Männerzeiten: Naturheilkunde für den Mann in den besten Jahren
Von Peter Germann und Gudrun Zeuge-Germann
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Über dieses E-Book
Es ist kein philosophisches Werk, sondern es befasst sich in vergnüglicher Weise mit den Beschwernissen des Mannes im besten Alter. Das Buch ist voll von Rezepturen aus der Naturheilkunde, die der Thematik in dieser Lebensphase angepasst sind.
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Buchvorschau
Männerzeiten - Peter Germann
ETHNOLOGE
EINLEITUNG
Meine Frau Gudrun und ich haben vor geraumer Zeit ein Buch mit dem Titel FRAUENZEITEN veröffentlicht. Es handelt von der Lebensphase der sogenannten Wechseljahre, in denen eine nicht zu verachtende Prägung des weiteren Lebens vonstattengeht.
Bei einer kleinen Auseinandersetzung, einem sogenannten Beziehungsscharmützel, welches nach über 30 Jahren Ehe schon mal vorkommt, reifte ein neuer Gedanke in mir. Ich hatte in dieser Situation nicht nur nicht verstanden, was ich falsch gemacht haben sollte, sondern ich verstand gar nicht, um was es überhaupt ging! Hier kam die Situationserkenntnis: Lass uns ein Buch über MÄNNERZEITEN schreiben. Dies wurde sofort von beiden Parteien aufgegriffen, die kleine Auseinandersetzung, bei der ich bis heute nicht verstanden habe, worum es ging, war auch schnell beseitigt. Der Grundgedanke für das vorliegende Buch war gelegt.
Nach der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) laufen die besonderen Prägungsphasen einer Frau in Siebener-Jahresschritten ab, die des Mannes im Achtjahres-Rhythmus. Bei sieben mal sieben Jahren wird das weibliche Klimakterium definiert, bei acht mal acht Jahren das männliche. Der Begriff Wechseljahre trifft auf den Mann nicht korrekt zu, da er bis ins hohe Alter zeugungsfähig ist. Aber ein klimakterisch ähnlicher Zustand findet auf jeden Fall statt. In diesen Lebensphasen, welche neben der Pubertät die prägendsten im Leben eines Menschen sind, geschieht eine Neuordnung von Lebensvorstellung auf allen Ebenen. Das ist je nach Typus unterschiedlich stark ausgeprägt. Verschlimmernd kommt dazu, dass viele Männer zwischen dem 55. und 65. Lebensjahr oft noch einmal in eine postpubertäre Phase fallen. Dazu gehören der nachträglich erworbene Motorradführerschein, die Harley-Davidson, das Drachen-Tattoo oder das Spielen in einer Rockband. Letzteres habe ich mal als Stones-Syndrom definiert, da die Rolling Stones mit weit über 70 Jahren mit ihren Konzerten immer noch propagieren: Vom Alter völlig unabhängig, Rock’n Roll will never die!
Diese plötzlich auseinanderklaffende Schere der Lebenswerte von Mann und Frau können auch bei alteingesessenen Paaren noch mal zu erheblichen Konflikten führen.
Victor von Bülow alias Loriot sagte einmal: „Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen." Und von dem israelischen Schriftsteller Ephraim Kishon stammt der Ausspruch: „Frauen sollten heiraten, Männer nicht."
Ich stecke seit einigen Jahren selbst in dieser Lebensphase und kann bestätigen: ES MACHT EINFACH SPASS! Meine Frau ist allerdings nicht immer der gleichen Meinung. Hier ist es wichtig, auch in langer Beziehung neu aufeinander zuzugehen.
Mit 60 bin ich mir erstmalig der Endlichkeit bewusst geworden. So kann es sein, dass die beschriebenen Männerallüren, die eigentlich in weitaus früheren Lebensphasen eine prägende Rolle spielten, noch mal aktiviert werden. Man stellt fest, dass man beruflich ersetzbar ist, dass durchaus sehr gutes Material nachgewachsen ist, dass man nicht mehr als Koryphäe bei jedem Kongress als Referent eingeladen wird oder dass die körperliche Energie nicht mehr die gleiche ist wie vor 20 Jahren.
