Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Tantra für Genießerinnen
Tantra für Genießerinnen
Tantra für Genießerinnen
eBook425 Seiten6 Stunden

Tantra für Genießerinnen

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Sex ist eine Kunst, die gelernt sein will …
"Tantra für Genießerinnen" regt Frauen an, sich auf spielerisch-lustvolle Weise (wieder) mit ihrer Sexualität zu beschäftigen und ihre Sinnlichkeit zu kultivieren.
Einem Einführungsteil folgt eine Vielzahl praktischer Übungen für Frauen allein oder zu zweit, die das Ziel haben:

• die Sinne zu verfeinern
• die Sensibilität zu steigern
• Empfindungen zu intensivieren
• mögliche Stolpersteine auszuräumen
• das (sexuelle) Selbstbewusstsein zu stärken
• Begegnungen mit anderen Frauen lustvoller zu gestalten
• die Beziehungsfähigkeit zu fördern und
• die spirituelle Dimension unserer Sexualität zu erkunden.

Ein Buch mit vielfältigen Anregungen für die kleinen Ekstasen im Alltag wie auch für ganz besondere Gelegenheiten.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum16. Sept. 2016
ISBN9783959172028
Tantra für Genießerinnen

Ähnlich wie Tantra für Genießerinnen

Ähnliche E-Books

Körper, Geist & Seele für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Tantra für Genießerinnen

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Tantra für Genießerinnen - Christa Schulte

    cover.jpg

    FRAUEN IM SINN

    img1.jpg

    Verlag Krug & Schadenberg

    Literatur deutschsprachiger und internationaler

    Autorinnen (zeitgenössische Romane, Kriminalromane,

    historische Romane, Erzählungen)

    Sachbücher und Ratgeber zu allen Themen

    rund um das lesbische Leben

    Bitte besuchen Sie uns: www.krugschadenberg.de.

    Christa Schulte

    Tantra für Genießerinnen

    Anregungen für den Genuss der Vielfalt lesbischer Erotik und Sexualität

    K&S digital

    Für Helga

    Liebe in ihren vielfältigen Formen ist alles, was zählt.

    Und Sex ist die intimste und kraftvollste Art, sie zu fühlen und auszudrücken.

    Dank

    Danken möchte ich so vielen, die direkt oder indirekt an diesem Buch beteiligt waren, dass ich nicht alle namentlich nennen kann.

    Mein größter Dank geht natürlich an Helga, die mich über mehr als zwanzig Jahre mit all ihrer Liebe begleitet hat, immer wieder neue Lustvariationen mit mir erfunden hat und damit auch meine Lust am Schreiben dieses Buches hat fließen lassen.

    Viele der Spiele und Übungen sind meine Versionen von Übungen und Ritualen aus dem SkyDancing von Margot Anand, Eva Szabo und Aman Schröter, aus dem Tao der Frau von Maitreyi Piontek und aus dem Quodoushka der Cheroquee-Frauen. Diese PionierInnen haben zudem meine eigene Entwicklung entscheidend beeinflusst.

    Mein Dank geht an alle, von denen ich lernen konnte, meine Lust zu leben, besonders da, wo Lernen und Lehren miteinander verwoben waren. Das gilt nicht nur für meine LehrerInnen, sondern auch für all die SchülerInnen, KlientInnen, SupervisandInnen, KollegInnen, ZuhörerInnen und wohlwollend-kritischen Begleiterinnen. Dazu zählt insbesondere meine Assistentin und Organisatorin Maria Kennerknecht, deren Ideen und Kritiken mir wertvoll sind.

    Konkret geholfen »dranzubleiben« haben mir Renate Kösling, Marianne Sörensen und einige andere Freundinnen, Claudia Kroll beim Schreiben, Ingelore Hagel mit Tipps und guten Ratschlägen und meine mir eigene, von meiner Oma aus dem Sauerland übernommene Kombination aus Lust und Disziplin.

    Ein erleichterter Dank geht auch an Andrea Krug und Dagmar Schadenberg, die als Verlegerinnen ein gutes Gespür dafür haben, worauf es mir wesentlich ankommt, die in der gestalterischen Umsetzung kreativ und sorgfältig vorgehen und die mir sogar Kürzungsvorschläge an der Schmerzgrenze so diplomatisch vermittelt haben, dass ich sie akzeptieren konnte.

