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Das Geheimnis des Bronzebeils
Das Geheimnis des Bronzebeils
Das Geheimnis des Bronzebeils
eBook532 Seiten7 Stunden

Das Geheimnis des Bronzebeils

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Über dieses E-Book

Ca. 2300 v. Chr. versucht eine Gruppe aus dem letzten Stamm der nordischen Megalithkultur, das Geheimnis um den neuen Werkstoff "Bronze" zu ergründen.
Sie glauben, dass dieses sagenhafte Material sie in ihrer Existenz, als Hersteller und Händler von Feuersteinwaffen, gefährden könnte. Darum macht sich eine kleine Gruppe Dorfbewohner, als Händler getarnt, auf die Suche nach diesem geheimnisvollen Werkstoff.
Auf ihrem Trip durch einige Gebiete des endneolithischen Mitteleuropas haben sie allerlei Abenteuer und Gefahren zu überstehen, bis sie endlich ihrem Ziel ganz nahe gekommen sind, dem Geheimnis der Bronzeherstellung.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum10. März 2016
ISBN9783741233456
Das Geheimnis des Bronzebeils
Autor

Karl-Heinz Zimmer

Geboren 1950 im Saarland zur Zeit der französischen Besatzung. Nach Schulzeit und fast 20 Jahren Seefahrt Anstellung in Hamburg als Speditionskaufmann in einer Seehafenspedition. 2016 Renteneintritt mit viel Freizeit um sich den Hobbies zu widmen, die da sind, Schreiben, Ur- und Frühgeschichte und Paläontologie.

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    Buchvorschau

    Das Geheimnis des Bronzebeils - Karl-Heinz Zimmer

    Ich widme diesen Roman meiner Frau Sabine Purwins, ohne deren unendliche Geduld und Hilfe dieses Buch niemals vollendet worden wäre.

    Norderstedt, 21. Februar 2016

    Inhaltsverzeichnis

    Das Geheimnis des Bronzebeils

    Kobar’s Rückkehr

    Aufbruch

    Die erste Begegnung

    Der große Strom

    Haiko’s Tot

    Gefangen im Dorf am See

    Die Flucht

    Die Verfolgung

    Eine verheisungsvolle Begegnung

    Glockenbecherleute

    Schafhirten aus der Steppe

    Der Krieg der Kulturen

    Ein Friede ohne Sieger

    Der Zug der Hirten

    Der Heimweg

    Die Heimkehr

    Das Geheimnis des Bronzebeils

    Einleitung

    Die Sonne senkte sich langsam dem westlichen Horizont entgegen. Ihre gelblich roten Strahlen fächerten in ein flaches, langgestrecktes Tal, das von einem munteren Bach in zwei Hälften geteilt wurde.

    Hohe Bäume und lichtes Gestrüpp säumten die leicht abfallenden Hänge. Sie zauberten mit ihren Schatten, im Wechselspiel mit den Sonnenstrahlen, ein Geflecht aus ständig wechselnden magischen Mustern über den Boden.

    Bunte Blumen tauchten dazwischen auf und versuchten ihre Blüten ins rechte Licht zu rücken. Sie leuchteten hell auf, nur um im nächsten Moment wieder zu verblassen.

    Wie die Dünung des offenen Meeres wogten die Halme der Gräser im Wind auf und ab.

    Vögel versuchten sich wieder gegenseitig durch ihre Gesänge zu übertreffen. Wohlgemerkt – wieder –, denn die gefiederten Sänger waren vor kurzer Zeit schlagartig verstummt, als eine fremde, lärmende Gesellschaft in das idyllische Tal eingedrungen war und den tiefen Frieden gestört hatte.

    Eine Horde Männer, Frauen und Kinder, gekleidet in Jakken, Hosen und Schuhen aus Schafwolle und Leder zog, von Süden kommend, durch das Tal herauf.

    Zwischen ihnen eine Herde zotteliger Schafe, die von einigen abgerichteten Hunden zusammengehalten und vorangetrieben wurden.

    Packpferde trotteten, an Zügeln geführt, hinter dem Verband her.

    Tacka, ein Späher der Gruppe, den sie vorausgeschickt hatten und der etwa einen halben Tag vor der Gruppe das Tal erkundet hatte, war wieder zu ihnen gestoßen.

    Er war ein erfahrener Kundschafter und nach seinen Beobachtungen schien die Gegend menschenleer zu sein.

    „Hallo Baran, sprach er den Führer des Trupps an, „soweit ich die Lage beurteilen kann sind hier, wenn überhaupt, in der letzten Zeit keine anderen Menschen durchgezogen. Aber es scheint Wild genug zu geben, um unsere Vorräte aufzufrischen.

    „Gut, erwiderte Baran, „hast Du einen Ort gefunden, der geeignet ist für ein Lager"?

    „Ja, nur ein kurzes Stück weiter vorne. Etwas höher am Hang gelegen, scheint mir eine gute Stelle zu sein. Der Platz ist schwer einsehbar und für unsere Zwecke ideal".

    „Schön, erwiderte Baran, „schauen wir uns das mal an.

    Den Anderen rief er laut zu: „Treibt die Schafe hinauf aber achtet weiter auf die Umgebung."

    Sie erreichten die Stelle schon kurze Zeit später. Wie Takka gesagt hatte, auf einem kleinen Vorsprung, etwas erhöht am Hang gelegen.

    Das Tal war hier etwas breiter und höher, als an den Stirnseiten und somit auch etwas übersichtlicher.

    Es wuchsen genügend junge Bäume und Büsche in der näheren Umgebung, die zum Aufbau des Nachtquartiers gebraucht wurden.

    Die Männer schwärmten aus und begannen mit ihren Feuersteinäxten dünne Baumstämme zu schlagen und sie von den Ästen zu befreien.

    Kinder schleppten die entlaubten Holzstangen zum Zentrum des vorgesehenen Lagers.

    Eilig, und doch mit der Sicherheit, die lange Routine bewies, wurden von den Frauen die langen biegsamen Haltestangen für die Jurten in den Boden eingegraben und aufgestellt.

