DAS LEBEN DER BIENEN
Von Heidi Dietzel
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Über dieses E-Book
Wussten Sie, dass fast 90 Prozent der Obstbäume von Honigbienen bestäubt werden? Insgesamt werden rund 80 Prozent aller Blütenpflanzen von Insekten bestäubt, 85 Prozent davon von der Honigbiene. Das bedeutet: Ohne Bienen würde rund ein Drittel aller Lebensmittel wegfallen. Die meisten Obst- und Gemüsesorten würden ohne Bienen zu Luxusgütern, viele davon würden schon bald der Vergangenheit angehören.
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Buchvorschau
DAS LEBEN DER BIENEN - Heidi Dietzel
Gemeinsam Lebensräume für Bienen schaffen & schützen
Bienen haben viel mit uns gemeinsam
Schon der legendäre Arzt Paracelsus kam Anfang des 16. Jahrhunderts zu der Erkenntnis, dass zwischen Mensch und Biene viele Parallelen bestehen:
Wie der Mensch lebt die Biene im Rhythmus der Jahreszeiten.
Im Bienenstock herrscht unabhängig vom Wetter immer die gleiche Temperatur.
Bienen zittern wie wir, wenn ihnen kalt ist.
Und sie legen zur Abkühlung an heißen Sommertagen einen Wasserfilm über ihre Waben.
Sie kommunizieren mit ihren „Mitbienen" mittels Bienentanz, bestehend aus Duftmarken und tänzelnden, kreisenden Bewegungen. Sie teilen dabei Entfernungen und Himmelsrichtung zur nächsten Futterquelle mit.
Die Macht der Bienenkönigin
Ein Bienenvolk besteht aus ungefähr 50.000 Arbeiterinnen und ein paar hundert Drohnen, regiert von einer einzigen Königin. Diese ist ständig von Ammenbienen und einem Hofstaat umgeben, aber ihr einziges „Machtmittel" ist ein sogenanntes Pheromon.
Es handelt sich dabei um einen Duftstoff, der von ihren Mandibel Drüsen an den Mundwerkzeugen produziert und von Arbeiterinnen im ganzen Stock verbreitet wird. Dieser Duft sorgt für Harmonie und Zusammenhalt im Volk sowie für ordnungsgemäße Abläufe im Bienenstaat.
Übrigens: Eigentlich entsteht die Königin aus einem ganz gewöhnlichen befruchteten Ei, das sich durch nichts von den übrigen befruchteten Bieneneiern unterscheidet. Dass sich daraus trotzdem keine gewöhnliche Arbeiterin, sondern eine deutlich größere und ungleich langlebige Königin entwickelt, ist einzig und allein auf die spezielle Nahrung zurückzuführen, mit der die Larve von den Ammenbienen gefüttert wird – das Gelée royale. Diese extrem eiweißreiche, hormonwirksame Nahrung beeinflusst genetische Schalter, die das Heranwachsen einer Königin bestimmen.
Machtwechsel im Bienenstaat
Wenn sich der Geruch der Herrscherin verändert oder nachlässt, weiß das Volk, dass mit der Königin etwas nicht stimmt. Es kann sein, dass ihre Legeleistung nachlässt, es die alte Königin buchstäblich nicht mehr bringt. Dann sorgen die Ammenbienen dafür, dass eine neue Königin heranwächst und die alte mangels Fütterung verhungert.
Sobald die neue Königin geschlechtsreif ist, wird sie von den Ammenbienen zum Hochzeitsflug in Richtung Drohnensammelplatz eskortiert. Dort warten hunderte von männlichen Bienen aus verschiedenen Völkern auf die Erfüllung ihres einzigen Daseinszwecks – nämlich die Begattung einer Königin.
Das kurze Leben der Drohnen
Sobald eine paarungswillige Königin auftaucht, beginnt eine wilde Verfolgungsjagd unter den männlichen Bienen. Alle Drohnen wollen sich auf die Königin stürzen, aber es kommt jeweils nur einer zum Zug. Dieser ist von vornherein todgeweiht: Er fällt nach der Begattung zu Boden und stirbt.
