Dies ist das wahrhaftige Licht: Eine Auslegung zum Johannesevangelium
Von Hamilton Smith
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Über dieses E-Book
Das Johannesevangelium beschreibt die Vortrefflichkeiten des Sohnes Gottes. Im Unterschied zu den drei anderen Evangelisten geht es dabei weniger um das Wirken des Herrn Jesus, sondern mehr um seine Worte.
In einer einfachen Sprache – deren Wortschatz nur ungefähr siebenhundert Wörter umfasst – stellt der Heilige Geist in diesem Evangelium die persönliche Herrlichkeit des Sohnes Gottes in den Vordergrund.
Mit dieser klar strukturierten Vers-für-Vers-Auslegung ist es Hamilton Smith gelungen, die inhaltsreichen Verse des Johannesevangeliums gut verständlich zu erklären und dem Leser den Sohn Gottes groß zu machen.
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Buchvorschau
Dies ist das wahrhaftige Licht - Hamilton Smith
Die Kapitel 13–17 wurden mit freundlicher Genehmigung des Beröa- Verlages dem Buch „Abschiedsworte des Herrn Jesus" (Zürich 2014) entnommen. Die restlichen Kapitel dieser Auslegung sind erstmals im Deutschen auf www.soundwords.de erschienen.
1. Auflage 2018
© by Christliche Schriftenverbreitung, Hückeswagen
Umschlaggestaltung: ideegrafik, Jürgen Benner
Satz und Layout: Christliche Schriftenverbreitung
E-Book: Verbreitung christlichen Glaubens e.V.
ISBN: 978-3-89287-595-6
www.csv-verlag.de
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Kapitel 1
Das ewige Wort
Die ewigen Beziehungen zwischen den göttlichen Personen
Die Haltung Gottes gegenüber dem Menschen
Gott wird in seiner ganzen Fülle bekannt gemacht
Das dreifache Zeugnis Johannes des Täufers
Der erste Tag des Zeugnisses durch Johannes den Täufer
Der zweite Tag des Zeugnisses durch Johannes den Täufer
Der dritte Tag des Zeugnisses durch Johannes den Täufer
Der dreifache Dienst Christi
Der erste Tag des Dienstes Christi
Der zweite Tag des Dienstes Christi
Der dritte Tag des Dienstes Christi
Kapitel 2
Einleitung
Das Hochzeitsfest
Die Reinigung des Tempels
Der Tempel seines Leibes
Der natürliche Sinn des Menschen
Kapitel 3
Einleitung
Die Souveränität Gottes
Die Verantwortlichkeit des Menschen
Das letzte Zeugnis Johannes des Täufers von der Herrlichkeit Christi
Kapitel 4
Einleitung
Die Frau am Brunnen
Der Wille des Vaters im Dienst an Sündern
Der Heiland der Welt
Der königliche Beamte
Kapitel 5
Einleitung
Der Mann am Teich oder: Die Befreiung vom Gesetz
Die Erlösung des Menschen führt in die Ruhe Gottes
Die Herrlichkeit der Person, die Menschen erlöst und die Ruhe Gottes sicherstellt
Die verschiedenen Zeugnisse der Herrlichkeit Christi
Kapitel 6
Einleitung
Die Speisung der Fünftausend
Die Überfahrt
Fragen aus dem Volk
Christus, das Brot aus dem Himmel
Fleisch und Blut = ewiges Leben
Reaktionen auf die Worte des Herrn
Kapitel 7
Einleitung
Jesus geht nicht auf das Laubhüttenfest
Die Lehre Jesu wird abgelehnt
Die Werke Jesu werden abgelehnt
Die Person Jesu wird abgelehnt
Das Kommen des Heiligen Geistes
Spekulationen über Christus
Kapitel 8
Einleitung
Die Ehebrecherin vor dem Herrn Jesus
Das Licht der Welt
Der Sohn und der Vater
Nachkommen Abrahams
Kinder Abrahams oder Kinder des Teufels?
Der Sohn Gottes ist größer als Abraham
Kapitel 9
Einleitung
Die Heiligung des Blindgeborenen
Fragende Nachbarn und fragende Pharisäer
Diskussionen des Unglaubens
Kapitel 10
Einleitung
Die Tür und der Türhüter
Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe
Das Gebot des Vaters
Der Zwiespalt unter den Juden
Der Zwiespalt unter den Juden
Meine Schafe
Der Sohn Gottes wird angefeindet
Kapitel 11
Einleitung
Lazarus ist krank
Auf dem Weg nach Bethanien
Martha und der Herr Jesus
Maria und der Herr Jesus
Die Auferweckung des Lazarus
Reaktionen des Unglaubens
Jesus zieht sich zurück
Kapitel 12
Einleitung
Beim Abendessen in Bethanien
Jesu Einzug in Jerusalem
Das Weizenkorn muss sterben
Der erhöhte Sohn des Menschen
Die Verhärtung der Juden
An Jesus entscheidet sich alles
Kapitel 13
Einleitung
Die Fußwaschung
Der Verräter entfernt sich
Gott verherrlicht in Christus
Kapitel 14
Einleitung
Die Jünger in Beziehung zu Christus
Die Jünger in der Beziehung zum Vater
Die Beziehung der Jünger zum Heiligen Geist
Kapitel 15
Einleitung
Frucht bringen
Die christliche Gemeinschaft
Die Welt
Die Kraft zum Zeugnis
Kapitel 16
Einleitung
Verfolgung durch die religiöse Welt
Der Herr geht weg, damit der Heilige Geist kommen kann
Der Heilige Geist stellt die gegenwärtige Welt bloß
Der Heilige Geist offenbart die kommende Welt
Der neue Tag
Kapitel 17
Einleitung
Der Vater im Sohn verherrlicht
Christus in den Glaubenden verherrlicht
Die Glaubenden mit Christus verherrlicht
Kapitel 18
Einleitung
Verrat und Gefangennahme Jesu
Jesus vor Annas
Petrus im Hof
Petrus verleugnet seinen Herrn
Jesus vor Pilatus
Kapitel 19
Einleitung
Die Verhöhnung des Sohnes Gottes
Der Richter beugt sich der mehrheitlichen Forderung
Der König der Juden wird gekreuzigt
Es ist vollbracht!
