1 PUNKT: Helmut Ecklkofer - Essays
Von Helmut Ecklkofer
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Über dieses E-Book
Ein Buch, das zum Nachdenken anregt und die Leser*innen mit auf den Königsweg der Erkenntnis und Eigenreflektion nimmt. Dabei steht das virtuose Spiel mit der Sprache immer im Vordergrund.
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Buchvorschau
1 PUNKT - Helmut Ecklkofer
Montag, 29. Februar 2016
Lieber Helmut!
ICH FLOG WIE EIN VOGEL
Es fühlt sich ungewohnt an, dir zu schreiben, aber warum eigentlich nicht? So kann ich dir endlich mal sagen, dass du das bis jetzt ganz gut hinbekommen hast. Ja, du hattest viel Glück und jede Menge Spaß. Mein liebes Leben, jetzt habe ich schon so viel an dir entdeckt. Mehr Freude als Trauer, mehr Höhen als Tiefen, mehr ja als nein, mehr Glücksgefühle als Leidensgeschichten. Mehr Leidenschaft, als Leiden schafft. Du hast mir Signale gesendet. Manchmal habe ich hingehört, manchmal nicht. Als ich dich zum ersten Mal wahrgenommen habe, fand ich dich wunderbar, in deiner Freiheit, in deiner Ungezwungenheit. Ich hab mich gleich in dich verliebt. Doch wer willst du sein. Eigentlich ist es ganz einfach. Immer mehr ICH. Die letzten 20 Jahre waren eine sehr bewegte Zeit, beruflich, privat, persönlich. Ob ich noch der bin, der ich mal war? Voller Optimismus, voller Tatendrang, voller Pläne, voller Ziele, voller Phantasien. Mit vielen Träumen, aber auch vielen Begegnungen. Ich stieg auf hohe Berge und tauchte tief ab ins Meer. Ich flog wie ein Vogel und raste über den Asphalt. Ich stürzte mich auf weißen Pisten ins Tal hinab. Ich liebte die Menschen ohne Vorurteile. Ich gab ihnen alles und sie mir manchmal auch etwas zurück. Ich hatte viele Freunde und viel Vertrauen.
ICH VERTRAUE MEINEN FÄHIGKEITEN
Geld spielte keine Rolle. Und irgendwann wurde es ernst in meinem Leben. Dem Erfolg wurden zuerst die Freunde geopfert, dann das Lachen und die Unbekümmertheit. Fortan beherrschte Misstrauen mein Leben. Es gab nur noch wenige engste Vertraute, engste Verbündete. Verträge, Vermögen, Versicherung. Der Beruf war keine Berufung mehr, es war ein Funktionieren, wie ein Uhrwerk, ja nicht aus dem Takt kommen. Nur ab und zu. Ich beginne zu laufen. Irgendwann auch vor mir wegzulaufen. Ich habe mich wieder eingeholt. Bin ich zufrieden? Mit mir, mit meinem Leben? Ich möchte mich wieder besser kennenlernen, wieder hineinhorchen in mich, was tut mir gut, wer tut mir gut. Was sind meine wahren Bedürfnisse? Was brauche ich noch, was nicht? Was brauche ich noch auf meiner Lebensreise? Es geht so viel besser mit leichtem Gepäck. Welchen Ballast kann ich noch abwerfen. Welche Fehler, welche negativen Eigenschaften. Was sind das für Eigenschaften? Ich wäre so gerne ein vielleicht noch besserer Mensch, aber wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht genau, was das ist und wie man das wird. Eines Nachts wachte ich neben der Angst auf und mein Lebenstraum war geplatzt. Ich habe nicht weggeschaut, sondern zugehört. Was du mir die ganze Zeit mitteilen wolltest? Ich erlaubte der Traurigkeit, sich dazuzugesellen. Doch ich habe die Sehnsucht in mir behalten, das Vertrauen, die Liebe. Ich habe das Drehbuch meines Lebens umgeschrieben, ja ich habe mit mir gehadert, alles war so vertraut, so bequem, so leicht. Alles war perfekt. Bis auf mich selbst. War ich perfekt unglücklich? Ich habe all meinen Mut zusammengenommen und beschlossen, wieder der zu werden, der ich war. Ich vertraue meinen Fähigkeiten und bin neugierig auf den Zauber. Ich schreibe den Brief, damit du in einem Jahr feststellen kannst, wie weit du gekommen bist. Du hast schwere Zeiten hinter dir und du schaffst es trotzdem Tag für Tag, wieder zu lächeln und für