Passt Perfekt Plus Size: Schnittanpassung für großartige Nähprojekte
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Über dieses E-Book
Meike Rensch-Bergner
<p>Meike Rensch-Bergner alias Frau Crafteln schreibt seit 2010 über das Glück, Bekleidung zu nähen. In ihrem Blog dreht es sich insbesondere umd das Thema "Schnittmuster anpassen", aber auch wie selbst genähte Kleidung das Leben verändert. Viele kennen Sie als Teilnehmerin der erfolgreichen TV-Nähshow mit Guido Maria Kretschmer (VOX). </p>
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Buchvorschau
Passt Perfekt Plus Size - Meike Rensch-Bergner
Basics
Plus-Size-Körper
Plus-Size, große Größe oder dick?
Bevor es richtig losgeht, muss ich erst etwas klären. Wie soll ich unsere Körperfülle nennen? „Unsere" deshalb, weil ich dick bin und ich vermute, du bist es auch – sonst hättest du vermutlich dieses Buch nicht gekauft.
So einfach ist es nicht, denn es gibt irgendwie kein nettes Wort für unsere Figur. Theoretisch ist dick einfach nur ein beschreibendes Adjektiv – aber wir wissen, dass das von vielen Menschen alles andere als neutral gemeint ist. Alle dicken Menschen haben vermutlich unzählige Situationen erlebt, in denen die Bezeichnung „dick" bei ihnen keine guten Gefühle ausgelöst hat. Und trotzdem benutze ich dieses Wort für meine Figur am liebsten. Ich benutze es als Beschreibung, ich bezeichne mich selbst als dick. Es gibt keinen Grund, mich oder andere abzuwerten, nur weil sie dick sind, denn Körper sind eben verschieden geformt. Deswegen macht mir dieser Begriff nichts aus.
Andere Bezeichnungen wie „Plus Size oder „große Größen
beziehen sich ohnehin mehr auf Kleidung als auf meinen Körper. Da ich mich mit dem Thema Kleidung beschäftige, benutze ich sie auch. Was mich allerdings daran stört, sind zwei Dinge. Zum einen beziehen sie sich auf Konfektionsgrößen. Doch diese spielen kaum noch eine Rolle, sobald wir für uns selbst nähen. Deswegen gebrauche ich die Bezeichnungen Plus Size oder große Größe selten. Was mich aber noch viel mehr stört: In den Begrifflichkeiten steckt eine Wertung. „Plus und „groß
sind nichts anderes als „nicht normal nett umschrieben. Es gibt die normalen Größen und Plus-Größen – sind wir nicht normal? Wenn ich das höre, dann fühle ich mich wie ein Alien. Das Gleiche gilt für die scheinbar wertneutrale Bezeichnung „Übergewicht
. Die Vorsilbe „über soll uns sagen „du bist nicht ok
. Wer an so etwas wie den Bodymass-Index und die Wirksamkeit von Diäten glaubt, für den ist die dicke Figur das, was geändert werden muss, um normal zu werden. Ich glaube nicht mehr daran, dass Diäten funktionieren und ich irgendwann noch mal eine zarte Elfe werde. Deswegen gibt es für mich auch keinen Grund, Dicksein abzuwerten. Ich brauche keine angeblich netteren Wörter wie „mollig oder „Rubensfigur
, um freundlicher zu klingen. Bedeutet mollig so etwas wie „sooo dick bist du doch gar nicht oder „Rubensfigur
, dass Männer darauf stehen? Da sind doch schon wieder Bewertungen drin! Wir brauchen keine Vergleiche, kein „trotzdem schön oder „trotzdem sexy
, wir sind, wie wir sind – und deswegen sage ich „dick".