Letzte Handlungen an dem gestorbenen Christus
Kapitel 20
Einleitung
Das leere Grab
Maria Magdalene
Der Herr Jesus in der Mitte der Seinen
Der ungläubige Thomas
Kapitel 21
Einleitung
Am See von Tiberias
Die öffentliche Wiederherstellung von Petrus
Der Dienst des Johannes
Einleitung
Das Johannesevangelium ist das Evangelium, das vorrangig die Herrlichkeit des Sohnes Gottes offenbart. Die anderen drei Evangelien stellen andere Herrlichkeiten unseres Herrn vor:
Matthäus zeigt uns Ihn als Messias in seiner amtlichen Herrlichkeit.
Markus beschreibt Ihn als Diener in der Herrlichkeit seiner Erniedrigung.
Lukas stellt Ihn als Sohn des Menschen in seiner moralischen Herrlichkeit vor.
Johannes aber hat das große Vorrecht, Ihn als Sohn Gottes in seiner persönlichen Herrlichkeit zu beschreiben.
Christus wird uns als eine göttliche Person gezeigt, und das beinhaltet die Offenbarung aller Personen der Gottheit. Das Evangelium beginnt, indem es uns die Herrlichkeiten des Sohnes beschreibt; im weiteren Verlauf werden uns dann das Herz des Vaters (Kap. 1,18), die Hand des Vaters (Kap. 5,17) und das Haus des Vaters (Kap. 14,1–3) offenbart; daran anschließend finden wir eine umfassende Darstellung des Heiligen Geistes.
Außerdem stellt uns dieses Evangelium einen neuen Menschen nach einer völlig neuen Ordnung vor: Der Herr spricht von sich selbst als dem „Sohn des Menschen, der im Himmel ist (Kap. 3,13), dem Sohn des Menschen, „der aus dem Himmel herabkommt
(Kap. 6,33.50) und dem Sohn des Menschen, der „dahin auffahren wird, wo er zuvor war" (Kap. 6,62). Christus wird uns hier also von zwei Seiten gezeigt: Er ist der eingeborene Sohn, der den Vater offenbart – und als Sohn des Menschen stellt Er den Menschen einer neuen Ordnung vor: ein Mensch, der auf der Erde wandelt und im Himmel wohnt.
Um diese unterschiedlichen Herrlichkeiten Christi herauszustellen, verwendet Johannes verschiedene Bilder:
In Johannes 2 ist Christus der Tempel, in dem die Herrlichkeit Gottes wohnt;
in Johannes 6 ist Er das wahre Brot, das aus dem Himmel gegeben wird, um den Hunger der Menschen zu stillen;
in Johannes 8 und 9 ist Er das Licht der Welt, das die Menschen aus der Dunkelheit herausführt;
in Johannes 10 ist Er der Hirte, der seine Schafe aus dem alten jüdischen Schafhof herausbringt und in einer neuen (christlichen) Herde zusammenführt;
in Johannes 11 ist Er die Auferstehung und das Leben, um Menschen vom Tod zu erretten;
in Johannes 12 ist Er das Weizenkorn, das stirbt, damit eine Saat aufgehen kann, die Ihm gleich ist;
in Johannes 15 ist Er der wahre Weinstock, damit seine Jünger Frucht für den Vater hervorbringen.
Dieses Evangelium hat somit die großartige Absicht, uns die Herrlichkeit des Sohnes Gottes als eine göttliche Person vorzustellen. Damit ist klar, warum es in diesem Evangelium kein Geschlechtsregister gibt und weder die Geburt noch die frühen Jahre des Herrn beschrieben werden. Diese Einzelheiten, obwohl sie für den Glauben kostbar und wichtig sind, passen nicht in ein Evangelium, das die Herrlichkeit seiner Person als Sohn Gottes vorstellt. Als göttliche Person steht Er hier über jedem Geschlechtsregister; im Markusevangelium dagegen nimmt Er als Diener einen so niedrigen Platz ein, dass ein Geschlechtsregister dort ebenfalls nicht notwendig ist.