Auch der Stress bei der Verfolgungsjagd führt zum frühzeitigen Tod vieler Drohnen. Und wer das alles überlebt hat, aber nicht mehr gebraucht wird, den bringen schließlich Arbeitsbienen in der sogenannten „Drohnenschlacht" um.
Biene oder Drohne?
Die Hauptaufgabe der Königin besteht darin, täglich bis zu 2.000 Eier zu legen und damit den Bestand des Volkes zu sicher. Nach etwa 15 Paarungen mit Drohnen hat sie genügend Spermien aufgenommen, um damit ihre Eier befruchten zu können. Manche Eier legt sie unbefruchtet ab – daraus entwickeln sich neue Drohnen.
Königin Drohne Arbeiterin ,Anzahl im Stock 1 500 bis 2.000 im Winter 10.000 bis 15.000, im Sommer 30.000 bis 50.000
Größe 18–22 mm 15–17 mm 12–15 mm
Lebensspanne 4–5 Jahre 1–3 Monate Sommerbienen 30–60 Tage, Winterbienen 4–7 Monate.
Der Tanz der Bienen
Bienen verständigen sich über zwei Arten von „Informationstänzen": den Rundtanz und den Schwänzeltanz. Während der kreisförmige Rundtanz über einen neu entdeckten Futterplatz in der näheren Umgebung des Bienenstocks ohne genaue Ortsangabe informiert, gibt der Schwänzeltanz präzise Auskunft über Richtung und Distanz zu einer ferneren neuen Futterquelle.
Dabei führt die Tänzerin zunächst auf einer geraden Linie Schwänzelbewegungen mit dem Hinterleib aus, um dann über einen Halbkreis nach rechts oder links wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Der Winkel der Schwänzeltanzlinie auf der Wabe und die Tanzgeschwindigkeit geben Auskunft über Richtung und Distanz zur Nahrungsquelle.
Im Dauerflugbetrieb
Eine Trachtbiene fliegt bis zu 13-mal am Tag aus, um Nektar und Pollen zu sammeln. Für eine einzige Fuhr Nektar besucht die Biene je nach Pflanzenart zwischen 30 und 1.500 Blüten. Für ein Gramm Nektar besuchen Bienen 7.500 Rotkleeblüten oder 1.600 Akazienblüten.
Für einen Kilo Honig sind je nach Verfügbarkeit des Nektars 40.000 bis 150.000 Flugkilometer notwendig. Das heißt, ein Bienenvolk umrundet dafür etwa ein bis viermal die Erde.
Die durchschnittliche TagesFlugstrecke einer Biene beträgt 85 Kilometer, es wurden auch schon 175 Kilometer nachgewiesen. Im Schnitt macht sie täglich 13 Ausflüge zu jeweils etwa 27 Minuten. Eine voll beladene Biene erreicht im Streckenflug eine Geschwindigkeit von bis zu 30 Kilometer pro Stunde, unbeladen erreicht sie bis zu 70 km/h.
Übrigens: In ihrem kurzen Leben produziert eine Biene einen Löffel Honig.
Die Karriere einer Biene
Eine Honigbiene übt im Lauf ihres Lebens sechs Berufe aus: In den ersten Lebenstagen ist sie Putzbiene und reinigt die Brutzellen, dann ist sie für eine Woche eine Ammenbiene und füttert die Larven. Nach drei Tagen als Lagerarbeitern, in denen sie Nektar entgegennimmt und einlagert, wird sie zur Bau Biene, die unzählige sechseckige Wabenzellen baut. Nach vier Tagen hält sie als Wächterbiene am Stockeingang Eindringlinge fern, bevor sie am 22. Lebenstag als Trachtbiene ausfliegt, um Pollen und Nektar für ihr Volk zu sammeln.
Das Bienenjahr
Spätestens Mitte Januar, wenn die Tage länger werden, beginnt die Bienenkönigin langsam mit der Eiablage. Wenn Mitte Februar die Temperaturen auf 14 Grad steigen, schwärmen die Bienen zu Erkundungsflügen aus. Hasel und Weide liefern ihnen erste Pollen, Huflattich, Wild- und Kornelkirsche frühen Nektar.