    Die von den Zweigen befreiten Äste und Stämme bogen sie am oberen Ende gegeneinander und banden sie mit Lederschnüren zusammen. Unten, wo es nötig war, und wo sie die Stämme nicht genügend Halt im Boden fanden, wurden sie zusätzlich mit Steinen gesichert.

    Andere aus der Gruppe hatten die Pferde von den Traglasten befreit.

    Zusammengenähte Felle wurden vor den Rohbauten ausgerollt.

    Jeder aus der Gruppe machte sich nützlich; Niemand, der müßig war. Und wer keiner sonstigen Beschäftigung nachging, rupfte Grasbüschel, sammelte sie in Körben oder raffte die abgeschlagenen belaubten Äste zusammen.

    Flinke Hände warfen schließlich die Felle über die Stangengerüste.

    In verbliebene Lücken am Boden wurden die gesammelten Reisigzweige eingeflochten und dichteten so die Unterkünfte gegen Wind und Regen ab.

    Zuletzt wurden noch die verbliebenen Felle im Inneren auf dem Boden verteilt.

    Nach und nach sah das Lager seiner Fertigstellung entgegen.

    Die wenigen Männer der Horde bauten einen Pferch auf für die Schafe. Sie achteten darauf, soviel wie möglich an Dornengestrüpp mit einzuflechten um ein Eindringen von Raubtieren zu verhindern.

    Schließlich trieben sie die Herde in die so entstandene sichere Umzäunung.

    Doch bei allem was sie taten, ließen sie nie in ihrer Wachsamkeit nach und suchten ständig mit flinken Augen die Umgebung gegen eventuelle Feinde ab.

    Die Aufgabenteilung, innerhalb der etwas über hundert Köpfe zählenden Gruppe, war nicht einfach.

    Viele der Arbeiten mußten von Frauen, Halbwüchsigen oder gar Kindern getan werden, da es an erwachsenen Männern mangelte.

    Die ständige Routine, die immer wieder geübten Handgriffe, zahlten sich jedoch auch dieses mal wieder aus.

    Bald schon glitten die Menschen in einen normalen Lageralltag hinein.

    Ein kleiner, munter dahinfließender Wasserlauf durchschnitt das Tal in seiner gesamten Länge. Er versprach den Menschen, außer köstlich frischem Wasser, eine willkommene Gelegenheit den Speiseplan mit wohlschmeckenden Fischen und Muscheln zu erweitern.

    Zur Abwechslung sollte es wieder einmal nichts vom Schaf geben. Für einige der wenigen Männer dieser Gemeinschaft war in letzter Zeit ohnehin zu viel von Schafen die Rede - und das nicht nur wenn es ums Essen ging.

    Einer dieser Männer war Baran, der Anführer der Gruppe. Zusammen mit Tacka, seinem Stammesbruder und Major, einem guten Freund, hatte er sich am Ufer des munter dahinplätschernden Baches niedergelassen und versuchte ein paar Fische zu angeln.

    Allerdings mit wenig Erfolg, wie man unschwer an seinem mürrischen Gesicht ablesen konnte.

    Baran und Tacka waren beide mittelgroß mit schlanken und sehnigen Körpern.

    Ihre Augen strahlten in einem Glanz, der an die Farbe des Feuersteins erinnerte, der in ihrer nordwestlichen Heimat, nahe dem großen Meer gefördert wurde.

    Baran`s Haare waren etwas dunkler, als die von Tacka doch leuchtete beider Kopfschmuck im Farbton von Kastanien, die aus ihrer stacheligen Hülle befreit waren. In langen Strähnen fielen die Haare den beiden Männern weit über die Schultern herab. Dichte rötliche Bärte bedeckten zudem ihre Gesichter fast vollständig.

    Neben diesen beiden kräftigen, Männern, deren Heimat sich weit nördlich von ihrem augenblicklichen Lager erstreckte, wirkte Major hochgewachsen und schlank, aber nichts desto weniger kräftig und muskulös. Sein, von der Sonne gebräunter Teint war wesentlich dunkler als die Haut seiner beiden Freunde, ein untrügliches Merkmal seiner südlichen Abkunft. Fast schwarz funkelten seine Augen unter dichten Brauen. Zottelige dunkle Lockenpracht stand ihm wirr nach allen Seiten vom Kopf. Im Gegensatz zu seinen Begleitern, war sein rundes Gesicht aber ohne Bart.

    Die Beine der drei Männer steckten, wie es auch bei allen anderen Männern in dieser seltsamen Gemeinschaft der Fall war, in Schafsfellen, die Flicken an Flicken zusammengenäht waren und entfernt an Hosen erinnerten.

    Den Oberkörper bedeckte jeweils ein Umhang, der aus gesponnenen Schafwollfäden gewebt war und der sowohl als Mantel am Tag, als auch als Decke beim schlafen genutzt wurde.

    Ausgetretene Stiefel, nicht mehr als ein Stück Leder, die mit ebenfalls ledernen Schnürriemen zusammengenäht waren, rundeten die Bekleidung ab.

    Die restlichen Männer der Gesellschaft waren im Aussehen lediglich durch ihre Größe und ihre teils blonden, oder rot-blonden Mähnen von den drei anderen zu unterscheiden.

    Die Frauen gehörten ausnahmslos der letzten Gruppe an. Sie waren ebenfalls überwiegend von großer, schlanker Statur und trugen ihre hellen Haare überwiegend zu Zöpfen geflochten.

    Alle drei Gruppen unterschieden sich aber gravierend in ihrer Sprache, was an der unterschiedlichen geographischen und weit voneinander entfernten Herkunft lag.

    Das Handikap der grundverschiedenen Muttersprachen hatte im Verlaufe ihrer gemeinsamen Wanderung schon zu machen lustigen, andererseits aber auch zu ernsten, Zwischenfällen geführt.

    Zum Glück hatten sie letztendlich diese Mißverständnisse immer wieder bereinigen können.

    Während die drei Männer schweigsam am Ufer saßen, neigte sich die Sonne stetig ihrem Untergang zu und überzog den gesamten westlichen Horizont mit einem ersten rötlichgelben Schimmer.

    Baran, von dem Ergebnis der Angeltour sichtlich enttäuscht, legte sich mit einem Seufzer zurück ins Ufergras, faltete den Umhang zusammen und schob ihn sich als Kissen unter den Kopf.

