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Atlan 27: Kristalle des Todes (Blauband): Der Kristallprinz: Die Varganen
Atlan 27: Kristalle des Todes (Blauband): Der Kristallprinz: Die Varganen
Atlan 27: Kristalle des Todes (Blauband): Der Kristallprinz: Die Varganen
eBook587 Seiten6 Stunden

Atlan 27: Kristalle des Todes (Blauband): Der Kristallprinz: Die Varganen

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Über dieses E-Book

8000 Jahre vor Beginn der irdischen Zeitrechnung: Atlan, Kristallprinz und offizieller Thronfolger des riesigen Arkon-Imperiums, wurde seines Throns beraubt. Seit der Ermordung seines Vaters, regiert Imperator Orbanaschol III über Tausende von Sonnensystemen. Orbanaschols Ziel ist, den geflüchteten Atlan zu beseitigen und den "Stein der Weisen" zu finden. Denn von diesem Relikt erhofft er, die Unsterblichkeit zu erlangen.

Als der Krieg mit den Maahks eskaliert, hat das auch Auswirkungen für den jungen Kristallprinzen, denn die Giftgas atmenden Aggressoren setzen ihre neue Geheimwaffe ein. Der so genannte Molekularverdichter öffnet einen Zugang zum Mikrokosmos. Von diesem Molekularverdichter verkleinert werden auch ihr maahkscher Erbauer Grek 3 und die arkonidische Prinzessin Crysalgira, die in die Fänge der Methanatmer geraten ist. Als Atlan den beiden folgt, verschlägt es den Kristallprinzen auf eine Welt voller rätselhafter Hinterlassenschaften ...

Enthaltene ATLAN-Heftromane
Heft 192: "Experimente auf Skantasquor" von H.G. Ewers
Heft 193: "Rückkehr in die Mikrowelt" von Hans Kneifel
Heft 194: "Die Piraten der Mikrowelt" von Hans Kneifel
Heft 196: "Der Blaue von Somor" von Marianne Sydow
Heft 197: "Kristalle des Todes" von Harvey Patton
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum21. Mai 2015
ISBN9783845333267
Atlan 27: Kristalle des Todes (Blauband): Der Kristallprinz: Die Varganen

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    Buchvorschau

    Atlan 27 - H.G. Ewers

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    Nr. 27

    Kristalle des Todes

    Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

    1.

    Prinzessin Crysalgira da Quertamagin: Sie war trotz ihres attraktiven Äußeren kein verwöhntes Luxusgeschöpf, sondern eine tatkräftige Person, die genau wusste, was sie wollte. Sie entstammte dem Thi-Khasurn der Quertamagin und war als Erstgeborene von Regir da Quertamagin, dessen beide Söhne im Krieg gegen die Methans gefallen waren, seine designierte Nachfolgerin. Seit er Khasurn-Oberhaupt mit dem Titel eines »Ta-Fürsten Erster Klasse« war, trug er den traditionellen Vornamen Regir – eigentlich hieß Crysalgiras Vater Ertonn.

    Die Quertamagins hatten etliche Imperatoren gestellt, ebenso Admirale und Mitglieder des Großen Rates. An Rang, Namen und Einfluss standen sie gleichberechtigt neben den Gonozals, Orbanaschols, Zoltrals und anderen Familien, die ihre Familienchroniken bis in die Urzeiten des Großen Imperiums zurückverfolgen konnten. Hätte einer der Quertamagins behauptet, dass ihm die Hälfte von Arkon II gehörte, wäre diese Angabe zweifellos geglaubt worden. Der Reichtum von Crysalgiras Familie hatte längst den Bereich hinter sich gelassen, in dem er noch in Zahlen ausgedrückt werden konnte. Die Quertamagins hatten eine leidenschaftliche Schwäche für Unikate, Kunstwerke, die es nur einmal in der bekannten Welt gab.

    Crysalgira war noch jung, knapp neunzehn Jahre alt, geboren am 2. Prago der Coroma 10.479 da Ark. Meist trug sie ihr silbriges Haar hochgesteckt, sodass die mandelförmigen Augen stärker betont wurden. Die Jochbögen in ihrem Gesicht standen leicht hervor und verliehen ihr einen Reiz, der auf Arkon fast exotisch zu nennen war. Hätte nicht schon die vollendete Figur der hochgewachsenen, schlanken Frau genügt, ihr die Aufmerksamkeit des Hofes im Kristallpalast von Arkon I zu sichern, wäre sie zweifellos durch ihr überschäumendes Temperament aufgefallen. Dazu passte durchaus, dass sie dem jungen Sonnenträger Chergost dom Ortizal zugetan war, der ihre Gefühle erwiderte.