    Inhalt

    Einleitung

    Weibliches Wissen über weibliche Lust erwerben

    Was verstehe ich unter weiblicher Sexualität, und was ist das Lesbische daran? • Wozu brauchen wir »Anleihen« bei anderen Kulturen? • Quodoushka • Tantra • Ursprünge des Tantra • Was hat das heutige Tantra uns Frauen an Wachstumsmöglichkeiten zu bieten? • Brauchen Frauen sexuelle Vorbilder?

    Das eigene Erleben kennen und wichtig nehmen

    Einige Thesen zur gelebten und phantasierten Sexpraxis • Prinzipien kultivierter, eigensinniger Sexualität

    In Beziehung gehen heißt in Liebe sein

    Sexuelle Selbstliebe • Lesbische Liebe als eine Form von Selbstliebe • Lesbische Beziehungsrealitäten • Asexualität • Sex-Normen • Zwischen Leidenschaft und Kuschelsex • Nähe und Distanz • Liebe, Macht und Anerkennung

    Im eigenen Körper zu Hause ankommen

    Schönheit und sexuelle Attraktivität • Körperlichkeit und Selbst-Bewusstsein • Was macht die Lust denn wo? • Orgasmus und Ekstase • Der Zustand der Ekstase • Kleine Chakrenkunde

    Spielen und Üben

    Einstimmungen

    Das kluge Störungsmanagement

    Die Würdigung der Unlust

    Die sechs Schlüssel zu den Türen körperlicher Lust

    Abschütteln des Alltags und Ankommen im eigenen Körper

    Im Schoß von Mutter Erde

    Das innere Lächeln

    Der Kamelritt zu Bremen

    Die Kraft der Tigerin

    Meditation der wilden Feuerfrau

    Die tanzende Drachenfrau

    Zaubermittel der Lust: Aphrodisiaka

    »Sex beginnt im Kopf« – und da liegen auch die ersten Stolpersteine ...