andere da zu sein. Ich hoffe, du bist auf irgendeine Art und Weise glücklich. Du kannst sicher stolz auf dich sein. Wie ich dich kenne, bist du schon wieder neu verliebt! Du glaubst weiter an die Liebe. Du bist ein wunderbarer Mann. Versuche immer, dein Bestes zu geben. Bleib dir selbst treu. Hinterfrage und analysiere nicht alles und jeden. Versuche loszulassen, gelassen zu sein. Einatmen, ausatmen, wie beim Yoga. Entspanne dich. Ich will, dass Du Frieden mit Erlebnissen in der Vergangenheit schließt. Genieße das Leben mit Dir selbst. Achte auf Deine Gedanken, lass sie positiv sein. Betrachte Deinen Körper voller Liebe. Akzeptiere Deine Vergangenheit. Habe Spaß an Dir selbst. Umgebe Dich mit Menschen, die Dir guttun. Sei dankbar für all die tollen Dinge, die Dir widerfahren. Sei glücklich mit den Menschen, die dir nahe stehen und dich wirklich lieben. Halte inne und lausche deinem Puls. Verliere niemals dein Lachen und deine Kreativität. Sie sind so wichtig für dich. Verschwende nicht deine Zeit mit negativen Menschen. Ich wünsche mir für dich eine gewisse Leichtigkeit, mit der du durch dein neues Leben gehen kannst. „Wenn du es träumen kannst, kannst du es auch tun", sagt Walt Disney. Du hast vielen Menschen eine Freude bereitet. Nun bereite dir selbst eine Freude. Nur du weißt, wo du im Leben stehst.
Es gibt doch dieses Sprichwort, das sagt, dass das Leben ein Zug ist und an jeder Station steigen Menschen ein oder aus. Also, wer ist zugestiegen und wer fährt noch mit? Wer ist gegangen und wem hast du die Tür aufgehalten? Und wessen Platz ist noch frei und wen vermisst du?
Ja, ich weiß, all diese Fragen sind sinnlos, wenn man bedenkt, dass du mir gar nicht antworten kannst. Oder weil du und ich ein- und dieselbe Person sind. Wir sind beide Helmut. Aber ich bin noch nicht du und du bist nicht mehr ich. Ich hoffe, du kannst uns alle meine Fragen beantworten. Wenn nicht, such‘ die Antworten. Aber mach es nicht für mich oder sonst irgendjemanden. Mach es für dich. Dir stehen alle Möglichkeiten offen – im Beruf, privat – immer. Das darfst du nie vergessen. Und falls uns das Leben mal in die Knie zwingt, tanzen wir Limbo.
Was du dir auch wünschst, es wird in Erfüllung gehen. Mach etwas aus deinen Talenten. Verzaubere Menschen und schenke ihnen glückliche Stunden. Begeistere die Menschen und bringe sie zum Lachen. Es hat dir immer so viel Spaß gemacht, anderen eine Freude zu bereiten, sie zu verwöhnen ohne große Erwartungen. Freue dich über die kleinen Dinge. Behalte deinen Sinn für das Schöne, deinen Ordnungssinn, deinen Fleiß, deinen Ehrgeiz, deinen Mut, deine Kraft, deinen Optimismus und deine Ruhe. Stärke deine Zuversicht und lebe ein Leben voller Licht und Strahlen. Sei geduldig und gehe einen Schritt nach dem anderen. Zaubere mit deinen Worten. Finde tausend Gründe, um zu lachen. Finde tausend Gründe, um zu lieben. Ich wünsche dir weiterhin viel Freude, Gesundheit, Lust und Leidenschaft am Leben. Behalte dein Urvertrauen und genieße jeden Augenblick und lass dein Herz weiterhin dir den Weg aufzeigen, denn dein Herz weiß immer, wo es lang geht. Bleib neugierig und dankbar für jeden einzelnen Tag. Du bist wundervoll!
FIDELITY
ICH SUCHE MEIN LEBEN
„Die Treue gibt unserem Leben eine Einheit, ohne die es in tausend flüchtige Eindrücke zersplittert." Ich suche mein Leben, meine Spuren, mein Ich und lerne eigenartige Dinge. Wo liegt die Balance zwischen Traurigkeit und Freude? Sie hat ihre Stimme in meinem Kopf zurückgelassen. Was wollte sie mir sagen? Was wollte ich sie noch fragen? Ich befinde mich in einem Tunnel der Gefühle. Eingezwängt zwischen den Wänden Denken und Handeln, Harmonie und Schmerz. Es ist dunkel. Nach und nach zeichnen sich atlasweiße Fragmente ab.