    Die Karriere des jungen Mannes aus dem Tai-Khasurn der Ortizal hatte nach bestandener ARK SUMMIA und Aktivierung des Extrasinns an Bord eines Versorgungsschiffes begonnen, das es fertig gebracht hatte, sich gegen eine siebenfache maahksche Überlegenheit durchzukämpfen. Anschließend war Chergost befördert worden, und bevor noch die Urkunden und Rangabzeichen bei ihm eingetroffen waren, war sein Name schon wieder in sämtlichen Nachrichten aufgetaucht. Bald schon erreichte er den einfachsten Admiralsrang eines Has’athor, eines Admirals Vierter Klasse. Chergosts erkennbarer Ehrgeiz war zunächst auf kein Hindernis gestoßen, er hatte einen kometenhaften Aufstieg hinter sich. Als Familienmitglied eines Großen Kelchs des Mittleren Adels trug er den Titel eines Dom-tiga, eines Dom-Grafen Dritter Klasse. Zeichnete er sich weiter aus, würde ihn nichts von hohen und höchsten Staatsämtern fern halten können; sogar die Ernennung zum Del- oder De-Grafen würde nur eine Frage der Zeit sein.

    Dass sein Interesse für Prinzessin Crysalgira den Unwillen von Imperator Orbanaschol III. erregen könnte, ja dass der Höchstedle selbst »Interesse bekunden« würde, hatten weder der Sonnenträger noch sie erwartet. Den Wünschen und Trieben des Herrschers widersetzte sich niemand – und so war Chergost schneller ins Hauptstützpunktsystem Trantagossa versetzt worden, als er die Brisanz der Situation erfassen konnte. Ausgerechnet in jenes System, von dem ein Drittel der Arkonflotte befehligt wurde und in dem das Große Imperium durch den Überraschungsangriff der Maahks am 2. Prago der Prikur 10.498 da Ark eine nahezu vernichtende Niederlage erlitten hatte. Weil seither der Befehlshaber, Mascant Armakavor Heng, als »verschollen« galt, wurde Chergost vom Imperator als neuer Kommandeur eingesetzt. Dass dieser Posten ein Schleudersitz war, braucht nicht weiter erwähnt zu werden. Orbanaschol hatte den Sonnenträger nicht nur von der Kristallwelt »entfernt«, sondern in eine Position gebracht, in der ihn der kleinste Fehler den Kopf kosten konnte.

    Der Imperator wiederum hatte allerdings die Eigenwilligkeit der jungen Frau unterschätzt, die alles in Bewegung gesetzt hatte, um mit ihrem Geliebten zusammen zu sein. Crysalgira war mit der CERVAX aufgebrochen, einem sechzig Meter durchmessenden Ultraleichtkreuzer, ausgerüstet mit einem hervorragenden, gerade erst generalüberholten Transitionstriebwerk. Die Machenschaften von Versorgungsmeister Grothmyn führten jedoch dazu, dass sie in die Hände von Verbrechern fiel und nur durch die Hilfe eines anderen Gefangenen namens Bel Etir Baj aus dem Asteroidenstützpunkt Krassig entkommen konnte. Im letzten Augenblick war es gelungen, die CERVAX in eine Nottransition zu zwingen, aber mindestens vier Strahlschüsse hatten die Schirmfelder durchschlagen, die Gegner hatten nur zu gut getroffen.

    Als sich Crysalgira entschlossen hatte, Chergost zu retten, hatte es mehr wie ein aufregendes Abenteuer gewirkt und noch viele romantische Züge gehabt. Diese Einschätzung war längst verflogen; die Vertrauten der Prinzessin waren tot, das Raumschiff ein halbes Wrack. Das Notsignal war gehört, angepeilt und Schiffe waren geschickt worden. Aber es waren keine der arkonidischen Flotte, sondern jene Walzenraumer, die jeder Arkonide zu fürchten gelernt hatte. Crysalgiras Notsignal war von Maahks empfangen worden, die die CERVAX nach kurzem Gefecht per Traktorstrahl eingefangen hatten. Völlig erschöpft vom Löschen der Schwelbrände in der CERVAX, war die Prinzessin nun alles andere als tatkräftig. Seit der Ultraleichtkreuzer von den neun Walzenraumern aufgebracht worden war, hatte Crysalgira wie ein Häufchen Elend in ihrem Kontursessel gesessen und war nur einmal aufgeschreckt, als die maahkschen Walzenschiffe in synchronisierte Transition gegangen waren und dabei das Kugelschiff huckepack mitgenommen hatten.

    Ihr kam alles vor wie ein böser Traum, manchmal ertappte sie sich sogar bei dem Gedanken, dass sie auf das Erwachen aus diesem Albtraum wartete. Dennoch wusste sie, dass sie nicht träumte, sondern in einer grauenhaften Realität lebte. Sie befand sich völlig allein in einem Raumschiff, das in die Gewalt der verhassten Wasserstoffatmer geraten und aus eigener Kraft nur noch bedingt flugfähig war. Sie wusste nicht, was die Maahks mit ihr vorhatten. Doch sie hatte schon so viel über diese grausamen Kreaturen gehört. Deshalb rechnete sie mit dem Schlimmsten – immerhin waren ihre beiden Brüder im Krieg gegen die Methans umgekommen. Bisher war allerdings noch kein Maahk an Bord gekommen, doch sie würden mit Individualtastern festgestellt haben, dass die Frau die einzige lebende Person an Bord des Kugelraumschiffs war.

