Mysteriöser Krimi: Der Fluch der Steine
Von Alfred Bekker
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Über dieses E-Book
Du wirst sterben, Mark Potter!" flüsterte John Jennings leise vor sich hin. Der Gedanke gefiel ihm, daß sich sein Opfer in diesem Moment nicht wehren konnte. Es ahnte nicht einmal, in welcher Gefahr es sich befand und das seine Atemzüge buchstäblich gezählt waren...
Die Kräfte der schwarzen Magie sind eine tödliche Waffe, dachte Jennings. Genau die richtige Waffe für einen unbarmherzigen Scharfrichter...
Und genau so sah Jennings sich.
In Gedanken stellte er sich sein Opfer vor. Die Augen, die sich in dem Moment vor Entsetzen weiteten, wenn die Luft wegblieb, der verzweifelte Griff zum Hals, um sich von der unsichtbaren Schlinge zu befreien, die sich immer enger zu ziehen schien und schließlich das letzte Todesröcheln. Der Schweiß stand Jennings auf der Stirn. Wie ein Besessener hatte er für diesen Augenblick gearbeitet und nun war es soweit. Er ließ Hammer und Meißel sinken.
Sein Blick fixierte die steinerne Büste vor ihm auf dem Tisch. Dann sah er seitwärts, wo er das Foto eines etwa vierzigjährigen grauhaarigen Mannes hingelegt hatte. Es war seine Vorlage.
Jennings atmete tief durch.
Das Gesicht war perfekt. Jennings legte Hammer und Meißel zur Seite. Er hatte ein natürliches Gefühl dafür, wann man mit einer Arbeit aufhören mußte, um sie nicht zu ruinieren. Er bewegte den Rollstuhl, in dem er saß, ein Stück nach hinten und verharrte dann einige Augenblicke lang. Sein Blick hing noch immer an der Büste.
Ein Kopf aus kaltem Stein, dessen Gesicht dem auf dem Foto so ähnlich war, daß einem Betrachter schon fast unheimlich werden konnte.
In Jennings feingeschnittenem, etwas melancholisch wirkendem Gesicht zuckte es. Bilder tauchten vor seinem inneren Auge auf. Bilder eines Unfalls, die ihn seit jenem Tag verfolgten und dafür sorgten, daß er ohne Medikamente kaum Schlaf finden konnte...
Ein einziger Augenblick, dachte Jennings, der alles verändert hatte...
Dunkle Spannung in einem Erfolgsroman!
John Jennings ist ein begnadeter Bildhauer - aber durch seine Werke
entfaltet er wahrhaft mörderische Kräfte. Als eine Reporterin sein dunkles
Geheimnis erfährt, gerät sie in große Gefahr...
Alfred Bekker
Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.
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Mysteriöser Krimi - Alfred Bekker
Du wirst sterben, Mark Potter!
flüsterte John Jennings leise vor sich hin. Der Gedanke gefiel ihm, daß sich sein Opfer in diesem Moment nicht wehren konnte. Es ahnte nicht einmal, in welcher Gefahr es sich befand und das seine Atemzüge buchstäblich gezählt waren...
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Und genau so sah Jennings sich.
In Gedanken stellte er sich sein Opfer vor. Die Augen, die sich in dem Moment vor Entsetzen weiteten, wenn die Luft wegblieb, der verzweifelte Griff zum Hals, um sich von der unsichtbaren Schlinge zu befreien, die sich immer enger zu ziehen schien und schließlich das letzte Todesröcheln. Der Schweiß stand Jennings auf der Stirn. Wie ein Besessener hatte er für diesen Augenblick gearbeitet und nun war es soweit. Er ließ Hammer und Meißel sinken.
Sein Blick fixierte die steinerne Büste vor ihm auf dem Tisch. Dann sah er seitwärts, wo er das Foto eines etwa vierzigjährigen grauhaarigen Mannes hingelegt hatte. Es war seine Vorlage.
Jennings atmete tief durch.