Wir erfahren im Johannesevangelium, dass das Wort Fleisch wurde – doch nicht mit dem Ziel, Christus mit dieser Erde oder dem Volk Israel in Verbindung zu bringen. Der Schreiber hat nicht die Absicht, zu zeigen, dass sich die Verheißungen des Alten Testaments erfüllen; es wird auch nicht vorausgesagt, dass in der Zukunft ein Königreich errichtet werden wird; noch belehrt es über die gegenwärtige Gestalt dieses Königreichs. Nichts davon! Diese Wahrheiten sind an ihrem Platz notwendig und wichtig – doch sie reichen bei weitem nicht an das großartige Thema von Johannes heran: Die Herrlichkeit des Sohnes Gottes. Der Sohn Gottes ist gekommen: Er hat die Personen der Gottheit, aber auch einen neuen Menschen offenbart – und so die alte jüdische
Ordnung beiseitegesetzt und das Christentum eingeführt. Dieses Evangelium zeigt uns deshalb von Anfang an, dass sowohl das Volk Israel als auch die Welt als Ganzes in ihrer Verantwortung gescheitert sind; sie stehen unter Gericht und werden beiseitegesetzt, damit das Christentum eingeführt werden kann. Darüber hinaus wird das Christentum hier nach den Gedanken Gottes beschrieben – und nicht nach dem Verfall, wie er zum Zeitpunkt der Abfassung bereits eingetreten war. Denn Johannes hat sein Evangelium wahrscheinlich erst geschrieben, als der von dem Apostel Paulus vorhergesagte Verfall bereits im christlichen Bekenntnis Einzug gehalten hatte. Dieses Evangelium erhebt uns also über die Welt und lenkt uns weg vom Judentum wie auch von der verderbten Christenheit. Hier sollen wir den Segen kennenlernen, den Gott mit dem Christentum verbindet und der sich allein auf die Person des Sohnes Gottes gründet.
Ein Christentum, das Christus als Grundlage hat, muss zwangsläufig auch das Wesen Christi haben, denn „wie der Himmlische, so sind auch die Himmlischen" (1. Kor 15,48). Kapitel für Kapitel sehen wir deshalb, wie die alte Ordnung beiseitegesetzt und etwas völlig Neues eingeführt wird:
In Johannes 1 macht das mosaische Gesetz Platz für die „Gnade und Wahrheit", die durch Jesus Christus geworden ist;
in Johannes 2 wird der Tempel in Jerusalem durch den Tempel seines Leibes ersetzt;
in Johannes 3 treten an die Stelle von „irdischen Dingen die „himmlischen Dinge
;
in Johannes 4 wird das natürliche Wasser aus dem Brunnen von der Quelle des Wassers des Lebens abgelöst;
in Johannes 5 werden der Teich und die heilende Bewegung des Wassers durch die machtvolle Stimme des Sohnes Gottes beiseitegesetzt;
in Johannes 6 macht das natürliche Brot Platz für das wahre Brot aus dem Himmel;
in Johannes 8 und 9 wird die Dunkelheit durch das Licht vertrieben;
in Johannes 10 wird der jüdische Schafhof durch die christliche Herde abgelöst und
in Johannes 11 wird der Tod durch das Leben überwunden.
So sehen wir, wie Stück für Stück Altes vergeht und alles neu wird. Die Ewigkeit löst die Zeit ab – und das Himmlische das Irdische. Wir werden gedanklich in eine Ewigkeit zurückgeführt, als es noch keine Zeit gab; zugleich werden wir mitgenommen, um schon jetzt außerhalb der irdischen Begrenzungen etwas von der Freude des Vaterhauses zu schmecken.
Was für ein Segen, dass wir uns in diesem Evangelium mit göttlichen Personen beschäftigen dürfen, bei denen es kein Versagen gibt, nachdem sich gezeigt hat, dass in den Händen der Menschen alles verloren ist. Wir sehen hier die Absichten Gottes, denen kein Verfall etwas anhaben kann, und wir werden zu Schauplätzen geführt, wo keine Spur menschlichen Versagens jemals zu finden ist.
Beim Lesen dieses Evangeliums kommen wir von Anfang an in Berührung mit ewigen Dingen und himmlischen Schauplätzen und befinden uns in unmittelbarer Gemeinschaft mit göttlichen Personen. Dennoch können wir uns ohne Furcht bewegen, weil diese herrliche Person, der ewige Sohn Gottes, uns so nahe gekommen ist, dass Er neben einer einsamen Sünderin an einem Brunnen Platz nahm und einen seiner Jünger in seinem Schoß ruhen ließ. Er wohnte so wahrhaftig unter uns Menschen, dass Er jemanden um einen Schluck Wasser bat, dass Er sich herabließ, anderen die Füße zu waschen, oder wiederum für andere ein wärmendes Feuer anzündete und sie zu einer Mahlzeit einlud, die Er zubereitet hatte.
