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Im Anfang war das Feld: Über die schöpferischen Kräfte des Lebens
Im Anfang war das Feld: Über die schöpferischen Kräfte des Lebens
Im Anfang war das Feld: Über die schöpferischen Kräfte des Lebens
eBook260 Seiten9 Stunden

Im Anfang war das Feld: Über die schöpferischen Kräfte des Lebens

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Über dieses E-Book

Judy Cannato setzt jenen Weg fort, den einst Teilhard de Chardin eingeschlagen und später Rupert Sheldrake ausgebaut hat: Sie zeichnet die Blaupause für eine biologische Theologie oder eine theologische Biologie . Wenn Sheldrake von morphogenetischen Feldern spricht, dann entwickelt sie diesen Gedanken zu einem Feld des Mitgefühls weiter. Ein Feld , das alle Lebenskräfte umfängt und trägt und das letztlich die Gewähr bietet, dass die ganze Schöpfung wieder zu ihrer eigentlichen Bestimmung findet. Judy Cannatos große Schau von der Einheit allen Lebens bleibt aber nie nur im Poetischen oder nur im Wissenschaftlichen oder nur im Theologischen - sie hebt alle drei Bereiche auf eine höhere Ebene. Als unabhängig denkender und beobachtender Mensch gelingt es ihr so, eine Perspektive für eine naturwissenschaftlich-spirituelle Gesamtschau des Lebens aufzuzeigen. Ein weiterer Pfeiler für jene große Brücke, die den Abgrund zwischen Naturwissenschaft und Mystik überwinden wird!

SpracheDeutsch
HerausgeberCrotona Verlag
Erscheinungsdatum4. Juni 2020
ISBN9783861911821
Im Anfang war das Feld: Über die schöpferischen Kräfte des Lebens

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    Buchvorschau

    Im Anfang war das Feld - Judy Cannato

    Judy Cannato: Im Anfang war das Feld

    Über die Autorin:

    Judy Cannato (1949-2011) war Autorin, Leiterin von Exerzitien und Seelsorgerin. Bekannt war sie vor allem durch ihre Arbeit, die die Neue Kosmologie mit der christlichen Spiritualität verbindet. Sie war außerordentliches Mitglied der Kongregation St. Joseph und arbeitete im Geistlichen Zentrum River‘s Edge in Cleveland. Ihre häufigen Vortragsreisen, Workshops und Retreats führten Judy Cannato durch die gesamten Vereinigten Staaten. Für ihre Arbeit wurde sie von der Catholic Press Association ausgezeichnet. Sie starb nach einem Kampf gegen den Krebs am 7. Mai 2011 und hinterlässt Ihren Mann sowie zwei erwachsene Söhne.


    1. Auflage 2020

    © der deutschen Ausgabe

    Crotona Verlag GmbH & Co.KG

    Kammer 11 • 83123 Amerang

    www.crotona.de

    Titel der Originalausgabe:

    Field of Compassion – How the New Cosmology is Transforming Spiritual Life

    Sorin Books, Notre Dame, Indiana

    © 2010 Judy Cannato

    Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger jeder Art und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

    Umschlaggestaltung: Annette Wagner

    ISBN 978-3-86191-182-1

    Mit dankbarem Herzen

    für Bridget Pritchard,

    Carol Creek und Carol Williams

    INHALT

    Vorwort

    Danksagungen

    Einleitung

    Kapitel 1 Die Bedeutung von Geschichten

    Kapitel 2 Morphogenetische Felder

    Kapitel 3 Die Geschichte des Universums und die christliche Geschichte

    Kapitel 4 Morphische Resonanz: Zwei Geschichten nähern sich einander an

    Kapitel 5 Das „Reich Gottes"