Das Gesicht war perfekt. Jennings legte Hammer und Meißel zur Seite. Er hatte ein natürliches Gefühl dafür, wann man mit einer Arbeit aufhören mußte, um sie nicht zu ruinieren. Er bewegte den Rollstuhl, in dem er saß, ein Stück nach hinten und verharrte dann einige Augenblicke lang. Sein Blick hing noch immer an der Büste.
Ein Kopf aus kaltem Stein, dessen Gesicht dem auf dem Foto so ähnlich war, daß einem Betrachter schon fast unheimlich werden konnte.
In Jennings feingeschnittenem, etwas melancholisch wirkendem Gesicht zuckte es. Bilder tauchten vor seinem inneren Auge auf. Bilder eines Unfalls, die ihn seit jenem Tag verfolgten und dafür sorgten, daß er ohne Medikamente kaum Schlaf finden konnte...
Ein einziger Augenblick, dachte Jennings, der alles verändert hatte...
Jennings schluckte.
Er kniff die Augen zusammen und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Dann rollte er durch das halbe Atelier. Bei einem Schrank stoppte er und holte eine schwere gußeiserne Kette sowie eine Dose mit schwarzer Farbe und einen feinen Pinsel aus einer Schublade. Damit kehrte er zurück zu dem steinernen Gesicht.
Er öffnete die Farbdose, indem er den Deckel mit dem Meißel heraushebelte und trug mit dem feinen Pinsel eine Reihe von Zeichen auf der Stirn des Steinkopfes auf.
Dann nahm er die Kette und schlang sie der Büste um den Hals. Ganz fest zog er sie, so als wollte er jemanden damit erwürgen.
Die Kraft der Finsternis wird dir den Atem nehmen, Mark Potter!
murmelte er und wiederholte es gleich darauf. Er sagte es immer wieder und es wurde eine Art dumpfer Singsang daraus. Jennings' eigentlich sehr gutaussehendes Gesicht verzog sich dabei zu einer Maske des Hasses.
Schließlich brach er abrupt ab.
In seinen Augen blitzte es.
Deine Seele ist eine Beute Satans, Mark Potter!
stieß er dann hervor und lehnte sich in seinem Rollstuhl zurück. Er schwieg. Es war vollbracht.
In den nächsten Tagen würde er aufmerksam die Todesanzeigen der Londoner Tageszeitungen studieren... Eine ganze Weile saß er einfach nur so da. Ein stilles Lächeln von kalter Grausamkeit stand ihm dabei im Gesicht. Er wirkte in sich gekehrt. Dann sah er das blinkende Lämpchen des Sprechgeräts am anderen Ende des Tisches. Er bewegte sich mit seinem Rollstuhl dorthin und drückte auf einen der Knöpfe.
Was gibt es?
fragte er mürrisch, denn eigentlich hatte er diesen Augenblick noch etwas auskosten wollen.
Eine weibliche Stimme antwortete.
Da ist wieder diese junge Journalistin. Miss Dana McGraw vom LONDON CHRONICLE wartet auf dich, John!
Jetzt nicht!
Aber du bist mit ihr jetzt verabredet!
Ich habe gesagt: jetzt nicht!
fauchte Jennings. Hast du mich verstanden, Elizabeth?
Was soll ich ihr sagen?
Denk dir was aus und mach einen neuen Termin mit ihr, okay?
Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern schaltete das Gerät aus und umrundete erneut den Tisch. Dann betrachtete er mit einem Ausdruck der Zufriedenheit die Steinbüste von Mark Potter. Er fühlte sich leer und ausgelaugt.
Und erleichtert.
*
Guten Morgen, Dana!
begrüßte mich Morton T. Smith, der Chefredakteur des LONDON CHRONICLE, als ich sein Büro betrat. Für eine Sekunde war ich etwas irritiert, denn anstatt des eher etwas mürrischen Gesichtsausdruck, der ansonsten so typisch für ihn war, schien er heute gut gelaunt zu sein.
Guten Morgen
, erwiderte ich.
Er erhob sich und umrundete seinen Schreibtisch, der über und über mit Manuskripten bedeckt war.
