Der Tote auf der Koppel
Von A. T. Gudnis
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Der Tote auf der Koppel - A. T. Gudnis
Der Tote auf der Koppel
von A. T. Gudnis
Der Tote auf der Koppel
von
A. T. Gudnis
Copyright 2018 A. T. Gudnis
Alle Rechte vorbehalten
Autor:
A. T. Gudnis
angie171921@freenet.de
ISBN: 978-3-96376-190-4
Inhalt
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Mysteriöser Todesfall in Feldkirchen
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Für meine Tochter Maximiliane,
die mit mir den Gedanken für diesen Krimi entwickelt hat.
Kapitel 1
In der Notrufzentrale läutete das Telefon. Der zuständige Einsatzbeamte hob den Hörer ab und meldete sich:
„Notrufzentrale! Um was handelt es sich?"
Am anderen Ende der Leitung war nervöses Atmen zu hören. Dann platzte eine weibliche Stimme heraus: „Auf meiner Koppel liegt ein toter Mann!"
Der Einsatzbeamte schüttelte kurz den Kopf: „Wie, bitte!"
„Auf meiner Koppel liegt ein toter Mann! Bitte, was soll ich denn jetzt tun?"
„Jetzt bleiben sie erst mal ganz ruhig. Wie ist ihr Name?"
Es war wieder ein gestresstes Nach- Luft- Schnappen zu hören:
„Angelika Scherm, bitte, was soll ich denn jetzt tun, auf meiner Koppel liegt ein toter Mann!"
„Wo befindet sich ihre Koppel denn?"
„Oh, das ist kompliziet. In Neuburg direkt beim Flugplatz."
„Wie lautet denn die Adresse?"
„Hier gibt es keine Adresse, ich kann Ihnen nur beschreiben, wo es ist!"
Der Beamte am Telefon versuchte wieder, die offensichtlich sehr verwirrte Frau zu beruhigen.
„Schnaufen Sie erst mal tief durch und dann beschreiben Sie mir den Weg, damit ich einen Streifenwagen zu Ihnen schicken kann."
Angelika Scherm atmete ein paar Mal tief durch, ohne Erfolg. Das Schwirren im Kopf wurde nicht weniger. Aber sie wurde sich darüber klar, was gerade mit ihr passierte. Adrenalin – sie hatte einen Adrenalinschub, der sich gewaschen hatte. Damit konnte sie etwas anfangen. Sie setzte alle mühsam erlernten Methoden, zurück zur Klarheit zu finden, ein.
Durchatmen, focusieren, nachdenken, handeln…
Jetzt konnte sie eher entscheiden, was sie sagen musste, um dem Mann am anderen Ende der Leitung die Situation zu erklären.
„Ich bin gerade im Stall angekommen und habe die Pferde zum Füttern angehängt. Die waren irgendwie ein wenig durch den Wind, nervös und unsicher.
Da hab ich mir schon gedacht, dass heute Nacht wohl irgendwas passiert ist, was sie aus der Ruhe gebracht hat. Ich hab aber gedacht, ein Fuchs oder ein Marder wäre im Stall gewesen oder vielleicht hat der Wind ja heute Nacht etwas umgeworfen. Das geschieht schon mal.
Ich hab die Pferde also angehängt und ihnen das Futter hingestellt und dann bin ich über das Gelände gelaufen, um zu sehen, ob ich etwas entdecken kann. Und da liegt auf der Koppel irgendetwas rum.
Ich habe gedacht, da hat der Wind wohl eine Plane mitgenommen und auf meine Koppel geweht.
Ich mach mich also auf den Weg, um das Ding wegzuräumen. Da trifft mich fast der Schlag – DA LIEGT EIN TOTER MANN AUF DER KOPPEL!
Ich hab mein Handy genommen und beim Notruf angerufen und… ach, das wissen sie ja selbst!"
Jetzt war die Luft erst mal wieder raus. Angelika Scherm musste sich ausruhen.
Der Einsatzbeamte erkannt den Ernst der Lage und nutzte seine Chance:
„Wo liegt der Stall?"
Angelika blinzelte ein paar Mal nervös und versuchte sich zu konzentrieren.
