Monumente - Denkmäler des Mindener Landes: Zugleich ein Beitrag zur Provenienzforschung
Von Volker Tiemann
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Volker Tiemann
Kunsthistoriker, Magister Artium, Dr. phil. (F.U.Berlin)
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Monumente - Denkmäler des Mindener Landes - Volker Tiemann
Monumente - Denkmäler des Mindener Landes
Monumente
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Die Ära Friedrich des Großen im Mindener Land
1. Die Ära Friedrich des Großen
2. Die Situation in der Stadt
3. Die vier großen Kunstsammlungen
4. Preußische Beamte
II. Die Zeit nach 1800 - Von der napoleonischen Zeit bis zur Wiederbefestigung der Stadt im Jahr 1819
1. Die Zeit nach 1800
2. Aspekte der Franzosenzeit: Jérome Bonaparte und seine Nachkommen
3. Säkularisierungen
4. Die Wiederbefestigung Mindens durch Ernst Michael von Schwichow
III. Die Ära Friedrich Wilhelm III. - Von den ersten Mindener Militärbauten bis zu den Anfängen des Kurparks in Bad Oeynhausen (1827-1847)
1. Der Klassizismus als europäische (weltweite) Bewegung
2. Der Schinkelstil
3. Der preußische Stil in Minden: von der Defensionskaserne bis zum Mindener Bahnhof
4. Schinkels Westfalenreise von 1833 und die Bürgerschule von 1834
5. Das kulturelle Leben in der Stadt
5.1. Nicolaus Meyer als Kunstsammler
5.2. Der Altertumsforscher Leopold von Ledebur
5.3. Die Gemäldesammlung des geheimen Regierungsrates Carl Wilhelm August Krüger
5.4. Die Wittekindsagen als Ausdruck der literarischen Romantik
6. Die Situation auf dem Land und die Anfänge des Kurparks in Bad Oeynhausen
6.1. Die Situation um 1800
6.2. Alexander von Humboldt als Inspirationsquelle für Carl von Oeynhausen
6.3. Kurbäder der Romantik
IV. Der Kurpark in Bad Oeynhausen zwischen Klassizismus und Historismus
1. Aspekte der Ära Friedrich Wilhelm IV. (1840-1858)
1.1. Der Monarch als Künstler
1.2. Peter Joseph Lenné
1.3. Christian Daniel Rauch: Peter Joseph Lenné als Philosoph
1.4. Eine Kirche für Friedewalde von Friedrich August Stüler
2. Aspekte des Revolutionsjahres 1848
2.1. Das Revolutionsjahr 1848
2.2. Die Situation in Minden: Von Heinrich Heine bis Abraham Jacobi
2.3. Schlotheim als Landrat
3. Die Bebauung des Kurparks von Bad Oeynhausen
3.1. Von den Baukünsten: Carl Ferdinand Busse und das Thermalbadehaus (Wannenbadehaus) von 1854-1857
3.2. Vom Historismus: Kirchen Friedrich August Stülers für Bad Oeynhausen
V. Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica
1. Kaiserzeitliche Aspekte der Ästhetik und des Kulturtransfers
2. Ernst von Bandel und das Hermannsdenkmal bei Detmold (1838-1875)
2.1. Vierzig Jahre Denkmalbau - die äußeren Faktoren
2.2. Hermann der Cherusker als Thema
2.3. Das Hermannsdenkmal
2.4. Ernst von Bandel und der Denkmalbau
2.5. Ernst von Bandel und die Idee des Nationaldenkmals
3. Der Dionysius-Schatz aus Enger
3.1. Kaiserzeitliche Besitzansprüche
3.2. Die Burse aus Enger im Lichte der Quellen
3.3. Säkularisationen
4. Historienbilder in Minden von Paul Thumann
5. Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica
5.1. Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal als Nationaldenkmal
5.2. Aufbau, Struktur, Bedeutung
5.3. Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal und das Hermannsdenkmal im Vergleich
5.4. Zu den ausführenden Künstlern: Bruno Schmitz und Caspar Zumbusch
5.5. Nationaldenkmäler und Monumentaldenkmäler in der Kritik
6. Bauen um 1900: Der Beitrag der Region
VI. Weitere Aspekte des künstlerischen Bauens nach 1900
1. Regionale Aspekte des Historismus
2. Regionale Aspekte des Jugendstils
3. Das Denkmal des Großen Kurfürsten von Wilhelm Haverkamp und die neobarocke Bebauung des Kurparks
3.1. Das Denkmal
3.2. Wilhelm Haverkamp (1864-1929)
3.3. Die Goldene Tafel
aus dem Mindener Dom
3.4. Ein neues Kurhaus für Bad Oeynhausen
3.5. Paul Baehr als Chronist Bad Oeynhausens
4. Neoromanischer Kirchenbau im Wiehengebirgsraum
4.1. Kirchenumbau/ Kirchenneugestaltungen um 1900
4.2. Von den Anfängen des Wittekindshofes bis zur Errichtung der Erlöserkirche (1903/04)
4.3. Der Kirchenbau am Ende der Kaiserzei
Schlusswort
Literaturverzeichnis
Liste der Abbildungen
Abbildungen 1-13 (zu Kapitel I, II und III)
Abbildung 14-34 (zu Kapitel IV und V)
Abbildungen 35-48 (zu Kapitel V und VI)
Impressum
Monumente
Denkmäler des Mindener Landes
( und der angrenzenden Regionen - Zugleich ein Beitrag zur Provenienzforschung)
Vorwort
Jeder Punkt in der Gegenwart ist ein gewordener. Was er war und wie er wurde, ist vergangen; aber seine Vergangenheit ist ideell in ihm."