    Crysalgira wusste, dass sie nichts gegen die Methans ausrichten konnte. Allein war sie weder in der Lage, das beschädigte Schiff zu steuern – was wegen der Traktorstrahlen ohnehin misslungen wäre –, noch die Bordgeschütze zu bedienen und wenigstens kämpfend unterzugehen. Sie war den Maahks auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Als ihr Schiff abermals beschleunigt wurde, starrte die Prinzessin angstvoll auf die Bildschirme der Panoramagalerie. Doch sie erkannte außer den neun riesigen Walzenraumern, die die CERVAX umgaben, nur winzige Ausschnitte des sternenübersäten Weltraums. Nicht genug, um ihr eine Orientierung zu ermöglichen.

    Crysalgira zog die Knie an den Leib, legte die Arme darum und nagte an ihrer Unterlippe. Noch immer trug sie den Schutzanzug, den sie für die Löscharbeiten angelegt hatte. Erstmals seit der Aufbringung ihres Schiffes konnte sie sich zu klarer Überlegung zwingen und fragte sich, ob ihr Raumschiff den Maahks wichtige Hinweise auf die arkonidische Technik geben könnte. Wahrscheinlich nicht, denn die CERVAX war nicht das erste arkonidische Raumschiff, das von den Wasserstoffatmern erbeutet worden war. Dennoch hätte die Prinzessin die Vernichtungsschaltung aktiviert, wäre ihr Raumschiff mit einer ausgestattet gewesen. Sie war zwar erst knapp neunzehn Arkonjahre alt und viel zu jung, um zu sterben, aber sie hätte freiwillig den Tod gewählt, wenn sie damit den verhassten Feinden ihres Volkes schaden konnte.

    An Bord der CERVAX: 10. Prago der Prikur 10.498 da Ark

    Crysalgira stieß einen Schrei aus, als der Verband in die nächste Transition ging und der Entzerrungsschmerz ihren Körper durchraste. Bei der Rematerialisierung fiel sie in Ohnmacht, denn es war eine harte Transition gewesen, eingeleitet bei viel zu geringer Anlaufgeschwindigkeit.

    Nach einiger Zeit kam die Prinzessin wieder zu sich. Erneut blickte sie auf die Bildschirme. Sie sah etwas schemenhaft über einen der Steuerbordschirme huschen, vermochte aber nicht zu erkennen, worum es sich handelte, denn im nächsten Augenblick war es verschwunden. Immerhin glaubte sie zu erkennen, dass der Verband nur noch mit geringer Eigengeschwindigkeit durch den Weltraum trieb. Dann tauchte zwischen zwei Walzenschiffen urplötzlich eine gleißende Sonne auf. Eine Sonne, die als glühende Scheibe zu sehen war, bedeutete, dass zwischen ihr und dem Schiff keine interstellare Entfernung lag, sondern eine interplanetarische. Folglich musste der Verband in einem Sonnensystem rematerialisiert sein.

    Prinzessin Crysalgira schauderte. Waren die Maahks am Ziel ihrer Reise? Würden sie ihre Gefangene in ein Lager bringen? Oder würden sie sie bei lebendigem Leibe sezieren, um die Funktion ihrer Organe zu ergründen?

    Als sich unvermittelt das Panzerschott der Hauptzentrale öffnete, fuhr Crysalgira herum. Sie wollte nach ihrem kleinen Handstrahler greifen, doch der Anblick der drei monströsen Lebewesen, die die Zentrale betraten, lähmte sie. Die drei Kreaturen trugen schwere Schutzanzüge mit durchsichtigen Druckhelmen, hinter denen ihre von jeweils vier grün schillernden Augen besetzten, an der Basis bis zu eineinhalb Meter breiten Sichelköpfe deutlich zu erkennen waren. Diese Augen strahlten für Crysalgira kalte Mordlust aus. Sie schlug die Hände vors Gesicht. Als sie merkte, dass sie noch immer lebte, ließ sie vorsichtig die Hände wieder sinken.

    Die drei Maahks standen wenige Schritte vor ihr: riesige, breite Gestalten, die trotz ihrer teilweise arkonoiden Körperformen an belebte Felsen erinnerten – oder an die Eisriesen der Häthora-Sage. Crysalgira glaubte scharfe Ammoniakausdünstungen zu riechen. Eine Weile starrten sich die Arkonidin und die Maahks nur an, dann hob einer der Wasserstoffatmer einen seiner bis zu den Knien reichenden Tentakelarme, klopfte mit den sechs Fingern, die eine Art Trichter bildeten, an seinen Druckhelm und deutete danach auf Crysalgira. Die Prinzessin blickte das Monstrum verständnislos an, begriff es auch dann nicht, als der Maahk seine Geste wiederholte.