Kapitel 1
Das ewige Wort
Johannes 1,1–18
Das große Thema der einleitenden Verse des Johannesevangeliums ist die Herrlichkeit der Person Christi als das ewige Wort. Zuerst werden unsere Gedanken zurück in die Ewigkeit gelenkt, um seine Herrlichkeit als göttliche Person kennenzulernen; wenn es dann um Raum und Zeit geht, wird uns seine Herrlichkeit als Schöpfer vorgestellt; schließlich heißt es, dass das Wort Fleisch wurde, und wir sehen seine Herrlichkeit als ewiger Sohn in Beziehung zu seinem Vater.
Verse 1.2: Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott.
Das Evangelium beginnt mit der erhabenen Aussage: „Im Anfang war das Wort. Ohne Einleitung werden unsere Gedanken direkt zurück in die Ewigkeit gelenkt, bevor die Zeit begann oder die Schöpfung existierte. Wir lernen, dass die herrliche Person, die hier „das Wort
genannt wird, keinen Anfang hat. Bereits am Anfang von allem, was einen Anfang hat, war das Wort – nicht: begann das Wort. „Im Anfang war das Wort" ist der Ausdruck dafür, dass das Wort keinen Anfang hat.
Als Erstes erfahren wir also, dass das Wort eine ewige Person ist. Das Wort, diese gepriesene Person, offenbart Gott. Diese Person der Gottheit ist in sich selbst, aber auch durch das, was sie tut und was sie geworden ist, der Ausdruck Gottes und seiner Gedanken.
Weiter heißt es, dass das Wort „bei Gott" war. Das Wort ist also nicht nur eine ewige Person, sondern auch eine klar unterschiedene, eigenständige Person in der Gottheit. Das Wörtchen „bei drückt aber nicht nur Eigenständigkeit aus, sondern deutet auch einen Austausch unter den Personen der Gottheit an. Dann lesen wir: „Das Wort war Gott.
Schon im ersten Satz erfahren wir, dass das Wort eine ewige Person ist. Das schließt ein, dass es auch eine göttliche Person sein muss. Doch wenn es um die Herrlichkeit dieser Person geht, sind uns keinerlei Schlussfolgerungen überlassen, und seien sie noch so richtig. Deshalb heißt es hier ausdrücklich: „Das Wort war Gott" – eine göttliche Person.
Schließlich lesen wir: „Dieses war im Anfang bei Gott." Das ist keine bloße Wiederholung der bereits erwähnten Tatsache, dass das Wort eine eigenständige Person bei Gott ist. Hier erfahren wir eine weitere Wahrheit: Das Wort war von Ewigkeit her eine Person in der Gottheit. Der Geist Gottes wacht sorgfältig über die Herrlichkeit dieser Person gegenüber solchen, die wohl zugeben würden, dass das Wort eine eigenständige Person ist, zugleich aber behaupten, dass es einen Zeitpunkt gab, an dem Er eine eigenständige Person geworden ist. Nein, Er war es schon immer!
Wenn der Herr vom Beginn seines Dienstes spricht, verwendet Er den Ausdruck „von Anfang an" (Kap. 6,64; 15,27), genauso wie Johannes, wenn er vom Beginn des Christentums redet. Doch hier, wo die Rede von dem ist, der keinen Anfang hat, finden wir zweimal den Ausdruck „im Anfang". Darüber hinaus ist bemerkenswert, dass es hier heißt: „Das Wort war bei Gott" – nicht: bei dem Vater. Wort und Gott stehen in einer Beziehung zueinander – wie auch Sohn und Vater. Die Bezeichnung Gott umfasst nicht nur den Vater, sondern auch den Heiligen Geist und den Sohn. Wort und Gott sagen also etwas über das Wesen göttlicher Personen aus – während Vater und Sohn von der Beziehung zwischen göttlichen Personen sprechen. Das große Ziel dieser Verse ist, die Herrlichkeit Christi festzuschreiben: Er ist dem Wesen nach eine göttliche Person.
So beschreibt der Geist Gottes bereits in diesen Anfangsversen in wenigen und zugleich sehr einfachen Worten die Herrlichkeit der Gottheit unseres Herrn. Das Wort ist also: eine ewige Person, eine klar unterschiedene, eigenständige Person in der Gottheit, eine göttliche Person und eine von Ewigkeit her eigenständige Person in der Gottheit.
In diesem Evangelium stehen wunderbare „himmlische Dinge" vor uns, und sie alle beruhen auf der Grundlage der Herrlichkeit der Person Christi. Die Gottheit des Sohnes infrage zu stellen, untergräbt das Fundament, worauf jeder menschliche Segen beruht. Was auch immer für ausgeklügelte, religiöse Systeme Menschen errichten mögen oder wie sehr sie sich auch zur Ehre des Namens Christi bekennen mögen: Wenn sie nicht auf diesem Fundament bauen, wird ihr Werk keinen Bestand haben.
Vers 3: Alles wurde durch dasselbe, und ohne dasselbe wurde auch nicht eins, das geworden ist.