    Abschied von der Selbstbegrenzung des jungen Mädchens

    Fünf Fragen zur Übernahme sexueller Selbstverantwortung

    Sexuelle Energie als Heilkraft

    Phantastisches im weiblichen Hinterkopf

    Kreative Trance-Reise zur idealen inneren Geliebten

    Erotische Verabredung

    Phantastische Selbsterregung

    Mit der Delphinfrau durch die Tiefe des Meeres

    Anregungen für die wild-zarte Spielerei mit sich selbst

    Die Kunst des Schnaufens

    Sexuelles Atmen

    Die innere Flöte öffnen

    Herzerfreuung

    Spiele und Übungen für zwei

    Stress aus ihr herausziehen

    Sich wohlig plattmachen lassen

    Gefühle loslassen

    Löwin – Sau – Mücke

    Tanz der Dämoninnen

    Überfüllte Liebeslager leeren

    Stöhnende Yoni und lachender Bauch

    Der Mut, sich zu zeigen

    Das Wesen im weiblichen Schoß sprechen lassen

    Körperlandkarte der Liebe

    Sexuelle Speisekarte

    Körperbemalung von hinten durchs Herz nach vorn

    Tanz der Hände

    Die Chakrawelle

    Einschwingen in den Zustand der Verschmelzung

    Der Liebessitz des Yab-Yum

    Hingabe ohne Wenn und Aber

    Massagen, die es in sich haben

    Drücken statt Reden

    Brustmassage der genüsslich-selbstgenügsamen Frau

    Brustmassage der wohlig-bequemen Frau

    Herzerfreuung im Dreiklang

    Kundalini-Massage

    Rituale zur Transformation

    Ritual zur Erweckung der Sinne

    Rosenritual

    Frauendemo zweier Yonis

    Selbstlieberitual in Gegenwart einer anderen

    Königinnenspiel

    Lesben-Hoch-Zeit

    Liebesspiele für die Expansion von Liebesenergie

    Feueratemorgasmus

    Rosetten-Rosen-Massage

    MMM: Magische Muschelmassage

    Ekstatische Gipfelerfahrungen

    Wellen der Glückseligkeit

    Sexmagische Kunstfertigkeiten

    Lust als Weg der Meditation

    Weibliche Visionen der Freude

    Vollmondmeditation

    Meditation der Liebe zu sich selbst

    Anhang

    Musikalische Klangteppiche und Energiespritzen

    Anregende Literatur

    Sinnliches und Praktisches

    Die Autorin

    Kurse und Playshops

    Einleitung

    Sex ist eine Möglichkeit, Liebe und Leidenschaft, Zärtlichkeit und Verbundenheit zu erfahren und auszudrücken. Sex ist auch eine Möglichkeit erwachsener Frauen, zu spielen, sich unmittelbar körperlich zu erleben und sich und anderen nah und lustvoll zu begegnen. Sex als eine Ausdrucksform von Frauenliebe lässt sich kultivieren, und zwar vor allem durch Spielen, Probieren und Üben.

    Das Spielen und Probieren ist meist beliebter als der Aspekt der Übung. Er wird – ich finde, fälschlicherweise – mit Leistungsdruck, Schulgymnastik und langweiligen Wiederholungen assoziiert. Wenn wir eine Ballettänzerin feengleich über die Bühne schweben sehen, wissen wir – wie berührt wir auch sein mögen –, dass sie mindestens acht Stunden täglich hart trainiert, sprich: übt. Ihr Können bezeichnen wir dann als Kunst.

    Liebevolle, lustvolle, kreative und möglicherweise sogar spirituelle Sexualität ist ebenfalls eine Kunst, und die kommt neben einem hier zu vernachlässigenden Talent von der Lust auf Liebe und Selbstausdruck, von Probieren, Üben und schließlich von Können. Und dies, obwohl nicht einmal »hartes« Training nötig ist! Doch wie soll ein Orgasmus seine Tiefe und Länge bekommen, wenn sich die Beckenbodenmuskulatur noch im »Dornröschenschlaf« befindet?

    Dieser Aspekt wird von Frauen gern verleugnet, weil »es mit Liebe schon gutgehen wird«. Dahinter verbirgt sich oft ein entfremdetes Verhältnis zum eigenen Körper und der Glaube, dass die andere schon wortlos spüren werde, was frau braucht, und dass der Orgasmus von der Liebe und Fingerfertigkeit der anderen abhänge. Das kann rasch zu Enttäuschungen führen. Und überhaupt – was ist mit der sexuellen Selbstliebe? Mit neuen sexuellen Begegnungen, bei denen ihr einander noch nicht gut kennt? Liebeskunst ist erlernbar, und Übung kann Spaß machen!

    Neben Übung erfordert die Weiterentwicklung lesbischer Sexualität gelegentlich auch bewusste Konzentration und manchmal sogar Disziplin. Was diese Begriffe aus dem Leistungsbereich hier zu suchen haben? In unserer lust- und ekstasefeindlichen Gesellschaft allgemein, in der Geschäftigkeit des Alltags, in der emotionalen Schwankungsbreite von Liebesbeziehungen, Affären und Flirts gibt es eine Fülle an äußeren Störfaktoren, die gerade in der Phase beginnender Erregung die schöne Stimmung im Nu zerstören können. Noch schwieriger im Umgang sind die inneren Störfaktoren in Form von Stressgedanken, Bewertungen, Beurteilungen, Plänen usw. Die Fähigkeit, die äußeren und inneren Störfaktoren in schlichte Begleiterscheinungen beim Liebesspiel umzuwandeln, ist durchaus erlernbar.

    Viele Frauen warten jahrelang auf den Augenblick, da sie mit Hilfe von Psychotherapie, Meditation, Wohnraumgestaltung nach Feng Shui, perfekter Musikbegleitung und natürlich der sensiblen, vollkommenen Geliebten endlich in der Lage sind, heiter und gelassen auf Störungen jeglicher Art zu reagieren bzw. ihnen hundertprozentig vorzubeugen. Ich hingegen beschloss eines Tages, es mit Sex nicht erst auf dem Sterbebett zu probieren (wer weiß, ob die Störungen nicht gerade da überhand nehmen?), sondern schon vorher zu versuchen, meine Lust zu kultivieren – auch wenn es nicht immer vollkommen gelingen sollte. Das auf diesem Wege manchmal systematisch, manchmal »nebenbei« erworbene Wissen möchte ich hier weitergeben – gewürzt mit einem Schuss augenzwinkernder Spielfreude der unzähmbar wilden Frau.