Mit den steigenden Temperaturen und den länger werdenden Tagen im Februar und März legt die Königin immer mehr Eier. Jeweils 21 Tage nach der Eiablage schlüpfen die Jungbienen und lösen sukzessive die alten Winterbienen ab. Je mehr Kraft der Frühling bekommt, desto reicher wird das Angebot an Pollen und Nektar; im April, Mai und Juni ist der Tisch am üppigsten gedeckt. Auf der Suche nach Nahrung fliegen die Bienen jetzt bis zu drei Kilometer weit.
Die Stockbienen – sozusagen die Hausmannschaft – kümmern sich im Bienenstock um den immer zahlreicher werdenden Nachwuchs. Sie bauen die Waben und sind für das Be- und Verarbeiten des Honigs zuständig. Im Juni erreicht die Volksstärke ihren Höhepunkt, jetzt leben bis zu 50.000 Arbeitsbienen in einem Stock. Dazu kommen ca. 2.000 Drohnen und eine Königin, die bis zu fünf Jahre alt werden kann. Sie legt im Sommer bis zu 2.000 Eier pro Tag. Die Sommerbienen leben nur vier bis sechs Wochen, sie rackern sich buchstäblich zu Tode.
Nach der Sommersonnenwende schrumpft das Angebot an Pollen und Nektar, die Königin legt weniger Eier. Ab Juli schlüpfen die ersten, besonders langlebigen Winterbienen. Von Ende August bis Mitte Oktober sammeln die Bienen verstärkt Propolis, das Harz von Baumrinden und Blattknospen. Sobald es im November oder Dezember friert, stellt die Königin das Brüten ein. Die Bienen sammeln sich im Zentrum des Stocks zur Wintertraube, fahren ihre Körperfunktionen herunter, wärmen sich gegenseitig und ernähren sich vom eingelagerten Honig oder vom Zuckersirup des Imkers.
Der ideale Garten für Bienen
Auch wenn wir in unseren Gärten fleißig säen und pflanzen, alles hegen und pflegen: Wir sind auf Hilfe angewiesen. Soll eine Pflanze Samen und Früchte hervorbringen, müssen Blüten zuvor bestäubt und Pollen verteilt werden. Zwar hilft dabei auch der Wind, der größte Teil dieser Arbeit aber wird von Bienen übernommen. Sie sind die verlässlichen Bestäuber, die dafür sorgen, dass wir Erdbeeren, Kirschen oder Paradeiser ernten können.
Mit einem biologisch bewirtschafteten Garten ohne Chemie- oder Pestizideinsatz legt man den Grundstein, um den Bienen und sich selbst Gutes zu tun. Die Auswahl der Sträucher, Stauden und Blumen hilft, dass die Tiere fast das ganze Jahr Nahrung finden. Wichtig ist: Im Garten für ein konstantes Insektennahrungsangebot sorgen und darauf achten, dass von Februar bis Oktober Blüten vorzufinden sind.
Blumenwiese statt Rasen
Lassen Sie in Ihrem Garten statt eines manikürten Rasens lieber eine bunte Wiese mit vielen, zu unterschiedlichen Zeiten blühenden Blumen und Kräutern wachsen. Löwenzahn, Ehrenpreis, Weißklee, Schafgarben, Wiesenmargeriten, Flockenblumen, Wilde Möhre, Klatschmohn, Wiesenglockenblumen und Wiesenbocksbart sind nur einige der Blüten, an denen sich die Tiere laben.
Eine Blumenwiese im Garten sieht nicht nur schön aus, sie ist auch sehr pflegeleicht.
Wer eine solche Blumenwiese darüber hinaus nicht ständig, sondern bloß zweimal im Jahr mäht, schafft ausgezeichnete Lebensbedingungen für Bienen und Hummeln.
Standort: Am besten eignet sich eine sonnige bis halbschattige Lage sowie humoser Boden, der frei von anderem Bewuchs und Steinen ist.
Bodenvorbereitung: den Boden tiefgründig lockern und feinkrümelig planieren.