Obwohl ich weiß, dass nicht alle Dicken curvy sind, nutze ich dieses Wort für meine Onlinekurse und Workshops, die ich auf crafteln.de speziell für dicke Frauen anbiete. Ich weiß, das ist ein Widerspruch, aber „curvy crafteln klingt einfach nett, auch wenn ich wirklich denke, dass wir nicht alle curvy oder sexy sein müssen – wir können auch schöne Frauen sein, wenn unsere Körper rund wie Äpfel sind, oder stark und kastig. Alle Körper sind gut, wie sie sind, und egal, wie sie aussehen, wir können sie in schöne Kleidung hüllen. Ich finde es einfach toll, Angebote für dicke Frauen zu machen, weil es mich immer wieder glücklich macht, wenn meine Kundinnen ihre Schönheit und Stärke entdecken. Wenn man mich unter „curvy crafteln
leichter findet, weil sich das gut merken lässt, dann kann ich auch mit dem Wort-Kompromiss leben. Doch hier im Buch bevorzuge ich es, ganz schlicht von dicken Körpern zu schreiben.
Wenn du über das Wort dick oder andere Begriffe im Buch stolperst und irritiert bist, weil ich Dinge beim Namen nenne, dann liegt es vermutlich daran, dass du lange Zeit keine Komplimente bekommen hast und auch selbst mit dir manchmal sehr streng bist. Ich kenne das nur allzu gut. Ich bin schon einige Jahrzehnte dick. Aber seitdem ich mir die Kleidung nähen kann, die ich gern tragen möchte, habe ich meinen Frieden mit mir und meiner Figur geschlossen. Ich kann endlich diese Bewertungen beiseite schieben und mich mit den wirklich wichtigen Dingen des Lebens beschäftigen. Zum Beispiel kann ich mich dem Nähen widmen und der Aufgabe, dir Schnittanpassung beizubringen. Los geht’s!
Ein ungewohnter Gedanke
Erstaunlicherweise scheinen fast alle Frauen Schwierigkeiten zu haben, sich schön zu finden. Falls dir das auch so geht: Du bist damit nicht allein. Wir alle haben unsere Zweifel, die allerwenigsten können frei heraus sagen, dass sie sich schön finden. Vielleicht empfindest du das bei jungen oder schlanken Frauen manchmal als Koketterie, vielleicht sogar als Provokation. Vielleicht macht es dich wütend, wenn Frauen, die viel mehr dem allgemeinen Verständnis von Schönheit entsprechen, ihre Selbstzweifel laut aussprechen. Das ist ein anderes Thema. Jetzt geht es um dich. Findest du dich eigentlich schön?
Ich fange gleich am Anfang des Buches mit diesem heiklen Thema an. Wenn wir nähen, wenn wir auf der Suche nach schöner Bekleidung sind, dann geht es um Schönheit. Wir kommen also nicht umhin, uns damit zu beschäftigen. Doch ich habe eine gute Nachricht für dich: Du musst dich nicht superschön finden und deinen Körper über alles lieben, um gut auszusehen. Es reicht, gut passende Kleidung zu tragen, denn das ist deine zweite Haut, welche dir Sicherheit und ein gutes Gefühl geben kann.
Es reicht, wenn du aufhörst zu jammern und die negativen Gefühle beiseiteschiebst. Fange einfach an, dir schöne Kleidung zu nähen und dich damit ins Leben zu stürzen. Der Rest kommt früher oder später von ganz allein. Versprochen.
Aber was heißt eigentlich „gut aussehen? Wenn du ein bisschen darüber nachdenkst, wirst du merken, dass das gar nicht so einfach zu definieren ist. Zwischen der Normschönheit und dem liebenswerten Menschen liegen möglicherweise Welten auf der scheinbar allgemeingültigen „Schönheitsskala
, und doch haben beide eine ganz eigene Ausstrahlung.