    Dieses Buch ist in erster Linie für frauenliebende Frauen geschrieben, doch ich bitte neugierige Frauen mit anderen Identitäten, sich eingeschlossen zu fühlen. Es ist weder ein Buch über sexuelle Störungen noch über Sexualtherapie, noch über die romantische Form der Liebe. Vielmehr möchte ich die Leserin zum spielerischen Experimentieren mit sich und anderen ermutigen. Außerdem möchte ich – gerade Frauen, die sich (noch) scheuen, an einem Tantrakurs teilzunehmen oder sowieso lieber exklusiv für sich probieren wollen – einen kleinen Einblick geben in die Vielfalt der Wege, die eigene Sexualität weiterzuentwickeln, zu kultivieren und durch sie zu meditativen Zuständen zu gelangen. Dazu nehme frau ein bisschen ungestörte Zeit für sich, eine bequeme Lage, vielleicht ein leckeres Getränk und vor allen Dingen: kindliche Neugier, pubertäre Experimentierlust und erwachsene Sehnsüchte.

    Dies ist kein Buch, das von vorn bis hinten gelesen werden muss – es soll anregen, der inneren Chaotik, der Neugier, dem Fluss der eigenen Energie zu folgen. Dies gilt insbesondere für Teil 2, die Spiele und Übungen, die sowohl längere Rituale enthalten (z.B. um die lesbische Liebe zu feiern) als auch kürzere Anregungen für die kleinen Ekstasen im Alltag.

    Viel Vergnügen beim Spielen und Üben!

    Weibliches Wissen über weibliche Lust erwerben

    Was verstehe ich unter weiblicher Sexualität und was ist das Lesbische daran?

    Damit die Leserin sich meinem Denken zuneigt, möchte ich mein sexuelles Grundverständnis kurz umschreiben: Weibliche Sexualität ist die Gesamtheit dessen, was Frauen sich unter Sexualität vorstellen, auch wenn sie nur einen Bruchteil davon fühlen und (er-)leben. Diese bewusst allgemeine Definition lässt sich nur subjektiv »mit Fleisch füllen«. Hier ein Beispiel für meine derzeitige subjektive Definition in Form der Benennung von Polen, zwischen denen sich das Pendel sexueller Energie bewegen kann:

    Weibliche Sexualität ist:

    prickelnde Lust und schleichende Unlust

    unbezähmbares Begehren und plötzliches Abgestoßensein

    hemmungsloser Kontrollverlust und perfekt kontrolliertes Machtspiel

    süße Erregung und hingebungsvoll milde Erschlaffung

    liebende Begegnung und orgastische Selbstbezogenheit

    vorsichtige Sanftheit und aggressive Bodenakrobatik

    spielerische Erotik und herzhafter Zugriff

    Hochspannung im selbst-bewussten Grenzerleben und kosmische Verschmelzung mit der Welt

    glucksendes Glück und namenloser Schmerz

    viele kleine Tode und neugeborenes Leben

    Hiermit möchte ich jedoch nicht etwa Gegensätze postulieren, wo keine sind, sondern Spannbreiten möglicher Pendelbewegungen aufzeigen. Wenn wir bedenken, wie viele persönliche Lebensgeschichten, wie viele gewachsene Begegnungs- und Beziehungsstrukturen, wie viele unterschiedliche Situationen und Kontexte diesen Beschreibungen ihren unverwechselbaren Charakter geben können, wird einmal mehr deutlich, wie nötig subjektive Definitionen sind, um unsere Erfahrungen angemessen zu beschreiben und den sogenannten »objektiven« Definitionen, die vom männlichen Blick geprägt sind und immer Fremdzuschreibungen bleiben werden, das Wasser abzugraben.

    Und das Spezielle an der lesbischen Sexualität? Lesbische Sexualität ist die Potenzierung weiblicher Sexualität im Spiegel der Ähnlichkeit – das Spiel mit den feinen Unterschieden auf der Grundlage einer ähnlichen Art zu denken und zu fühlen.

    Wozu brauchen wir »Anleihen« bei anderen Kulturen?