Aussaatzeit: für einjährige Blumenmischungen März und April; für mehrjährige Arten ab Mitte Mai bis September.
Aussaat: Saatgut mit Sand im Verhältnis 1:2 vermischen und möglichst gleichmäßig säen; festwalzen oder mit Brettern an den Füßen festtreten. Danach nicht austrocknen lassen. Etwa zehn Wochen nach der Aussaat zeigen sich die ersten Blüten.
Übrigens: Auch Wohnungsbesitzer können den Bienen helfen. Wer auf seinem Balkon verschiedene Kräuterarten wie Oregano, Lavendel oder Thymian wachsen lässt, schafft bereits eine brauchbare Nahrungsgrundlage für in der Gegend lebende Bienen und Hummeln. Kommt dazu noch das eine oder andere Blumenkisterl – befüllt etwa mit Glockenblumen oder Löwenmäulchen –, ist der Tisch für hungrige Bienen noch etwas reicher gedeckt.
Bunte Hecken
Ein Garten muss nicht wie ein aufgeräumtes Wohnzimmer aussehen. So sollten etwa Hecken nicht zu streng in Form geschnitten sein und auf zu engem Platz wachsen müssen, sondern aus mehreren fruchttragenden und zu verschiedenen Jahreszeiten blühenden Pflanzen bestehen.
Auch Brombeeren sind beliebte Bienen-Landeplätze.
Neben Heckenkirsche, Kornelkirsche (Gelbem Hartriegel) und Weißdorn eignen sich auch Himbeere oder Brombeere. Und idealerweise blühen dazu noch im Unterwuchs Veilchen und Lungenkraut.
Unterkunft für Wildbienen
Auch das Schaffen von Nistmöglichkeiten lockt Bienen in den Garten. Für den Bau eignen sich morsches Holz, gebündelte Bambusstäbe, Hohlziegel und Holz mit Bohrlöchern. Wichtig ist, dass verschieden dicke, nach hinten geschlossene Bohrlöcher vorhanden sind. In Löchern mit Durchzug siedeln sich nämlich keine Insekten an.
Ein Nistkasten für Wildbienen und andere nützliche Insekten kann man leicht selber bauen.
Die Nisthilfen müssen an einem sonnigen, vor Regen geschützten Ort platziert werden. In einem naturnahen Garten finden sich immer auch natürlich vorhandene Nistplätze, die von den verschiedenen Wildbienenarten auch gern besiedelt werden, etwa eine ruhige, sonnige Gartenecke mit sandigen Flächen und Totholz oder eine unverputzte, gut besonnte Mauer.
Triene die Bruchpiloten Biene
Grafik 126Als ich in den Himmel guckte
Eine Biene sich im Flug verschluckte!
Kopfüber stürzte sie ins Bodenlose,
in die Blüte einer Rose
und von da ins nasse Gras.
Das war’s!
Ich föhnte ihr die Flügel trocken,
dann machte sie sich wieder auf die Socken.
Grafik 127Die Biene Triene drehte Loopings,
flog auf dem Rücken – lachte.
Bis sie in eine Regenwolke krachte.
Die hat jetzt ein Loch im Kleid.
Die Triene sagte: „ Tut mir leid!"
Sie rieb sich noch ihr angebeultes Köpfchen…
…da fiel auch schon das erste Tröpfchen.
Erst eins, dann zwei,dann immer mehr…
Die Bienenflügel wieder nass, na bitte sehr!
Kopfüber stürzte sie schon ab…
auf ein im Wind gewalktes Blatt – das war knapp!
Grafik 1Der Wind blies die Flügel trocken,
dann machte sie sich wieder auf die Socken.
Die Biene dachte nun,
ich hatte doch noch irgendwas zu tun!
Da fielen ihr die Babybienen ein!
Die würden jetzt im Bienenstock ganz ohne süßen Honig sein!
Die Triene suchte bune Pflanzen
und lud sich reinen Nektar in den Ranzen.
Grafik 125Jetzt war die Biene froh und ausgelassen,
nur um den Weg ins Bienennestchen zu verpassen,
Da flog sie eine viel zu enge Wende
Und stürzte zackbumm ins Gelände.
