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Nahe der Ferne: Kurzgeschichten über das Zugfahren
Nahe der Ferne: Kurzgeschichten über das Zugfahren
Nahe der Ferne: Kurzgeschichten über das Zugfahren
eBook257 Seiten3 Stunden

Nahe der Ferne: Kurzgeschichten über das Zugfahren

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Über dieses E-Book

Mit kleinen Beobachtungen beginnen große Geschichten, Schauplatz ist meistens der Zug. Denn dort denken Menschen zu oft, dass sie alleine sind und entblößen ihre tiefsten Ängste, Lieben und Gedanken - auch die Autorin. Die Kurzgeschichten bringen den Leser zum Lachen und Weinen, aber vor allem erinnern sie immer wieder an die Schönheit des Lebens selbst.

Eine Leserstimme: Das zu lesen weckt in mir immer das Gefühl, ich sollte mal ganz dringend in den Zug steigen und nach ganz weit Weg fahren. Diese gesunde Ladung Fernweh mit ein bisschen Lebensfreude ist eine schöne Abwechslung in diesen grauen Tagen!
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum30. März 2016
ISBN9783839109700
Nahe der Ferne: Kurzgeschichten über das Zugfahren
Autor

Johanna Kindermann

Johanna Kindermann erstellte dieses Buch als Bachelor-Arbeit ihm Jahr 2013. Sie studierte Online-Journalismus in Darmstadt. Für "Was Darmstadt erzählt" schrieb sie mit zahlreichen Darmstädtern, sprach Menschen von Obdachlosen über Marktschreiern bis hin zu Wissenschaftlern an.

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    Buchvorschau

    Nahe der Ferne - Johanna Kindermann

    Inhalt

    Der Zug des Lebens

    Der unkonventionelle Mann

    Der neuste Porno: Volle Fahrt hinein!

    Nach dem Essen: Zähneputzen vergessen

    Für euch ausprobiert: Der Nachtbus. Oh, doch nicht.

    Von Am-Arsch-der-Welt nach Frankfurt in vier Stunden

    Der alte Mann und sein Fluch

    Wie das Wort mich mitnahm

    Voll krasse Anmache, Mann!

    Serienkiller on Board

    Wolken, Licht und Wassa

    Bernd und Simone

    Dumm und schön

    Der Mensch und sein Herz

    Wie ich einen Cop entzweiteilte

    Me - The Remake

    Zwei Seeanemonen in der Strömung

    Da fährt ein Zug

    Das Ziel ist die Reise

    Der Geschmack von Kaffee

    Ein Geschenk zwischen Kaffee und Kuchen

    Zwei Männer sprechen über die Liebe

    Das Papierschiff

    Wie sie ihn anstrahlte

    Mein Stalker

    Vom Bleiben und Gehen

    Simone

    Das Ende von Catch the train if you can

    Der nicht angeleinte Mann

    Bob Marley und das Meer

    Manchmal, dann

    Die Pause des Baggerfahrers

    Das Leben? Eigentlich nicht.

    Die vergessene Sporttasche

    Lillis Sprung

    Kleine Schrittchen

    Der Moment in der Glasscheibe

    Bring mir ein Stück Afrika mit

    Das sind Bernd und Simone

    Thomas und Takashi

    Why do you always want to go somewhere?

    Eine Liebesgeschichte mit Ende

    Das Auto, ich und der Norden

    Jede Fahrt sollte in Alexandria enden

    Ein nackter David Beckham und die alte Frau

    Die Brücke nach Schweden

    Zwei leere Plätze

    Er, seine Frau und die frühere Geliebte

    Ohne Bett in Malmö

    Sag mal, Hanna

    Die Westküste Schwedens hoch

    Unsere gemeinsame Zugfahrt. Die Letzte.