    Aber als er auf sie zutrat, schrie sie auf und sprang aus ihrem Kontursessel, um zu fliehen. Doch der Maahk streckte seinen Arm aus, die Finger schlossen sich um den Waffengurt von Crysalgiras Schutzanzug und holten die Frau mühelos zu sich heran. Sie war so entsetzt, dass sie nicht einmal mehr schreien konnte. Sie vermochte keinen klaren Gedanken zu fassen und schloss mit ihrem Leben ab. Aber der Maahk machte lediglich ihren Druckhelm zu und nahm ihr den Handstrahler ab, dann ließ er sie wieder los. Prinzessin Crysalgira sank zu Boden und blieb lange wie leblos liegen. Als sie den Schock überwunden hatte, dachte sie nach und kam zu dem Schluss, dass der Maahk ihr mit seiner Geste nur hatte bedeuten wollen, sie solle ihren Druckhelm schließen. Erst als sie ihn nicht verstand, hatte er es selbst getan. Warum sollte sie ihren Druckhelm schließen? Wollten die Maahks sie auf eines ihrer Raumschiffe verschleppen, die mit einer unter hohem Druck stehenden heißen Wasserstoff-Methan-Ammoniak-Atmosphäre geflutet waren?

    Die Prinzessin rappelte sich auf und sah sich um. Noch immer standen die Maahks reglos in ihrer Nähe. Nur ihre Münder an den faltigen Übergangsstellen bewegten sich zwischen den sichelförmigen Schädelwülsten und den plumpen Rümpfen. Offenbar standen die drei Wasserstoffatmer per Helmfunk untereinander oder mit den Maahks auf den anderen Schiffen in ständiger Verbindung. Langsam ging Crysalgira zu ihrem Kontursessel. Die grün schillernden Augen der Giganten verfolgten sie, doch die Maahks selbst rührten sich nicht von der Stelle. Crysalgira blieb stehen, als sie mit der Hüfte gegen die linke Armlehne des Sessels stieß. Sie seufzte und blickte auf die Bildschirme der Panoramagalerie. Von der großen grellen Sonnenscheibe war nichts mehr zu sehen. Dafür erkannte die Prinzessin die schwach elliptisch verformte Scheibe eines immer größer werdenden Planeten, dessen Atmosphäre streifenförmige Wolkenstrukturen aufwies. Über einen der Streifen wanderte langsam ein kreisrunder dunkler Fleck. Zwischen zwei anderen Wolkenstreifen schob sich etwas hindurch, was zuerst wie eine riesige Knospe aussah und dann wie eine gigantische blutrote Blume, die sich mit der Schnelligkeit explosiv ausdehnenden Gases öffnete.

    Plötzlich begriff Crysalgira, dass die CERVAX, gezogen von den Traktorstrahlen der maahkschen Walzenraumer, auf einen jener von Giftgasen umhüllten Riesenplaneten zuflog, die die Maahks zur Besiedlung oder zur Installierung ihrer Stützpunkte benutzten. Wahrscheinlich wollten sie dort landen. Darum also waren die drei Maahks herübergekommen und hatten dafür gesorgt, dass ihr Druckhelm geschlossen war. Sie wussten offenbar, dass das kleine Arkonidenschiff durch die Turbulenzen und Entladungsstürme der Giftgasatmosphäre äußerst gefährdet war. Crysalgira schloss mit ihrem Leben ab – aber diesmal empfand sie weder Grauen noch Furcht. Ihr war es lieber, in der aufgewühlten Atmosphäre eines Riesenplaneten umzukommen, als von den Maahks langsam zu Tode gequält zu werden.

    Lautes Stampfen riss Crysalgira aus ihren Gedanken. Sie blickte sich um und sah, dass sich einer der Maahks ihr näherte. Als sie furchtsam zurückwich, blieb der Maahk stehen, deutete mit einem seiner langen Tentakelarme auf Crysalgiras Kontursessel und legte dann seine Arme um den Rumpf. Die Prinzessin verstand. Sie sollte sich in ihren Kontursessel setzen und anschnallen. Dennoch zögerte sie. Erst als der Maahk einen weiteren Schritt in ihre Richtung tat, gehorchte sie, weil sie sich vor einer Berührung durch den Wasserstoffatmer fürchtete, wenngleich alle drei Maahks wegen der für sie giftigen Sauerstoffatmosphäre vollständig von ihren Schutzanzügen umhüllt waren.