Als ich vor Kurzem mit einer zehn Jahre jüngeren Bekannten eine Höhlentour machte und dabei böse abgestürzt bin, schimpfte meine Frau: „Wann lernst du endlich, dass du nicht mehr 30 bist!"
ICH ARBEITE DARAN,
ABER BISHER NUR MIT MÄSSIGEM ERFOLG.
Themen
ZUM SELBSTVERSTÄNDNIS DES MANNES
Symbolerklärung:
DER BEWEGTE MANN ZWISCHEN HARLEY UND ROLLATOR
Die sogenannten BESTEN Jahre des Mannes sind oftmals geprägt von einer inneren Zerrissenheit. Sich entscheiden zu müssen zwischen BRUNFT UND VERNUNFT und zwischen RENNRAD UND ROLLATOR bringt viele Männer in eine seelische Krise.
Am Rande des Haltbarkeitsdatums möchte es sich ein Großteil der deutschen Männer eigentlich gemütlich machen, doch leider werden ihm die Altersgenossen Brad Pitt, Til Schweiger oder George Clooney vor Augen geführt. So quält er sich im Hamsterrad und nicht immer hat der Partner für das Auf und Ab Verständnis.
WERFEN WIR ERST EINMAL EINEN BLICK AUF DIE EVOLUTIONÄRE ENTWICKLUNG DES MANNES.
Den größten Teil seiner Stammesgeschichte hat der Mensch als Jäger und Sammler in der Steinzeit verbracht. Unsere Urverwandten lebten in Sippen und hier bildeten sich bereits die unterschiedlichen Rollen von Mann und Frau aus, die noch heute unser Verhalten bestimmen. Während die Frau die Hüterin des Feuers und der Kinder war, lag der Aufgabenbereich des Mannes in der Nahrungsbeschaffung, der Jagd. Damals entwickelten sich der Rund-um-Blick der Frau und der Tunnelblick des Mannes. Beide Strategien waren zu der Zeit überlebensnotwendig. Während das weibliche Geschlecht dafür verantwortlich war, dass die Kleinkinder nicht ins Feuer plumpsten, standen die Männer in Erwartung einer Beute stundenlang vor einem Kaninchenloch oder mussten im Sprint einem Hirsch hinterherjagen. Kamen sie von der Jagd erfolgreich nach Hause, ließen sie sich feiern und durften sich erholen.
Aufgrund gefundener Skelettformen des weiblichen und männlichen Geschlechts geht man davon aus, dass diese Arbeitsteilung in der Steinzeit wirklich bestand und sich daher ein unterschiedlicher Körperbau bei Mann und Frau entwickelt hat. Dafür spricht, dass die gefundenen Stoßspeere hauptsächlich von den Männern eingesetzt wurden, da sie einen Körper hatten, der hierfür geeignet war. Dabei spielt natürlich auch die damalige Ernährung eine große Rolle (siehe Seite 129). Evolutionswissenschaftler hegen die Vermutung, dass sich unser Gehirn über Jahrtausende an diese längst verschwundene Lebensweise bedingt angepasst hat und uns heute noch steinzeitlich prägt. Die kurze Zeit von Ackerbau, Farbfernsehen und Verhütungsmitteln sind bisher auf unser Gehirn ohne großen Einfluss geblieben. Und so sind Frauen mit anderen Mustern ausgestattet als Männer.
DEN MANN GIBT ES NICHT
SONGTEXTE
MÄNNER NEHMEN IN DEN ARM,
MÄNNER GEBEN GEBORGENHEIT.
MÄNNER WEINEN HEIMLICH,
MÄNNER BRAUCHEN VIEL ZÄRTLICHKEIT.
MÄNNER SIND SO VERLETZLICH,
MÄNNER SIND AUF DIESER WELT EINFACH
UNERSETZLICH!
(HERBERT GRÖNEMEYER, MÄNNER)
ICH BIN UMGEBEN VON INTELLEKTUELLEN,
DIE IMMER VERSUCHEN, SICH DUMM ZU STELLEN.
WO SIND DIE EINFACHEN MÄNNER HIN,
DIE SCHLICHTEN GEMÜTER MIT DEM KRÄFTIGEN KINN,
ETWAS UNTERBELICHTET, ABER COOL UND SO NETT,
DIE NICHT SO GANZ HELLE SIND,
ABER ECHT GUT IM BETT.