Nach meiner Erfahrung sind Menschen ganz besonders schön, wenn sie in ihrem Element sind, wenn sie sich wohlfühlen und das tun, was ihnen wichtig ist. Deswegen ist es entscheidend, herauszufinden, was wir mögen, wo wir uns gern aufhalten und was wir gut können. Gut passende Kleidung hilft dabei, den Mut zu finden, auch einmal neue Dinge auszuprobieren, um das eigene „Element" zu finden. Wenn du zu Hause sitzt und dich nicht traust loszustürmen, wenn du zwar machst, was du magst, dich dabei aber nicht wohlfühlst, weil du ständig damit beschäftigt bist, an deiner etwas zu kleinen Kleidung herumzuziehen, wenn du dich nicht traust, im Alltag sichtbar zu werden, dann wirst du vermutlich nie herausfinden, was dich schön macht. Also nähe dir passende Kleidung und erobere das Leben!
Aber warum sieht eigentlich gut passende Kleidung so gut aus? Ganz einfach, weil sie stimmig ist. Wenn Kleidung gut passt, dann wirkt sie wie eine zweite Haut. Eine äußere Hülle, die du gestalten kannst, damit die Welt dich so sieht, wie du gesehen werden möchtest. In gut passender Kleidung sieht wirklich jeder Mensch gut aus. Also nähe sie dir. Ich zeige dir, wie es geht. Aber zunächst musst du wissen, was eine gute Passform überhaupt ist.
Das Geheimnis der Guten Passform
Kleidung mit einer guten Passform sieht gut aus und fühlt sich gut an. Anhand dieser beiden Kriterien lässt sich Kleidung in gut oder weniger gut passend einteilen. Zum einen geht es also ganz subjektiv um dein Gefühl in dieser Kleidung, zum anderen um den Blick von außen.
Gut passende Kleidung fühlt sich gut an. Sie engt dich nicht ein, aber sie wallt auch nicht formlos um deinen Körper herum. Sie ist lang genug, aber nicht so lang, dass du über Säume stolperst. Sie ist bequem, und im Idealfall spürst du deine Kleidung nicht mal mehr, wenn sie sehr gut passt.
Damit Kleidung auch in den Augen anderer gut aussieht, muss sie harmonisch wirken. Andernfalls bleibt unser Blick irritiert an unstimmigen Details hängen und kann sich nicht mehr auf den Menschen konzentrieren. Kleidung sitzt dann perfekt, wenn sie in den Hintergrund tritt und dir die Bühne überlässt.
Damit Kleidung harmonisch wirkt, muss nur eine simple Regel eingehalten werden: Alles, was waagrecht sein soll, muss waagrecht sein und alles, was senkrecht sein soll, muss senkrecht sein. Das ist alles. Um diese Regel umzusetzen, musst du nur darauf achten, dass Kleidung überall genügend Weite und Länge hat. Fehlt Weite, dann wandert der Stoff am Körper herum und sucht sich einen Platz. Falten bilden sich, Nähte verrutschen, alles wirkt unharmonisch. Das können wir vermeiden, wenn wir unsere Kleidung selbst nähen und Schnittmuster vor dem Nähen überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
Gute Passform sieht gut aus und fühlt sich gut an. Gut passende Kleidung muss nur eine einzige Bedingung erfüllen: Sie muss überall genau das richtige Maß an Weite und Länge haben. Deswegen passen wir Schnittmuster an, bevor wir die Kleidungsstücke nähen.
Bequem muss es sein
Es hat nichts mit Resignation zu tun, wenn wir uns wünschen, dass Kleidung bequem sein soll. Es ist eine wichtige Grundlage für ein gutes Leben. Was nützt uns gut aussehende Kleidung, die uns am Leben hindert? Kleidung, die uns von wichtigen Gedanken ablenkt, weil wir dauernd an ihr herumziehen müssen, ist überflüssig. Das gilt auch für Kleidungsstücke, in denen wir uns unwohl fühlen, weil sie irgendwo einschneiden.