Ich wollte mal fragen, wie weit Sie schon mit Ihrer Reportage über diesen Künstler sind?
John Jennings?
Genau!
Ich atmete tief durch. Er scheint seit dem Unfall, den er vor drei Jahren hatte, sehr exzentrisch geworden zu sein
, erklärte ich dann.
Seitdem sitzt er ja auch wohl im Rollstuhl, oder?
hakte Smith nach, der sich erklärtermaßen nicht sehr für moderne Kunst interessierte. Der Chefredakteur zuckte die Achseln und verschränkte die Arme vor der Brust. Seine Exzentrik ist schließlich der Grund dafür, daß wir überhaupt etwas über ihn bringen. So sehe ich das jedenfalls!
Da hatte Smith natürlich recht. John Jennings war ein Star auf dem Kunstmarkt.
Seine Objekte und Skulpturen erreichten astronomische Preise. Und das, obwohl der Künstler erst Mitte dreißig war. Nicht, daß seine Jugend gegen seine Kunst gesprochen hätte, aber die meisten erreichten diese Preisklasse erst, wenn sie verstorben waren.
Wirklich prominent hatte Jennings seine Hinwendung zu Okkultismus und Magie gemacht, die er seit seinem tragischen Verkehrsunfall vollzogen hatte. Die einen hielten ihn nun für halb wahnsinnig, aber auf andere wirkte gerade das anziehend. Es gab Jennings etwas Mysteriöses, wie auch die Tatsache, daß
er sich kaum noch in der Öffentlichkeit zeigte.
Der LONDON CHRONICLE war die erste Zeitung seit langem, die überhaupt hoffen konnte, an ihn heranzukommen. Und das auch nur, weil einer der Herausgeber des CHRONICLE
offensichtlich gute Kontakte zu Jennings' Manager besaß.
Also
, wiederholte Smith. Wie weit sind Sie, Dana?
Ich stehe noch ganz am Anfang!
mußte ich bekennen und Smith runzelte die Stirn. Er sagte es nicht, aber ich konnte ihm ansehen, was in seinem Kopf für Gedanken herumspukten: Da hätte ich Ihnen mehr zugetraut, Dana!
Das müssen Sie mir erklären!
Er hat bereits zweimal Termine mit mir von einer Minute zur anderen abgesagt. Es scheint wirklich nicht so einfach zu sein, an ihn heranzukommen... Ich habe zwar im Archiv recherchiert, aber schließlich sollte auf den Seiten der CHRONICLE ja nicht nur das stehen, was ohnehin alle wissen...
Allerdings!
nickte Smith. Da gebe ich Ihnen recht.
Er ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten. Verzögerungen aller Art haßte er wie die Pest.
Er ist ein scheuer Mann
, gab ich zu bedenken. Smith sah mich sehr ernst an. Glauben Sie, daß es noch Zweck hat, an der Sache dranzubleiben?
Ja, davon bin ich überzeugt!
behauptete ich, obwohl ich mir da inzwischen gar nicht mehr so sicher war. Es war gut möglich, daß Jennings mich ewig hinhalten würde, nur um sich schließlich zu überlegen, dem LONDON CHRONICLE doch kein Interview zu geben.
Aber ich hatte an der Sache ein persönliches Interesse, denn dieser mysteriöse Mann faszinierte mich. Ich hatte einiges über ihn und sein Leben gelesen und brannte darauf, ihn kennenzulernen.
Gut
, hörte ich Smith sagen. Dann machen Sie weiter.
Heute schien er seinen nachsichtigen Tag zu haben.
*
Der neue Termin, den ich mit John Jennings' Sekretärin abgemacht hatte, lag an einem Montag Nachmittag.
Jim Berringer begleitete mich. Er war Fotograf beim LONDON
CHRONICLE und wir bildeten bei den meisten Reportagen ein Team. Jim und ich waren gleichaltrig. Er war blond, trug das Haar etwas zu lang und wirkte sehr unkonventionell.