    Als sie festgeschnallt war, überlegte sie, ob sie mit einer schnellen Handbewegung die Impulstriebwerke ihres Schiffes einschalten sollte. Doch die Maahks schienen ihre Absicht zu erraten. Der ihr am nächsten stehende Wasserstoffatmer trat zwischen die Prinzessin und das Hauptsteuerpult und schaltete die Unterbrecher ein, die die Triebwerke von der Energieversorgung trennten. Anschließend aktivierte er den energetischen Prallschirm. Er musste sich recht gut mit den Kontrollen arkonidischer Raumschiffe auskennen, denn er arbeitete zielsicher, brauchte nicht zu suchen.

    Prinzessin Crysalgira verharrte in steifer Abwehrhaltung, bis der Maahk sich wieder aus ihrer unmittelbaren Nähe entfernt hatte. Danach versuchte sie, sich zu entspannen. Allmählich verdrängte sie die Schockwirkung, die das Auftauchen der gefürchteten Giganten hervorgerufen hatte. Angst mischte sich mit Hass; Crysalgira dachte an die toten Brüder und die schrecklichen Gefechte, die überall im Großen Imperium tobten. Die Arkonidin war sich ständig der Nähe der Maahks bewusst. Inzwischen hatte sich der Verband der Walzenschiffe, mit der CERVAX im Schlepp, dem Riesenplaneten weiter genähert. Die fremdartige Welt füllte den vorderen Teil der Panoramagalerie beinahe völlig aus und schwoll zusehends an.

    In Crysalgira erwachte das wissenschaftliche Interesse und ließ die Furcht vor dem ihr drohenden Schicksal etwas in den Hintergrund treten. Sie sah, dass der kreisrunde dunkle Fleck, der zuvor über einen der Wolkenstreifen gewandert war, verschwunden war. Dafür waren zwei andere, unterschiedlich große, ebenfalls kreisrunde Flecken zu sehen, die über die Wolkenoberfläche des Riesenplaneten wanderten. Die Schatten von Monden, die den Giganten umkreisten.

    Crysalgira verfügte über fundamentale Kenntnisse der Astronomie und versuchte, nach der Größe der Schatten die Größe der Monde zu schätzen. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die Monde eine durchschnittliche Größe haben mussten, die etwa dem halben Durchmesser von Arkon I entsprach. Als sie diesen Wert mit der sich optisch darbietenden Größe des blutroten Flecks verglich, der gleich einer sich öffnenden Blüte aus den Tiefen des Wolkenmeers emporgestiegen war, musste diese Erscheinung dem Durchmesser von mindestens fünf Arkonwelten entsprechen.

    An dieser albtraumhaften Welt schien alles riesengroß zu sein – und dorthin wollten die Maahks sie verschleppen. Crysalgira fröstelte. Als sie daran dachte, dass die Maahks auf der Oberfläche dieses furchtbaren Planeten sicher ebenso lebten wie die Arkoniden auf den drei Arkonwelten, wurde ihr bewusst, wie verschieden Arkoniden und Maahks wirklich waren. Unwillkürlich hielt sie den Atem an, als die CERVAX von den neun großen Walzenschiffen in die Atmosphäre des Riesenplaneten geschleppt wurde. Ein schwaches Rütteln durchlief das kleine Kugelschiff. Stärker wirkte sich die Hochatmosphäre noch nicht aus. Das änderte sich beinahe schlagartig, als die zehn Raumschiffe in die obere Wolkenzone eintauchten. Crysalgira war heilfroh, dass sie fest angeschnallt in ihrem Kontursessel saß, denn die erste Sturmbö erschütterte das kleine Raumschiff trotz des Prallfeldes und der haltenden Traktorstrahlen so stark, dass die Schiffszelle in ihren Verbänden ächzte und stöhnte und die Prinzessin das Gefühl hatte, in einer außer Kontrolle geratenen Zentrifuge zu sitzen. Als das Schiff wieder halbwegs ruhig flog, wandte sie den Kopf und blickte zu den Maahks. Die drei Wasserstoffatmer standen unerschütterlich wie Felsklötze da.

    Auf den Bildschirmen der Panoramagalerie waren nur noch dunkle Wolkenfetzen zu sehen, dazwischen tauchten immer wieder hellere Gasgeysire auf. Kugelblitze – oder Erscheinungen, die großen Kugelblitzen ähnelten – schwebten oder rasten vorüber und erhellten die düstere Szenerie immer wieder. Als eines der hell leuchtenden Gebilde mit dem Prallschirm des Kugelschiffs kollidierte, kam es zu einer grellen Entladung. Zu Crysalgiras Erstaunen gab es weiter keine Wirkung. Das Schiff vibrierte nicht stärker als zuvor. Wenig später sah sie, dass die drei Maahks zu drei freien Kontursitzen eilten und die Rückenlehnen mit ihren starken Tentakelarmen umklammerten. Setzen konnten sie sich nicht, dazu waren sie viel zu groß und zu breit.