    Kapitel 6 Neu entstehende Fähigkeiten

    Kapitel 7 Meditation

    Kapitel 8 Die Kraft der Intention

    Kapitel 9 Die Felder nähern sich an

    Kapitel 10 Ein Feld des Mitgefühls

    Kapitel 11 Ein Feld des Mitgefühls manifestieren

    Kapitel 12 Die Gnade umsetzen, die wir uns vorstellen

    Anmerkungen

    VORWORT

    Dieses Buch ist nur etwas für innerlich gereifte Leserinnen und Leser. Es ist kein Selbsthilfe-Ratgeber. Es geht darin nicht um den Aufbau von Selbstwertgefühl. Es will dich nicht davon überzeugen, dass Gott dich liebt. Es macht auch nicht den Versuch, dir etwas über die vielen potenziell tödlichen Krisen zu erzählen, die unsere Welt bedrohen. Mit diesen Themen befassen sich bereits zahlreiche Bücher, doch wir werden hier keine Zeit darauf verwenden.

    Ich möchte von vornherein klarmachen, worauf diese Seiten hinauslaufen. Dieses Buch verfolgt ein zweifaches Ziel. Erstens möchte ich euch, meine Mitmenschen, dazu einladen, die Herausforderung anzunehmen, die sich uns in diesem Moment der Menschheitsgeschichte stellt – die Einladung zur Transformation, zu einem Wandel, der die Lebensweise der gesamten Menschheit verändern wird. Zweitens möchte ich Wege vorschlagen, die wir in diesem neuen Gebiet gemeinsam gehen können. Wir haben keine Karten, wir haben nur die innere Orientierung, die sich offenbar einstellt, wenn wir uns mit den Fragen beschäftigen und es riskieren, Schritte hin auf unseren Traum zu machen. Gemeinsam werden wir lernen, wo und wie wir gehen müssen.

    Wir müssen uns auf die neue Vision einlassen, die in uns und unter uns entsteht. Uns bleibt nicht viel Zeit, die Wende zu schaffen; denn diese Wende kommt nicht in Gestalt einer außergewöhnlichen Rettung durch eine außergewöhnliche Gottheit. Wie wir wohl bereits vernommen haben, warten wir auf niemand anderen als uns selbst. Damit will ich nicht sagen, dass der Heilige nicht gegenwärtig ist. Ganz im Gegenteil, gerade weil der Heilige gegenwärtig ist, sind wir eingeladen und aufgefordert zu reagieren. Karl Rahner sagte, wir werden von innen heraus zur Weiterentwicklung „gedrängt". Dieses Drängen nennen wir seit jeher den Heiligen Geist. Der Geist wirkt schöpferisch im jetzigen Augenblick und drängt uns, uns zu einem neuartigen Menschen zu entwickeln, wie ihn die Welt noch selten gesehen hat. Doch was bisher selten war, muss nun Allgemeingut werden.

    Jesus lud seine Jünger ein, die Werke zu tun, zu denen er sie ermächtigt hatte, und noch größere (Johannes 14, 12). Wozu hatte er sie ermächtigt? Zu lieben. Einander Gemeinschaft zu sein. Einander zu stärken. Frei zu werden. Mit großer Leidenschaft und tiefem Mitgefühl zu leben. Als Jesus seine Jünger dazu ermächtigte, tat er dies nicht in Form einer übernatürlichen Verleihung besonderer Gaben, die ihnen exklusiv zuteil wurden. Ihre Ermächtigung kam, sobald sie lernten, dem göttlichen Drängen im Inneren, also dem Geist, Folge zu leisten, wodurch sie zu Frauen und Männern heranwuchsen, die Größeres vollbrachten, als sie sich je hätten träumen lassen. Was sind nun die „größeren Werke", die Jesus den Jüngern zutraute? Vielleicht nicht mehr als dies: So sehr aus der Ermächtigung mit Liebe heraus zu leben, dass Mitgefühl und alles, was dazugehört, für uns alle zur alltäglichen Lebensweise werden. Wie man lernt, aus einer solchen Ermächtigung heraus zu leben, darum geht es in diesem Buch.