(INA MÜLLER, DUMM KICKT GUT)
MÄNNER SIND SCHWEINE,
FRAGE NICHT NACH SONNENSCHEIN.
AUSNAHMEN GIBT’S LEIDER KEINE.
IN JEDEN MANN STECKT DOCH IMMER EIN SCHWEIN.
(DIE ÄRZTE, MÄNNER SIND SCHWEINE)
MÄNNER WEINEN NICHT,
MÄNNER WEINEN NICHT,
SIE SCHREIEN DEN SCHMERZ IN SICH HINEIN,
WIE SOLLT ES ANDERS SEIN.
MÄNNER WEINEN NICHT,
HAM’ FÜR GEFÜHLE KEINE ZEIT…
(ADESSE RÖSSNER, MÄNNER WEINEN NICHT)
WAS SIND MÄNNER?
Biologisch gesehen ist diese Frage sehr einfach zu beantworten, aber in ihrer allumfassenden Gesamtheit fast gar nicht.
Die dargestellten Songtexte lassen erahnen, wie viele Herzen in einer Männerbrust schlagen können und dies je nach Lebensabschnitt auch tun.
Geboren aus dem Weiblichen werden die Erziehungskonzepte in den ersten zehn Jahren seines Lebens primär von Frauen geprägt. Dies ändert sich langsam, ist aber noch längere Zeit dominant. Aufgewachsen unter der Obhut der Mutter – der Vater kommt in der alten Struktur des Abends als Familienanhängsel dazu –, weiterhin weiblich geprägt durch die Kindergärtnerin und oft Lehrerinnen in der Grundschule, nehmen die männlichen Prägungen erst mit den weiterführenden Ausbildungsformen überhand. Die Schulklassen sind heute in der Regel gemischt, sodass ein gemeinsames Erwachsenwerden nicht mehr nur mit dem eigenen Geschlecht stattfindet. Da die gleichaltrigen Mädchen oft eher in die Pubertät kommen als die Jungen, hinkt das männliche Prinzip in dieser Lebensphase erst einmal hinterher. Dies tut es in der zeitverzögerten Sprech-, Krabbel- oder Zahnphase auch schon, hat aber nicht eine solche Auffälligkeit. Interessieren sich die Mädels deshalb erst einmal für Jungs aus den Klassen über ihnen, gleicht sich dies in kurzer Zeit an. Beim gemeinsamen Schulabgang spielt es schon keine Rolle mehr.
Jungs spielen mit Baukästen und Autos, Mädchen mit Kaufladen und Puppen; dieses Thema ist heute auch nicht mehr zu halten. Die geschlechtsspezifischen Kinderspiele bröseln immer mehr, gehen ineinander über. Aus falsch verstandener Interpretation von Gewaltverherrlichung und Anstiftung zur Aggressivität dürfen Kinder oft nicht mit Schwertern, Pfeil und Bogen oder Pistolen spielen. Wie archaisch waren doch unsere Ritter-, Indianer- und Cowboy-Inszenierungen! Das spielerische Ausleben uralter Prägungsmuster von Verteidigung und Erhalt der Lebensgemeinschaft ist nicht durch eine wenn auch noch so gut gemeinte intellektuelle Interpretation von Gut und Böse zu verbieten. Wird die kindliche Waffe verweigert, muss der Stock als Schwert oder die Banane als Pistole herhalten. Wieso erleben Bücher wie Herr der Ringe oder ein Fantasy-Epos eine solche Renaissance? Oft liegt es an einer unterdrückten Auslebung dieses uralten Prinzips. Obwohl ich sehr gerne Ritter und Indianer gespielt habe, war ich trotzdem Wehrdienstverweigerer und bin auch kein Waffennarr geworden.
Ich kann mich aber sehr gut daran erinnern, was für ein erhabenes Gefühl es war, zum ersten Mal ein richtiges Schwert in der Hand gehalten zu haben. Unwillkürlich geht man damit in nicht erlernte Haltungen sowie Kampfstellungen und ist von dem Rauschen der Klinge beim Schlag durch die Luft fasziniert. Dieses Prinzip ist bei Jungen und Männern eindeutig mehr ausgeprägt als bei Mädchen und Frauen. Es scheint in der männlichen Genetik, nur bedingt abhängig von der Erziehung, dominanter verankert zu sein.