    Wind und Wetter hatten tiefe Falten in sein von der Sonne gebräuntes und vom Wetter gegerbtes Gesicht eingegraben. Er wirkte dadurch älter, als seine fünfundzwanzig Sommer, die er bisher durchlebt hatte, dies vermuten ließen.

    Vorsichtig blinzelte er durch halbgeschlossene Augen in die langsam hinter den Horizont hinab sinkende Sonne. Dann schloß er die Augen vollständig.

    Seine Gedanken beschäftigten sich mit den Schafhirten, denen er und seine Freunde zurzeit als Führer dienten und denen er, weiter im Norden, gute Weidegebiete versprochen hatte. In dieser Richtung nämlich lag Barans angestammte Heimat und auf dem Weg dorthin gab es solche Gebiete auf weiten Strecken. Gutes Weideland für Schafe, soweit er es beurteilen konnte. Er hoffte nur, daß er dort mit den fremden Menschen und den Schafen auch willkommen sein würde.

    Mit diesen hochgewachsenen blonden Hirten, die er bis hierher geführt hatte, war nämlich alles andere, als einfach auszukommen.

    Selbst die Frauen dieses Volkes konnten eine äußerst kriegerische Natur nicht verbergen und waren im Ernstfall Gegner, die man nicht unterschätzen durfte.

    Baran blinzelte noch einmal in die letzten Lichtstrahlen des Tages und Schloß dann wieder die Augen.

    Er vergaß die Welt um sich her und seine Gedanken schweiften ab, wie so oft in letzter Zeit, zum Anfang ihrer abenteuerlichen Reise.

    Kobar’s Rückkehr

    Vieles war geschehen, seit sie im letzten Frühjahr ihre Siedlung verlassen hatten.

    Zusammen mit vierzehn weiteren Männern waren sie damals auszogen. Diese begleiteten sie aber nur ein Stück des Weges, hin zu den Feuersteingruben.

    Der Kern der Truppe bestand aus sieben erwartungsvollen Reisenden, die nur von einem Gedanken angetrieben wurden, dem Gedanken, ein Geheimnis zu lüften. Ein Geheimnis, das um ein Material gesponnen wurde, welches angeblich ihrem Feuerstein als Waffe und Werkzeug weit überlegen sein sollte.

    „Lächerlich".

    „Oh ja, einfach lächerlich"!

    Das war die ursprüngliche Meinung gewesen, nachdem man zum ersten Mal von diesem Material gehört hatte.

    Aber dennoch, es war vielleicht nicht ganz von der Hand zu weisen.

    Zugegeben, man erzählte sich seit neuestem viel von diesem Wundermaterial. Dieser Werkstoff, so wurde gemunkelt, sollte gar den Feuerstein, als Grundlage zur Waffen- und Werkzeugherstellung, vollständig ersetzen können.

    Feuerstein, der doch die Basis bildete bei fast allem in ihrem täglichen Leben.

    Schneiden, Bohren, Bäume fällen, das Wild ausnehmen, und, und, und....

    Was, wenn es dieses unbekannte Material wirklich geben sollte?

    Gelacht hatten damals Einige im Stamm; gelacht und gefeixt ob dieses Gerüchts, daß es ein solches Material tatsächlich geben sollte.

    „Alles Irrsinn!"

    „Dummes Geschwätz!"

    Das waren noch die freundlichsten Äußerungen.

    Als aus den Fingern gesogen, bezeichneten einige diese Meldungen und machten sich darüber lustig.

    Diese Zweifler und Ignoranten waren aber schon eine ganze Weile verstummt, bevor die Händler das Dorf verließen.

    Sieben Männer und Baran war ihr Anführer.

    Sieben weitere Begleiter, neben Barans Gruppe, waren erfahrene Feuersteinausgräber und Wächter der Feuersteingruben. Ihre Aufgabe sollte es sein die Reisenden mit dem begehrten Rohmaterial für den Handel zu versorgen.

    Jeder der Reisegruppe hatte sich einen Korb auf den Rücken geschnallt.

    Besonders sorgfältig geflochtene Weidenkörbe waren es, in denen sie ihre typischen, aus Ton gebrannten, verzierten Trichterbecher transportierten.

    Bis an den Rand gefüllt waren die Krüge, die die Bergleute mit sich führten, mit gebratenem und eingelegtem Fleisch. Es war eingesalzen, mit dem weißen Gold, das man von den Leuten, die im Westen, an dem großen Meer lebten, eingetauscht hatte.

    Andere Behälter waren bis oben hin voll mit vergorenem Saft aus Getreidekörnern, der so begehrt war an langen Abenden und bei rituellen Handlungen.

    Und in weitere kleine gebrannte Tonbecher war Käse eingefüllt, den man aus Ziegenmilch hergestellt hatte

    Die Körbe allerdings, die Baran und seine sechs Begleiter trugen waren, neben Lebensmitteln, zum Teil bereits angefüllt mit fertigen Feuersteinwaffen und Feuersteinwerkzeugen.

    Zwischenräume waren mit Bernsteinstücken ausgefüllt, die man von Händlern eingetauscht hatte, deren Wohngebiete an den stürmischen Küsten im Westen lagen.

    Gänzlich aufgefüllt werden sollten ihre Tragbehälter bei den Feuersteingruben mit rohen Feuersteinknollen, die ebenfalls als Handelsware gedacht waren.

    Die Feuersteinminen lagen gut zwei Tagesmärsche südlich ihrer Siedlung und wurden im Allgemeinen auch von anderen Sippen ausgebeutet.

    Früher ging es dabei meistens friedlich zu. Die Bergleute gehörten zwar unterschiedlichen Sippen der Umgebung an, aber immerhin fühlten sie sich dem gleichen Volksstamm zugehörig.

    Seit einiger Zeit mußte das Gebiet jedoch ständig von bewaffneten Trupps gesichert werden, da mehr und mehr fremde Menschengruppen in die Gegend einsickerten.

    Und diese Leute waren mindestens ebenso erpicht auf den Feuerstein, der so leicht abzubauen war, wie sie selbst. Mehr noch, sie hatten vielfach bessere Techniken, den Stein zu verarbeiten und konnten somit auch bessere und wirkungsvollere Waffen daraus herstellen.