Wir tanzten im Gleichklang wie Fred Astaire und Ginger Rogers. Wir stehen uns nochmals gegenüber in dem großen Saal. Alles um uns verschwimmt. Die Geräusche verstummen. Ich berühre dich. Ich führe dich. Ich fühle dich. Aber etwas ist anders. Wo sind unsere Grenzen. Es wechselt das Draußen und das Drinnen. Sie trägt einen anmutigen obsidiangrauen Nebelschleier.
Wo liegt der Schlüssel des Rätsels? Wie ein Sonar sind meine Sinne. Ich taste nach der Wirklichkeit, die Ränder verschmieren, unscharf sind die Übergänge zwischen Tag und Nacht, Wachen und Schlafen, Leben und Tod. Wiedersehen. Ein schmaler Streifen aus Wahrheit liegt vor mir. Jeden Tag eine neue Etappe. Ich strample Kilometer um Kilometer wie die Radfahrer der Tour de France. Winde mich steile Pässe in die Höhe. Kein Blick zurück. Rase waghalsig die Abfahrten hinunter. Spüre den Fahrtwind, fühle für einen kurzen Augenblick die Freiheit. Was kommt nach dem Traum? Tränen füllten ihre Augen. Ich versuche, mich zu fokussieren.
Ich bin eine Mischung aus Peter Pan und Hans im Glück.
„So glücklich wie ich", rief er aus‚ „gibt es keinen Menschen unter der Sonne." Mit leichtem Herzen und frei von aller Last ging er nun fort, bis er daheim bei seiner Mutter angekommen war. Auch ich tauschte viele Dinge, traf viele Leute und hatte immer Glück. „Alles, was du brauchst, ist Glauben, Vertrauen und ein bisschen Feenstaub", sagte Peter Pan. Ja, ich hatte viel Vertrauen und auch etwas Feenstaub.
Ich lebe in der Vergangenheit und du in der Zukunft. Alles trennt uns, sogar die Zeit, die Zeit, die uns sonst so geeint, so vereint hat. Die Zeit, die wir ohne nachzudenken so unglaublich gut verbracht haben, die wir so mit Leben gefüllt haben. Die uns nie zu wenig war. Die wir immer so genossen haben. Du steigst auf in ungeahnte Höhen, ich tauche ab in die Tiefe meiner Seele. Suche nach dem Sinn. Nach meinem Sinn. Nach Sinn-Bildern. Nach Sinn-Symbolen.
SUCHE NACH DEM SINN
„Der Sinn des Lebens ist mehr, als das Leben selbst. Man kann nie wissen, was man wollen soll, weil man nur ein Leben hat, das man weder mit früheren Leben vergleichen noch in späteren korrigieren kann. Es ist unmöglich zu überprüfen, welche Entscheidung die richtige ist, weil es keine Vergleiche gibt. Man erlebt alles unmittelbar, zum ersten Mal und ohne Vorbereitung", sagt Milan Kundera.
Ich lege das iPad auf die Seite. Ich fühle das Buch in meinen Fingern. Ich spüre den samtweichen Einband und bin fasziniert von den filigranen Verzierungen. Meine Finger gleiten wie über Blindenschrift. Die feinen Erhebungen helfen meinem Tastsinn. Meine Nervenbahnen geraten in Schwingungen. Die Synapsen verbinden sich wieder. Meine Augen erfassen die ersten Zeilen. Noch ist alles ungewohnt. Die Handschrift, die Materie jeder einzelnen Seite. Aber langsam kommt der Rhythmus. Wie im Takt der Musik arbeitet mein Gehirn. Ich lese aufmerksam und meine Sinne haben Zeit, sich zu akklimatisieren. Ich bin wie ein Schwimmer, der nach jedem zweiten Zug eine Atempause einlegt. Ich sauge die Worte auf wie ein Laubsauger, unermüdlich Blatt für Blatt. Die Buchstaben stellen Fragen und manchmal ist die Antwort leicht. Das Kerzenlicht scheint golden auf die fein säuberlich beschriebenen Seiten. Es ist, als ob die Sonne morgens aus diesem Buch aufgeht und alles in ein magisches Licht taucht. In Karmesinrot, in Glutorange, in Farbmischungen, die nur die Natur zustande bringt.