Auch die typisch männlichen oder weiblichen Berufe mischen sich heutzutage. Krankenpfleger und Geburtshelfer sind nun ebenso alltäglich wie Kfz-Mechanikerin oder Schreinerin.
Trotzdem gibt es bestimmte männliche Typen, die von richtigen Männern belächelt werden. Sie heißen eventuell mit Vornamen Helge, tragen einen Doppelhausnamen, sind beispielsweise Pfarrer oder Sozialarbeiter und haben für nahezu alles Verständnis. Den Namen ihrer Gattin haben sie mit übernommen, um darauf hinzuweisen, was die Männer den armen Frauen in den letzten Generationen angetan haben. Ina Müller in ihrem Songtext „Wo sind die einfachen Männer hin" hätte ihre helle Freude an diesen Typen.
Auch der nächste beschriebene Mann wird im klimakterischen Alter in der Regel nicht aufmüpfig. Er besitzt als Schulabschluss die Mittlere Reife, hat eine Lehre als kaufmännischer Angestellter absolviert und seine zukünftige Frau auf der firmeneigenen Weihnachtsfeier kennengelernt. Er ist langjähriger erster Kassierer in einem Sparklub und fährt mit den männlichen Mitgliedern ein Mal im Jahr nach Mallorca. Den Urlaub mit seiner Familie verbringt er immer an der gleichen Stelle, alles Neue und Unregelmäßigkeiten sieht er als Stress oder gar persönlichen Angriff. In der Regel wechselt dieser Typus langsam ins Senium, wo sich dann seine sowieso schon starre Struktur noch mehr verfestigt bis zur kristallinen Unbeweglichkeit, körperlich sowie geistig.
WELCHER MANN WIRD DENN NUN IN DEN MASKULINEN WECHSELJAHREN AUFFÄLLIG, UNZUFRIEDEN UND SUCHEND?
Es handelt sich häufig um Typen, die vielfältiges Interesse zeigen. Ihr Werdegang ist oft nicht gradlinig, sondern schlägt Kapriolen. Mehrere angefangene Studiengänge oder Ausbildungen haben sie häufig in ihrer Historie, weil sie nicht wissen, welchen Weg ihrer Vielseitigkeit sie einschlagen sollen. Dadurch haben sie viele Kontakte nicht nur in ihrem eigentlichen Beruf erworben, sondern durch die Suche viele Randgebiete kennengelernt. Entweder ist ihr weiterer beruflicher Werdegang trotz der beschriebenen Zeitverluste durchaus von Karriere geprägt oder sie ecken immer wieder mit der vorgegebenen Struktur an. In der Selbstständigkeit sind sie eigentlich besser aufgehoben. Sie können viel und ausdauernd arbeiten, sind kreativ und bemüht, Neues auszuprobieren und zu integrieren. Auch privat zeigt sich diese Kreativität. Diese Männer brauchen ihren Auslauf, ihre vermeintliche Freiheit. Da sie auch häufig eine starke Partnerin haben, andere Frauen sind ihnen oft auf die Dauer zu langweilig, kann es bei dieser Alpha-Tier-Konstellation vermehrt zu Reibereien kommen. Langweilig sind die Beziehungen in der Regel nicht! Je länger sie bestehen, desto gefestigter werden sie, da sie schon viel mitgemacht haben – das schweißt zusammen.
Wird diesem Typus sein Alter oder das männliche Klimakterium bewusst, zeigt er sich irritiert, reagiert oft mit Endzeitgedanken und redet nicht mehr von irgendwann müsste man mal. Er versucht einfach umzusetzen. Abenteuerlust kommt hoch. Da er immer schon zu verrückten Handlungen neigte, werden diese jetzt noch auffälliger. Auch das verstärkte Interesse an jüngeren Frauen kann dazugehören. Er hat etwas von dem alten Platzhirschen, der noch mal seine Genetik unter die empfangsbereiten Kühe bringen möchte – bildlich gesehen. In der Regel gehen solche Seitensprünge nicht gut aus, das interessiert ihn aber momentan nur peripher. Auch das Motorrad oder der Sportwagen gehören dazu. Was er sich mit Anfang 20 in der Regel gar nicht leisten konnte, ist jetzt oft möglich und wird umgesetzt. Eine kopfschüttelnde Gattin zeigt nur bedingt Interesse und macht ihrem postpubertierenden Mann klar, dass sie diese Phasen schon vor 30 Jahren abgeschlossen habe. Meine Frau drückte es so aus: „Der Mann mit Anfang 60, hin- und hergerissen zwischen Harley und Rollator."
