosenberg-Ahlhaus für die Durchsicht der zweiten Fassung. An Werner Nater für die unzähligen Stunden, in denen er in Afrika über der dritten Fassung saß. An meine Lektorin, Frau Bärbel Philipp. An meinen Grafikdesigner Alf Ruge.

    An meine Frau Luise, die mir in meinen Stücken und während der Arbeit an diesem Buch immer wieder ihre Aufmerksamkeit schenkte und mit Geduld und achtsamer Unterstützung meine Arbeit mitträgt.

    Studien

    Mit welchen Parametern entsteht welche Intensität in der Bewegung? 

    Bezug zwischen Vorlage und Interpretation 

    Verbindungsszenen 

    Die Spannung zwischen dem Zuschauer und dem Bühnenraum

    Richtungen zwischen den Tänzern in Bezug zu den Zuschauern

    Fokus I

    Fokus II

    Fokus III

    Fokus IV

    Auflösung einer literarischen Vorlage

    verschiedene Richtungen

    Einsatz und Akzent der Musik

    Musikinterpretation

    Umsetzen von Wendepunkten und dynamischen Zeiteinheiten

    Die dritte Dimension bei Wendepunkten und dynamischen Zeiteinheiten

    Manipulationsparameter über Beziehungsaspekte durch Impulse von außen, mit oder ohne Kontakt

    Manipulationsparameter aus der Entwicklung neuer Übergänge

    Manipulationsparameter aus der Dimensionierung

    Manipulationsparameter aus der Zergliederung

    Manipulationsparameter aus der Bewegungsessenz

    Efforts in Materialien

    Manipulationen aus getrennten Elementen

    Übertragungen innerhalb des Körpers

    Manipulationen durch „Frei und gebunden"

    Manipulationen über energetische Veränderungen durch Sounds und Atmung

    Manipulationen mit Raumparametern innerhalb der Kinesphäre

    Das Übersetzen der Bewegungssegmente in andere Raumbereiche

    Die Einflüsse der räumlichen Veränderung auf eine Choreographie

    Manipulationen über Tempo und Rhythmus

    Komplementärelemente aus der choreographischen Idee

    Accumulation

    Verbindungen zwischen Thema und Bewegung über Synonyme

    Thema und Aufbau

    Aufbau eines thematischen Settings

    Erarbeiten Sie einen choreographischen Zugang zu einem Thema anhand der Visualisierung

    Abstraktionen und Elementarkomponenten

    ABA-Struktur und Canon

    Das Potenzial „Raum"

    Raumwirkungen

    Schwerpunkte im Raum innerhalb verschiedener Arrangements

    Bilder in Landschaften

    Verbindung und Isolierung des Beziehungsaspektes mit der Raumebene

    Räumliche Spannung durch Bezüge zwischen Raum, Richtung und Level

    Bewegungsstudie zur Thematik „Nähe - Distanz"

    Zwischenraum

    Räumliche Bezüge innerhalb des Arrangements

    Inseln und Wege der Aufmerksamkeit innerhalb des Arrangements

    Das lebende Klettergerüst

    Transformieren von Bewegungsmaterial

    Raumkompositionen

    Synchronität im Verhältnis zur Dynamik

    Oppositionen aus Attributen

    Ein Stück entsteht aus einer Geste

    Von Symmetrie zu Asymmetrie

    Verdichten und Entschlacken

    Positionen in einen Bewegungsfluss legen

    Neue Wege in bekannte Positionen

    Phrasierungen über verschiedene Parameter

    Minidramen

    Film

    Bühnenbild

    Übungen

    I Körperräume

    Hören

    Partnerarbeit – geteilte Aufmerksamkeit

    Die verschiedene Kreise der Aufmerksamkeit

    Geleitete Improvisation – Komposition – Gruppenübung

    Innere Räume – Gedankenreise im Stehen

    Visualisierung

    Subtext „Mama"

