Ein Diamant, so groß wie das Ritz
Von Armin Fischer und F. Scott Fitzgerald
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Buchvorschau
Ein Diamant, so groß wie das Ritz - Armin Fischer
Impressum
Klappentext
Der junge John T. Unger, aus wohlhabender Familie, aber einem bedeutungslosen Provinzstädtchen im Süden stammend, besucht, zu Höherem berufen, ab seinem 16. Lebensjahr das Elite-Internat St. Midas in Neuengland. Dort lernt er einen merkwürdigen Jungen kennen, einen Außenseiter, jedoch mit hervorragenden Manieren und exquisiter Kleidung. Die beiden freunden sich an, und der Junge namens Percy Washington lädt ihn ein, bei sich zu Hause ›im Westen‹ die Sommerferien zu verbringen. Auf dem Weg dorthin weiht Percy ihn in ein unglaubliches Geheimnis ein. Sein Vater, so sagt er, sei der reichste Mensch der Welt, mit einem Diamanten, ›so groß wie das Ritz Carlton-Hotel ...‹
Der Autor: Francis Scott Key Fitzgerald (* 24. September 1896 in St. Paul, Minnesota; † 21. Dezember 1940 in Hollywood) war ein US-amerikanischer Schriftsteller. Schon sein erster Roman ›This Side of Paradise‹ machte ihn im Alter von 23 Jahren weithin bekannt. Gemeinsam mit seiner Frau Zelda Sayre führte Fitzgerald in den 1920er Jahren ein exzessives Leben, als typische Vertreter der ›Roaring Twenties‹, die man in Europa die ›Goldenen Zwanziger‹ nannte. ›Der große Gatsby‹ (1925) ist Fitzgeralds erfolgreichstes und wichtigstes Buch, das ganze Generationen von Autoren nach ihm prägte. ›Ein Diamant, so groß wie das Ritz‹ gehört zu Fitzgeralds bemerkenswertesten ›Fantastischen Novellen‹. – Fitzgerald starb 1940 im Alter von nur 44 Jahren an den Folgen zweier Herzinfarkte, die sicher auch seinem Alkoholismus geschuldet waren.
Ein Diamant, so groß wie das Ritz
Kapitel 1
John T. Unger entstammte einer Familie, die seit Generationen in Hades, einem Städtchen am Mississippi, sehr angesehen war. Johns Vater hatte in vielen verbissenen Kämpfen seinen Titel im Amateurgolf verteidigt; Mrs. Unger war »vom Gewächshaus bis zum Mistbeet«, wie man in dieser Gegend sagte, wegen ihrer politischen Ambitionen bekannt, und der junge John T. Unger, gerade sechzehn Jahre alt, war bereits in allen angesagten New Yorker Modetänzen versiert, ehe er lange Hosen trug. Und nun sollte er erstmals für geraume Zeit von zu Hause fort. Jene Hochachtung vor einem Studium in Neuengland, die das Trauma aller Provinzstädte ist, und sie Jahr für Jahr ihrer verheißungsvollsten jungen Männer beraubt, hatte plötzlich auch seine Eltern ergriffen. Einzig und allein das St. Midas-Internat bei Boston erschien ihnen angemessen – Hades war ein zu kleiner Ort, um ihren Liebling, ihren begabten Sohn, festzuhalten.
Nun sagen kaum jemandem in Hades die Namen der vornehmeren Internate und Colleges etwas – wie jeder weiß, der schon einmal dort war. Die Einwohner leben seit langem so weit hinter dem Mond, dass sie, obwohl sie stets betonen, in Bezug auf Kleidung, Manieren und Literatur ganz und gar auf dem neuesten Stand zu sein, bei diesen Dingen auf Hörensagen angewiesen sind; und ein gesellschaftliches Ereignis, das man in Hades als ›absolut unübertrefflich‹ bezeichnet hätte, wäre einer Chicagoer Fleischprinzessin gutmöglich ›ziemlich schäbig‹ vorgekommen.
Es war der Abend von John T. Ungers Abreise. Mrs. Unger stopfte in mütterlicher Unbedarftheit seine Koffer mit Leinenanzügen und elektrischen Heizgebläsen voll, während Mr. Unger seinem Sohn eine prall mit Geldscheinen gefüllte faserbezogene Brieftasche schenkte.
»Denk daran, du bist hier jederzeit willkommen«, sagte er. »Du kannst dich drauf verlassen, Junge, dass wir das Herdfeuer für dich nie ausgehen lassen.«
»Ich weiß«, erwiderte John mit belegter Stimme.
»Vergiss nicht, wer du bist und woher du stammst«, fuhr sein Vater stolz fort, »dann kann dir nichts passieren. Du bist ein Unger – aus Hades.«
Der ältere Mann und der junge gaben einander die Hand, und John ging davon, während ihm die Tränen aus den Augen liefen. Nach zehn Minuten hatte er das Städtchen hinter sich gelassen und hielt an, um einen letzten Blick zurückzuwerfen. Der altmodische viktorianische Wahlspruch über dem Stadttor erschien ihm plötzlich anheimelnd. Sein Vater hatte immer wieder versucht, ihn durch etwas Schwung- und Kraftvolleres ersetzen zu lassen, etwas wie »Hades – Deine Chance«, oder auch durch ein einfaches Schild »Willkommen« über einem elektrisch beleuchteten kraftvollem Handschlag. Das alte Motto sei doch ein wenig deprimierend, fand Mr. Unger – aber nun ...
So blickte John ein letztes Mal zurück und richtete dann den Blick entschlossen nach vorne. Beim Zurückschauen leuchteten ihm die sich am Himmel spiegelnden Lichter von Hades in warmer und leidenschaftlicher Schönheit.
*
St. Midas liegt eine halbe Stunde Autofahrt von Boston entfernt, jedenfalls, wenn man sie in einem Rolls-Pierce¹ zurücklegt. Die wirkliche Entfernung wird man wohl nie erfahren, denn jeder außer John T. Unger ist dort noch in einem Rolls-Pierce angekommen, und wahrscheinlich wird das auch für immer so bleiben. Denn St. Midas ist das teuerste und exklusivste Jungen-Internat auf der ganzen Welt.
Die ersten beiden Jahre, die John dort verbrachte, vergingen wie im Fluge. Die Väter der Jungs waren allesamt schwer reich, und in den Sommerferien besuchte John seine Freunde in den elegantesten Badeorten. Er mochte die Jungs wirklich gern, nur ihre Väter