    Man hätte, nicht zuletzt aus diesem Grunde, gerne dichter an den Gruben gesiedelt, aber dort war der Boden in weitem Umkreis tief und sumpfig.

    Kein gutes Land, weder für Ackerbau, noch für die Zucht von Vieh. Eben nur gut genug, um aus den verbleibenden Arealen die Feuersteine zu schürfen.

    Darum waren sie dem Gelände treu geblieben auf dem sich ihr Dorf jetzt befand, auch wenn der Weg zu den Gruben relativ weit und beschwerlich war.

    Ihr Dorf lag auf einem langestreckten, flachen Hügel, der sich etwas über die Umgebung erhob.

    Ihre Vorfahren schon hatten den Wald an dieser Stelle gerodet und das Buschwerk abgebrannt um Ackerflächen zu schaffen.

    Der Untergrund war danach hervorragend geeignet um seßhaft zu werden und ein bäuerliches Leben zu führen.

    Emmer und Einkorn wuchsen erstaunlich gut und das Vieh konnte ohne allzu große Mühen gehütet und über den Winter gebracht werden.

    Auch die großen Gräber, nicht weit nördlich vom Dorf gelegen, wären dort nie entstanden, wäre die Gegend nicht für eine kontinuierliche Besiedlung geeignet gewesen.

    Oh ja, es war schon eine Heimat, auf die man stolz sein konnte.

    Zusammen mit Baran’s Gruppe und den Bergleuten rüstete auch ein anderer Trupp für den Tag der Abreise.

    Diejenigen nämlich, die den Hort Kobar`s bergen und ins Dorf bringen sollten.

    Zu den beiden Begleitern Kobar`s, die damals mit ihm von der Reise wiedergekehrt waren und als Führer dienten, wurden noch fünf weitere Männer ausgelost.

    Man mußte sie auslosen, da sich alle Männer des Dorfes daran beteiligen wollten.

    Frauen und Kinder wären bei diesem Aufgebot unweigerlich schutzlos zurückgeblieben.

    Die dritte Gruppe war ebenfalls ausgerüstet mit Körben, die allerdings, nur für den Hinweg Vorrat für die Bergleute enthielten. Man wollte die Körbe, nachdem man sie bei den Gruben geleert hatte, für den Rückweg mit den früher dort versteckten Handelswaren füllen.

    Bis hin zu den Feuersteingruben würde es eine stattliche Gruppe von einundzwanzig Männern sein, die gen Süden zog.

    Und doch, überlegte Baran, während er so, an dem Ufer des Baches liegend, vor sich hin träumte, hätte in ihrem Dorf alles noch eine ganze Weile in dem alten, gewohnten Trott weitergehen können - wäre da nicht eines Tages Kobar, am Ende einer langen Handelsreise, wieder in das Dorf zurückgekehrt.

    Kobar, der Händler, war ein älterer Mann, der oftmals schon unterwegs gewesen war und der bei seiner letzten Rückkehr ins Dorf, ohne es zu wollen, ja ohne es auch nur im Entferntesten zu ahnen, alles ins Rollen brachte.

    Tagelang war damals dichter Regen, getrieben von den ersten schweren Herbststürmen, auf die Erde niedergeprasselt.

    Eiskalte Böen peitschten das Land.

    In Senken hatte sich das Wasser gesammelt und kleine Tümpel und Seen gebildet. Gräben und Bäche, in der schönen Jahreszeit eher Rinnsale, waren zu unüberwindlichen Hindernissen angeschwollen.

    Der Fluß, etwas weiter südlich vom Dorf, war über die Ufer getreten und hatte weite Teile des Landes überflutet. Die braunen Fluten rissen auf ihrem Weg Sträucher und Bäume mit und wo diese sich an den Ufern und Untiefen ineinander verkeilten, staute sich das Wasser noch höher auf.

    Selbst die strapazierfähigsten Biberburgen wurden teilweise zerstört und fortgespült.

    Viele Tiere ertranken bei dem Versuch sich auf höher gelegenes Gebiet zu retten. Ihre Kadaver trieben mit aufgedunsenen Körpern Strom abwärts und lagerten sich letztendlich irgendwo zum Verwesen ab.

    In den strohgedeckten Hütten des Dorfes drängten die Menschen eng um die lodernden Feuer. Dichter Rauch fing sich unter den Dächern, biß den Leuten in den Augen und machte das Atmen schwer.

    Es schien, als suchten selbst die Götter Schutz vor dem, was sie in blindem Zorn erschaffen hatten.

    Der Donnergott war eben zur Hochform aufgelaufen und sein Gehilfe im Pantheon, der für die Sparte Regen und Wind verantwortlich zeichnete, gab sein Bestes.

    Regen fiel dicht wie das Haarkleid eines Hirsches aus den Wolken.

    Und eben an jenem Tag, an dem der Sturm, von den Beiden angefacht, am heftigsten tobte, kamen sie in das Dorf zurück - Kobar und die beiden Männer, die ihn auf der weiten Reise begleitet hatten.

    Schwach waren sie und halb verhungert. Niemand im Dorf hatte sie kommen sehen; plötzlich waren sie da.

    Sie wankten zu der Hütte des Häuptlings hinüber. Mit letzter Kraft stießen sie die Tür nach innen auf, wankten hinein und sanken wortlos und erschöpft am Feuer nieder, das in der Mitte der Behausung loderte.

    Die Frauen der Häuptlingssippe sprangen erschrocken auf, packten die Kinder und drängten sich mit diesen in der hintersten Ecke des Raumes zusammen.

    Bringt trockene Decken und Essen!

    Talbot der Häuptling des Dorfes hatte sich als erster wieder gefangen.

    „Nun macht schon rief er den Frauen zu, als diese keinerlei Anstalten machten seiner Aufforderung nachzukommen. „Seht ihr nicht, daß die Männer Hilfe brauchen?

    Die Frauen lösten sich aus der anfänglichen Erstarrung und fingen an, sich um die ermatteten Heimkehrer zu kümmern, wie es der Häuptling geboten hatte.