ÜBER DAS ÄLTERWERDEN
Im Grunde stirbt der Körper mit 30, auch wenn es erschreckend klingt! Aber ab diesem Alter gehen mehr Zellen zugrunde, als der Körper neu produzieren kann. Trotzdem ist ein durchaus angenehmes Alter bis circa 120 theoretisch möglich. Stress, Umweltbelastungen, Existenzängste und ein Nicht-eingebettet-Sein in die gesamte Natur wirken diesem biblischen Alter allerdings entgegen.
Für eine Gesellschaft, die in einem Jugendwahn lebt, muss das Altern negativ belegt sein. Für viele ist dies der Anfang vom Ende: NUN BEGINNT DAS SENIUM, DAS MIT DEM GESCHLOSSENEN SARGDECKEL ENDET. Was für eine blasphemische Einstellung!
Und was entgeht nicht alles denen, die sich von solchen Gedankengängen tyrannisieren lassen, an der Schwelle einer neuen Lebensphase mit einem facettenreichen neuen Erleben von Möglichkeiten einer positiven, geerdeten und starken Lebensführung!
Im menschlichen Leben verläuft alles in Phasen. Wir gehen vom Säuglingsalter über zum Kleinkind, weiter zum Schulpflichtigen und Jugendlichen, über den jungen Erwachsenen zur vollen Schaffensperiode des erwachsenen Menschen und dann ins Klimakterium und Senium.
Alle Phasen haben ihre Besonderheiten und Vorteile. Allerdings halten diese einzelnen Lebensabschnitte auch neue Fakten für uns bereit, auf die wir uns einstellen müssen, und dies fällt uns im Übergang nicht immer leicht. Natürlich spielt da auch die Gewohnheit eine Rolle: Bisher war es doch auch so!
Diese Meinung, alles muss im Leben so bleiben, wie es war, wird erst mit dem Beginn der Familiengründung manifestiert. Man kann sagen, dass wir in unserem Leben eine Nomadenphase und dann eine Zeit der Sesshaftigkeit durchmachen. Das ist aus der Historie der Menschheit nachzuvollziehen, wird aber von den einzelnen Temperamenten unterschiedlich empfunden.
Mit Aufregung sehen wir dem ersten Kindergartentag entgegen, dann folgt die Einschulung. Ein vollkommen neues Umgebungsfeld erwartet uns nach der Grundschule, die weiterführenden Lehranstalten müssen häufig mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden und weisen in der Regel eine völlig andere Struktur auf als die bisher gewohnte. Wird ein Studium angehängt, sollte der Ort der Universität möglichst weit von der Heimatstadt entfernt sein. Man nabelt sich, im Sinne einer Nestflucht, von der Familie ab.
Bis zu diesem Zeitpunkt ist das Neue zwar mit teilweise leicht ängstlicher Erwartung belegt, aber die Neugier und die Bereitschaft, sich auf andere Strukturen einzulassen, gewinnen. WIR GEHEN BIS DAHIN IN EINER ART NOMADENTUM DURCH DAS LEBEN.
Dann folgen Berufsbeginn und Familiengründung. Ab diesem Zeitpunkt sind wir der Meinung, alles müsse jetzt über langen Zeitraum mit möglichst wenig Veränderung so bleiben. Deshalb tun wir uns mit Neuem schwerer als in der Nomadenphase, die Sesshaftigkeit triumphiert über die Neugier zum Unbekannten. Maximal wird diese noch im Urlaub rudimentär ausgelebt; aber man kommt ja glücklicherweise in die alte Struktur wieder zurück.