    Kurz darauf wusste die Prinzessin, warum sich die Maahks festklammerten. Die CERVAX wurde von mehreren energetischen Entladungen gleichzeitig getroffen. Der Prallschirm verwandelte sich in eine blauweiß strahlende Aureole, die sich ständig verformte. Das Schiff wurde so stark erschüttert, dass etliche bislang intakt gebliebene Instrumente und Bildschirme barsten. Ein Kontursessel löste sich aus seiner Bodenverankerung und flog mitsamt dem Maahk, der sich an die Rückenlehne klammerte, quer durch die Zentrale. Aus den Augenwinkeln sah Crysalgira, wie der Maahk den Sessel losließ und mit Hilfe seines Flugaggregats durchstartete. In halber Höhe zwischen Boden und Decke hielt er an und feuerte mit einem Desintegrator auf den Sessel, der von der Wand abgeprallt war und in Crysalgiras Richtung flog.

    Der Kontursessel wurde völlig aufgelöst. Aber die grünlich schimmernde Gaswolke erreichte die Prinzessin und hüllte sie kurz ein. Sie wurde sich mit einem Gefühl der Verwunderung bewusst, dass der in der Luft schwebende Maahk ihr wahrscheinlich das Leben gerettet hatte. Dennoch empfand sie keine Dankbarkeit für das Wesen. Auch die beiden anderen Maahks ließen ihre Kontursessel los, schwebten zu ihrem Artgenossen empor und verharrten mitten in der Luft. Crysalgira kam zu dem Schluss, dass die Maahks nicht so sehr um die Erhaltung des Mobiliars besorgt waren, sondern befürchteten, bei einem Aufprall an die Wand oder einer Kollision mit einem losgerissenen Gegenstand ihre Schutzanzüge zu beschädigen. Wahrscheinlich würde der Sauerstoff sie augenblicklich töten. Doch vor der Höllenwelt, durch deren Wolkenschichten sie flogen, schienen sie keine Furcht zu empfinden.

    Glücklicherweise durchstieß der Schiffsverband die Gewitterzone relativ schnell. Darunter erkannte Prinzessin Crysalgira eine in bleifarbenes Licht getauchte Gasatmosphäre, in der es fortlaufend zu kleinen Lichtausbrüchen kam. Aus der oberen Wolkenzone rieselte beständig ein Regen von tropfenförmigen, grün und stahlblau schimmernden Gebilden. Worum es sich dabei handelte, konnte Crysalgira nicht feststellen. Die Raumschiffe sanken tiefer. Crysalgira wartete begierig darauf, endlich die Oberfläche des Riesenplaneten zu sehen. Doch ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Es schien, als ginge es endlos tiefer und tiefer, durch einen grundlosen Ozean aus Gasen und undefinierbaren Substanzen.

    Als die Prinzessin bereits versuchte, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen, dass der Riesenplanet überhaupt keinen festen Kern besäße – was ihren wissenschaftlichen Kenntnissen widersprochen hätte –, kam tief unten endlich etwas in Sicht, was wie ein riesiger Ozean aussah. Es musste eine Flüssigkeit sein, die dort unten schwappte, rollte und gischtete, aber die Prinzessin wusste, dass es sich nicht um Wasser handelte. Der Ozean hatte eine riesige Ausdehnung – wie alles an diesem Planeten. Der Schiffsverband ging zum Horizontalflug über und glitt mit relativ geringer Geschwindigkeit in vielleicht tausend Metern Höhe über der Meeresoberfläche dahin. Einmal entdeckte Crysalgira drei gigantische graue, torpedoförmige Gebilde, die aus der Tiefe des Ozeans auftauchten, eine Weile an der Oberfläche verharrten und dann wieder untertauchten. Zuerst hielt die Prinzessin sie für Tauchboote, bis sie erkannte, dass sich die Gebilde geschmeidig bewegten und krümmten. Es verschlug ihr fast den Atem, als ihr klar wurde, dass diese Gebilde, von denen jedes mindestens tausend Meter lang sein musste, Lebewesen waren.

    Sie schauderte. Welche anderen gigantischen Lebensformen mochte es auf diesem Riesenplaneten noch geben? Und auf einem solchen oder ähnlichen Planeten mussten die Maahks sich einst aus tierhaften Vorläuferarten entwickelt haben. Kein Wunder, dass sich ihre Mentalität grundlegend von der arkonidischen unterschied. Crysalgira machte sich klar, dass sie von Wesen wie den Maahks kein Mitleid und keine Gnade erwarten konnte – als weit voraus die stumpfgrauen Wölbungen des Festlands auftauchten, hatte sie sich in Panik gesteigert.

