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Reduktion: Schere im Kopf. Gestalten durch abstrahieren
Reduktion: Schere im Kopf. Gestalten durch abstrahieren
Reduktion: Schere im Kopf. Gestalten durch abstrahieren
eBook341 Seiten2 Stunden

Reduktion: Schere im Kopf. Gestalten durch abstrahieren

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Über dieses E-Book

Reduktion im Sinne des bildlichen Abstrahierens ist die zentrale Strategie im grafischen Entwurfsprozess um zu aussagekräftigen und überzeugenden Darstellungen zu gelangen. Dieses Buch soll GestalterInnen, insbesondere Studierende und BerufsanfängerInnen der Kreativbranche, in der Entwicklung von grafischen Ideen, von Signets und Illustrationen unterstützen. Basis der Gestaltungslehre sind aktuelle Erkenntnisse der Wahrnehmungspsychologie, der Kognitionswissenschaften sowie unmittelbare Erfahrungen aus Praxis und Lehre.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum7. Okt. 2020
ISBN9783752677690
Reduktion: Schere im Kopf. Gestalten durch abstrahieren
Autor

Birgit Gurtner

Birgit Gurtner ist Diplom-Kommunikationsdesignerin (FH) und Illustratorin, sowie emeritierte Professorin der Fachhochschule Salzburg, an der sie den Studiengang MultiMediaArt mit aufbaute und über 20 Jahre den Fachbereich Mediendesign leitete. Davor sammelte sie Erfahrungen in der klassischen Agenturszene, beim Fernsehen als Kameraassistentin und Trickfilmzeichnerin sowie in der 3D-Animation. Heute stehen in ihrem Atelier auf dem Land freie künstlerische Projekte und die Illustration im Zentrum.

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    Buchvorschau

    Reduktion - Birgit Gurtner

    Manchmal sehen GestalterInnen im kreativen Entwurfsprozess vor lauter

    Wald keine Bäume mehr: diese Publikation soll mögliche Wege zeigen.

    Reduktion ist ein Grundprinzip guter Gestaltung.

    Reduktion auf die Essenz, inhaltlich wie formal. Weglassen von alldem,

    was der Kommunikation nicht dient. Nicht gemeint ist formalistischer

    Reduktionismus, der Gestaltung verkopft. Dekoratives, das der emotionalen

    Wirkung dient, ist explizit Teil guter Gestaltung.

    Inhaltsverzeichnis

    Reduktion: Methode & Intuiton

    Abstraktion oder: was Einstein und Picasso verbindet

    Bildliches Abstrahieren meint inhaltliches Abstrahieren

    Visuelles Denken

    Bauch über Kopf

    Die visuelle Wahrnehmung: zur Physiologie und Psychologie des Sehens

    Vom visuellen Reiz zur Informationsverarbeitung im Gehirn

    Selektive Aufmerksamkeit: Regulation der Datenmenge

    Gedächtnisbilder: Ergänzen des Wahrgenommenen

    Kognitives Bewusstsein und Unbewusstes

    Das Zentrum der Aufmerksamkeit

    Wahrnehmungsfilter „Prinzip Wohlbefinden"