    Sexuelle Energie lässt sich konzentrieren und ausdehnen und so entweder als allgemeine Lebenskraft nutzen oder auf verschiedene geistige und spirituelle Ebenen übertragen. Sexuelle Energie ermöglicht die Überwindung der geistigen Dimension der Dualität. Das aber ist gerade für uns Frauen nötig, um das patriarchale polare Spaltungsdenken in uns in eine kreisförmige, eine spiralige Form des Denkens, Fühlens und Handelns zu verwandeln, so dass das alte patriarchale Prinzip »Teile und herrsche« in unserem Sein keine Grundlage mehr findet. Hierzu sind Frauen in unserer Gesellschaft meist eher in der Lage als Männer, weil sie – wenn ihre Schmerzblockaden nicht zu stark sind – oft die Verbindung von sexueller Energie mit anderen Energieformen (z.B. Liebesenergie auf der Herzebene oder Strömungsenergie aus dem Bereich tiefer Bauch-Gefühle) und dadurch nicht nur tiefere und ausgedehntere Orgasmen erleben können, sondern auch leichter Transformationen zuzulassen vermögen.

    Diese Fähigkeit, sexuelle und andere Gefühle spielerisch wie schöpferisch zu gestalten und sie zu transformieren (z.B. in Zustände tiefer Verbundenheit mit allem Lebendigen) ist eine Grundlage weiblicher Identität, Schönheit und Macht. Diese Macht beginnt mit der Befreiung von allem, was Macht über eine Frau ausübt, selbst von der sexuellen Anziehung und der Blindheit der frühen Verliebtheit. Jenseits all dieser sich bewegenden Energien gibt es einen Punkt der Ruhe, einen Raum, der still und leer ist. In diesem Raum zu sein bedeutet, sich in einem Zustand stiller Ekstase zu befinden. Daraus entsteht klare, ruhige Selbst-Bewusstheit im All-ein-Sein wie auch im Kontakt mit anderen. Es bedeutet also nicht Rückzug aus der Welt, bedeutet nicht ein Zurückweisen politischer Verantwortung zugunsten privater Vergnügungen auf dem neu bezogenen Futon: Wenn wir die spirituelle Dimension, also den in alle Richtungen expansiven Charakter unserer Lust nicht nur im Stadium der frischen Verliebtheit, sondern ständig wichtig nehmen, können wir nicht umhin, uns täglich (gemeinsam) für Zeiten und Räume einzusetzen, in denen weibliche Lust als treibende Kraft unserer Lebendigkeit lebbar ist.

    Da in unserer westlichen Welt weder herrschende Ideologien noch Religionen die transformatorische Kraft der Lust wirklich ernst nehmen, machen wir »Anleihen« bei anderen Zeiten und Kulturen, um unser vorhandenes, jedoch verschüttetes Wissen wieder hervorzuholen. Natürlich müssen wir diese Anleihen kritisch betrachten und gegebenenfalls auch umgestalten, d.h. von ihren kulturellen Festlegungen lösen, um nicht etwa neue Unterdrückungsmechanismen weiblicher Sexualität »miteinzukaufen«. Aber dafür haben wir schließlich unseren feministischen Hinterkopf ...

    Quodoushka

    Quodoushka als indianische Lehre von der sexuell-spirituellen Lebensenergie wurde von den Cheroquee-Frauen als Philosophie, als Aufklärungsunterricht und als eine Folge von Ritualen und Übungen entwickelt und erst in den letzten Jahren im Zuge des drohenden Aussterbens dieses Volkes und damit ihres uralten Wissens an Weiße weitergegeben. Der Begriff »Quodoushka« bezeichnet die spirituelle Energie, die entsteht, wenn zwei »Chuluaques«, zwei Lebenskraftenergien, zusammenkommen und gemeinsam eine neue Energiequalität bilden. Bezeichnend für die Offenheit dieser Lehre ist, dass diese beiden Lebenskraftenergien nicht »naturnotwendig« zu verschiedenen Geschlechtern gehören müssen. Vielmehr gehen die Cheroquee-Frauen davon aus, dass das Weibliche immer das Männliche einschließt und nicht umgekehrt. Diese Verbindung zur Macht weiblicher Existenz ist jedoch mit wachsender Männermacht im Patriarchat immer mehr gerissen, so dass sogar die Frauen selbst ihren eigenen sexuellen Magnetismus und den der »Großmutter Erde« nicht mehr erkennen und würdigen können. Um weiteren Schaden von sich und der Natur abzuwenden, lehren die Cheroquee-Frauen, wie wir aus der Opferrolle heraustreten, dem inneren Kind in uns heilsam begegnen, unsere sexuelle Kraft wieder aktivieren und den sexuellen Magnetismus für uns selbst und die Förderung alles Lebendigen wirken lassen können. Quodoushka ist neben Tantra eine wesentliche Grundlage für dieses Buch.