Johann Gustav Droysen, Grundriss der Historik
Die vorliegende Schrift beschäftigt sich mit den Denkmälern des Mindener Landes. Sie behandelt also im Wesentlichen die Preußenbauten Mindens, den Kurpark von Bad Oeynhausen sowie das Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica. Daneben werden auch die vielen kleineren Denkmäler - wie beispielsweise das Denkmal des Großen Kurfürsten, Kirchen wie die in Friedewalde oder die Historienbilder Paul Thumanns - abgehandelt.
Bisher wurden diese Gegenstände eher unter jubiläumsgeschichtlicher, lokalgeschichtlicher oder stadtgeschichtlicher Perspektive wahrgenommen. Eine Darstellung, die die Gegenstände in die allgemeine politische Geschichte und Ideengeschichte einbindet, fehlte dagegen bisher. Diese Lücke soll mit der vorliegenden Arbeit geschlossen werden. Die Gesamtansicht aller Denkmäler des Mindener Landes in ihrer geschichtlichen Entwicklung stellt damit einen Wert für sich da. Auch war ein Bedürfnis vorhanden zu fragen, was, wann, wo in der Region vorhanden war, ob es eine Weiterentwicklung gab, und warum dies so war.
Viele der wiedergegebenen Inhalte sind nicht neu. Aber dann und wann bietet der eingeschlagene Weg den Grund für neue nützliche Erkenntnisse. Einige Kapitel haben einführenden Charakter (Klassizismus, Schinkelstil) und wurden eingefügt, um die Lesbarkeit des Textes zu garantieren.
Es wurde in manchen Teilen nur eine Nachlese des bisherigen Erkenntnisstands betrieben. Ältere Erkenntnisse wurden dabei miteinander verbunden. Soweit es möglich war, wurden neuere Erkenntnisse eingearbeitet und der letzte verfügbare Wissensstand berücksichtigt. Dabei wurde mit Fußnoten und Verweisen sparsam umgegangen.
Die Arbeit enthält an einigen Stellen auch neue Forschungsergebnisse und bietet Möglichkeiten für weitere Forschungen. So dürfte die Behandlung der Mindener Kunstschätze um 1800 weitere Fragen nach deren Verbleib aufwerfen.
Die Darstellung der Geschichte des Kurparks in Bad Oeynhausen wurde von den Legenden befreit, wobei die einzelnen Etappen Stück für Stück nachvollzogen wurden. Es bleibt jedoch eine Reihe offener Fragen: Wer waren die Kolonisten, die sich in Bad Oeynhausen ansiedelten? Wo kamen sie her und wie gestalteten sie im Einzelnen ihren Lebensunterhalt?
Die Geschichte des Detmolder Hermannsdenkmals, das als Vorbild für das Kaiser-Wilhelm-Denkmal herangezogen wird, wird – soweit dies möglich ist - aus der frühen Sekundärliteratur heraus dargestellt. Auch die Behandlung der sogenannten Burse aus Enger mit ihrem Stellenwert, den sie im 19. Jahrhundert einnahm, basiert auf einer längeren Beschäftigung mit dem Gegenstand. Ihre Deutung, Erforschung, Präsentation und schließlich ihre Transferierung nach Berlin werden im geschichtlichen Kontext der Zeit dargestellt. Die kaiserzeitlichen Motive, die sichtbar werden, geben einen guten Eindruck von den besonderen Umständen, denen sich Museumspolitik und Denkmalpflege der Zeit ausgesetzt sahen. Sie wirken hinein in Paul Thumanns Historienbilder für Minden und spielen eine Rolle bei Wilhelm Haverkamps Denkmal des Großen Kurfürsten von 1901.