    Schlüsselreize und Archetypen als Aufmerksamkeitsstimuli

    Die „Erfolgsformel" AIDA

    Spezialisierungen der Gehirnregionen

    Wahrnehmen ist Konstruktion und Interpretation

    Semantischer Kontexteffekt und Seh-Kausalität

    Optische Täuschungen als Zeichen visueller Intelligenz

    Gestalten ist Interpretation und Konstruktion

    Zeichnen als mentales Re-Konstruieren

    Von der Aufmerksamkeit zum Speichern: Das dosierte Diskrepanzerlebnis

    „Shifting Baselines": Gefahr Gewöhnungseffekt

    Zusammenfassung: Visuelle Informationsverarbeitung

    Reduktion von Information durch bildliches Abstrahieren

    Strategien zur inhaltlichen Reduktion

    Inhaltliche Reduktion durch die Visualisierungsform

    Denkstrategien zur inhaltlichen Reduktion und Verdichtung

    Bildliches Abstrahieren: Orientierung als Ziel. Ockham und KISS

    Der Prozess des Bildlichen Abstrahierens: vom Zeichnen zum Zeichen

    Zeichnen zur Analyse und als Katalysator im Kreativprozess

    Entwerfen mit dem Computer

    Credo für das analoge Zeichnen

    Die Wahrnehmung überlisten

    Die Synthese zum visuellen Zeichen

    Zur Wahrnehmung von Zeichen

    Gestalttheorie: Gestaltprinzipien der Gestaltpsychologie

    Form- und Körperwahrnehmung durch Abstrahieren

    Die künstlerische Formentheorie: Punkt, Linie und Fläche

    Bildzeichen zum Thema Mensch

    Zwischen Bildzeichen, Character und Karikatur

    Formalästhetische Methoden der Zeichenentwicklung

    Flächige und kubische Rastersysteme

    Zeichenentwicklung nach der kubistischen Methode

    Methoden der Ausdruckssteigerung

    Mediale Einflüsse auf die Gestalt des Zeichens

    Zur semiotischen Klassifikation von Zeichen

    Zur emotionalen Wirkung von Zeichen

    Storytelling und Emotional Design: die Zauberformel?

    Das erfolgreichste Zeichen aller Zeiten

    Visuelle Kompositorik: Ordnungsprinzipien

    Der Kontrast

    Das Hell-Dunkel, Licht und Schatten: ein besonderer Kontrast

    Kontrast und Ausgleich: Vielfalt und Einheit

    Teilungs-, Bewegungs- und Richtungslinien

    Raum und Perspektive

    Proportionssysteme

    Der Goldene Schnitt

    Modulsysteme

    Bewegung im statischen Bild

    Zur Wahrnehmung von Bewegung

    Die Grundlagen von Kinetik und Dynamik

    Darstellungsmethoden von Bewegung

    Dynamik im Bild durch klassische Methoden der Bildkomposition

    Raum, Zeit und Rhythmus

    Lebendigkeit durch Haltung, Mimik und Gestik

    Literaturverzeichnis

    „Der Meister war nicht anwesend. Bloß eine Haushälterin öffnete die Tür, als der berühmte Maler Apelles zum spontanen Besuch erschien. Er wollte einen Kollegen treffen, den Maler Protogenes. Die Alte riet ihm, später am Tag wiederzukommen, und fragte, wen sie denn melden dürfe? Statt ihr seinen Namen zu sagen, nahm Apelles einen Pinsel und zog auf einer leeren Leinwand freihändig eine sehr feine Linie. Als Protogenes nach seiner Heimkehr diese Linie sah, war ihm klar, wer dieser Besucher gewesen sein musste: So kriegt das nur der große Apelles hin. Er nahm einen noch feineren Pinsel und zog mitten auf dieser Linie eine zweite. Dann verließ er das Haus wieder. Am Nachmittag erschien Apelles erneut und schaffte es, diese beiden Linien mit einer dritten zu spalten, ohne für eine vierte Platz zu lassen.

    Die von Plinius in seiner „Naturalis historia"

    überlieferte Anekdote wurde zum Muster für

    unser Verständnis von einem gelungenen

    Kunstwerk:

    Meisterwerke entstehen durch Reduktion."

    Nils Minkmar (2016)

    „Die Reduktion gehört zur hohen Schule der Gestaltung. Es kommt darauf an, gekonnt zu dezimieren und zu kondensieren: formal und inhaltlich. Damit die Botschaft intensiviert wird.

    ... Reduktion minimiert. Komprimiert. Und intensiviert. Und macht aus dem Wenigen, das

    bleibt, ein Maximum. Aus weniger wird mehr." Tom Moog (2013)