    In gewissem Sinne war das „Reich Gottes", um hier den Begriff Jesu zu verwenden, nicht als etwas Außergewöhnliches gedacht, und ganz gewiss sollte es nicht exklusiv sein. Es sollte etwas Normales sein, die Regel, die übliche Art und Weise, wie Beziehungen und Gemeinschaft funktionieren. Dass jeder Mensch aus dem Besten in sich heraus lebt – was vielleicht ungewöhnlich ist, aber sicher nicht außerhalb des Bereichs des Möglichen liegt – war Jesu Traum. Seine Vision, veranlasst durch den Geist in seinem Inneren, stand hinter jedem seiner Worte und allen seinen Taten. Für diese Vision gab er sein Leben, nicht nur sein Sterben, sondern seine gesamte Lebensweise. In diesem Moment der Zeitgeschichte wird erkennbar, dass alles, wofür er lebte, worauf er hoffte und wofür er starb – das gesamte Evangelium – uns durch die kommenden Tage führen wird.

    Außerdem möchte ich deutlich machen, dass ich zwar aus christlich-katholischer Sicht schreibe, darin aber alle Menschen einschließe. Im Kern unserer großen religiösen Traditionen liegt die Überzeugung, dass wir in Frieden und Liebe leben müssen, was wir nicht ohne die Hilfe der transzendenten und heiligen Dimension der Realität vermögen. So schreibe ich zwar aus meiner eigenen Tradition heraus, doch in dem Bewusstsein, dass das innere Drängen des Geistes ein universelles Phänomen ist, und dass wir – ganz gleich, in welcher Sprache und mit welchen Bildern wir unsere geistliche Erfahrung vermitteln – alle miteinander eingeladen sind, notwendiger Bestandteil einer Erdengemeinschaft zu werden. Wir sind dies bereits und sind damit Teil eines allumfassenden Feldes des Mitgefühls.

    DANKSAGUNGEN

    In meinem Leben gibt es sehr gehaltvolle und starke morphogenetische Felder. Einigen möchte ich hier meine besondere Anerkennung aussprechen, weil sie mir nicht nur beim Schreiben, sondern auch in den herausfordernden Zeiten meines Lebens eine wichtige Unterstützung waren. Meine Familie war immer für mich da, und ich möchte jedem einzelnen danken: Meinem Mann Phil, Phil und Nicole, Doug, PJ, Kylie und Gabrielle, meiner Mutter Lucille Lemaster und meiner Schwester Linda Fraley, Frank und Betsy Cannato, Dr. Carrie Lee, Jenn Harte und Melissa Ujcic. Eure Hilfe und eure Unterstützung, die ihr mir auf so vielfältige Weise erwiesen habt, haben mich getragen. Danke.

    Es gehört zu den größten Segnungen in meinem Leben, dass ich außerordentliches Mitglied der Kongregation St. Joseph bin. Das Charisma und die Spiritualität dieser Gemeinschaft stärken mein Herz. Den Schwestern der Kongregation St. Joseph, insbesondere den Mitgliedern, die in der Gründungsgemeinschaft in Cleveland leben, sage ich nochmals Dank für ihre Liebe und Unterstützung und für das „Zuhause", das sie mir sind. Mein Dank geht auch an die St. Josephs-Gemeinschaften in London, Ontario und in der Llantarnam Abbey im walisischen Cwmbran. Dass ich bei euch stets willkommen bin, ist ein großes Glück. Auch den Mitgliedern meiner Gemeinde vor Ort und meines Chrysalis Missions-Kreises möchte ich meine Anerkennung aussprechen. Ich bin euch zutiefst dankbar.