    Räumliche Spannung durch Bezüge zwischen Raum, Richtung und Level

    Räumliche Spannungen zwischen Relationen und Dominanten – statisch

    Räumliche Spannung durch Bewegungsqualität und Geschwindigkeit

    Unterschiedliche Bezüge in Aktion und Reaktion

    Übung zu Struktur und dramatischem Bogen

    Geschichte

    Erzählung

    Gesten

    Bild

    Gedicht

    Geschichte

    Farben

    Musik

    Impulse

    Impulse mit einem Handtuch

    Spiegeln

    Rolling Point

    Hindernisse

    Gewicht aufnehmen

    Aufnehmen - Umlenken

    Unterstützen

    Knotenpunkte

    Connection

    Schnipsen

    Kraft und Release

    Bälle - Trio

    Leichtigkeit und Schwere

    Rollen und Gleiten

    Chinesische Schriftzeichen - weiterführend als Partner- oder Trioarbeit

    Wellen

    Twister

    Führungswechsel

    Kollektive Entscheidungen und Reaktionen

    Kreisgehen

    Verhältnisse zwischen Beat und Tanz

    Tänzerische Bearbeitung einer Komposition anhand einer grafischen Umsetzung

    Definition einer Musik zu einer Aussage und isoliertes Erarbeiten eines Tanzes

    Strukturen aus der Musikkomposition werden in den Tanz übertragen

    Die Musik spielt mit der Choreographie

    Dialog: Musiker - Tänzer

    Sounds

    Vokale

    Bodypercussion

    Vokale Rhythmen

    Vokale Rhythmen brechen die Bewegungsrhythmen

    Rhythmische Transformationen

    Rhythmische Struktur

    Rhythmische Beobachtungen und Übertragungen

    Brüche

    Akzente und innere Impulse

    Impulse

    Zweidimensionale Rhythmen in 3-D

    Musicaltexte und komplementäre Elemente

    0 Einleitung

    Sehr viele Choreographen sind Autodidakten. Viele kommen über Umwege zum Tanz, umgehen die Tanzausbildung und steigen direkt als Choreograph ein. In Tanzausbildungen findet sich oft wenig fundierte choreographische Technik, die den Studenten beigebracht wird. Der an der Choreographie interessierte Tanzstudent erhält allenfalls die Möglichkeit, seine Arbeit zur Diskussion zu stellen. Auf eine Methodik zur Erarbeitung des Stückes wird häufig nicht eingegangen, einfach deshalb, weil diese Methodik auch bei vielen Pädagogen fehlt. Die detaillierte Auseinandersetzung mit den Komponenten, die ein Stück bestehen oder fallen lassen, wird nicht selten schmerzlich vermisst.

    Innerhalb des Studiengangs „Choreographie der an mehreren Hochschulen angeboten wird, werden viele der hier abgehandelten Themen in der Praxis und in der Theorie behandelt. Die Hochschulen unterscheiden sich nach der Art und Weise, wie sie das Thema „Choreographie aufschlüsseln und welche Schwerpunkte sie dem Studium geben, zum Teil erheblich.

    Das hier vorliegende Buch richtet sich an Tänzer, Choreographen, Regisseure, Performer und Lehrer. Es bietet einen umfassenden Einblick in verschiedene Zugänge, mit denen sich eine zeitgenössische Choreographie entwickeln lässt, und stellt choreographische Werkzeuge vor, mit denen sich Tänze bearbeiten und analysieren lassen. Damit wird ein Überblick über die Methoden geschaffen, die in einem Tanzstück oder in einer Tanzeinlage im Theater zur Anwendung kommen, um eine Idee in eine Vorstellung auf der Bühne zu verwandeln.

    Grundsätzliche Überlegungen zum strukturellen Aufbau eines Stückes werden ebenso besprochen wie das Entwickeln von Bewegungen zu einem Thema. Behandelt werden auch stückinterne Komponenten, wie Komposition, Bewegungsqualitäten und räumliche Gesetzmäßigkeiten. Einige Kapitel, wie Bühnenbild, Film und Beleuchtung, greifen durch die komplexe Thematik der Choreographie hindurch und durchpflügen das nahe, beeinflussende Umfeld des Tanzes.

    Nichttänzer erhalten einen tieferen Einblick in den choreographischen Prozess und haben die Möglichkeit, ein differenziertes Verständnis für die Welt des Tanzes zu entwickeln.

    Zu jedem Kapitel sind in der Praxis entstandene und erprobte Übungen enthalten, die den Stoff auf der Ebene der Bewegung vertiefen und sich auch mit Schauspielern und Nichttänzern durchführen lassen.