    Tantra

    Ein für mich selbst wunderbarer Weg, Liebe und Sexualität als verbunden zu erleben und der Sexualität als einer Ausdrucksform für Liebe einen Raum für Kultivierung und Verfeinerung zu geben, ist das Tantra, besonders das von Margot Anand für uns westliche Gemüter entwickelte SkyDancing. Tantra bedeutet übersetzt Gewebe, Verbindung, Gespinst und Ausdehnung. Es ist ein Wort aus der Sprache der WeberInnen und bezeichnet den Schussfaden, also den Faden, der durch alle Kettfäden zieht und sie verbindet.

    Tantra bedeutet das vollständige Annehmen und miteinander Verweben all unserer Gefühle (auch der sogenannten »negativen«) und das Schaffen schöpferischer Verbindungen zu anderen Menschen. Das schließt eine Befreiung aus dem Gefängnis der Polaritäten und ein Transzendieren von sozialen und körperlichen Grenzen ein. Es bedeutet auch, mit dem zu beginnen, was da ist, und dieses dann in Richtung meiner Möglichkeiten zu erweitern. In tantrischen Ritualen aktivieren, verehren, feiern und kultivieren wir unsere sexuelle Kraft, leiten sie durch die innere Flöte der einzelnen Chakren bis hin zu unserer Krone und können dadurch einen Ausgleich von Geist und Materie, von Spiritualität und Emotionalität erreichen, d.h. also, Polaritäten auflösen. (Die Aufhebung von Polaritäten durch ihre bewusste Verbindung liegt mir besonders am Herzen, weil ich schon in meiner Mädchenzeit mit einer »Überdosis Katholizismus« große Sehnsucht hatte nach der Verbindung von Sexualität und Spiritualität, von unten und oben, von innen und außen, von mir und der Welt.)

    Konkret bedeutet dies, dass wir in einem geschützten, respektvollen Rahmen und einer kreativen, liebevollen Atmosphäre beginnen, unsere Sexualkraft zu aktivieren und unser ekstatisches Energiepotential durch Körperübungen, Massagen, Atemströmungsprozesse, Begegnungsspiele und Berührungen unserer Lustzentren freizulegen. Durch spielerischen Umgang mit dieser Energie lernen wir, sie zu halten, sie in verschiedene Richtungen zu lenken und sie immer freier zu verströmen. Dabei ist unser Herz die wichtigste Stelle zur Transformation von körperlich-emotionaler in spirituelle Energie. Wenn wir unsere sexuelle Energie (im engeren Sinne des Wortes) mit der Liebe des Herzens verbinden, wird der Weg gebahnt für eine dritte Energieform: die geistige und spirituelle Energie. Das ist die Energieform, die uns und unser Lebensfeld am feinsten, durchlässigsten und schnellsten durchströmt, die uns subtil und intensiv mit anderen verbinden kann und die oft die Grundlage für das Gebären neuer Ideen oder Lebensziele bildet. Wenn so die sexuelle Kraft über den Weg des Herzens in unseren Geist gelangt, bedeutet dies etwa, dass wir unsere ekstatischen Fähigkeiten z.B. in Form von tiefen Glücksgefühlen, klaren Visionen, Gefühlen der Liebe zu uns und zu anderen und von Öffnungen und Verbindungen zu kosmischer Energie erleben können. Damit wiederum vermögen wir eine Spiritualität zu entwickeln, die lebensnah und direkt erfahrbar ist. Der Weg des Herzens bewirkt eine Zusammenführung von Sexualität und Spiritualität, die eigentlich immer schon vorhanden ist – das Glück ist also im Grunde längst da. Wir können uns entspannen und darauf vertrauen, es schon zu finden.