Nach meiner Erfahrung können wir auf verschiedenen Wegen dafür sorgen, dass wir uns in Kleidung wohlfühlen. Wir können sie passend machen, also für genügend Länge und Weite sorgen, wir können Materialien wählen, in denen wir uns gut fühlen, wir können kleine Verbesserungen an Designs vornehmen, die mit kleinem Aufwand große Wirkung erzielen (wie z. B. einen Teil des Hosenbundes mit einem Gummiband elastisch machen), und wir müssen uns nicht unbedingt in Unterwäsche zwängen, die uns einengt.
Im Praxisteil dieses Buches zeige ich dir, welche Schnittanpassungen möglich sind, um die Kleidung für deine ganz speziellen Hügel und Täler des Körpers passend zu machen. Damit wirst du unabhängig von Kaufkleidung und kannst deine „zweite Haut nicht nur bezüglich Farben und Stil personalisieren, sondern vor allen Dingen auch hinsichtlich der Bedürfnisse deines Körpers. Es ist so einfach: Bequeme Kleidung braucht mehr Stoff, sie braucht mehr Länge und Weite, um nirgendwo einzuengen, aber du musst deswegen trotzdem keine „Zelte
tragen. Eine figurbetonte Silhouette (siehe „Perfekt angepasste Kleidung) ist auch ohne unbequeme „Quetschunterwäsche
möglich.
Außerdem zeige ich dir ein paar „Schnittmuster-Hacks", also kleine Verbesserungsmöglichkeiten mit großer Wirkung. Wenn du ohnehin Schnittmuster durch Anpassungen zu Maßschnittmustern machst, kannst du auch noch einen Schritt weiter gehen und das Design auf deine Bedürfnisse hin so verändern, dass das zukünftige Kleidungsstück noch besser zu dir und deinem Leben passt.
Mit diesen Beinen, Armen und diesem Bauch …
In diesem Kapitel geht es um das Brechen von ungeschriebenen Gesetzen – und um unseren Körper. Auf diesem Gebiet sind wir besonders verletzlich. Das ist auch irgendwie klar, denn es betrifft uns direkt: Wir sind unser Körper!
Immer dann, wenn wir glauben, bestimmte Kleidungsstücke nicht tragen zu können, weil etwas an unserem Körper nicht ideal ist, sind wir die strengsten Stilpolizistinnen. Wir bewerten uns härter als jede andere Frau. Obwohl wir uns mit unseren Gedanken verletzen, können wir kaum anders, als schlecht über uns zu denken, weil ein dicker Körper in unserer Gesellschaft als falsch gilt. Dabei ist es egal, ob wir am ganzen Körper dick sind oder es nur einen Körperbereich gibt, mit dem wir unzufrieden sind.
Ganz häufig schildern Frauen mir, was an ihrem Körper „falsch" ist. Dabei werden mir besonders schlimme Körperbereiche beschrieben, die Scham und Schmerz bereiten, bei denen ich oftmals nicht sofort gesehen hätte, dass dort ein Problem ist. Und selbst wenn … Selbst wenn beispielsweise deine Beine mit Krampfadern anders aussehen als die junger Mädchen oder die auf gephotoshopten Bildern, die uns in der Werbung begegnen, dann sind das trotzdem einfach Beine, und es gibt keinen Grund, sie als gut oder schlecht zu bewerten.
Wir sind durch Bilder geprägt, die uns zeigen, wie unsere Körper idealerweise beschaffen sein sollten. Diese Ansichten verfolgen uns überall, obwohl die allermeisten Körper gar nicht so aussehen wie die mit Bildbearbeitungssoftware optimierten Frauenbilder aus der Werbung. Ein Besuch im Schwimmbad zeigt dir, wie unterschiedlich Körper aussehen können. Das vergessen wir oft, weil die Bilder idealisierter Körper, die wir in den Medien sehen, diese Erinnerung an echte Körper überlagern. Ihre Botschaft ist klar: Wenn du dich nur genug anstrengst, dann kannst du auch so einen Körper haben. Natürlich