Der Necktar floss ins hohe Gras,
die Flügel war’n schon wieder nass.
Als dann die Babybienen kamen
und Triene in die Arme nahmen,
musste unsere Biene weinen.
Oh, sie liebte diese Kleinen!
Für Babybienen war die Triene
von Stund‘ an unsere Bruchpiloten Biene!
Grafik 128Maurice Maeterlinck
DAS LEBEN DER BIENEN
Auf der Schwelle des Bienenstockes
Bild 2 Es ist kein Buch über Bienenzucht, kein Handbuch für Bienenzüchter, was ich hier schreiben will. Jedes Land besitzt treffliche Werke dieser Art, und es wäre zwecklos, sie noch einmal zu schreiben. In Frankreich hat man die Werke von Dadant, Georges de Layens, Bonnier, Bertrand, Harnet, Weber, Clément und Abbé Collin, auf englischem Sprachgebiete die Schriften von Langstroth, Bevan, Cook, Cheshire, Cowan und Root, in Deutschland die des Pfarrers Dzierzon, des Barons von Berlepsch, Pollmann, Vogel u. v. a.
Ebenso wenig will ich eine wissenschaftliche Monographie über apis mellifica, ligustica, fasciata, dorsata u. s. w. schreiben, oder die Ergebnisse neuer Forschungen und Beobachtungen mitteilen. Ich werde fast nichts sagen, was nicht jedem bekannt ist, der sich ein wenig mit Bienenzucht befasst hat, und um dieses Buch nicht unnütz zu beschweren, behalte ich mir eine gewisse Anzahl von Beobachtungen und Erfahrungen, die ich in zwanzigjährigem Verkehr mit den Bienen gewonnen, für ein Spezialwerk vor, da sie nur von beschränktem, technischem Interesse sind. Ich will nur ganz einfach von den Bienen reden, wie man von einem vertrauten und geliebten Gegenstande redet, wenn man Nichtkenner darüber belehren will. Ich will weder die Wahrheit ausschmücken, noch, was Réaumur mit vollem Rechte allen seinen Vorgängern in der Bienenkunde vorwirft, ein hübsch erfundenes Märchen an die Stelle der ebenso wunderbaren Wirklichkeit setzen. Es gibt Wunder genug im Bienenstaat, und man braucht darum keine neuen zu erfinden. Überdies habe ich schon lange darauf verzichtet, etwas Interessanteres und Schöneres auf dieser Welt zu finden, als die Wahrheit oder doch wenigstens das Trachten nach ihr. Ich werde im Folgenden also nichts vorbringen, was ich nicht selbst erprobt habe oder was von den Klassikern der Bienenkunde nicht derartig bestätigt wird, dass jede weitere Beweisführung langweilig würde. Ich beschränke mich darauf, die Tatsachen ebenso zuverlässig wiederzugeben, nur etwas lebendiger und mit Weiterentwickelung einiger eingeflochtener, freierer Gedanken, sowie mit etwas harmonischerem Aufbau, als dies in den Handbüchern oder den wissenschaftlichen Monographien zu geschehen pflegt. Wer dies Buch ausgelesen hat, ist nicht gleich im Stande, einen Bienenstock zu halten, aber er erfährt daraus nahezu alles Merkwürdige und Tiefe, alle feststehenden Einzelheiten über seine Bewohner, und zwar keineswegs auf Kosten dessen, was noch zu wissen übrig bleibt. Ich übergehe all die Fabeln, die auf dem Lande und in vielen Werken noch über die Bienen verbreitet sind. Wo Zweifel herrschen, die Meinungen auseinandergehen, etwas hypothetisch ist, wo ich zu etwas Unbekanntem komme, werde ich es ehrlich erklären. Wir werden oft vor dem Unbekannten innezuhalten haben. Außer den Großen sichtbaren Vorgängen ihres Lebens weiß man sehr wenig über die Bienen. Je länger man sie züchtet, desto mehr wird man sich unserer tiefen Unkenntnis über ihr wirkliches Dasein bewusst, aber diese Art des Nichtwissens ist immerhin besser, als die bewusstlose und selbstzufriedene Unwissenheit.