In den ersten beiden Versen wurde die Herrlichkeit des Wortes als eine göttliche Person festgestellt. Nun treten wir aus der Ewigkeit in die Zeit, um die zwei wunderbaren Wege kennenzulernen, in denen Gott durch das Wort kundgemacht wird: durch die Schöpfung (V. 3) und indem das Wort Fleisch wurde (V. 14). Hier heißt es nun: „Alles wurde durch dasselbe – durch das Wort. Diese positive Aussage wird durch die folgende Verneinung noch verstärkt: „Ohne dasselbe wurde auch nicht eins, das geworden ist
. Alles, was geworden ist, ob groß oder klein, belebt oder unbelebt, geistig oder materiell, ist durch das Wort geworden. Die Personen der Gottheit selbst werden hier automatisch durch die gewählte Formulierung ausgeschlossen: Sie waren – niemals wurden sie! Die Schöpfung zeigt aber nicht nur, dass es einen Schöpfer gibt, sondern auch, wie groß dieser Schöpfer ist. „Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und die Ausdehnung verkündet seiner Hände Werk. Ein Tag berichtet es dem anderen, und eine Nacht meldet der anderen die Kunde" (Ps 19,1.2; vgl. Röm 1,20).
Vers 4: In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.
Vers 3 spricht von dem, was durch das Wort geworden ist; Vers 4 dagegen zeigt uns, was in dem Wort ist: „In ihm war Leben. Die erste Aussage spricht von der Beziehung des Wortes zum gesamten geschaffenen Universum, die zweite von der Beziehung zu uns Menschen. Bei dem „Leben
, von dem hier die Rede ist, kann es sich somit nicht um das natürliche Leben in der Schöpfung handeln. Das Wort als der Schöpfer ist zweifellos die Quelle des natürlichen Lebens, durch das Pflanzen und Tiere leben und sich fortpflanzen. Hier aber ist mit „Leben göttliches Leben gemeint. Dieses Leben wird das Licht von Menschen, die bereits natürliches Leben haben. Das „Leben
wird anderen mitgeteilt, doch es wurde niemals dem Wort mitgeteilt, denn „in ihm war Leben".
Dieses Leben war das Licht der Menschen. Deshalb kann der Herr sagen: „Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben" (Kap. 8,12). Das natürliche Licht kann den Menschen das Herz Gottes nicht offenbaren, doch das Leben, das in dem Wort ist, offenbart den unsichtbaren Gott in vollkommener Weise.
Auch das Licht des Verstandes kann Gott nicht finden. Nur das Licht des Lebens in dem Wort, das Fleisch wurde, kann Gott kundmachen.
Vers 5: Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.
Doch der Mensch ist gefallen. Wenn das Licht also scheint, dann scheint es hinein in die Finsternis und in die Unkenntnis über Gott. Weiter lesen wir: „Die Finsternis hat es nicht erfasst." Geistliche Finsternis bedeutet also nicht nur Unkenntnis oder Abwesenheit von Licht, sondern Widerstand gegen das Licht. Natürliches Licht würde die natürliche Dunkelheit vertreiben, doch solange der Mensch sich selbst überlassen ist, kann das geistliche Licht seine geistliche Finsternis nicht vertreiben. Das Licht des Lebens, das von dem ewigen Wort ausgeht, macht die moralische Unfähigkeit des Menschen deutlich – so wie später die Liebe, die der Herr in seinem Leben gezeigt hat, den Hass der Menschen noch deutlicher zutage treten ließ.
Verse 6–9: Da war ein Mensch, von Gott gesandt, sein Name Johannes. Dieser kam zum Zeugnis, damit er von dem Licht zeugte, damit alle durch ihn glaubten. Er war nicht das Licht, sondern damit er von dem Lichte zeugte. Das war das wahrhaftige Licht, das, in die Welt kommend, jeden Menschen erleuchtet.
Die Anfangsverse haben uns die Herrlichkeit des Wortes gezeigt: zunächst in Bezug auf Gott, dann in Bezug auf die Schöpfung und zuletzt in Bezug auf den Menschen. Die folgenden Verse zeigen uns nun, wie Gott den Menschen das Licht in dieser Welt vorstellte. Denn Gott gab nicht nur das Licht, sondern Er sandte auch einen Vorläufer, um die Menschen auf das Licht aufmerksam zu machen: Johannes den Täufer. Wir erfahren nichts über Johannes' Beziehung zu den Juden oder zu irdischen Dingen – er ist „von Gott gesandt" und zeugt von dem, was völlig neu ist: von dem Licht. In den anderen Evangelien bezeugt er dem bußfertigen Volk Israel den König und sein Königreich; hier im Johannesevangelium bezeugt er allen Menschen das Licht.
Doch wenn Gott einen Vorläufer sandte, wachte Er gleichzeitig sorgfältig über die Herrlichkeit Christi. So groß Johannes auch gewesen sein mag – es gab nur einen, der das Licht ist. Johannes war nur eine „brennende und scheinende Lampe (Kap. 5,35), doch das Wort ist das Licht, das in die Welt kam, um jeden Menschen zu erleuchten. Dabei leuchtete es in zwei Richtungen: Es stellte den Menschen bloß – und es offenbarte Gott. Der Herr ging „wohltuend und heilend
umher (Apg 10,38), doch sein eigentlicher Beweggrund war, Gott bekannt zu machen. So machte Er nicht nur blinde Augen wieder sehend, um die Blindheit zu heilen, sondern um die Liebe Gottes zu zeigen, die den Nöten der Menschen begegnet. Licht ist die Offenbarung Gottes in Liebe gemäß der vollen Wahrheit über den Zustand des Menschen und der Heiligkeit Gottes.