    Der ku-Klux-Klan ohne Ticket

    Die eine diese jene Nacht

    Das Karottenmädchen

    Die Sitzplatzverteidigerin und mein Platz

    Rückkehr aus Schweden

    Die kleinen Schönheiten wie Gänsehaut

    Die Frau, die niemand wollte

    Die Sache mit der Dachluke

    Judiths Lachen

    Elf Stunden

    Das Lächeln des Selbstmörders

    Das Zitroneneis

    Kein Alles wird gut-Eintrag

    Ein zehnjähriger Busfahrer, eine Teetasse und das Nichts

    Berlin, eine Schreibblockade und Berlin

    In Berlin angekommen

    Der Dreck der Stadt an meinen Füßen

    Laut lesen am Moritzplatz

    Das Mädchen mit der Zeitung

    Das Mädchen mit der Zeitung in einer Parallelwelt

    Der hübsche Autor

    Von Paris nach Shanghai

    Die alte Frau und der Käfer

    Als nächstes Barcelona, bitte

    Hundert Briefe und die Äpfel

    Geschlossene Türen

    Wie es ist aus Berlin wegzufahren

    Die asoziale Hanna

    48 Stunden in der Bahn

    Bleib' hier

    Was Singen in der Bahn mit Angst zu tun hat

    Das Wiedertreffen nach zehn Jahren

    Schwarzfahren

    Wie ich mich fast mit einem Behinderten prügelte

    Bond, Hanna Bond

    Der Schal, der für mich auf Reisen geht

    Blutige Autofahrt mit Finger in der Tupperdose

    Das Zelebrieren von schlechter Laune

    Willkommen zurück im Leben einer Pendlerin

    Vater und Sohn

    Meine Heldin

    Die traurigen Frauen meines Abteils

    Schreiben in der Linie 3

    Heute, 22:15: Freunde mit Streichhölzern

    Frühstück mit Achterbahn

    Lernen zu bleiben

    Von Wahnsinnsweibern, Katzen und Rückwärtsgängen

    Auf den Schienen meiner Heimat

    Rum zum Frühstück und geklaute Zigarren

    Mit der Poolnudel gegen wilde Stiere

    Das Leben malen

    Erster Beitrag, in dem ich nicht unterwegs bin: Das Frühstück meiner Katze

    Sommerwind

    Book of Paintings: Complete Book of 5

    Wie ein Abschied sein sollte

    Flugzeugdunst statt Asphaltrisse

    Beim Laufen in den Himmel schauen

    Man nehme den nächsten Elefanten

    Berlin mit dem Fahrrad (oder: Google Maps, die Sau!)

    Tourismus für Extreme: Der Fahrradladen

    An einem fremden Ort

    Die Schnürsenkel-Philosophie

    Verwunschen

    Nachwort: Die Züge des Lebens

    Impressum

    Der Zug des Lebens

    Zugfahren ist überhaupt nicht wie das Leben. Beim Zugfahren weiß man, wohin man will und sogar, wo man dafür aussteigen muss. Ich liebe das. Man sitzt am Fenster und zieht an bunten Landschaften vorbei, dabei höre ich Musik -ich bin chronischer Musikhörer- und bekomme ein berauschendes Gefühl, eigenständig, unabhängig und frei. Weil ich gerade nichts machen muss, ich kann nur sitzen und warten. 

    Dabei sind Mitfahrer generell natürlich störend. Wenn ich mich nämlich diesen Gefühlswelten so aussetze, zeichnet sich das sehr deutlich in meinem Gesicht ab. Ich glaube, dass es sehr verrückt wirkt, wenn ich mit einem irren Grinsen vor mich hingluckse. Zugfahren ist entblößend. Wir denken nach und sind traurig; wir denken an alte Momente und unsere Augen leuchten. Und bei all dem vergessen wir hin und wieder, dass wir neben fremden Menschen sitzen, die uns manchmal beobachten, weil sie nur sitzen und warten können.

    Das ist mir unangenehm und ich setze mich immer am liebsten neben einen freien Sitzplatz, oder versuche nicht zu auffällig zu sein, wenn ich das Lied stumm, aber enthusiastisch mitsinge. Dabei ist es so spannend die vielen Menschen zu sehen mit ihren verrückten Freuden und Leiden, die sie ihr Leben lang begleiten. Wenn ich es mir recht überlege, ist Zugfahren vielleicht doch ein bisschen wie das Leben.

    Der unkonventionelle Mann

    Das letzte Mal schrieb ich über das Zugfahren: Ich liebe es. Ich muss mich korrigieren: Ich hasse es! Züge kommen nie pünktlich, nur wenn man spät dran ist und draußen Minusgrade einen daran erinnern, wie viel schöner es im Bett war. Mir ging es besser, als ich mich endlich auf einen Sitz fallen lies.