    Reduktion: Methode & Intuition

    Die Wahrnehmung von Information hat sich in den letzten Jahrzehnten durch die Kommunikationstechnologien und ein Überangebot an Medien stark verändert: sie ist flüchtiger geworden. In immer kürzerer Zeit müssen immer mehr Informationen aufgenommen, organisiert und verarbeitet werden. Entscheidungsprozesse sind komplexer geworden. Komplexe Wirklichkeiten erfordern die Reduktion von Information auf das Wesentliche, sollen sie erfasst und verstanden werden. Diese Publikation befasst sich mit der Strategie der Reduktion in Entwurfs- und Gestaltungsprozessen des Visuellen Kommunikationsdesign. Reduktion im Entwurfsprozess bedeutet, sich mit dem Herausarbeiten von spezifischen, inhaltlichen und visuellen Merkmalen zu beschäftigen. Komplexe Informationen werden auf das Wesentliche reduziert und in der visuellen Darstellung entsprechend abstrahiert, mit dem Ziel, das Relevante sichtbar zu machen. Unwesentliche Informationen werden eliminiert. Die Komplexität der Information bleibt dabei erhalten, es wird nicht vereinfachend banalisiert, sondern das Relevante wird exemplifiziert. Ziel ist, zu gewährleisten, dass die wesentliche Information vom Rezipienten aufgenommen, verstanden und damit behalten wird – trotz visueller Informationsüberflutung. Eine Strategie, die der Arbeitsweise unseres Gehirns entspricht! So untersucht die Publikation neue Erkenntnisse der Neuro- und Kognitionswissenschaften sowie der Wahrnehmungspsychologie auf ihre Relevanz für das visuelle Kommunikationsdesign. Das Verstehen der grundlegenden Arbeitsweise unseres visuellen Systems ist die Arbeitsgrundlage für den Gestaltungsprozess und damit für das Gelingen von Visueller Kommunikation.

    „Less is more." Ludwig Mies van der Rohe (1947)

    Basierend auf Erfahrungen der kreativ-künstlerischen Praxis und Lehre sowie auf Erkenntnissen der Hirnforschung sind mögliche systematische Wege der gestalterischen Ideenentwicklung und Umsetzung beschrieben. Explizit nicht ausgeklammert ist dabei das Gegenüber der Methode: die Intuition – Bauchgefühl und innere Stimme. Intuitives Gestalten scheint sich im kreativen Prozess dem Verstand und der Logik zu entziehen, ist aber eigentlich nur eine andere Art des Denkens und Wahrnehmens. Intuition folgt oft auf einen intensiven methodischen Prozess, in dem mit Leidenschaft nach einer Problemlösung gesucht worden ist. Intuition ist ein Raum, der sich unter bestimmten Bedingungen öffnet, häufig verbunden mit dem erfüllenden Gefühl von „Flow" – dem innigen Verbundensein mit dem Tun. Intuition ist nicht Gestalten ohne Plan. Spiel und Experiment (auch methodisch!) lassen Ideen entstehen, die man lediglich als mögliche Lösungswege erkennen muss.

    „Was wirklich zählt, ist Intuition." Albert Einstein

    „Form follows Content"

    Das aktuelle Medien- und Kommunikationsdesign folgt der Maxime „form follows content, eine Weiterentwicklung des Bauhaus-Credos „form follows function, dessen radikaler Reduktionismus in der Branche häufig als nicht mehr zeitgemäß kritisiert wird. Die Frage ob Gestaltung rein funktional auszurichten sei oder inwieweit dekorative Elemente eine Existenzberechtigung besitzen oder nicht, soll hier nicht beantwortet werden. Reduktion als Stilpraxis ist immer gekennzeichnet durch eine zeichenhafte Formgebung und klare Komposition sowie einer geschickten Inszenierung visuell wahrnehmbarer Elemente in Fläche oder Raum. Ausgangspunkt ist etwas Materielles oder ein gedankliches Konstrukt, das zu etwas neuem Sinnhaften verdichtet und attraktiv eingekleidet wird.

    „Minimalismus ist das Streben nach der Essenz der Dinge, nicht nach dem Aussehen. Minimalismus ist jenseits der Zeit. Er ist zeitlos." Massimo Vignelli

    Minimalismus im Kommunikationsdesign bedeutet die Verwendung einer überschaubaren Anzahl von Gestaltungselementen: wenige unterschiedliche Schriftarten und Schriftgrößen, ein reduziertes Farbspektrum mit einer oder zwei Signalfarben, Vakatflächen, starke Ordnung in der Komposition der Elemente z.B.: durch ein Rastersystem, sowie ein hoher bildlicher Abstraktionsgrad der Dargestellten. Ursprünglich galt der Minimalismus im Kom.design, wie z.B. der Stil der Schweizer Grafik, als effiziente Methode des Entwerfens, Produzierens und Reproduzierens. Die Einfachheit des Prozesses führte jedoch zu einer Austauschbarkeit und Verwechselbarkeit seiner Produkte. Mit einer begrenzten Formenvielfalt ist es schwer, Individualität und Persönlichkeit zu kommunizieren, wenn der Funktionalismus im Vordergrund steht und nicht der Ausdruck. Grundkonzept des Minimalismus in der Kunst war die Entpersönlichung und Objektivierbarkeit, die visuelle Strategie die Klarheit und Einfachheit.