Verse 10.11: Er war in der Welt, und die Welt wurde durch ihn, und die Welt kannte ihn nicht. Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht an.
Dann erfahren wir, wie das Licht auf den sich selbst überlassenen Menschen wirkt: „Die Welt kannte ihn nicht und „die Seinen (die Juden) nahmen ihn nicht an
. Das Licht offenbart, dass der Mensch nicht nur absolut unempfänglich ist für das, was gut und vollkommen ist, sondern dass er sich sogar dem Einen widersetzt, in dem sich alles Gute kundtut. Auf sich selbst gestellt ist der Mensch in einem hoffnungslosen Zustand.
Verse 12.13: So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus Geblüt noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.
Doch in seiner souveränen Gnade überlässt Gott die Menschen nicht völlig sich selbst. Er wirkt in ihnen und so nehmen einige Christus auf – solche, „die an seinen Namen glauben. Ihnen gibt Er „das Recht, Kinder Gottes zu werden
. Sie bilden ein neues Geschlecht, allerdings nicht durch natürliche Geburt („aus Geblüt) oder durch eigene Anstrengungen („aus dem Willen des Fleisches
) oder durch den Willen eines anderen („aus dem Willen des Mannes"), sondern durch das neue Leben, das sie von Gott empfangen.
Vers 14: Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns (und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater) voller Gnade und Wahrheit.
Die ersten dreizehn Verse zeigen uns die Herrlichkeiten der Person Christi: Er ist das Wort; Er ist eine ewige, eigenständige und göttliche Person innerhalb der Gottheit; Er ist der Schöpfer aller Dinge; Er ist der, in dem das Leben ist; Er ist das Licht der Menschen.
In den nächsten Versen erfahren wir nun, wie diese wunderbare Person in diese Welt kam, um den Menschen das Licht des Lebens zu bringen. Der, der „im Anfang das Wort war, wurde Fleisch. Wir haben gesehen, wer Er ist und wer Er in der Ewigkeit war. Jetzt wird uns gesagt, was Er in der Zeit wurde. Er wurde nicht das Wort, als er Mensch wurde, nein, Er war es bereits, denn es heißt: „Das Wort wurde Fleisch
.
Dieses gewaltige Ereignis – dass das ewige Wort Mensch wurde – lässt uns wunderbare und gesegnete Folgen erwarten. Drei herausragende Auswirkungen seiner Menschwerdung werden uns in den nächsten Versen vorgestellt:
die Offenbarung der ewigen Beziehungen zwischen den göttlichen Personen (V. 14)
die Haltung Gottes gegenüber dem Menschen (V. 14)
Gott wird in seiner ganzen Fülle bekannt gemacht (V. 18)
Die ewigen Beziehungen zwischen den göttlichen Personen
Nachdem das Wort Fleisch wurde kann der Apostel Johannes sagen: „Wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater". Die Herrlichkeit, die sie anschauten, entsprang nicht der Menschheit, die Er angenommen hatte, sondern seiner Beziehung innerhalb der Gottheit. Seine Herrlichkeit war einzigartig, es war die Herrlichkeit als eingeborener Sohn, einer Beziehung, die Er in Gemeinschaft mit Gott als seinem Vater genoss. Johannes beschreibt und bekräftigt seine Menschheit – und wacht doch gleichzeitig über die Herrlichkeit seiner Person.
Die Haltung Gottes gegenüber dem Menschen
Nachdem wir gelesen haben, dass das Wort Fleisch wurde, erfahren wir sogleich, was Gott im Blick auf den Menschen am Herzen liegt. Der, der Fleisch wurde, wohnte unter uns „voller Gnade und Wahrheit". So wie Er kam, so brauchten wir Ihn. Er kam nicht, um etwas von uns zu fordern, wie das Gesetz es tat; Er kam als Geber und wollte denen, die unwürdig waren, in Gnade Segen bringen. Außerdem kam mit Christus die volle Wahrheit. Das, was Mose und die Propheten gesagt hatten, war die Wahrheit – aber es umfasste eben nicht die gesamte Wahrheit. Denn das Gesetz sagt mir, was ich sein soll, aber es sagt mir nicht, was ich bin. Christus dagegen zeigte nicht, wie etwas sein sollte, sondern wie etwas war.... Christus sagt mir die Wahrheit über alles, egal, ob es gut oder böse ist.
Vers 15: Johannes zeugt von ihm und rief und sprach: Dieser war es, von dem ich sagte: Der nach mir Kommende hat den Vorrang vor mir; denn er war vor mir.
Noch einmal wird das Zeugnis Johannes des Täufers über diese herrliche Person, die im Fleisch kam, erwähnt. Der Eine, der voll Gnade und Wahrheit ist, nimmt in der Zeit einen weitaus höheren Platz ein als Johannes, da Er bereits vor ihm war, nämlich von Ewigkeit her.