    Die Krisen, die durch solche Glückserfahrungen als Gegensätze zu den vielfältigen Unterdrückungsformen einer frauen- und ekstasefeindlichen Gesellschaft entstehen müssen (z.B. wenn wir merken, wie schwierig es ist, im Alltag Bedingungen herzustellen, um solche Gefühle zu erleben), können durch ein insgesamt erhöhtes Energieniveau, durch starke Verbindungen von Lustfrau zu Lustfrau über erotische Gefühle und über ein tiefes Verstehen unserer selbst und der Welt in eine Richtung bewältigt werden, die für mich heißt: die Entwicklung einer selbst-bewussten, in sich ruhenden und sich selbst genügenden Weiblichkeit, die immer weniger von äußerer Anerkennung abhängig und immer stärker von liebenden Begegnungen und Beziehungen in einem weiten Raum und in einem zärtlichen Tempo geprägt ist.

    Tantra ist zum Beispiel

    ein feines Gewebe aus zarter Verbundenheit

    ein Tanz zwischen den Polaritäten

    ekstatische Fülle im Alltag

    ein Fest der Sinne

    die Erfahrung von Sinn über Sinnlichkeit

    ein Königinnen weg zur Macht der Liebe

    ein Schlüssel zum Herzen

    süße Verdichtung von Leidenschaft

    der herausforderndste und schnellste Weg zur Erleuchtung

    ein Medium der Verehrung von Frauen

    lustvolle Bewegung und süße Stille

    die Ausdehnung zwischen Himmel und Erde zu unserer wahren Größe

    die Kultivierung unserer Liebesenergie jenseits von alten Beziehungsmustern

    ein Weg der Heilung unserer Sexualität

    die ständige Geburt neuer Lebenskraft

    das Glück der Hingabe ans Leben

    eine Vielfalt an Ekstaseformen

    die Möglichkeit der Transformation existentieller Ängste

    die Macht der leisen Begegnung

    die Augenblickserfahrung von Ewigkeit

    Selbstliebe in Verbindung mit anderen Selbstliebenden

    eine sanfte oder stürmische Hilfe zur Erweiterung von Grenzen

    verspieltes Schwimmen im Meer der Lust

    eine Meditation der Liebe

    Luxusnahrung für die Haut

    die Erfahrung der Einheit von Uterus und Kosmos

    Wiederherstellung weiblicher Würde

    sich verzaubern lassen vom weiblichen Duft

    der Weg der Lotosblume durch den Schlamm zum Licht

    Ursprünge des Tantra

    Ein Beginn tantrischer Riten war der Zami-Kult, ein frauenzentrierter Sexualkult, der in Indien von den Frauen einer Geheimsekte als System der Yoni-Verehrung gegründet wurde. (Yoni ist der Name für das weibliche »Genital« mit all seinen Lustkörperteilchen wie Klitoris, Venuslippen, Venushügel, Lusttunnel, G-Punkt, Gebärmutter usw. Yoni ist aber weit mehr als ein Anatomiebegriff, und deshalb benutze ich diesen wohlklingenden Namen am liebsten: Es ist der heilige Ort der weiblichen Lust, der Schoß, der neues Leben gebiert, und der verehrungswürdige Ort der tiefsten Kraft der Frau.) In diesem Zami-Kult zur Erlangung von spirituellen, göttlichen Ebenen, der vermutlich weit über 3000 Jahre alt ist, wurden sexuelle Übungen für das Wachstum weiblicher Kraft von den älteren Frauen an die jüngeren weitergegeben. Dies lässt sich aus überlieferten Darstellungen von Frauen in sexuell eindeutigen Posen und Schriftstücken schließen, aus denen auch hervorgeht – wie die indische Archäologin Giti Thadani inzwischen nachgewiesen hat –, dass es sich um eine überaus lustvolle Art des Lernens gehandelt haben muss. Letztlich wurde der Zami-Kult vermutlich vom aufkommenden Patriarchat unterbunden, indem man den Frauen unter Androhung extremer Strafen (wie körperlicher Verstümmelung durch Abhacken der Füße) die Weitergabe ihres Wissens verbot. Später wiesen dann nur noch einige Geheimbegriffe auf diese kultischen Quellen hin: z.B. wurde das Herzzentrum »die Brüste der Schwester« genannt oder der meditierende Geist als »der Mutterschoß« übersetzt (und nicht wie heute oft üblich männlich assoziiert). Das heißt, auch in frühesten tantrischen Zeiten gehörte zu den weiblichen Kräften nicht nur die biologische Gebärfähigkeit, sondern auch die Fähigkeit, geistiges Leben hervorzubringen. Beide Fähigkeiten wurden nicht getrennt voneinander gesehen, sondern als das Mysterium der Frau angebetet und bildeten die Grundlage der Überzeugung, dass der Ursprung allen Lebens weiblich ist, und somit auch das erste Bild von Gottheit wie auch die ersten Paardarstellungen.