    Fast bekam ich gute Laune, als ich feststellte, dass ich die einzige im Abteil war, als sich ein Mann mir gegenüber setzte. Nicht nur in Hörweite oder sogar Sichtweite, er saß direkt mir gegenüber in einem sonst leeren Zug. Starrte er mich an? Ich war mir unsicher, vielleicht schaute er auch nirgends hin und blickte nur zufällig in meine Richtung. Es ist eine ungeschriebene Regel, sich, wenn möglich, weit genug weg zu setzen. Vielleicht war der Mann alt und hatte sich nur auf den nächstbesten Sitz fallen lassen?

    Ich lugte zu ihm rüber, aber er sah weder zu alt noch zu schwach zu sein, um meine Privatsphäre nicht respektieren zu müssen. Aus irgendeinem Grund traute ich mich nicht, ihn direkt anzuschauen, als würde ich damit zugeben, dass er mich störte. Also konnte ich nur versuchen aus den Augenwinkeln herauszufinden, ob er starrte. Vielleicht war er einer dieser Menschen, die ständig dringend Gesellschaft suchen. Er sah aber nicht so aus, als wolle er mit mir reden. Eigentlich sah er einfach aus, als sei ich nicht da und er warte auf seinen Zielort.

    Vielleicht war er blind? Nachdem ich mir die ganze Zeit den Kopf zerbrochen und mich dabei angestrengt hatte, so auszusehen, als beobachte ich die nasse Landschaft draußen statt ihm, musste ich umsteigen. Als ich am Bahnhof oben an der Treppe stand, sah ich ihn am Bahngleis stehen, neben einem Pärchen von 40 Jahren, obwohl das Gleis ansonsten genügend Platz bot, um für sich alleine zu sein.

    ielleicht interessierte er sich auch einfach nicht für Konventionen und zwang jeden dazu, darum zu beten, wenn er etwas möchte. Ich wachte aus meinem Gedankenuniversum auf und beeilte mich, zum Anschlusszug zu kommen. Ich hatte ihn nicht darum gefragt, woanders zu sitzen, noch war ich weggegangen, ich hatte es einfach ausgesessen. Jeder ist doch für sich selbst verantwortlich. Inwieweit gibt man auf andere Acht, inwieweit überlässt man sie ihnen selbst?

    Der neuste Porno: Volle Fahrt hinein!

    Es gibt Menschen, bei denen fühlt man sich einfach unwohl. Die können noch so nett und moralisch vertretbar sein, das geht einfach nicht. Beim Zugfahren sind das in Gruppen auftretende Pubertierende (meiner Meinung nach von neun bis 18 Jahren und von 45 bis 60 Jährige, aber dazu wann anders mehr), seltsam bis schlecht riechende Menschen, und Pärchen, die vergessen, wo sie sind. Auf letzteres traf ich gestern an, während ich angeheitert die U-Bahn nach Hause nahm. Schräg vor mir fiel mir mit allen Sinnen ein sich leicht daneben benehmendes Pärchen auf. Okay, das ist untertrieben: Sie (eine Riesin) saß auf ihm (das einzig riesige an ihm waren seine wandernden Hände) und ich hatte keine Probleme ihnen ab und zu bis tief in den Rachen sehen zu können. Ich litt. Ich wollte wirklich nicht gezwungen werden, mir das anzuschauen.

    Flucht!, schrie ich beinahe auf, aber während ich schon stand, bemerkte ich, dass ich keine Chance hatte.  Der Zugteil beinhaltete nur das Pärchen und mich als Zuschauer; und egal auf welchem Sitz ich auch saß, ich konnte sie sogar hören, sogar spühren, so penetrant war ihre Anwesenheit. Ich hätte an einer Haltestelle schnell rausspringen, zum nächsten Abteil rennen und dort wieder einsteigen können. Aber mit Sicherheit würde der Zug meinen Plan nicht durchschauen und weiterfahren, während ich noch am rennen war.

    Ich sollte anfangen, so zu  handeln wie ein Großteil der Menchheit: Ohne Gewissen. Ich würde die beiden mit meinem Handy aufnehmen und mir mit dem erpressten Geld eine Weltreise kaufen. Oder auf jedem Kontinent ein Haus. Ein noch größeres Geschäft könnte ich allerdings machen, wenn ich so meine eigene Pornofirma aufziehen würde. Das würde ich dann: Zug fährt ein! oder Volle Fahrt hinein! nennen und in meinem Kopf wurden die Häuser, die ich mir kaufen würde, immer größer.