Gab es bisher eine solche Arbeit über die Bienen? Ich glaube, nahezu alles gelesen zu haben, was über die Bienen geschrieben worden ist, aber ich kenne nichts ähnliches außer dem Kapitel, das Michelet ihnen am Schlusse seines Werkes »Das Insekt« widmet, und dem Essay von Ludwig Büchner, dem bekannten Verfasser von »Kraft und Stoff«, in seinem »Geistesleben der Tiere«. Man könnte noch die Monographie von Kirby und Spence in ihrer »Introduction to Entomology« erwähnen, aber sie ist fast ausschließlich technisch. Michelet hat den Gegenstand kaum gestreift; Büchners Studie ist ziemlich erschöpfend; aber liest man all die gewagten Behauptungen und längst widerlegten Fabeln, die er von Hörensagen berichtet, so kann man nicht umhin, zu glauben, dass er nie seine Bibliothek verlassen hat, um seine Heldinnen selbst zu befragen, und dass er nicht einen von den hundert summenden und flügelglänzenden Bienenstöcken geöffnet hat, die man vergewaltigt haben muss, bevor unser Instinkt sich ihrem Geheimnis anpasst, bevor wir mit dem Dunstkreise und dem Geiste des Mysteriums, das diese emsigen Jungfrauen bilden, vertraut werden. Das riecht weder nach Honig noch nach Bienen, und es hat denselben Mangel, wie viele unserer gelehrten Werke: die Schlüsse sind vielfach schon bekannt, und der wissenschaftliche Apparat besteht aus einer riesenhaften Anhäufung von unsicheren Geschichten aus jedermanns Munde. Indessen werde ich ihm in meiner Arbeit nicht oft begegnen; unsre Ausgangspunkte, Ansichten und Ziele liegen zu weit auseinander.
Die Bibliographie der Bienenkunde – denn ich möchte den Anfang mit den Büchern machen, um sie möglichst schnell zu erledigen und zu der Quelle zu kommen, aus der sie geschöpft sind – ist sehr umfangreich. Von Urbeginn an hat dies kleine seltsame Gesellschaftstier mit seinen komplizierten Gesetzen und seinen im Dunkeln entstehenden Wunderwerken die Wissbegier der Menschen gefesselt. Aristoteles, Cato, Varro, Plinius, Columella, Palladius haben sich damit beschäftigt, nicht zu reden von de Bild 3 m Philosophen Aristomachos, der sie nach Aussage des Plinius 58 Jahre lang beobachtet hat, oder Phyliscus von Thasos, der in öden Landstrichen lebte, um nur sie zu sehen, und den Beinamen »der Wilde« trug. Aber das sind im Grunde Fabeln über die Bienen, und alles, was der Rede wert ist, d. h. so gut wie Garnichts, findet sich zusammengefasst im vierten Buche von Virgils »Georgica«.
Die Geschichte der Biene beginnt erst im 17. Jahrhundert mit den Entdeckungen des großen holländischen Gelehrten Swammerdam. Jedoch, um der Wahrheit die Ehre zu geben, muss vorausgeschickt werden, dass schon vor Swammerdam ein vlämischer Naturforscher Clutius gewisse wichtige Wahrheiten gefunden hat, z. B. dass die Königin die alleinige Mutter ihres ganzen Volkes ist und die Attribute beider Geschlechter besitzt, aber er hat dies nicht bewiesen. Swammerdam war der erste, der eine wissenschaftliche Beobachtungsmethode einführte; er schuf das Mikroskop, sezierte die Bienen zuerst und bestimmte endgültig, durch Entdeckung der Eierstöcke und des Eileiters, das Geschlecht der Königin, die man bisher für einen König (»Weisel«) gehalten hatte. Er warf ein unerwartetes Licht auf die politische Verfassung des Bienenstockes, indem er sie auf die Mutterschaft begründete. Außerdem hat er Durchschnitte entworfen und Platten gezeichnet, die so tadellos waren, dass man sie