    Es gibt Menschen, die mich auf sehr vielfältige und unterschiedliche Art und Weise unterstützt haben: Carol Creek; Carol Williams; Rita Petruziello, C.S.J.; Kathleen Kilbane C.S.J.; JoAnne Skullin; Elizabeth Almeida; Pat Kozak, C.S.J.; Mary Southard, C.S.J.; Katheen McCluskey, C.S.J.; Nate Sears; Marianne Race, C.S.J.; Mary Ellen Gondeck, C.S.J.; Dr. Joan Nuth; Liz Woconish; Dr. Keith Jordan; Paddy O’Flynn; Pat Creek und Bridget Pritchard. Danke dafür, wie ihr für mich da seid. Zu guter Letzt geht mein Dank an Bob Hamma und Patrick McGowan von Sorin Books/Ave Maria Press, weil sie das Buch auf seinem Werdegang begleitet und gefördert haben.

    EINLEITUNG

    Hin und wieder taucht eine Geschichte auf, in der einfach alles steckt – worum es in unserem Leben geht, wonach wir streben, warum wir so handeln, wie wir handeln, worauf wir hoffen. Vor kurzem habe ich eine solche Geschichte gehört. Mit ihren schlichten Einzelheiten hat sie mein Herz berührt und sich tief in mir verwurzelt. Je mehr ich ihre Bilder verinnerliche, desto mehr konzentriert die Geschichte meine Energie und wird zur Trägerin meiner Intention. In ihrer Einfachheit schließt sie andere Narrative, die mich ausmachen, mit ein, und mit ihrer Kraft drückt sie aus, worum es für die Menschheit zu diesem Zeitpunkt ihrer Geschichte gehen muss – um Transformation. Die Geschichte ist folgende:

    Nate Sears arbeitet als Landschaftsgärtner für eine Wohnanlage in Cape Cod. Zu seinen Aufgaben gehört es auch, die Landungsstege am angrenzenden Strand auf Sturmschäden zu überprüfen. Eines Morgens entdeckte er dabei einen drei Meter langen Grindwal, der geradewegs auf das Ufer zuhielt. Er beobachtete ihn einen Moment lang. Dann sah er einen zweiten Wal, dann einen dritten. Alle hielten aufs Land zu. Nate war zunächst überwältigt und schaute den herannahenden Walen mit ehrfürchtigem Staunen zu. Doch dann überwog seine Sorge. Da strandende Wale in Cape Cod nichts Ungewöhnliches sind, wusste Nate, dass die großen, sanften Säuger wahrscheinlich genau dies vorhatten. Er rief einen Nachbarn, der rasch den National Sea Shore Service verständigte. Weil Nate wusste, dass die Wale so schnell näherkamen, dass sie noch vor dem Eintreffen der Helfer am Strand wären, streifte er rasch Schuhe und Strümpfe ab, krempelte die Hosenbeine hoch und ging geradewegs ins Meer auf den ersten Wal zu. Als er auf einer Sandbank zu ihm aufschloss, stand ihm das Wasser bis zur Gürtellinie. Der Wal peitschte mit der Schwanzflosse auf den Sand, und Nate entdeckte an seinem Körper Schnitte, die er sich beim Aufschlagen zugezogen hatte. Allein seinem Instinkt folgend, legte Nate dem Wal die Hände auf und beließ sie dort. Das Peitschen hörte auf. Der Wal wurde völlig ruhig. Nate sagte, in diesem Moment wurde ihm klar, dass dieser Wal zum allerersten Mal einem Menschen begegnete. Allem Anschein nach handelten sowohl der Mensch als auch der Wal rein ihrem Instinkt folgend und vertrauten einander bei einer Begegnung, die keiner von beiden je zuvor erlebt hatte.