    Reduktion als gestalterisches und kommunikatives Prinzip, wie es hier verstanden wird, mündet nicht in ein minimalistisches Kommunikationsdesign, sondern in eine Art der Informationsvermittlung, die klar, logisch, prägnant und dennoch unverwechselbar und von besonderer emotionaler Charakteristik ist.

    • Abstraktion oder: was Einstein und Picasso verbindet

    Der Begriff „Abstraktion beschreibt einen Prozess der Vereinfachung mit dem Ziel der Reduktion auf das Wesentliche. Nicht relevante Details werden zugunsten der Prägnanz bestimmter Informationen eliminiert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fanden in Physik und Kunst parallele Entwicklungen statt, indem beide Disziplinen neue, nämlich abstrahierte Formen der Wirklichkeitsbeschreibung entdeckten: Die Physik entwickelte die Erkenntnis, dass, entgegen dem ursprünglichen Atommodell, keine dingfesten Objekte auf definierten Bahnen zirkulieren, sondern dass sich Atome und ihre Teilchen in anderen energetischen Beziehungen zueinander bewegen. Visuell beschreibbar ist diese Erkenntnis nur als „Gewoge von Energie in „symmetrischen Formen".

    „Bildlich ließe sich dieser physikalische Tatbestand so ausdrücken, dass die Dinge in Wirklichkeit gar keine Dinge, sondern Formen sind. Und diese Einsicht hilft, das tiefe Geheimnis zu lüften, das die Kunst seit Anfang des 20. Jahrhunderts umhüllt. Warum malen moderne Künstler abstrakt? Die Antwort: weil die Wirklichkeit so ist." E.P. Fischer (2005)

    Künstlern wie Wassily Kandinsky und Vincent van Gogh ging es nicht mehr um die naturgetreue Nachbildung der Wirklichkeit, sondern darum, das subjektiv Wahrgenommene für den Betrachter nachvollziehbar zu machen. Sie versuchten die „Essenz der Wirklichkeit zeitgemäß (Fischer 2005) einzufangen und sichtbar zu machen, was nicht unmittelbar sichtbar ist. Ziel war nicht mehr die Reproduktion, sondern die Wirklichkeit auf eine transzendente, und damit abstrahierte Ebene zu heben. Van Goghs spirale Strukturen zur Beschreibung des Himmels in „Sternennacht (1889) spiegeln beispielsweise nicht Geistesverwirrtheit wider, sondern die jüngste astronomische Entdeckung der Spiralgalaxien im Kosmos. (vgl. Fischer 2002) Auch die Werke der Kubisten, wie von Pablo Picasso, spiegeln in ihrem geometrischen Aufbau aus Kreisen, Vier- und Dreiecken eine naturwissenschaftliche Errungenschaft wider, nämlich die Haltung Albert Einsteins, alles sei eine Frage der Geometrie. Eine Aussage, mit der die Einsichten der Einstein’schen Relativitätstheorie zusammengefasst werden können. Auch die Begriffe von Zeit und Raum fließen in die kubistischen Werke ein: Ein Bild ist nicht mehr Repräsentant eines bestimmten Zeitpunktes oder einer bestimmten Perspektive, sondern verschiedene Zeitpunkte, Zeitsequenzen und verschiedene Räume sind in einem Werk zusammengefasst und parallelisiert. Das Aufkommen des Mediums Film, der Zeit und Raum durch Schnitt und Montage in ihrer Absolutheit relativiert, förderte diese neuen Ausdrucksweisen. Auch im Tanz gab es zeitgleich Bestrebungen, die Komplexität von Bewegungen zu reduzieren, in dem das tänzerische Repertoire geordnet und im Ausdruck klassifiziert wurde. So entwickelt Oskar Schlemmer sein Triadisches Ballett oder seinen Stäbetanz, bei dem Tänzer und geometrische Formen verschmelzen. (vgl. Fischer 2005)