    Während der kleine Mann mit den großen Händen seinem riesen Fang das Kleid hochschob, gelangten wir zu meiner Station. Ich hastete an ihnen vorbei zu Tür und sah beim Zurückschauen noch, wie er… Na ja, jedenfalls bin ich froh, doch keine Pornoproduzentin werden zu müssen. Gelegenheit dazu werde ich hoffentlich keine mehr bekommen.

    Nach dem Essen: Zähneputzen vergessen

    Mir gegenüber saßen zwei Jungs, der eine vielleicht zehn Jahre alt, der andere war eine zwei Jahre jüngere Version von ihm. Eigentlich sah ich sie gar nicht, ich hörte The Kooks und tanzte innerlich mit; als das Lied endete und der Ältere sich zu dem anderen lehnte und fragte: Wann hast du eigentlich das letzte Mal deine Zähne geputzt? Der Kleine ganz normal:Weiß nicht, und zuckte mit den Schultern, Vor zwei Tagen?

    Die Kooks spielten wieder, aber nachdem der Ältere auch mit den Schultern gezuckt hatte, schauten sie weiter stillschweigend nach vorne. Ich nicht, ich starrte sie an. Hatten sie das wirklich gerade gesagt? Oder hatte sich das mein Gehirn gerade ausgedacht?

    Für euch ausprobiert: Der Nachtbus. Oh, doch nicht.

    Ich will heim!, dachte ich und maschierte los, raus aus dem Club, zur Haltestelle der Nachtbusse. 13 Minuten, stand da, dann käme mein Nachtbus. Einer kam, nach meinem freudigen Aufsprung stellte ich fest, dass es nicht meiner war. Noch einer, nicht meiner. Bei der ganzen Warterei hatte ich eine wichtige Regel nicht beachtet:

    Es ist nicht garantiert, dass ein öffentliches Vekehrsmittel püntklich kommt, oder überhaupt, desweiteren fährt es nicht unbedingt zu dem Ziel, was angegeben ist oder fährt von dem angegebenen Ort ab.

    Als mein Nachtbus laut Anzeige in 0 Minuten kommen sollte, wurde ich nervös. Berechtigt, denn gerade fuhr er an mir vorbei ohne zu halten. Der nächste kommt in einer halben Stunde, das ist nicht schlimm, das ist nur das Doppelte von dem, was du eh schon hier sitzt, sagte ich mir in der Hoffnung, dass ich nicht anfange zu schreien.

    Ich schrie nicht, sogar dann nicht, als ich bemerkte, dass das der letzte Nachbus war. Ich musste die erste Straßenbahn nehmen. In 49 Minuten. Frankfurt, die Metropole, ha ha ha. Mit Leute beobachten versuchte ich mir die Zeit totzuschlagen. Da waren junge Mädels mit glitzernden, hohen Absätzen, die mit schmerzverzerrtem Gesicht und kleinen Schritten über die Unebenheiten des Asphalts krochen; da waren Blau-, Pink- und Lilahaarige; ein Betrunkener, der singend den Bordstein entlang balancierte (Respekt).

    Zehn Minuten später schaute ich wieder auf die Anzeige: 49 Minuten. Ich seufzte und schaute mir noch mal den Betrunkenen an, der jetzt singend auf den Straßenbahngleisen saß (Hey Jude, na na na naaah and make it bettaaaa!). Die blauhaarige Frau zerrte an seinem Ärmel, um ihn hoch zu kriegen. Viele Betrunkene später stieg ich unter Vögelgezwitscher in die erste Bahn des Tages und schließlich in mein Bett. Ich war zu müde, um mich über die Warterei aufzuregen, ich träumte schon von tanzenden, bunthaarigen Mädchen, die mit glitzernden Absätzen Hey Jude am Bahngleis grölen.

    Von Am-Arsch-der-Welt nach Frankfurt in vier Stunden

    Als mir im Ort Am-Arsch-der-Welt ein Fahrradfahrer zurief: Sie wissen, dass der Zug erst mal nicht kommt? Es hat einen Unfall gegeben, ein Auto liegt auf den Schienen, setzte ich mich in ein Café und trank einen Tee. Der nächste Zug sollte planmäßig eine Stunde später fahren und der Fahrradfahrer meinte noch, dass die Räumung wohl höchstens eine halbe bis dreiviertel Stunde dauern würde.