    Der Weg zum Choreographen

    Vom Tänzer zum Choreographen

    Oft beginnen Tänzer, die ihr Leben lang getanzt und den Schwerpunkt ihrer Aufmerksamkeit im Inneren ihres Körpers hatten, irgendwann zu choreographieren. Ein Schritt, der einen radikalen Wechsel in der Arbeitsweise bedeutet. Waren sie bisher damit beschäftigt zu prüfen, ob die Schultern hochgezogen sind, die Hüfte platziert oder der Fuß gestreckt ist, sind sie als Choreographen nun mit Dingen konfrontiert, die außerhalb ihres Körpers liegen. Von einem Tag auf den anderen müssen sie den Blick von innen nach außen verlagern und sich in andere hineindenken, müssen die Thematik vertiefen, eine Vision entwickeln und bei alledem den Druck der Produktion aushalten.

    Wechselt jemand in seiner Arbeit seinen Aufmerksamkeitsfokus von innen nach außen, ist das allein schon eine Veränderung, die ein immenses Quantum an Kraft erfordert. Als Choreograph ist man die letztlich entscheidende Instanz des Stückes. Als Tänzer bekam man noch gesagt, was richtig und was falsch ist. Bei einem solchen Sprung ins kalte Wasser wird es nicht lange dauern, bis sich der Neuling unter den Choreographen überfordert fühlt, und er wird - selbst wenn er mit unverschämt viel Talent gesegnet ist - bald zu spüren bekommen, dass auch in der Kunst, Tänze zu entwickeln, ein Meister nicht vom Himmel fällt.

    Quereinsteiger

    In der experimentellen Szene, deren Techniken immer gerne auch von etablierten Theatern übernommen werden, arbeiten oft Regisseure mit Tänzern, die nicht die geringste Ahnung vom Wesen des Tanzes haben, geschweige denn über Methoden verfügen, die Tänzer in einer spar-tenübergreifenden Inszenierung zur Entfaltung zu bringen. Schnell entsteht bei Theaterregisseuren ein imaginäres Bild für eine Tanzeinlage - was fehlt, ist die Methode für den Erarbeitungsprozess. Die Visualisierung der Szene entsteht vor dem geistigen Auge; es ist ein schwer entwirrbares Geflecht aus Emotionen und abstrakten Ahnungen, die im Entferntesten noch nichts mit wirklichen Menschen auf einem wirklichen Bretterboden in einem wirklichen Theater zu tun haben.

    Die Tänzer werden, unabhängig von der Beschreibung des Regisseurs, nie sein Bild sehen, sondern immer ihr eigenes. Egal, wie gut Sie als Regisseur/Choreograph Ihre Idee konkretisieren - was der Zuhörer visualisiert, ist immer ein anderes, nämlich sein eigenes Bild. Die Probe ist voll von visualisierten Ideen, die alle unterschiedlich sind, und es gibt unendlich viele Formen, eine Idee in eine Szene zu verwandeln - und jede Situation, jede Truppe erfordert einen anderen, einen individuellen Zugang.

    Einen Teil der Zugangsmöglichkeiten zu einer Choreographie werde ich hier beschreiben. Diese Zugangsformen sind Bausteine, aus denen sich Tänze gestalten und entwickeln lassen. Die Bausteine werden sich während Ihrer Arbeit verändern, und es werden andere hinzukommen. Sie werden diese Bausteine unterschiedlich kombinieren müssen, um eine eigene Sprache im Tanz zu entwickeln.

    Wie viel kann ich lernen oder erarbeiten?

    Zwangsläufig wird immer ein großer Teil des Choreogra-phierens im Unausgesprochenen bleiben - einer der Gründe, warum es so wenige Bücher zu diesem Thema gibt -, und das trotz zahlreicher Techniken, die sich im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts enorm vervielfältigten. Der Fächer, der zur Verfügung stehenden choreographischen Techniken weitete sich mit dem Beginn der modernen Tanzformen, der Integration östlicher Energiearbeit und des durch experimentelle Theaterformen gewonnenen Zuwachses an Schauspiel und Performanceverständnis enorm aus. Damit hat sich nicht nur das Verständnis von Tanz und Choreographie erweitert und gewandelt, es wuchs auch die Zahl der Techniken, mit denen sich Tänze betrachten und inszenieren lassen.