Es wird in der Schrift ein Zeitraum von vielleicht 130-150 Jahren geschlossen dargestellt. Dies erscheint zunächst recht viel. Aber wenn man bedenkt, dass zwischen Idee, Planung und Realisierung eines Denkmals schnell zehn bis fünfzehn Jahre vergehen können, kommt man auf etwa zehn bis fünfzehn relevante Schritte, die gegangen wurden. Die Bau- und Denkmalkunst wandelte sich in dieser Zeit zunächst vom Spätbarock und Rokoko zum Klassizismus, und dann vom Spätklassizismus zum Historismus und Jugendstil. Natürlich lässt sich der Wandel der Stile auch in den Baudenkmälern des Mindener Landes ablesen. Der hervorragende Bestand, den insbesondere diese Region zur Verfügung stellt, gibt Anlass, sich mit den Begriffen in allgemeiner Weise zu befassen.
Das politische Leben in Preußen wird in diesem Zeitraum durch sieben Regenten bestimmt: Friedrich der Große, Friedrich Wilhelm II., Friedrich Wilhelm III., Friedrich Wilhelm IV., Wilhelm I., Friedrich I. und Wilhelm II. (Dabei ist also die nur kurze 99 Tage dauernde Regentschaft Friedrich I. im Jahr 1888 mit eingeschlossen.) Auch dies erscheint auf dem Hintergrund unserer heutigen Zeit als nicht viel. Nicht alle Regenten legten den gleichen Wert auf die Förderung der Kunst. Während die Ära Friedrich Wilhelms II. fast völlig zu vernachlässigen ist, verbinden sich mit den übrigen Regenten wichtige bauhistorische Schritte. Mit Friedrich Wilhelm III. verbinden sich die Mindener Militärbauten, mit Friedrich Wilhelm IV. verbinden sich die Anfänge des Kurparks von Bad Oeynhausen. Mit Wilhelm I. und Wilhelm II. verbinden sich schließlich die Weiterentwicklung des Kurparks sowie das Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica. Diese großen Projekte haben alle eine längere Vorgeschichte, die teilweise interessanter ist als das Denkmal selbst.
Es wird sich durch diese Schrift in erster Linie ein Leser angesprochen fühlen dürfen, der sich einen Überblick verschaffen will, und der ein Interesse daran hat, die Entwicklungslinien zu sehen. Wer sich für historische Details und die innere Geschichte eines Denkmals interessiert, kommt über die zitierte Literatur schnell zu weiteren Ergebnissen.
Denkmäler nehmen heute einen bevorzugten Platz im öffentlichen Raum ein. Dies liegt daran, dass ihnen bereits bei ihrer Planung ein besonders würdiger Ort zugedacht wurde. Die Leistungen, die heute von der Denkmalpflege getätigt werden sind beträchtlich. Wenn man sich vor Augen hält, dass Denkmäler mehr sind als nur die steinernen Überreste einer vergangenen Zeit, erscheint dieser Aufwand jedoch gerechtfertigt. Denn wer sich mit ihnen beschäftigt, erfährt viel über die inneren Einstellungen früherer Akteure und die tieferen Beweggründe einer Zeit.
Dabei birgt der unkritische Rückblick auf ein Denkmal auch gewisse Risiken. Denn natürlich versuchten die jeweiligen Urheber auch immer, dass die Nachwelt sie in einem möglichst positiven Licht wahrnimmt. Zwischen den Ereignissen, die zu einem Denkmal führten, und unserer Gegenwart ist nach Maßgabe der Dinge jedoch mittlerweile eine gehörige Portion Zeit verstrichen. Die Ära der Denkmalbauer ist längst verklungen, so dass man eigentlich kaum mehr Gefahr läuft, einen Gegenstand falsch (das heißt im Sinne einer ursprünglich intendierten Bedeutung) zu interpretieren. Aber man muss sich stets vor Augen halten, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit häufig ein beträchtliches Missverhältnis besteht.