Ich bin mächtig stolz. Ich bin wertvoll. Mein Herz klopft unaufhörlich. An manchen Stellen des Textes bleibt es kurz stehen. Ich habe sicher vielen Menschen Freude bereitet, manche auch enttäuscht. Doch ich weiß jetzt erst, dass viele Menschen meine Worte, meine Gedichte nicht verstanden haben. Es ist ein Neubeginn. Wohin mich meine Reise führt, weiß ich noch nicht. Es gibt wunderschöne Bilder dieses Jahr. Ob es für ein Jahrbuch reicht? Ich habe unglaubliche Dinge erlebt und wundervolle Menschen kennengelernt auf meiner Reise zum Ich. Damit eine Reise beginnen kann, muss eine andere Reise zu Ende gehen. Ich habe viel gelacht und viel geträumt. Ich war verzaubert und verwirrt, ich war verrückt und verstört. Ich liebe extreme Gegensätze, doch dieses Jahr waren sie sehr extrem. Wie heißt ein so schöner Spruch: „Wirf deine Gedanken wie Herbstblätter in einen blauen Fluss, schau zu, wie sie hineinfallen und davontreiben – und dann vergiss sie!" (aus dem Zen-Buddhismus).
THE LAST WALZ
Ihre Arme berühren sich. Das Schauspiel beginnt.
„If you don‘t know me by now."
Wenn du mich jetzt noch nicht kennst, wirst du mich nie nie nie mehr kennenlernen. All die Probleme, die wir zusammen gelöst haben – du solltest mich und ich dich verstehen können. Ich kenne jetzt den Unterschied zwischen richtig und falsch. Vertrau mir nur so, wie ich es bei dir tue, so lange, wie wir schon zusammen sind, sollte das sehr einfach sein. Deswegen nimm dich ein wenig zusammen, sonst können wir gleich für immer „Leb wohl" sagen. Wofür soll eine Liebesbeziehung gut sein, wenn man sich nicht in die Augen sehen kann? Wenn du mich jetzt noch nicht kennst, wirst du mich nie, nie, nie mehr kennenlernen.
WIE SAMT UND SEIDE IHRE HAUT
Der Rhythmus nimmt sie mit in eine andere Welt. Sie sind wie zwei Schneeflocken unter Millionen anderen. Leicht tanzen sie in der Luft. Sie sind eins, wenn auch nur für Sekunden. Ein Schleier hängt unsichtbar zwischen ihnen. Ihr Leben war immer wie ein entspannter Sonntagnachmittag. Ein wolkenloser Tag reihte sich an den anderen. Ihr ganz eigener Duft löst sich in meiner Nase auf. Vanille, Rosenblüten, Lavendel mischen sich zu einer neuen Duftnote. Goldene Zeiten im Paralleluniversum. Wie Samt und Seide ihre Haut. Eine kurze Berührung, ein kurzer Blick, der aus einem Spiegel entsteigt. Der tiefblaue Ozean spiegelt sich in ihren Augen und ein Funkeln wie Sternenstaub löst sich in der lauten Atmosphäre. Haut an Haut gleitet reibungslos aneinander vorbei. Gefühle reagieren unter der Haut wie ein warmer Sommerwind. Hüllenlos fällt sie und fällt sie. Sie fällt durch die Zeiten, die Vergangenheit, die Gegenwart, die Zukunft. Wie lange wird es dauern, bis die Erinnerungen im Meer der Zeit untergehen? Traum und Wirklichkeit verschmelzen in einer neuen Dimension. Alles wird von Extremen zusammengehalten. Wie ein Glücksritter, seiner inneren Stimme folgend, ziehe ich in die Schlacht. Mit dem Schwert der Leidenschaft, das die Phantasien durchtrennt. Und plötzlich beginnen auch die Buchstaben zu tanzen. Und ich versuche, wie ein Analphabet das Buchstabenrätsel zu lösen. Die Wörter einzufangen, die wie in einem Ballsaal auf dem spiegelglatten Parkett ihre Pirouetten drehen.
ICH FÜHLE MICH WIE IKARUS
Ich schließe meine Augen und erkenne, wie die Konturen mehr und mehr verschwimmen. Noch höre ich den feinen Klang der Streicher. Ich steige mit ihnen immer höher und höher. Ich fühle mich wie Ikarus. Sehe das Licht vor mir immer heller und heller. Reflexionen scheinen auf meine Seele. Wieder bin ich mittendrin im Gewühl der Tänzer und Tänzerinnen. „Black Swan" kommt mir in den Sinn. Schwanensee erklingt. Und vor meinem geistigen Auge schwebt das Ballett in einer perfekten Performance federleicht in der schwülen Luft. Eine