    Mit welchen Tanztechniken Sie arbeiten, ist letztlich unerheblich, da diese auf der Ebene der Gestaltung immer wieder denselben Gesetzen gehorchen. Unterschiedliche Techniken können mit den gleichen Gestaltungsimpulsen gefüttert werden. Wie viel Sie sich an choreographischem Handwerk aneignen, hängt mit Ihrer Einsatzbereitschaft und Ihrer Spielfreude zusammen, wie Sie die Impulse, die Sie hier in diesem Buch und aus der ganzen Welt des Tanzes erhalten, weiterentwickeln, indem Sie hinterfragen und ausprobieren und sich damit eine eigene Wahrheit erschaffen. Die Frage ist das WIE, mit dem Sie Ihr Technikkonglomerat gestalterisch auffächern, um es mit einer dramaturgischen Lupe zu untersuchen.

    Tanz beginnt da, wo die Verbalisierung endet. Der Tanz wird mit den Sinnen erfahren, und die Sinne sind nun einmal nicht verbal. Eines der Probleme am Choreographieren ist deshalb der Spagat zwischen Intuition und Intellekt. Es ist die Arbeit mit etwas Ungreifbarem, Nonverbalem, im Moment Vergänglichem, welches aber trotzdem intellektuell bearbeitet werden will und kann. Die intellektuelle Analyse ist vielschichtig. Alle in ihr enthaltenen Komponenten beeinflussen sich gegenseitig, sodass sie nicht mehr einzeln, sondern nur in Beziehung zueinander betrachtet werden können.

    So wertvoll diese Analyse akademisch auch sein mag - sie klammert das Nonverbale aus und ist nur eine Hälfte des Rades, die ohne die andere nie richtig ins Rollen kommt. Oft versteifen sich Tanzkreierende auf eine dieser Hälften. Ähnlich einseitig verhält es sich mit vielen Ausbildungskonzepten. Wünschenswert wären Ausbildungsansätze, die beide Seiten erfolgreich integrieren. Tanz ist nonverbal, benötigt aber in der Gestaltung eine intellektuelle Zersplitterung, ohne dabei seinen Ursprung zu verlieren.

    Es geht für den Choreographen darum, sich ein gestalterisches Bewusstsein zu erarbeiten, das ihm die Entscheidung ermöglicht, in der unüberschreitbaren Magie des Tanzes immer wieder die technische Analyse dazwischenzuschalten, ohne die Verbindung zur Intuition zu verlieren.

    In der Technik der Gestaltung gibt es Werkzeuge, die Sie entsprechend den verschiedenen Situationen zusammenstellen können. Diese Werkzeuge oder Hilfsmittel stellen handwerklich erfahrbare Techniken dar.

    Für den Erfolg Ihrer Arbeit wird es entscheidend sein, wie Sie die Techniken an die Situationen anpassen können, und nach welchen Gesichtspunkten Sie diese auswählen.

    Die Technik der Choreographie setzt sich aus vier Bausteinen zusammen:

    Diese Oberbegriffe werden in den nach Themen strukturierten Kapiteln behandelt:

    Um die, in der Abbildung auf der vorigen Seite durch den Kreis symbolisierten Zusammenhänge zwischen den Bausteinen des choreographischen Handwerks zu erfassen, empfehle ich Ihnen, zuerst alle Kapitel zu lesen, um sie in einen intuitiven Zusammenhang zu stellen. Der zweite Schritt ist die Durchführung der Studien und Übungen. Lassen Sie sich dabei von den Anregungen mehr inspirieren als leiten. Entwickeln Sie eigene Recherchen. Gehen Sie dabei nicht chronologisch vor, sondern lassen Sie sich von Ihrem eigenen Interesse führen.

    Möge dieses Buch Sie inspirieren! Mögen Ihre Tänze die Welt bereichern!