    Crysalgiras Panik wuchs weiter an, je mehr sich der Schiffsverband dem Festland näherte. Noch brachte sie es fertig, sich nichts anmerken zu lassen. Das Festland erwies sich aus der Nähe nicht als die öde Anhäufung von Felsenhügeln, als die es aus großer Entfernung gewirkt hatte. Prinzessin Crysalgira entdeckte bizarre Wälder aus glasartigen kristallinen Pflanzen. Daneben aber gab es andere, vegetationsähnliche Gebilde, riesige, leuchtend blaue Schnüre, die mit einem Ende im Boden verankert waren und sich in den Luftströmungen gleich bewegtem Meerestang wiegten. Diese Schnurpflanzen waren durchschnittlich etwa hundert Meter lang und so dick wie ein normaler Arkonide.

    Die Wunder dieser fremdartigen Welt ließen Crysalgiras Panik wieder etwas abklingen, doch sie schwoll sofort wieder an, als voraus eine Gruppe von Gebilden auftauchte, die nicht natürlichen Ursprungs sein konnten. Es handelte sich um drei spiegelglatte zylindrische Türme von imposanter Größe sowie um neun riesige Kuppelbauten, von denen hauchdünne Kristallschleier aufstiegen und in der Atmosphäre verwehten. Die Bauwerke hatten etwas Besitzergreifendes an sich, etwas, das Crysalgira sofort das Gefühl vermittelte, dass sich die Erbauer der Türme und Kuppeln für alle Zeiten auf dem Riesenplaneten festgesetzt hatten und ihn in seiner ganzen Furcht erregenden Schönheit als ihr Eigentum beanspruchten.

    Einer der Maahks, die inzwischen längst wieder auf dem Boden der Zentrale standen, trat zum Hauptsteuerpult und desaktivierte den Prallschirm. Das Kugelschiff schwankte kurz, als die Gasmassen der Hochdruckatmosphäre gegen die Außenwandung schlugen, dann stabilisierte sich seine Lage wieder. Der Schiffsverband schwenkte nach Backbord ab, umflog die Bauwerke – und plötzlich war für Crysalgira der Blick auf das Areal eines Raumhafens frei. Es war kein provisorischer Raumhafen mit geebneter und glatt geschmolzener Felsdecke, sondern ein hochmodernes Landefeld für Kampfschiffe – mit einer molekularverdichteten Deckplatte aus bestem Metallplastik, mit den lamellenartigen Verschlüssen für Lande- und Startschächte und einem dichten Kranz von kleinen Kuppeln, die zweifellos Traktorstrahler und Energiegeschütze bargen. Den Durchmesser des Raumhafens schätzte Crysalgira auf mindestens dreißig Kilometer. Das war nicht besonders viel, doch wenn die Start- und Landeanlagen vollautomatisiert, die unter der Decke liegenden Wartungs-, Reparatur- und Beladeeinrichtungen vollrobotisiert waren, musste die Leistungsfähigkeit sehr groß sein. Außerdem nahm die Prinzessin an, dass sich auf dem Planeten noch viele weitere Raumhäfen befanden. Sie war jedenfalls sehr beeindruckt von dem, was sie bisher gesehen hatte.

    Der Schiffsverband flog mit geringer Fahrt über den Raumhafen, stoppte und fächerte auseinander. Es gab einen schwachen Ruck, als die CERVAX aus den Traktorstrahlen der neun Walzenraumschiffe entlassen und in die Obhut der bodengebundenen Kraftfelder genommen wurde. Langsam sank das Kugelraumschiff tiefer, setzte gleichzeitig mit den neun Walzenraumschiffen auf einem Lamellenverschluss auf und schwebte schon kurz darauf durch einen Landeschacht in die Unterwelt des Riesenplaneten. Die Bildschirme zeigten, soweit sie nicht in dem furchtbaren Gewitter der Wolkenzone zerstört oder anderweitig ausgefallen waren, zuerst nur die glatte Stahlplastikwandung des Schachtes. In etwa tausend Metern Tiefe weitete sich der Schacht zu einer großen, hell erleuchteten Halle aus, in deren Wänden sich unmittelbar nach dem Aufsetzen der CERVAX Öffnungen bildeten, die unterschiedlich gebaute Roboter ausspien.

    Crysalgira beobachtete, wie die maahkschen Roboter darangingen, ihr Raumschiff gründlich zu untersuchen, wozu sie die Außenhülle an einigen Stellen aufschnitten, als sei sie aus gewöhnlichem Stahlblech. Sie war so in diese Tätigkeit vertieft, dass sie nicht merkte, dass sich ihr einer der drei Maahks näherte. Sie schrak erst auf, als er sie leicht berührte. Crysalgira zuckte zusammen. Der Maahk zeigte sich davon unberührt, deutete erst auf die Prinzessin, dann auf seine Gefährten und sich und danach auf das Panzerschott der Zentrale. Crysalgira brauchte nicht viel Fantasie, um die Zeichen des Wasserstoffatmers richtig zu deuten. Er wollte, dass sie zusammen mit den drei Maahks das Raumschiff verließ. Wieder stieg Panik in der Arkonidin auf. Sie versuchte wegzulaufen, doch der Maahk packte sie erneut am Waffengürtel des Schutzanzugs. Crysalgira wurde zu den beiden anderen Maahks geschleudert, von ihnen aufgefangen und festgehalten.