    Kobar und seine beiden Begleiter fielen wortlos über das kalte Wildbret her und tranken gierig von dem herrlichen vergorenen Getreidesaft, der ihnen von den Frauen gereicht wurde.

    Ganz nah ans Feuer gerückt, in dicke warme Felle gehüllt, kehrte langsam das Leben wieder in die erschöpften Heimkehrer zurück.

    Die Frauen der drei reisenden Händler, die mittlerweile auch von deren glücklicher Rückkehr erfahren hatten, kamen in die Hütte gestürzt und umarmten ihre Männer. Viel zu lange schon hatten sie in banger Sorge auf sie warten müssen.

    In der ohnehin schon gut besuchten Häuptlingshütte wurde es immer enger, da alle Bewohner des Dorfes, trotz des heftigen Unwetters, herbeigeeilt kamen, um die drei so lange Vermißten zu begrüßen.

    Ratlos stand Talbot inmitten seiner Hütte, eingeklemmt von seinen neugierigen Dörflern, unfähig das Chaos zu entwirren.

    Da alle zur gleichen Zeit alles von den Zurückgekehrten wissen wollten, entstand ein lautes Stimmengewirr, in dem keiner etwas verstehen konnte.

    Das Gedränge und der Lärm hatten gerade einen Höhepunkt erreicht, als Randix, der vom Alter gebeugte, weißhaarige Schamane des Dorfes, in die Hütte geführt wurde.

    Unter langen weißen Haaren und einem zotteligen grauen Bart war das Gesicht des heiligen Mannes mehr zu erahnen, als daß man es wirklich hätte erkennen können. In einen langen grauen Umhang gehüllt, der bis hinunter zum Boden reichte, schlurfte er schweigend, gestützt auf die Unterarme seiner beiden Begleiter, zu den Händlern und setzte sich umständlich, ihnen gegenüber, nieder.

    Aufmerksam, mit trotz seines hohen Alters klaren Augen, musterte er jeden der drei Männer, ehe er endlich Kobar mit zittriger, krächzender Stimme ansprach.

    Ihr seid lange ausgeblieben.

    Er machte eine kleine Pause und sprach dann weiter: „Mancher hier hat sicherlich schon nicht mehr mit eurer Rückkehr gerechnet. Ihr habt gewiß eine harte Zeit hinter euch?" Es war mehr eine Feststellung, denn eine Frage.

    Die Strapazen der hinter ihnen liegenden Reise war den Heimkehrern ohnehin deutlich anzusehen.

    Der Alte hielt kurz inne, ließ Kobar dabei aber keinen Moment aus den Augen.

    Kobar wollte antworten. Er kam aber nicht dazu, da der Greis ihn gar nicht zu Wort kommen ließ.

    Eine steile Falte erschien auf seiner runzligen Stirn als er fragend fortfuhr: Aber sagt uns, was ist passiert, daß ihr mit leeren Händen von eurer Reise nach Hause zurückkehrt?

    Kobars Kopf fuhr ruckartig nach oben. Er wollte darauf sofort eine heftige Antwort geben, denn er glaubte aus der Frage des Schamanen einen leichten Vorwurf herausgehört zu haben.

    Der alte Mann jedoch gebot ihm mit einer herrischen Handbewegung noch zu schweigen und fuhr selbst wieder stockend fort: Damals, als das Land aus dem langen Schlaf des Winters erwachte und die Tage länger wurden, seid ihr ausgezogen, mit reichlich Waffen und Geräten, gefertigt aus unserem besten Feuerstein. Ihr solltet sie irgendwo auf eurem Weg gegen Dinge eintauschen, die unserem Dorf und unseren Leuten nützlich sein könnten. Diese Handelswaren waren euch von den Leuten des Dorfes anvertraut worden, in der Hoffnung, dafür von euch, bei eurer Rückkehr eine Gegenleistung zu erhalten.

    Mit einem etwas schärferen Tonfall fuhr er fort: „Wie steht es damit?"

    Kobar spürte Zorn in sich aufsteigen und er wollte dem Alten eine passende Antwort auf dessen provozierende Fragen geben. Ihm wurde bei einem Blick in die Runde aber schlagartig klar, daß der Schamane ja nur ausgesprochen hatte, was die anderen Leute im Dorf bestimmt ebenso empfanden - spätestens aber empfinden würden, wenn die Freude über ihre glückliche Rückkehr einer nüchterneren Betrachtungsweise gewichen war.

    Auch seine beiden Begleiter schoben ihr Essen nun beiseite und hörten aufmerksamer zu.

    Kobar fühlte sich plötzlich niedergeschlagen. Ihm wurde nur allzu deutlich bewußt, daß er alt geworden war – wohl zu alt für diese Art Handel und Abenteuer.

    Hatte er selbst nicht eventuell, als sie auszogen im letzten Frühling, den Mund ein wenig zu voll genommen? Geprahlt hatte er, daß man auf jeden Fall mit guten Waren wiederkommen werde. Es war ja schließlich nicht seine erste Handelsreise. Und seine beiden Mitreisenden waren auch nicht gänzlich unerfahren. Auch sie waren schon das eine oder andere Mal in Sachen Tauschgeschäfte unterwegs gewesen.

    Sicher, sie hatten auf dieser Reise keineswegs erreicht, was sie eigentlich hatten erreichen wollen und was sie den Daheimgebliebenen damals so großspurig versprochen hatten. Nein, das konnte man nun wahrhaftig nicht sagen.

    All das ging ihm durch den Kopf während er in die Runde sah.

    Aber, was keiner der Umstehenden ahnen konnte, sie hatten ja noch einen Trumpf in der Hinterhand. Einen ganz gewichtigen Trumpf sogar.

    Der Gedanke daran baute Kobar schlagartig wieder auf. Die Waren, die sie auf ihrem Weg gegen die Feuersteine eingetauscht hatten, waren ja nicht wirklich verloren. Keineswegs!

    So?! So?! Kobar begann trotz seines offensichtlichen Ärgers hintergründig zu grinsen.

    Ihr werft uns vor, daß wir mit leeren Händen in unser Dorf zurückkehren? fuhr er sarkastisch fort.