    1 Subtext und Geist

    Da es nun einmal keine Objekte sind, die sich über die Bühne bewegen, sondern Menschen, und der Mensch sich durch den Geist auszeichnet, lohnt sich die Frage nach den Techniken, die den Untertext hinter den Schritten manipulieren. Ein Stück ohne Geist ist wie ein leeres Gefäß, bei dem wir auf einen Inhalt hofften. Wie oft sehen wir Stücke mit virtuosen Bewegungen und raffinierten choreographischen Ideen, ohne dass sie uns erreichen? Alles ist großartig, aber niemand ist begeistert, keiner weiß die Zauberformel, mit der man das Gebotene beschwören, mit Geist erfüllen und in Sinn verwandeln könnte. Nur die Kritiker weisen mit Überschriften, wie „Ohne die Kraft des Unerwarteten!" auf den von allen gefühlten Mangel hin.

    Es sind mehr Dinge als Schritte im Raum, die eine emotionale Anteilnahme des Zuschauers auslösen. Es ist auch nicht das, was ein Tänzer spielt, während er tanzt! Aber es hat etwas damit zu tun, was er erlebt! Bei einem Gruppenstück stehen diese Erlebnisse entweder im Kontrast zueinander oder sie multiplizieren sich gegenseitig. Viele Choreographen erwarten von ihren Tänzern, dass sie das hinter den Schritten liegende Geheimnis von sich aus mitbringen und dem Tanz Ausdruck verleihen. Leider funktioniert das oft nicht. Die Tänzer kennen den erwarteten Ausdruck nicht. Derzeit arbeite ich in verschiedenen Produktionen, und erst vor Kurzem hörte ich zwei Tänzer sich auf einer Probe darüber unterhalten, dass sie oft nicht wüssten, was sie darstellen, und sich fragen, wie sie aus einem Moment etwas machen sollen, wenn sie nicht wissen, was verhandelt wird. Sie haben Angst, etwas falsch zu machen, und halten sich zurück bzw. geben etwas allgemeinen Ausdruck. Ist es das, was Sie als Choreograph wollen? Etwas allgemeinen Ausdruck? Wenn nicht, dann müssen Sie den Tänzern Inspiration und Geist einhauchen. Gefühle wecken. Und den Mut, diese Gefühle zu zeigen.

    Die Stoffquelle des inneren Raumes

    Künstlerisch zu wirken bedeutet für viele Menschen, eine innere Spannung zu empfinden, die in der Arbeit ausgedrückt wird; das heißt, dass sich verschiedene Pole im Inneren konfrontativ gegenüberstehen. Beispiel: Ein Mensch aus Grönland zieht nach New York. Er kann sich an die Begrenzung des Raumes nicht gewöhnen. Das Bild der Häuserfassade überlagert er in Gedanken ständig mit der Weite. Die wahrzunehmende Enge und die Sehnsucht nach der Weite stehen sich in seinem Inneren als Spannungsfelder gegenüber. Aus diesem Spannungsfeld heraus entsteht in ihm der Wunsch, ein Stück zu kreieren, mit dem er diese Gedanken in eine Form bringen möchte, um seine Erfahrungen mit den in New York lebenden Menschen zu teilen.

    Wollen Sie aus einem inneren Konflikt heraus Material erzeugen, das in eine Gestaltung mündet, dann brauchen Sie den inneren Raum in Verbindung mit einem offenen Kanal nach außen. Es nützt dem Grönländer noch nicht viel, wenn er Bilder der Weite zwischen den Hochhäusern sieht. Er muss die Empfindungen umsetzen können, um dann zu vergleichen, ob die Umsetzung dem entspricht, was in seinem Inneren entstand. Deshalb arbeitet dieser Kanal in beide Richtungen und ist Teil der handwerklichen Ausstattung, um künstlerisch zu gestalten. Und das ist keine Fähigkeit, die, einmal in uns etabliert, funktioniert. Es ist ein ständiger achtsamer Prozess, den inneren Raum mit dem äußeren in Verbindung und ins Verhältnis zu setzen. Funktioniert diese Verbindung, dann spüren wir es daran, wie die Welt, die wir sehen, ständig zu uns eindringt und Reaktionen und Spannungen auslöst, die uns antreiben, Stücke zu machen.