    Nachdem der Wal ruhig geworden war, drehte Nate ihn vorsichtig um, so dass er vom Ufer weg schaute. Langsam schwamm der Wal wieder hinaus ins offene Meer. Nate begab sich unverzüglich zum zweiten Wal. Auch hier legte er dem Geschöpf einfach die Hände auf, und es schlug nicht mehr um sich. Als auch der zweite Wal sich beruhigt hatte, dreht Nate auch ihn vom Ufer weg. Auch er schwamm wieder hinaus. Inzwischen waren Helfer vom National Sea Shore Service eingetroffen; sie halfen Nate, den dritten Wal umzudrehen. Gestrandete Wale, die gerettet werden, schwimmen oft an einer anderen Stelle erneut an Land. Aber dies war hier offensichtlich nicht der Fall. Aus irgendeinem Grund kehrten die Wale ohne weitere Zwischenfälle in ihren natürlichen Lebensraum zurück. Es lässt sich zwar nicht beweisen, aber ich glaube, dies liegt daran, dass sie auf Nates Energie und seine Bereitschaft getroffen waren, sie in ihrer Drangsal einfach zu halten.

    Nates Handeln – einfach jeden Wal zu halten, bis er ruhig geworden war, und die Geschöpfe dann umzudrehen, bis sie sich wieder orientieren und selbstständig navigieren konnten – hat an jenem Tag drei Wale gerettet. Doch für mich ist sein Handeln weitaus bedeutender, als er sich wahrscheinlich denken kann. Was er am Strand getan hat, kann uns allen eine Lehre sein, und es erzeugt ein Bild, das bezeichnend ist für den zielgerichteten Transformationsprozess, zu dem wir aufgerufen sind.

    Der Aufruf zur Transformation

    Wir leben in einer Welt voller Probleme von walhafter Größe, voller komplexer Themen, die anscheinend keiner beherrscht und die nicht nur außer Kontrolle zu geraten, sondern auch uns mit in den Abgrund zu reißen drohen. Armut, Krieg, Umweltschäden, politische Konflikte und gesellschaftliche Spaltung sowie Vertrauenskrisen ausgerechnet zu den Systemen, die zum Schutz der Menschen eingerichtet wurden – dies alles sind große Fragen, die über ein Eigenleben und eine eigene Energie verfügen. Katastrophen wie der Tsunami, Erdbeben im Iran und in Pakistan, Orkane in den Vereinigten Staaten und Erdrutsche in Guatemala zerren an unseren Gefühlen und unseren Ressourcen. Noch dazu wird heute, da wir sowohl die Mittel als auch die Möglichkeiten haben, Hilfsleistungen in nie dagewesener Geschwindigkeit an die entferntesten Orte zu bringen, die humanitäre Hilfe oft durch unmenschliche Politik oder Taktik behindert.

    Unsere Rolle in den anhaltenden Krisen schwankt. Meist scheint es, als seien wir Teil gigantischer Systeme, die zwar den Bedürfnissen von Menschen oder der Umwelt dienen sollen, aber deutliche Schattenseiten haben, die einen Teil des Guten, das sie bewirken, wieder aufheben. Oft erzeugen staatliche Behörden sowie religiöse und soziale Einrichtungen unabsichtlich im selben Maße Probleme wie sie diese lösen. Zuweilen kommen mir diese Systeme wie Wale vor, deren Ultraschallortung nicht mehr richtig funktioniert und die deshalb wild und unkontrolliert um sich schlagen. Manchmal werden wir mit dem Strom mitgerissen; andere Male wieder erkennen wir, wenngleich nur unwillig, dass wir durch unsere Verbindung mit und unsere Teilhabe an ihnen selber die Wale sind.

    Zwar ist es unbedingt notwendig, darauf zu achten, wie unsere Institutionen funktionieren und wo sie dies nicht tun, sowie sie eingehend und regelmäßig zu kritisieren, doch es führt zu nichts, die Behörden und Einrichtungen – die wir doch aufgrund unserer besten Werte geschaffen haben – mit Schuldzuweisungen zu überhäufen oder zu verachten. Tatsache ist schlicht, dass alles seine Schattenseiten hat. Dieser Realität kann sich kein Mensch und keine Institution entziehen. Andererseits sind wir, ob uns dies nun passt oder nicht, für die Folgen unseres Schattens verantwortlich. Jetzt, da wir als Einzelne und als ganze Menschheit an Reife gewinnen, sind wir aufgerufen, unseren Schatten zu erkennen und die Probleme, die er hervorruft, so gut wie möglich zu beheben. Dieser Prozess ist grundlegend für die Transformation.