    • Bildliches Abstrahieren meint inhaltliches Abstrahieren

    Bildliches Abstrahieren bedeutet, dass komplexe Inhalte und Beziehungen auf einfache bildliche Ausdrucksformen reduziert werden. Ziel ist, die kommunikative Botschaft von überflüssigem visuellem Ballast zu befreien, um das Wesentliche konzentriert sichtbar zu machen. Nicht die einfachsten Formen unterstützen dabei die Wahrnehmung, sondern die eindeutigsten. Die Vereinfachung, z.B. durch Schematisierung oder Aufbau auf einem Raster, unterstützt den Gestalter sowohl in seiner Wahrnehmungserfahrung im Prozess des Entwerfens, als auch in der Visualisierung: das Wahrgenommene wird geordnet und die wesentlichen visuellen Elemente und ihre Beziehungen zueinander erkannt. Unter Bildlichem Abstrahieren wird dementsprechend nicht die „Malerische Abstraktion verstanden, die die „absolute, von Inhalten freie Gestaltung meint. Nicht der Prozess zu einer formalistischen Ästhetik ist Inhalt, sondern alleine die Reduktion inhaltlicher und visueller Information auf das kommunikativ Relevante. Abstraktion und Reduktion, im Sinne von Vereinfachung (und keinesfalls Banalisierung!), dienen der Prägnanz. Gekonnt umgesetzt konkretisieren sie die Bildbotschaft und unterstützen die Informationsaufnahme.

    Piktogrammserie von Florian Nothegger „Tiere und ihr Nachwuchs".

    Michelangelo antwortete auf die Frage, wie er aus einem simplen Marmorblock eine so beeindruckende Skulptur wie David erschaffen konnte, David sei schon immer in dem Marmorblock gewesen, er habe ihn darin gesehen und nur befreit. Seinen kreativen Arbeitsprozess beschreibt Michelangelo als Freilegen, als Reduzieren von dem, was nicht relevant ist, was nicht zu David gehört. Er sei immer wieder zurück getreten, um den David zu finden, und je mehr Stein er weggenommen habe, desto deutlicher und konkreter sei die finale Skulptur für ihn sichtbar geworden. (Quelle unbekannt)

    • Visuelles Denken

    Das bildliche Abstrahieren ist einerseits eine Visualisierungsmethode, andererseits eine Methode um über das visuelle Denken – über die kreative Praxis – eine Idee zu entwickeln bzw. um einen Inhalt so zu verdichten, dass eine konzentrierte Aussage und damit eine neue Bildidee entsteht. Aber was ist eine Idee? Die „Big idea" ist kein Musenkuss, sondern harte Arbeit. Gute Ideen zu finden, ist keine göttliche Gabe, sondern Training. Mario Pricken und zuvor schon Werner Gaede und Edward de Bono haben versucht die Prozesse und Denkmuster zu entschlüsseln, die zu einer guten Idee führen können. Intuition oder Kreativtechnik? Das Ergebnis: Es braucht Beides.

    Unter ‚visuellem Denken‘ ist der Prozess des Experimentierens mit visuellen Ausdrucksformen zu verstehen, mit dem Ziel in den entstehenden Artefakten eine Idee zu „sehen", zu erkennen und damit zu finden. Im Dekonstruieren, zeichnerischen Analysieren, im Neu-Kombinieren, Verschieben, Verdrehen und Ausprobieren mit verschiedenen Materialien sowie Werkzeugen werden Hand, Kopf und Herz herausgefordert, neue Inhalte, Bezüge oder Botschaften und damit Ideen zu entdecken.

    Kreativtechniken wie Analogiebildungen oder das Herstellen von Paradoxien, die ein Durchspielen verschiedener Denkmuster sind, können diesen systematischen, praktischen Weg der Ideenfindung unterstützen.

    Denkmuster: Ad-Absurdum, Analogie und Wortwörtlich („Der Apfel fällt nicht weit von Stamm").

    • Bauch über Kopf

    Im gestalterisches Prozess werden sehr viele Entscheidungen intuitiv und unbewusst getroffen, vieles auch auf Basis von Automatismen. Der Hirnforscher Ernst Pappel schätzt, dass der Mensch täglich 20 000 Blitzentscheidungen trifft; ich vermute, dass bei kreativ tätigen Menschen diese Zahl noch weit übertroffen wird. Unzählige Mini-Entscheidungen sind zu treffen. Ein Millimeter mehr oder weniger dort, eine Farbnuance heller oder dunkler … das sind noch die einfachsten Entscheidungen. Die Komposition, der Kontrast, das Material, die Botschaft, der Stil usw. erfordern hochkomplexe Entscheidungsprozesse.

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