„Wenn sie die Georgstrasse in Neuburg stadtauswärts fahren und dann gerade über die B16 fahren, kommt nach so 200 m eine Querstrasse, da müssen sie nach links abbiegen und nach 200 m kommt dann rechts ein kleiner Feldweg. Den müssen sie reinfahren, der endet bei meinem Stall!" kam es atemlos zurück.
„Sind Sie sicher, dass der Mann tot ist?"
„Na, der rührt sich jedenfalls keinen Millimeter und ziemlich blass sieht er auch aus, so aus der Entfernung besehen."
„Wie nah sind Sie denn dran? Würden Sie sich trauen, zu dem Mann hin zu gehen und den Puls zu fühlen?"
Wieder atmete Angelika Scherm tief durch, jetzt merkte sie langsam, dass der Druck im Kopf nachließ. Sie spürte auch den Wind wieder auf der Haut und fing wieder an, den Tag zu riechen.
„Also gut, seufzte sie, „ich geh hin und schau ihn mir genauer an!
Das Handy in der Hand, tastete sie sich langsam zu dem Mann vor. Die Füße fühlten sich ein wenig wacklig an und das Herz schlug laut. Der Druck im Kopf stieg wieder und das Schwirren kam zurück.
„Tief durchatmen, Bauchatmung und Angst geht nicht zusammen! Fest auftreten, lass Dir Zeit, noch ein Schritt und genau hinkucken, einmal den ganzen Körper entspannen!", machte sie sich selbst Mut.
Dann musste sie lachen: „Man könnte glatt glauben, du hast es mit einem Vierbeinigen Killer zu tun, so wie Du Dich aufführst. Das ist ein Mensch, der am Boden liegt und vielleicht Hilfe braucht. Jetzt fahr mal ein paar Gang runter und geh hin, vielleicht lebt der ja noch!"
Upps, das war dann doch nicht ganz der richtige Gedanke!
„VIELLEICHT LEBT DER JA NOCH!" Die Panik stieg wieder hoch.
„Hallo, sind sie noch da!" Die Pause war dem Polizisten am Telefon doch zu lang gewesen.
„Was ist, wenn der noch lebt?", hauchte Angelika in das Telefon.
„Dann müssen wir dafür sorgen, dass ihm schnellstens geholfen wird!" der Beamte wusste, dass nur Geduld in dieser Situation helfen würde, aber die aufzubringen, war nicht ganz einfach.
Wieder holte Angelika sich in Erinnerung, wie sie gelernt hatte, übermäßiges Adrenalin zu verarbeiten.
„Wer 600 kg- Pferde durch die Gegend scheucht, braucht vor einem bewußtlosen Mann keine Angst zu haben!" redete sie sich ein.
„Und vor einem toten erst recht nicht!"
„Na, vor dem toten Mann nicht, aber vielleicht vor dem Anblick eines solchen….?"
Ihr rutschte das Herz wieder in die Hosentasche, aber es half nichts. Sie musste nachsehen, ob der Mann Hilfe brauchte.
Langsam ging sie die letzten 5 m auf den am Boden Liegenden zu und kniete neben ihm nieder. Der Mann rührte sich nicht. Sie zog den Kragen seiner Jacke zu Seite und befühlte den Hals.
„Der ist schon kalt, ich glaube, da kommt jede Hilfe zu spät! Aber komisch riechen tut es hier noch nicht."
Im selben Augenblick, wie sie das aussprach, huschte ihr der Gedanke durch den Kopf, dass die Pferde das vielleicht anders beurteilen würden, und dass die wussten, wie der Mann auf die Koppel gekommen war und warum der jetzt tot da herum lag.
Langsam kämpfte sich die Stimme des Einsatzbeamten wieder in ihr Bewußtsein.
„Hallo, hallo? Sind sie noch da?"
„Ja, ja, ich bin schon noch da. Was soll ich denn jetzt tun?"
„Gehen sie erst Mal von der Leiche weg. Und gehen Sie bitte auch nicht mehr hin. Ich schicke ihnen einen Streifenwagen und einen Krankenwagen vorbei. Schaffen Sie das?"
Dem Polizeibeamten war klar, dass die Situation für Frau Schrem gerade nicht ganz einfach war.
„Ja, ja, das schaffe ich schon!"