    Der Tee war schlecht, aber die Sonne war schön, ich war zuversichtlich. Bis ich wieder am Gleis stand und die Schranken erst erwartungsvoll runter und dann wieder ergebnislos hochschnellten . Ein Mädchen mit platinblonden Haaren wartete mit mir. Um ehrlich zu sein hat mich ihr Name nie interessiert, man entwickelt ein gewisses Desinteresse an den Eckdaten seiner Mitreisenden, daher nenne ich sie Blond.

    Ein Ersatzbus kutschierte uns schließlich zum nächsten Bahnhof auf der Strecke. Der Busfahrer kannte sich nicht aus, Blond zeigte ihm den Weg, denn sie kam aus Am-Arsch-der-Welt. Die Bewohner von dort standen alle gaffend am Fenster, vielleicht war ein Bus in ihrem Dorf etwas Seltenes. Um es kurz zu machen: Am nächsten Bahnhof fuhr der Zug ohne uns ab, wir kamen vier Minuten danach an.

    Wir standen eine weitere Stunde rum, diesmal in Wirklich-am-Arsch-der-Welt, hier war das Größte an Zivilisation ein Süßigkeitenautomat. Während ich an der Scheibe klebte und versuchte mich zwischen Schokoerdnüssen, Zwiebelringen, und nicht viel mehr zu entscheiden, telefonierte Blond mit ihrem Ex-Freund. Ich glaube, ich komme nicht mehr… Ah ja, um neun wollte ich doch schon wieder zurück, das lohnt sich nicht mehr… Und dann bei dir schlafen, oder was? Ich wedelte panisch mit den Armen und Blond lehnte ab.

    Eine Stunde später empfing ich den Zug mit glücklichem Springen, verabschiedete mich von Blond und fuhr endlich weg. Beachten Sie bitte, dass dieser Zug nicht weiter nach Hannas-Umsteigeort, sondern nach Wo-auch-immer fährt. Warum macht es die Bahn eigentlich so schwer etwas für die Umwelt tun zu wollen?

    Wütend wartete ich auf den nächsten Zug, ein Mitwartender schaute mich schief an, wahrscheinlich wirkte ich so, als wolle ich gleich auf den nächsten Fahrkartenautomaten einprügeln, mit glühenden Augen und rauchenden Ohren. Endlich in Frankfurt lachte mich ein Bus mit der Aufschrift Schienenersatzverkehr an. Nicht für mich, nicht für mich, nicht für mich, dachte ich. Er war für mich.

    Der alte Mann und sein Fluch

    An einem ganz normalen Tag, zu einer ganz normalen Uhrzeit stand ich einmal an einer Bushaltestelle auf dem Land und der Bus kam nicht -ganz normal.

    Ein alter, großer Mann kam die Straße entlang geschlichen, tief gebeugt, als wolle er beim Gehen den Asphalt berühren. Als er sich langsam an mir vorbeischob, hörte ich ihn leise Geräusche machen, es klang wie ein Knurren.

    Als er fast an mir vorbei war, drehte er sich zu mir um und zwei finstere Augen, durch tiefe Falten und Furchen halb verdeckt, schauten mich an. Dich haben sie hier vergessen!, bellte er und ich fuhr vor Schreck zusammen. Dich holt niemand mehr! Dann schlurfte er knurrend weiter.

    Es kam übrigens wirklich kein Bus mehr, ich musste mich abholen lassen. Als ich das nächste Mal an der Haltestelle wartete, rechnete ich fast mit einem Fluch, dass der Bus nie wieder kommen würde. Er kam. Eine halbe Stunde zu spät, aber er kam. Puuuh.

    Wie das Wort mich mitnahm

    Es war ein zu langer Tag mit zu vielen Gedanken gewesen, deswegen will ich nur sitzen und die Landschaft an mir vorbeiziehen lassen. Erschöpft drehe ich den Kopf, um zu sehen, wer sich da direkt neben mich gesetzt hat. Es ist ein Wort. Es ist klein und schlicht, und wunderschön, es streckt mir seine Hand entgegen: Komm mit. Ich aber schüttele den Kopf: Es ist schon recht spät, lieber nicht. Es bleibt hartnäckig und kaum habe ich nach seiner Hand gegriffen, schießt es steil in die Höhe und nimmt mich mit. Ich habe nicht mal Zeit meine Jacke anzuziehen.

    Wir durchbrechen die Wolken, fliegen in das kühle All, es ist still und eine Sonne lässt fremde Planeten erstrahlen. Plötzlich dreht das Wort ab, wir kehren zurück, um die Erde herum. Wir fangen Feuer,

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