Bereits die Denkmaltheorie des 19. Jahrhunderts machte auf dieses Problem aufmerksam. In der Zeit des großen Denkmalbooms um 1900, in der es auch zur Errichtung von Monumenten im engeren Sinne kam (also große – monumentale Erinnerungsdenkmale wie das Völkerschlachtsdenkmal bei Leipzig oder das Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica) unterschied man zwischen einem gewordenen und einem intendierten Denkmal[1]. Unter gewordenem Denkmal wurde ein Denkmal verstanden, dessen innewohnender ideeller Wert ein historischer war. Die Zeit um 1900 fasste unter diesem Begriff alle Architektur- und Kunstdenkmäler. Aber auch Wappen, Urkunden und andere Dokumente, die man heute eher als Quellen versteht, wurden als ein gewordenes Denkmal bezeichnet. – Unter intendiertem Denkmal wurde dagegen ein gewolltes Denkmal verstanden, das heißt ein Denkmal, das errichtet wurde, um beispielsweise an das Wirken einer besonders wichtigen Person zu erinnern. Intendierte Denkmäler wurden auch errichtet, um an ein wichtiges historisches Ereignis in einer vorher klar definierten Lesart zu erinnern. Immer geht es dem intendierten Denkmal darum, einen als wichtig empfundenen historischen Wert der Nachwelt zu überliefern. Es hat also glorifizierende, erzieherische, belehrende oder zumindest ermahnende Funktionen. Auch Memorialdenkmäler, die nach dem Tod einer Person errichtet werden, gehören dazu[2].
In der heutigen Zeit wird zwischen gewordenem und intendiertem Denkmal im alltagssprachlichen Gebrauch nicht sonderlich groß unterschieden, da alle Artefakte, die aus einer früheren Zeit auf die Gegenwart zugekommen sind, als Denkmäler (oder Geschichtsdenkmäler) angesehen werden. Aber es lohnt, die um 1900 aufgekommene Unterscheidung etwas weiter zu reflektieren: Der ideelle Wert eines gewordenen Denkmals kann als unwandelbar angesehen werden, und es liegt an der Praxis der jeweils tätigen Denkmalpflege, ob man sich seiner besinnt (etwa aufgrund aktueller Bezüge) oder ob man ihn verdrängt. Der gewollte Wert eines intendierten Denkmals dagegen kann unter Umständen bereits bald nach der Errichtung eines Denkmals seine Gültigkeit verlieren, weil man bestimmte Inhalte, für die das Denkmal steht, historisch als überholt oder sogar als falsch ansehen muss. Die Beispiele in der Geschichte sind zahlreich, bei der ein gewolltes Denkmal aus dem öffentlichen Raum wieder verschwinden muss, weil die politischen Umstände und damit die Erinnerungskultur sich geändert haben. Als krasser Endpunkt kann der Sturz eines Denkmals angesehen werden, der sich tatsächlich häufig als ein gewalttätiger Akt ereignet. Gewordene Denkmäler (beispielsweise Kunstdenkmäler und Architekturdenkmäler einer vergangenen Epoche) dagegen weisen in ihrer Geschichte eine weitaus höhere Akzeptanz auf, weil sich die in ihnen verborgenen ideellen Motive als unangreifbar, überdauernd und damit als konstant herausgestellt haben.
Der Denkmalbegriff ist heute höchst extensiv geworden und umfasst nahezu alle Gegenstände einer früheren Zeit. Der gängige Denkmalbegriff gliedert sich zudem heute auf nach den Bereichen, aus denen die Gegenstände kommen: also Kunstdenkmal, Architekturdenkmal, Baudenkmal, Industriedenkmal, Bodendenkmal usw.
Die Arbeit wurde etappenweise geschrieben, und es bedurfte mehrerer Anläufe, um sie zu vollenden. Ein intensiverer Dialog mit den schriftlichen Quellen wäre wünschenswert gewesen; er war jedoch nicht möglich, da sich viele Quellen in den verschiedensten Archiven befinden.
Zuletzt noch ein Wort zur Topographie: Die Geschichte Preußens war zu allererst eine Geschichte Brandenburg-Preußens mit seinem Herrscherhaus der Hohenzollern. In zweiter Linie berührt diese Geschichte die des preußischen Kernlandes und seiner vielen Provinzen. Für die Provinz Westfalen gilt demnach, was für die übrigen preußischen Provinzen gilt: dass nämlich Kunst und Kultur im erheblichen Maße von den Fortschritten