Verse 16.17: Denn aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade. Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.
Doch die Fülle der Gnade, die in Christus war, zeigte sich nicht nur, als das Wort Fleisch wurde und unter uns wohnte, sondern wir haben auch „aus seiner Fülle alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade. Christus war nicht nur auf der Erde, um Gnade in sich selbst darzustellen, sondern auch um Gnade an andere weiterzugeben, und das überreichlich, nämlich: „Gnade um Gnade
. Das Gesetz wurde durch Mose gegeben: Es forderte vom Menschen, was er sein sollte – gegenüber Gott und gegenüber dem Nächsten. Die Gnade, die durch Jesus Christus gekommen ist, bringt dem Menschen dagegen Segen, und zwar so, wie er es nötig hat. Dabei hält sie die Wahrheit über das, was Gott in seiner unendlichen Heiligkeit ist, vollkommen aufrecht.
Vers 18: Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist, der hat ihn kundgemacht.
Gott wird in seiner ganzen Fülle bekannt gemacht
„Das Wort wurde Fleisch" – damit wurde Gott vollständig offenbart. Zur Zeit des Alten Testaments hatte Gott sich nur teilweise kundgemacht: in seinen Kennzeichen als der Allmächtige oder als der Unveränderliche. Doch sein Herz konnte Gott erst offenbaren, als der Sohn kam. Kein Mensch war groß genug, um Gott kundzumachen. Niemand, außer einer göttlichen Person, konnte Ihn als göttliche Person offenbaren, denn „niemand hat Gott jemals gesehen." Der eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist, hat den Vater kundgemacht – so wie Er Ihn kennt. Jemand hat einmal gesagt: „Hier wird nicht nur seine Herrlichkeit auf Erden beschrieben, sondern das, was Er im Schoß des Vaters in der Gottheit war, ist und immer sein wird. So hat Er uns Gott kundgemacht."
Das dreifache Zeugnis Johannes des Täufers
Johannes 1,19–37
Nach den einleitenden Versen gibt uns das Evangelium jetzt ein bemerkenswertes Zeugnis über Christus: Zunächst an drei aufeinanderfolgenden Tagen durch Johannes den Täufer und dann durch den Herrn selbst, ebenfalls wieder an drei aufeinanderfolgenden Tagen.
Das Zeugnis des ersten Tages, das Johannes erwähnt, ist Inhalt der Verse 19–28. Das Zeugnis des zweiten Tages finden wir in den Versen 29–34, es beginnt mit den Worten: „Am folgenden Tag sieht er. Das Zeugnis des letzten Tages steht in den Versen 35–37 und wird durch die Worte eingeleitet: „Am folgenden Tag stand Johannes wieder da
.
Das Zeugnis Johannes des Täufers, wie es uns im Johannesevangelium gezeigt wird, steht in einem bemerkenswerten Gegensatz zu seinem Zeugnis in den Berichten von Matthäus und Lukas. In diesen beiden Evangelien legt Johannes sein Zeugnis ab in der Gegenwart von Sündern, im Johannesevangelium dagegen in der Gegenwart des Sohnes Gottes. Bei Matthäus und Lukas spricht er als Prophet zu der Volksmenge, um ihr Gewissen zu erreichen und Menschen von ihren Sünden zu überführen; hier aber, in der Gegenwart einer göttlichen Person, spricht er als Anbeter. Bescheiden und mit einfachen Worten redet er von dem, dessen Sandalenriemen er nicht würdig ist, zu lösen. Bei Matthäus und Lukas bedrückt ihn die Schuld des Volkes; hier aber ist er von der Herrlichkeit Christi erfüllt. Christus ist für Johannes alles in allem; er selbst ist nur eine Stimme, die schon bald wieder verstummen wird.
Am ersten Tag ist das Ziel seines Dienstes, sich selbst zu verbergen und Christus groß zu machen. Das Thema des zweiten Tages ist die Herrlichkeit der Person Christi und die Größe seines Werkes, das der Not der Welt begegnet. Am letzten Tag seines Dienstes stellt er die Person Christi vor, wie sie das Herz eines Gläubigen erfüllt.
Der erste Tag des Zeugnisses durch Johannes den Täufer
Johannes 1,19–28
An diesem ersten Tag tritt Johannes in den Hintergrund. Er möchte Christus als den neuen Sammelpunkt seines Volkes vorstellen. Er will das Volk um Christus versammeln und so tauft er, um die Gläubigen von dem verderbten religiösen System jener Tage zu trennen. Schließlich wird deutlich, dass Christus von der religiösen Welt abgelehnt wird.
Verse 19–21: Und dies ist das Zeugnis des Johannes, als die Juden aus Jerusalem Priester und Leviten zu ihm sandten, damit sie ihn fragen sollten: Wer bist du? Und er bekannte und leugnete nicht, und er bekannte: Ich bin nicht der Christus. Und siefragten ihn: Was denn? Bist du Elia? Und er sagt: Ich bin es nicht. -Bist du der Prophet? Und er antwortete: Nein.