    Ha! Seht nur hinaus! Während alle sich im Dorf in Ihren Hütten verkrochen haben, hatten wir dort draußen alle Mühe, auch ohne schwere Traglasten, unseren Weg hierher zu erkämpfen.

    Seine beiden Begleiter, die sich zwischenzeitlich wieder ihrem Essen und ihren Frauen zugewandt hatten, stimmten ihm lebhaft zu und klatschten beifällig in die Hände.

    „Ja, gib‘s ihnen nur, Kobar! pflichtete Pani ihm bei. „Sag ihnen nur, wie schwer wir es hatten, vor Allem während der letzten Tage.

    „Genau, mischte sich nun auch Miro ein, Kobars zweiter Begleiter, „die können sich ja nicht Mal annähernd vorstellen, was wir durchgemacht haben.

    Betretene und nachdenkliche Gesichter rundum.

    Aber ihr könnt ganz beruhigt sein, nahm nun Kobar das Gespräch wieder auf, denn wir sind nur die letzten drei Tage ohne Waren unterwegs gewesen.

    Ein ungläubiges Raunen ging durch die Menge.

    Mittlerweile war es in der Hütte, durch nachdrängende Dorfbewohner so eng geworden, daß man die Frauen und Kinder zu den anderen Behausungen hinüber schicken mußte, damit die Männer der Siedlung genügend Platz fanden.

    Nur widerwillig verließen sie die Unterkunft, nicht ohne vorher den Männern so manches boshafte und anzügliche Wort an den Kopf zu werfen.

    Vier Tage, redete Kobar weiter, nachdem der Raum sich wieder einigermaßen erträglich geleert hatte, drei Tage von hier hatten wir uns weiter im Süden in einer Erdhöhle vor dem Regen verkrochen, direkt bei den Feuersteingruben. Ich kannte dieses feuchte, modrige Loch noch von einer früheren Reise und es war alles andere als angenehm dort.

    Kopfnickend fuhr er fort: „Aber immer noch besser, als auf dem letzten Rest des Weges mit der Handelsware steckenzubleiben. Fragt meine Begleiter, sie werden euch bestätigen, daß wir dort lediglich das Ende des Unwetters abwarten wollten. Wir wollten unsere eingetauschten Güter nicht gefährden, die wir nun schon von so weit her transportiert hatten."

    Er biß ein Stück Fleisch ab und sagte kauend: „Aber dann verwandelte sich auch die Gegend rund um unseren Unterschlupf mehr und mehr in einen Sumpf. Wir mußten einsehen, daß wir auf absehbare Zeit keine Chance mehr haben würden unsere Waren durch den Morast hindurch zu schleppen, ohne selbst darin zu versinken; oder sie am Ende gar zu verlieren. Auch war uns der letzte Proviant schon geraume Zeit davor ausgegangen."

    Die Gedanken an ihren feuchten Unterschlupf ließen ihn schaudern

    Stockend fuhr er mit seinem Bericht fort „Die Höhle war ein feuchtes Loch in dem kein Feuer brennen wollte. Zwei, drei Tage saßen wir dort dicht zusammen und nagten wie die Hasen an geschmacklosen Wurzeln herum, nur um das leere Gefühl im Magen zu überspielen. Jagen konnten wir nicht und es verirrte sich kein Wild in unsere Nähe."

    Ja, sag ihnen nur Bescheid, wie es uns ergangen ist; wie wir uns geschunden und gequält haben mischte sich nun Pani, sein Begleiter links neben ihm wieder ein.

    Gequält und geschunden. Ja, ja. kam es auch von Miro auf der rechten Seite, der dabei weiter lustvoll an einem Knochen nagte.

    Kobar nickte beifällig, gebot seinen Gefährten aber mit einer herrischen Handbewegung Ruhe und sah Talbot fest an: Als nach drei Tagen immer noch keine Anzeichen einer Wetterbesserung zu erkennen war, entschlossen wir uns, die Waren in der Höhle zu vergraben und sie bei einer späteren, günstigeren Gelegenheit dort abzuholen.

    Was?

    Was habt ihr vergraben?

    Sind es schöne Sachen? Gute Sachen?

    Sind Sachen dabei, die wir noch nicht kennen?

    Eine Flut von Fragen brach über die drei Männer herein, wie ein Schwall eiskaltes Wasser. Jeder wollte der erste sein, der in Erfahrung bringen konnte, um was es sich bei den vergrabenen Gegenständen handelte.

    Ruhe!

    Ruhe, seid endlich ruhig, verdammt noch mal!

    Erregt war der Häuptling aufgesprungen und versuchte die Leute zu beruhigen, die sich gebärdeten wie eine Horde halbwüchsiger Hunde. Nur widerwillig gaben sie nach.

    Nachdem sich die Aufregung wieder etwas gelegt hatte, berichtete Kobar weiter: Wir haben also alle Waren die wir hatten, in dieser Erdhöhle sicher vergraben und uns dann einen Weg durch die aufbrausenden Elemente und die feindliche Wildnis hierher erkämpft.

    Er fuhr sich mit den Fingern durch sein nasses struppiges Haar und sprach mehr zu sich, als zu den anderen: „Fast wäre es mit uns aus gewesen auf dem letzten Ende hierher, beim Überqueren des Flusses. Nur mit Hilfe der Fährleute, die glücklicherweise dort noch versuchten ihre Anlegestelle zu sichern, gelang uns der Übergang. Sie haben unsere Rufe, trotz des schrillen Windes, vernommen und mit Hilfe von Seilen den Baumstamm, an den wir uns geklammert hatten, zu sich an das nördliche Ufer gezogen. Beinahe wären sie selbst dabei ums Leben gekommen. Wir sind diesen Leuten sicherlich noch einiges schuldig."

    Nun mach schon! rief da plötzlich Miro und stieß Kobar aufmunternd mit dem Ellenbogen in die Seite. Nun mach schon und erzähl ihnen, daß wir trotz allem nicht mit völlig leeren Händen hierher zurück nach Hause gekommen sind.

    Auch Kobar`s zweiter Gefährte begann nun anzüglich zu grinsen und in Vorfreude mit den Füßen zu scharren.

    Unter den Umstehenden schlugen diese Worte wie ein Blitz ein und alsbald redeten alle wieder heftig durcheinander.