Allerdings weist das Leben Entwicklungsphasen auf, die mit unserem persönlichen Sesshaftwerden nicht unbedingt konform laufen. Die Veränderungsrhythmen sind immer vorhanden, aber in keiner Zeit so auffällig und prägend wie in der Pubertät und der Andropause. Fällt die Pubertät in die Nomadenphase und bringt etwas ersehnbar Neues, werden die männlichen Wechseljahre oft als lästiger Umbruch im normalen Alltag empfunden.
Dies ist sicherlich auch ein gesellschaftlicher Aspekt. In einer ständig nach vorne preschenden Form des Zusammenlebens wird das Älterwerden oft als der Anfang vom Ende empfunden. Viele meinen, es ist die Vorstufe vom Greisendasein mit Vergesslichkeit, Demenz und der Unfähigkeit, mit technischen und gesellschaftlichen Erneuerungen umzugehen. Dies ist eine sehr einseitige Sichtweise!
ARCHAISCHEN ÄNGSTEN EIN GESICHT GEBEN ODER DER MANN ALS VERTEIDIGER VON WEIB UND FAMILIE
Die Überschrift lässt schon erahnen, dass es sich bei diesem Thema um imaginäre Begehren des Mannes handelt. Natürlich haben auch Frauen das Bedürfnis, ihren vagen Ängsten ein Gesicht zu geben. Damit versucht man, mit diesem Thema durch Visualisierung besser umgehen zu können. Aber gerade der Mann hat sich im Laufe der Kulturgeschichte viele Angstfetische aufgebaut, die jeder seines Geschlechts nachvollziehen kann.
Schon steinzeitliche Darstellungen sind nicht nur im Sinne einer versuchten Machtausübung auf das zu jagende Tier zu sehen, sondern sie stellen auch visuell imaginäre Ängste in Form von Fabelwesen dar. Mit unseren heutigen eher rational gesteuerten Gedankengängen werden diese oft zu Unrecht als Außerirdische, Raumschiffe oder Gottheiten interpretiert. Nicht selten werden sie als tatsächlicher Kontakt mit Weltraumwesen angesehen und damit als Beweis ihrer Existenz herangezogen. Ob es sie wirklich gibt, weiß ich nicht, aber diese uralten Darstellungen sind doch eher als Verarbeitungsmechanismen des steinzeitlichen Weltbildes und der daraus resultierenden Ängste zu sehen, die dann in der bildlichen Darstellung manifestiert sind.
Durch alle Zeitalter zieht sich dieses Phänomen. Ob die griechische Götterwelt, die den Menschen nach Lust und Laune drangsaliert, oder die für ein Reich in anderer Dimension kämpfenden Kreuzritter – die Ängste, das Erwarten von Naturkatastrophen oder Angriffen aus dem Weltall, all diese Ängste versucht man begreifbarer zu machen, indem man ihnen Gestalt gibt. Man kann sagen, das Schaffen von Ungeheuern in Literatur oder Film ist durchaus hilfreich für unseren unruhigen Geist. Auch die Wissenschaft sagt: „Menschen brauchen Monster" – und der Mann mehr als die Frau. Warum? Geschichtlich gesehen steht der Mann für die Verteidigung nach außen, wobei die Frau die Struktur im Inneren des Hauses und der Familie übernimmt. Draußen ist Udgart, das Wilde, Ungezähmte, auch Unbegreifbare, dem man versucht, Form zu geben, um es besser zu verstehen und eventuell im Kampf ausschalten zu können. Trotz des Aufweichens dieser alten Strukturen in unserer heutigen westlichen Gesellschaftsordnung sind diese archaischen Muster im Unterbewusstsein immer noch verankert. Äußere Veränderungen gehen rasant vonstatten, aber die alten Informationsstrukturen sind immer noch die gleichen.
Märchen setzen sich ebenfalls mit diesem Thema auseinander. Ausgesetzte Kinder im Wald, wie bei Hänsel und Gretel, Wölfe als Symbol von fressenden Ungeheuern oder bitterböse Stiefmütter sind im Sinne von archaischen Angstbildern zu sehen. Der Wissenschaftsjournalist Hubert Filser beschreibt in seinem Buch Menschen brauchen Monster, warum sich die Menschen seit der Steinzeit Wesen ausdenken, die sie gleichermaßen beängstigen und faszinieren. Man