    Wir müssen aber nicht nur erkennen, dass es Institutionen oder andere kollektive Kräfte gibt, die vom Kurs abgekommen sind und die Orientierung verloren haben, sondern wir müssen auch sehen, dass wir in einer Zeit nie dagewesenen Ressourcenreichtums und bisher unerreichter Kreativität leben. Dass wir über technische und materielle Ressourcen verfügen, ist überdeutlich. Doch wir verfügen auch über die Ressourcen des erweiterten Bewusstseins und der Kreativität, die wir abrufen können, um den aktuellen Handlungsbedarf zu decken. Uns stehen das bewusste Wissen um die Verbundenheit allen Lebens und die Möglichkeit zur kreativen Reaktion auf die Wale zur Verfügung, die zu stranden und damit unser aller Leben zu gefährden drohen.

    Wenn wir erkennen, dass wir allein aufgrund unseres lebendigen Bewusstseins Teil der Bewegung der Wale sind, die sich an Land zu werfen drohen, müssen wir uns auch darüber im Klaren sein, dass wir zugleich die Retter sind, diejenigen, die verfügbar und ausgerüstet sind, um die anstehenden Krisen zu bewältigen. Wir können und müssen „die Wale retten" – und damit auch uns.

    In diesen Kontext gestellt, ist Nates Geschichte lehrreich. Nate befand sich in einer ungewohnten und einzigartigen Situation, reagierte aus dem Moment heraus, handelte aufgrund seiner Erfahrung, folgte seinen Instinkten und tat intuitiv jeweils den nächsten richtigen Schritt. Als er erkannte, dass die Zeit drängte, vertraute er auf seine Fähigkeit, auf das Unbekannte so zu reagieren, dass es nicht nur lebensrettend, sondern lebensspendend war – sowohl für ihn als auch für den Wal. Der Vorfall mag klein und manchen sogar unbedeutend erscheinen, doch in dem, was Nate getan, woran er an jenem Tag mitgewirkt hatte, liegt der Kern der Transformation – hinaus zu waten bis an den Rand des Unbekannten, mit Anteilnahme und Güte auf die Herausforderung des Augenblicks zu reagieren, die greifbare Manifestation der Herausforderung in Händen zu halten, seine Energie zu übermitteln und die Bewegung umzukehren.

    Was, wenn wir uns selber in Nates Geschichte hineindenken, die ja in Wahrheit auch unsere Geschichte ist? Stellen wir uns einmal vor, wir seien am Ufer, gingen auf den Landungssteg zu und entdeckten den ersten Wal, dann den zweiten und schließlich den dritten. Sobald wir erkennen, was vor sich geht, rufen wir Hilfe, laufen zum Strand, ziehen Schuhe und Strümpfe aus und machen uns auf den Weg hinaus zum Wal. Unsere Hände begegnen der glatten Nässe des Körpers dieses riesigen Säugetiers. In sicherem Abstand von den Schlägen der auf dem Sand blutig gescheuerten Schwanzflosse lassen wir die Hände still liegen und spüren durch unsere nassen Handflächen, wie der Walkörper sich entspannt. Sobald er völlig ruhig geworden ist, verwenden wir alle Kraft, die wir aufbringen können, darauf, ihn umzudrehen und seinen Kopf zum Meer zu richten. Wir schieben druckvoll und spüren, wie er vom Sand gleitet, frei im Wasser schwebt und dann mit wiedergewonnener Orientierung zurück nach Hause schwimmt.

    Was würden wir in diesem Moment empfinden – bis zur Gürtellinie im Wasser stehend, erschöpft von der körperlichen Anstrengung, vielleicht sogar zitternd aufgrund der emotionalen Intensität des Erlebnisses? Wie würde diese Begegnung uns verändern? Wie würde sie die Welt verändern? Was, wenn

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