    Kobar ignorierte ihre neuerlichen Fragen mit denen sie auf ihn eindrangen und langte zu einem Lederbeutel den er, an einem um die Hüfte geschlungen Riemen, befestigt hatte.

    Aufreizend langsam knotete er den Beutel von dem Gürtel ab.

    Die Blicke der Männer saugten sich an diesem Beutel fest und gespannt warteten sie darauf, was daraus zum Vorschein kommen würde.

    Langsam und mit sichtlichem Vergnügen öffnete Kobar den kleinen Sack und zog etwas heraus - nicht schwer, nicht groß - ebenfalls in Leder eingewickelt.

    Was soll das? fuhr ihn der Häuptling nun doch ziemlich barsch von der Seite an, willst du uns hier vor Neugierde sterben lassen?

    Aus dem Hintergrund der Hütte schoben die Leute nach vorne, um nur ja den Augenblick der Enthüllung nicht zu verpassen.

    Die Männer, die vorne saßen, versuchten sich gegen die von hinten vordrängenden Kerle zu wehren. Sie konnten nur mit äußerster Kraft verhindern, ins Feuer geschoben zu werden.

    Kobar tat das, nach seiner Meinung, einzig Richtige - er schob sich das Mitbringsel unter den Hintern und setzte sich darauf.

    Hämisch sah er danach in die Runde. Hört auf zu drängeln! schrie er. dass worauf ich sitze ist eh nicht für euch bestimmt, sondern in erster Linie für unseren Schamanen!

    Die umstehenden Männer begannen laut zu murren und Talbot mußte seine ganze Autorität aufwenden um erneut für Ruhe zu sorgen.

    In die eintretende Stille sprach Kobar leise und wesentlich nachdenklicher weiter: Denn ich fürchte, nur unser Schamane wird in der Lage sein zu entscheiden, ob und in wie weit dieser Gegenstand und die Geschichten, die sich darum ranken, für unser Volk und unser weiteres Leben von Bedeutung sein werden.

    Erstaunt, ja fast erschrocken ob dieser ernsten Aussage Kobar`s, fuhren die Männer zurück und sahen sich betreten an.

    Kobar zog den lederumwickelten Gegenstand daraufhin wieder unter seinem Hintern hervor und hielt ihn mit beiden Händen dem Schamanen hin.

    Nimm du dieses „Ding, das wir von so weit entfernt hierher gebracht haben. Vielleicht wirst du uns mehr darüber sagen können."

    Randix nahm das lederumwickelte Stück das ihm gereicht wurde, wog es eine Weile nachdenklich in seiner rechten Hand und begann es dann aus dem Fetzen auszuwickeln, der es den Blicken verborgen hielt.

    Plötzlich lag es offen und für alle Umstehenden deutlich sichtbar in seinen Händen.

    Rötlichgrau - mit leicht grünlichem Schimmer hier und da - fleckig eben, wie ein abgestorbenes Blatt im Herbst. Unscheinbar - und doch......?

    Obwohl es sich offensichtlich nur um ein Stück eines früheren Ganzen handelte, war noch deutlich die ehemalige Funktion zu erkennen - es war das Bruchstück eines Beiles. Länglich, schmal, mit einer etwas breiteren, gebogenen Klinge vorne. An beiden Längsseiten verliefen schmale Randleisten.

    Das Beil war etwa eine handbreit lang und wies am hinteren Ende Bruchkanten auf.

    Auf den Gesichtern der Männer machte sich Erstaunen und Ratlosigkeit breit.

    Der Priester jedoch besah sich das Stück nun genauer und mit deutlichem Interesse. Er hob es dichter an seine Augen und seine runzeligen alten Finger glitten immer wieder prüfend über das Material.

    Eine steile Falte erschien auf seiner Stirn.

    Dieses Material!

    Er versuchte seine Gedanken zu verbergen, aber es gelang ihm nur sehr schlecht.

    Dieses Material!

    Nie zuvor hatte er derartiges gesehen trotz seines Alters - geschweige denn in seinen Händen gehalten.

    Irgendwo aus dem Knäuel der um das Feuer versammelten Menschen, von da etwa, wo der Häuptling sitzen mußte, klang plötzlich ein unwilliges Grunzen auf.

    Mit heftigen Gesten versuchte sich das Dorfoberhaupt von zwei seiner Dörfler zu befreien, die, um sich nur ja nichts entgehen zu lassen, auf seinen Schultern Platz genommen hatten.

    Es kam zu einem heftigen Gerangel, weil die beiden den gerade eroberten, bequemen Platz nicht freiwillig wieder preisgeben wollten.

    In dem stetig stärker werdenden Tumult und Geschiebe ging die Frage des Schamanen an Kobar fast unter.

    Woher habt ihr das hier mitgebracht?

    Endlich hatte er die Frage gestellt, auf die Kobar und seine Begleiter schon so lange gewartet hatten.

    Ruhig sagte Kobar: „Wir haben es in einem Dorf, viele Tagesreisen weit im Süden, eingetauscht. Wir haben dafür fast alle unsere Tauschmittel opfern müssen. Leider haben wir über das Material selbst aber nur sehr wenig in Erfahrung bringen können - nur so viel, daß es noch weiter im Süden, als wir gewesen sind, Völker geben soll, die es verstehen, dieses Material herzustellen und daraus Waffen und Werkzeuge zu machen."

    Nachdenklich setzte er hinzu: „Und es soll in manchen Gegenden schon weitverbreitet sein und zur Ausrüstung der Männer und Krieger gehören. Wir haben dieses Stück für unser Dorf gehandelt, damit ihr unsere Geschichte glaubt und sie nicht für Angeberei haltet. Außerdem glaubten wir dieses Teil mitbringen zu müssen, weil wir fürchten, daß da etwas auf uns zukommt, das irgendwann für unser Volk von entscheidender Wichtigkeit sein könnte."

    In das erneut aufkommende Gemurmel und Gerangel der umstehenden Dörfler sagte der Schamane nun mit gefestigter Stimme aber nichts desto weniger nachdenklich: Ich glaube bestimmt, daß es richtig von euch war, dieses „Ding, aus was auch immer es hergestellt sein mag, hierher mitzubringen. Ob es wirklich irgendwann wichtig für uns sein wird, werden wir zu einem späteren Zeitpunkt, im Rat der Sippen, versuchen herauszufinden. Ihr solltet euch jetzt, nach der strapaziösen Reise, in eure Hütten, zu euren Familien zurückziehen und euch ausruhen."