    Andererseits entsteht mit diesem Kanal eine gewisse Verwundbarkeit, denn es ist ein Zustand ohne Mauern um unsere Seele - also ohne Schutz. Eigentlich wissen Sie, ob der Kanal funktioniert oder nicht. Sie wissen, ob die Welt in Sie eindringt oder draußen bleibt. Falls kein Impuls von außen nach innen dringt, dann äußert es sich zum Beispiel darin, dass wir uns in der Wahl der Themen wiederholen oder keine haben, und es stellt sich die Frage, ob wir uns mit der Wiederholung und der Leere begnügen oder an der Verbindung zwischen der mentalen und der äußeren Welt arbeiten.

    Choreographen bilden ihre Tänzer immer auch mit aus. Zum einen geschieht das, um mit besseren Tänzern bessere Stücke zu machen, zum anderen entwickeln sich auch die Choreographen während der Ausbildung der Tänzer. Ich empfehle Ihnen deshalb, den inneren Raum bei Ihren Tänzern zu trainieren - es wird sich auch auf Sie als Choreograph auswirken. Was die Tänzer betrifft, so sollten diese mit dem Thema vertraut sein, wenn der Choreograph über die folgenden Zugänge seine Choreographie erarbeitet:

    Intensionen

    Unabhängig davon, ob Sie für einen Showtanz ein Repertoire zusammenstellen oder aus Ihren innersten Regungen heraus schöpferisch authentisches Material entwickeln - für jede Bewegung, jede Szene und jedes Stück gibt es eine Intension und mit ihr eine übergeordnete, stilistische Form.

    Sehen Sie sich die Proben oder Tanzstücke im Theater an und beurteilen Sie aus freiem subjektivem Empfinden heraus:

    Sehen Sie eine Intension, eine Notwendigkeit im Aufeinanderfolgen der Bewegungen? Die Intension muss aber nicht unbedingt verbal benennbar sein.

    Ergänzen sich bei Gruppentänzen die Intensionen der Tänzer bzw. stehen diese, weil es die Dramaturgie erfordert, zueinander im Kontrast?

    Gibt es eine Gesamtintension und eine daraus übergeordnete, stilistische Form?

    Ist eine szenische Intension erkennbar?

    Wie kommt die Bewegungsintension zum Ausdruck?

    Was genau transportiert Intensionen?

    Was wirkt austauschbar?

    Da die getanzte Intension oft nicht in Worten fassbar ist, ist es wichtig, immer wieder mit den Tänzern in den Dialog zu treten. Begreifbar zu machen, WAS ES IST. Was wollen wir damit? Was passiert überhaupt? Wer hier keine Antworten spürt oder keinen Grund, warum er überhaupt losgeht, der wird auch nirgendwo landen.

    Die Kraft des Antriebs, ein Stück zu inszenieren, geht nicht selten in der wachsenden Komplexität der Probenarbeit verloren. Wachstum endet dort, wo sich die Wurzeln verlieren. Machen Sie sich also immer wieder die Intension klar - dann gibt es etwas, das Sie mit dem Stück wollen, wonach die Tänzer suchen können und woran - insofern die Ansätze greifen - alle an der Produktion Beteiligten glauben werden.

    Nehmen Sie Aufträge für die choreographische Umsetzung von gegebenen Themen an, werden Sie sich so lange mit dem Thema beschäftigen müssen, bis Sie persönliche Intensionen in dem Stoff entdecken - etwas, das Sie als Ihre persönliche Chance begreifen. Sie müssen die Schnittmenge Ihres Selbst und der des Materials entdecken, bevor eine Notwendigkeit entsteht, die Sie mit der Aufgabe hinaus auf die Bühne vor die Augen der Zuschauer treibt. Nehmen Sie Choreographieaufträge für Tanzeinlagen in Schauspielproduktionen an, kann es mitunter zu einem schwierigen Unterfangen werden, die Visionen des Regisseurs zu treffen und gleichzeitig eine Identifikation mit der Materie zu erlangen.

    Um die Verbindung zwischen Form und Intension zu überprüfen, experimentieren Sie mit den folgenden Extremen:

    2 Thema – Struktur – Dramaturgie

    Die Energie eines Stückes ist vor dessen Entstehung schon da. Diese Energie sucht sich eine Form, in der sie sich entwickeln kann. Diese Form wird gebildet aus den in der oberen Abbildung

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