Alle diese Wahrheiten kommen in dem Gespräch zwischen Johannes und den Vertretern der Juden ans Licht. Die Priester und Leviten, die von Jerusalem gesandt sind, stellen ihm die Frage: „Wer bist du? Erfüllt von Christus entgegnet er: „Ich bin nicht der Christus.
Das ist eine bemerkenswerte Antwort, denn in der Frage ging es ja gar nicht um Christus. Es ist, als ob Johannes sagt: „Ihr seid zwar zu mir gekommen, aber ich bin nicht der, den ihr braucht. Ich bin nicht der Christus. Als treuer Zeuge weist er auf Christus hin und tritt selbst zurück. Je mehr er gezwungen wird, über sich selbst zu sprechen, desto kürzer werden seine Antworten. Sie fragen ihn: „Bist du Elia?
, er antwortet: „Ich bin es nicht; sie fragen: „Bist du der Prophet?
, er antwortet mit einem einzigen Wort: „Nein". Johannes tritt zurück, damit Christus hervortreten kann.
Verse 22.23: Sie sprachen nun zu ihm: Wer bist du? – damit wir denen Antwort geben, die uns gesandt haben. Was sagst du von dir selbst? Er sprach: Ich bin die „Stimme eines Rufenden in der Wüste: Macht gerade den Weg des Herrn", wie Jesaja, der Prophet, gesagt hat.
Auf die Frage: „Wer bist du? entgegnet er, dass er nur eine „Stimme
sei. Er ist nicht Elia, den Maleachi erwähnt; er ist auch nicht der Prophet, den Mose verheißt; er ist nur die Stimme, von der Jesaja gesprochen hat. Johannes lehnt es ab, den Platz als Sammelpunkt für das Volk Gottes einzunehmen, und er lehnt es ab, einen Namen anzunehmen, um sich selbst groß zu machen. Er will einfach nur eine Stimme sein, die dem Wort Gottes gehorsam ist und die von Jesus spricht. Und wo wird seine Stimme gehört? In einer Welt, in der es für Gott nichts gibt, und inmitten eines Volkes, das ohne Gottesfurcht ist.
Verse 24.25: Und sie waren abgesandt von den Pharisäern. Und sie fragten ihn und sprachen zu ihm: Warum taufst du denn, wenn du nicht der Christus bist noch Elia noch der Prophet?
Johannes will keinesfalls Menschen um sich scharen. Doch warum tauft er dann? Die Pharisäer wissen genau, dass die Taufe von Tod und somit von Trennung spricht, und nichts trennt so wie der Tod. Johannes tauft und will auf diese Weise Menschen von dem alten System trennen, damit sie dann an etwas völlig Neuem teilhaben können. Als die Pharisäer erkennen, dass Johannes es ablehnt, selbst Anführer oder Sammelpunkt zu werden, wollen sie wissen, wer das neue „Zentrum" sein könnte.
Verse 26–28: Johannes antwortete ihnen und sprach: Ich taufe mit Wasser; mitten unter euch steht einer, den ihr nicht kennt, der nach mir Kommende, dessen ich nicht würdig bin, ihm den Riemen seiner Sandale zu lösen. Dies geschah in Bethanien, jenseits des Jordan, wo Johannes taufte.
Johannes antwortet: „Ich taufe mit Wasser, das heißt: Wer sich um Christus versammeln will, muss sich von dem verderbten religiösen System dieser Zeit trennen. Dabei wird deutlich, dass diese Absonderung zwingend notwendig ist. Doch die religiösen Juden wissen Christus nicht zu würdigen: Er steht mitten unter ihnen – und ist ihnen doch unbekannt. Er ist nicht nur der Welt unbekannt, sondern auch den Priestern und Leviten aus Jerusalem. Doch dieser Unbekannte ist so groß, dass Johannes sagen kann, dass er nicht würdig sei, „ihm den Riemen seiner Sandale zu lösen
. Aber Christus ist nicht nur unbekannt, sondern Er befindet sich auch an einem Platz außerhalb, nämlich „jenseits des Jordan". So wird in diesem Evangelium Christus von Anfang an als der vorgestellt, der vom Volk verworfen ist und der sich außerhalb an einem Ort der Schmach aufhält.
Daran hat sich bis heute nichts geändert: So wie Christus von der religiösen Masse des Volkes in den letzten Tagen des Judentums behandelt wurde, so wird Er auch heute von den religiösen Bekennern in den letzten Tagen der Christenheit behandelt. Einzelnen ist Er kostbar – doch den laxen religiösen Bekennern ist Er noch immer unbekannt. Noch immer steht Er außerhalb der verderbten religiösen Systeme, und noch immer ist Er der Verworfene. Das ist traurig, keine Frage, aber es braucht uns nicht zu überraschen, denn wir sind vorgewarnt: In der letzten Phase der Christenheit wird Christus draußen stehen, vor der Tür eines laxen christlichen Bekenntnisses (Off 3,20).
Der zweite Tag des Zeugnisses durch Johannes den Täufer
Johannes 1,29–34
Am ersten Tag bereitet Johannes also den Weg für den Herrn, indem Er sich