    Mit weiteren Entwicklungen von Buddhismus, Hinduismus und anderen Grundlagen des Tantrismus entstanden neue Sichtweisen und Bewertungen von Frauen und Männern bis hin zu den auch in heutigen, westlich geprägten Tantrismusformen eindeutig patriarchalen Darstellungen z.B. des tantrischen Verschmelzungssitzens zwischen Shiva (bzw. Buddha), dem männlichen Gott, als große, in sich ruhende Figur, und Shakti (bzw. seiner Dakini), der Verkörperung weiblicher Gottheit, die als winziges Frauenfigürchen auf ihm sitzt. Es geht hier zwar auch immer wieder im Sinne des Yin-Yang-Prinzips darum, dass jede Frau die männlichen Seiten z.B. in Form des Bildes eines inneren Geliebten – verkörpert durch ihren realen Geliebten – durch energetische Verschmelzung in ihre innere Identität integriert (und für die Männer entsprechend umgekehrt), Ausgangspunkt aber ist zunächst die Polarität. Hier ist wieder das alte patriarchale Prinzip am Werke, demzufolge Gegensätze zunächst geschaffen werden, um sie anschließend zu integrieren. Es wird ein Konsens gebildet über eine angeblich archetypische Gegensätzlichkeit zwischen Frauen und Männern, und diese plakativ vereinfachten polaren Eigenschaften werden stets aufs Neue ideologisiert und spiritualisiert. So wird eine Eigenschaft wie Angriffslust eher männlich konnotiert als z.B. mit dem weiblichen Archetyp der Amazone in Verbindung gebracht. Dieses Polaritätsdenken reduziert uns also zunächst auf die gesellschaftlich üblichen Frauenrollen, um uns dann durch die Verschmelzung – entweder direkt mit Männern oder mit männlichen Energieformen – wieder daraus zu »erlösen«.

    Viele Feministinnen, die durchaus offen für Impulse zu ihrer eigenen sexuellen Weiterentwicklung sind, finden den heutigen Trend zu tantrischen Workshops und Gruppen bedenklich, weil allein schon über die äußere Struktur von Ritualen heterosexistische Vorurteile und Einschränkungen weiblicher Rollen sichtbar sind. Wenn ich aber nicht an der Oberfläche bleibe, sondern mich einlasse auf tantrische Atmosphären, Übungen, Erfahrungswelten, die von weiblichem Wahrnehmen, Fühlen und Denken geprägt sind, kann ich als Frau eine derartige Stärkung, eine Verbindung mit anderen Frauen, eine Integration zu wenig gelebter Anteile und eine Transformation materieller in spirituelle Energie erleben, die klar frauenstärkend, frauenverbindend, frauenvernetzend wirkt und die anarchische Kraft unserer sexuellen Energie fördert. Das setzt selbstverständlich voraus, wirklich nur das zu akzeptieren, was das eigene Wachstum und die Entwicklung von Frauenkraft und Freiheit fördert – eine bewusste Gratwanderung zwischen Einlassen und Distanzieren, situativem Genießen und der Abgrenzung von vorschnellen Definitionen über die »weibliche Natur«, Geschlechterzuschreibungen usw. Doch auch eine zunächst sehr vorsichtige Gratwanderung kann sich in einen selbstbewusst erlebten Höhenweg verwandeln oder in eine wundersame Entdeckungsreise in ein weites Land, das den klassischen Vermessungen normativer Sexualität nicht entspricht ...

    Was hat das heutige Tantra uns Frauen an Wachstumsmöglichkeiten zu bieten?

    Tantra kann Frauen einen Weg bieten, die eigene Energetisierung und eine sich selbst bewusste Lebendigkeit nicht nur aus Aggression und Angstüberwindung zu beziehen, sondern

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1