    Und ihr Anderen, krächzte er über die Köpfe der lärmenden Menge hinweg, laßt sie in Ruhe, solange bis sie uns den Weg zeigen können, zu der Höhle, in der der Hort von ihnen versteckt wurde.

    Raus hier! brüllte es da plötzlich los.Raus hier! Alle Mann raus aus meiner Hütte!

    Unter der Last von nun inzwischen vier Gaffern war der Häuptling gänzlich verschüttet worden und versuchte verzweifelt und nach Luft ringend wieder an die Oberfläche zu kommen. Da im Allgemeinen, und insbesondere in diesem Augenblick, mit ihm nicht gut Kirschen essen war, leerte sich die Häuptlingshütte, als wenn ein Sturmwind sie ausfegen würde.

    Randix verließ als letzter, gestützt auf seine Helfer, die Hütte. Seine Hände hielten das Beilstück fest umklammert, so als wolle er es nie wieder loslassen.

    Zurück blieben nur die Lederstücke auf dem Boden der Hütte, in die der Gegenstand eingewickelt gewesen war - und ein zerzauster Häuptling, der sich fragte, ob er sein Amt nicht doch etwas zu lasch ausübte.

    Etliche Tage noch prasselte der Regen mit unverminderter Heftigkeit auf die Erde nieder.

    Selbst die Hunde konnte man kaum noch nach draußen schicken und die Schweine fingen bereits an in ihren eingezäunten Arealen zu schwimmen, anstatt zu suhlen.

    Die Menschen allerdings nutzten die Zeit, in den erhöht liegenden Hütten, eng um die Feuer zusammengedrängt, über die außergewöhnliche Rückkehr der Händler zu reden.

    Es gab lange kein wichtigeres Thema an den Feuern. Solch ein außergewöhnliches Ereignis hatte sich in dem kleinen Dorf, wenn überhaupt, seit Angedenken nicht mehr zugetragen.

    Wie würde der Rat der Sippen wohl über die Bergung des Hortes entscheiden?

    Diese Frage ließ so manchen unruhig schlafen.

    He, kommt raus! Kommt alle raus aus euren Hütten und seht euch das an! Jemand schrie aufgeregt das ganze Dorf zusammen.

    Hastig liefen alle, die das Geschrei vernommen hatten, vor ihre Hütten. Keiner wollte verpassen, was es Wichtiges zu sehen geben sollte.

    Sie wurden mit einem prächtigen Naturschauspiel entschädigt.

    Ein riesiger Regenbogen spannte von einem Ende des Horizontes zum anderen hin. In allen Farben des Spektrums leuchtend stand er am Himmel und lachte, wie ein weit geöffneter Mund, seine Bewunderer an.

    Die Sonne hatte es geschafft, sich einen Weg durch die schweren dunklen Regenwolken zu bahnen; zum ersten Mal seit Tagen. Und sie ließ mit all ihrem Licht und ihren Schatten, die sie über die nasse Erde zauberte, die Menschen für kurze Zeit vergessen, daß sich der Spätsommer bald endgültig für dieses Jahr verabschieden würde.

    Das Leben ging seinen gewohnten Gang in dem Dorf.

    Tausend Dinge waren zu erledigen vor dem Winter. Früchte und Beeren mußten gepflückt und eingelagert werden.

    Auf den kleinen, von Büschen und Hecken eingegrenzten Feldern, wurden die letzten Ähren des Getreides sorgfältig geschnitten oder aufgelesen. Jedes Korn war wichtig.

    Die Frauen begannen die Früchte der Bäume und Sträucher zu sammeln - Haselnüsse und Eckern, Wurzeln, Obst und wilde Früchte, die so notwendig waren für das Überleben in der Winterzeit.

    Pilze sprießen in den Wäldern und bereicherten den sonst recht eintönigen Speiseplan.

    Lange schon konnte man sich nicht mehr nur auf die Jagd und auf das Sammeln von Früchten verlassen; und doch, war man noch darauf angewiesen, denn von den Erträgen der Felder allein und mit den wenigen Haustieren war eine sichere Überwinterung oft kaum zu schaffen.

    Im Verlauf des Herbstes wurden die trockenen Perioden immer häufiger von länger anhaltenden Regenperioden unterbrochen.

    Der Boden hatte keine Zeit mehr zu regenerieren; er blieb trotz gelegentlicher Sonneneinstrahlung naß und tief.

    Immer kürzer wurden die Tage. Die Dunkelheit kam früher und blieb länger. Der Winter schlich heran.

    Die Knaben und Mädchen der Siedlung trieben die gezähmten, und doch noch oftmals halbwilden Schweine und Ziegen, aus der Umzäunung bei dem Dorf hinaus, zu einem Stück Eichen- oder Buchenwald. Dort ließen sie die Borstentiere die Erde umbrechen und die heruntergefallenen Früchte der Bäume fressen.

    Die Ziegen fraßen derweil die letzten Kräuter auf den Lichtungen und das Laub von den Büschen.

    Die Schweine allerdings schienen die einzigen zu sein, denen Wind und Regen nichts anhaben und die dem Wetter auch noch etwas Positives abgewinnen konnten. Je feuchter der Boden wurde, desto leichter konnten sie ihn mit ihren harten Rüsseln umgraben, um an die verborgenen Würmer und Engerlinge zu kommen, ihre Leibspeise.

    Die wenigen Rinder waren unberechenbar in ihrem Wesen und wurden nur in einem festen, mit dicken Stämmen gesicherten Pferch gehalten. In der Hauptsache hielt man diese Hornträger für die Feldarbeit im Frühjahr und als Zugtiere wenn es schwere Lasten zu ziehen gab. Kindern vertraute man diese Tiere nicht zum Weiden an.

    Die Jäger blieben jetzt bei der Verfolgung des Wildes immer häufiger zweite Sieger. Kaum hatten sie sich dicht genug an ein Stück Wild

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