Da fuhr ihr ein Schreck durch die Glieder. „Die Pferde, wie lange hängen die denn jetzt schon an ihren Futterplätzen!"
Wie viel Zeit war vergangen, seit sie auf die Koppel gelaufen war? Sie musste sie losbinden, aber wie sollte sie verhindern, dass sie auf die Koppel liefen?
„Na, wie immer – das Tor zumachen!", maßregelte sie sich selbst.
Angelika atmete wieder tief durch, um sich zu beruhigen, und schüttelte die Schultern, um lockerer zu werden. Die Anspannung wurde langsam anstrengend.
„Gott- sei- Dank, unter Adrenalin vergeht die Zeit langsamer. Das hatte sich nicht geändert. Es waren nur ein paar Minuten vergangen. Die Aufregung war umsonst. Alles war gut.
Nein, gar nichts war gut. Da liegt ein toter Mann auf der Koppel."
„Ich muss die Pferde jetzt losmachen, sonst zerlegt mir Marnie noch den Stall!", klärte sie den Beamten am Telefon auf.
„Nein, warten Sie bitte, bis der Streifenwagen bei ihnen ist und dafür gesorgt ist, dass keiner an die Leiche rankommt."
Ohne weiter zuzuhören, drückte Angelika das Gespräch weg und lief zurück in den Stall.
Die Pferde standen ruhig an ihren Plätzen und warteten darauf, dass sie losgebunden werden würden - bis auf Marnie, die sich ihren Po an der Wand schabberte. Das Pferd war echt nervig.
Die konnte keine halbe Stunde einfach warten.
Angelika ging wieder auf den Paddock hinaus und schloss das Tor zur Koppel, das sie vorhin zum Füttern erst aufgemacht hatte, wieder. Dann kehrte sie in den Stall zurück und atmete erneut tief durch.
„Jetzt keine Fehler machen, nicht aus Verwirrtheit noch mehr Schaden verursachen. Den Automatismus überprüfen, vor dem Handeln!!
Also, abbinden in der Rangfolge von unten nach oben – Struppel, Star, Lantana, Gräfin und als letzte Marnie. Wamba, der Neue, musste in der Isolationsbox bleiben, bis sie Genaueres wissen würde. Der konnte nicht mit den anderen auf den Paddock. Dann die Futterpötte einsammeln und raus bringen, die Tränke überprüfen, überprüfen, ob genug Heu in der Raufe ist…
Ich muss in der Arbeit anrufen, ich komme heute sicher nicht pünktlich… Ich komme heute wahrscheinlich gar nicht!"
Angelika merkte, wie sich Erschöpfung in ihr breit machte.
„Was jetzt?
Erst mal raus gehen und hinsetzen."
Und weiter atmen und weiter entspannen und versuchen zu verstehen, was da gerade passierte.
Da klingelte das Handy.
„Frau Scherm, geht es Ihnen gut? Das Gespräch war plötzlich weg."
Der Beamte aus der Notrufzentrale war wieder am Apparat.
„Ich habe die Polizeidienststelle Neuburg benachrichtigt. Es müsste gleich jemand bei ihnen auftauchen. Bleiben Sie bitte, von der Leiche weg und versuchen Sie ruhig zu bleiben, bis die Beamten bei ihnen sind. Die kümmern sich dann um alles. Der Krankenwagen ist auch schon unterwegs."
Der Mann machte sich scheinbar wirklich Sorgen.
Kapitel 2
Als Michael Wiesner von seinem Telefon aus einem traumlosen Tiefschlaf gerissen wurde, fuhr gerade ein Polizeiwagen mit Blaulicht und Sirene an dem Feldweg zu Angelika Scherms Pferdestall vorbei.
Er hatte den gestrigen Abend mit einem ausgiebigen Training auf dem Platz seines Fußballvereins und danach mit einem ausgiebigen Training in der Vereinsgaststätte verbracht. Entsprechend wachte er nur widerwillig auf. Aber das Telefon war hartnäckiger als sein Wunsch weiter zu schlafen.
Noch reichlich unkoordiniert tastete er nach dem Hörer.
„Ja, Wiesner!" nuschelte er in das Telefon und bemühte sich angestrengt, zu verstehen, was da am anderen Ende gesprochen wurde.