    Die Griffe der jeweils sechs Finger, von denen zwei Daumen waren, schmerzten Crysalgira. Sie vermutete, dass die Maahks sich ihrer physischen Überlegenheit gar nicht voll bewusst waren und wahrscheinlich annahmen, sie packten leicht und rücksichtsvoll zu. Doch das war nur eine flüchtige Überlegung am Rande der anhaltenden Furcht. Die Nähe der Giganten, die schmerzhafte Berührung ihrer Hände, das alles vermittelte der Prinzessin das Gefühl, von grässlichen Ungeheuern umgeben zu sein, von denen sie nichts als grausame Quälereien zu erwarten hatte. Sie schrie, bis ihr die Luft knapp wurde.

    Inzwischen hatten die Maahks sie durch den Achslift und die Hauptschleuse aus dem Raumschiff geführt. Da ihr Schutzanzug geschlossen war, konnte ihr die extrem dichte und heiße Wasserstoff-Methan-Ammoniak-Atmosphäre, die draußen herrschte, nichts anhaben. Aber sie sah an den Anzeigen ihrer Außendetektoren, durch welche Hölle sie sich bewegte; sie wäre unter der Einwirkung der höheren Schwerkraft – genau 3,1 Gravos – zusammengebrochen, wäre das Kraftfeld des Gravoneutralisators ihres Anzugs nicht auf Standardgravitation eingestellt gewesen. Die hohe Dichte der Atmosphäre dagegen machte sich unangenehm bemerkbar – da ihr Schutzanzug kein starrer Panzer und auch kein Individualschirm aktiviert war, musste das Überlebenssystem den Innendruck erhöhen, um dem Außendruck Widerstand entgegensetzen zu können. Dadurch fiel Crysalgira das Atmen immer schwerer. Ihr wurde schwindlig, und sie brauchte einige Zeit, bis sie wieder freier atmen und klar sehen konnte. Nun befand sie sich allerdings nicht mehr in der Halle, sondern im Innern einer zylindrisch geformten durchsichtigen Druckkammer, in der eine Sauerstoff-Niederdruckatmosphäre und eine für sie normale Schwerkraft herrschten.

    Prinzessin Crysalgira atmete einige Male tief durch. Unterdessen trat zuerst ein einzelner Maahk an die Außenwand ihrer Druckkammer, dann kamen weitere Wasserstoffatmer hinzu, bis wenig später eine lückenlose Mauer dieser riesigen monströsen Lebewesen Crysalgiras Gefängnis umringte. Die Prinzessin wurde von Entsetzen geschüttelt. Das Leben inmitten dieser blassgrauen Ungeheuer erschien ihr unerträglich …

    2.

    Grek 1 von Skrantasquor: Ich drehte mich nicht um, sondern hob nur die Lider der vier nach hinten gerichteten Augenhälften meines Kopfgrats, als der Kommandant meines Führungsschiffs meldete: »Landung eingeleitet.«

    Auf dem vorderen Teil der Panoramagalerie sah ich die dichten Wolkenschleier des Planeten Skrantasquor. Heftige Turbulenzen tobten wie immer in den oberen Bereichen der Atmosphäre. Doch unterhalb der Wolkenzone würde es klar sein. Mein Raumschiff war das größte der auf Skrantasquor stationierten Kampfschiffe und von allen am stärksten bewaffnet. Dennoch hatte es bei den Kämpfen im Trantagossa-System zwei schwere Treffer abbekommen. Dabei war ein Drittel der Besatzung gefallen.

    Mit 17.000 Einheiten hatten wir eines der drei Hauptstützpunktsysteme dieser Sauerstoffatmer angegriffen und mit diesem Überraschungsschlag unserem Feind eine empfindliche Niederlage zugefügt, während unsere Flotte nicht mehr als die vorausberechneten Verluste davongetragen hatte. Vom Planeten Enorketron, dem vierten des Trantagossa-Systems, war ein Drittel der Imperiumsflotte gesteuert worden. Dieses Drittel der arkonidischen Flotte war nun dezimiert und würde für längere Zeit zu keinen schlagkräftigen Aktionen mehr fähig sein. Unser Plan war sorgfältig ausgearbeitet und ebenso sorgfältig ausgeführt worden. Mit dem Ausfall von Enorketron war unsere Stellung auf Skrantasquor, unserem im Herrschaftsgebiet der Arkoniden gelegenen Stützpunkt, 3598 Lichtjahre von Trantagossa entfernt, nahezu unerschütterlich gefestigt. Die Arkoniden würden viel Zeit brauchen, um sich in diesem Sektor neu zu organisieren – und von Skrantasquor aus konnten wir ihre diesbezüglichen Bemühungen nachhaltig stören sowie zu weiteren Schlägen ansetzen. Hinsichtlich der Gesamtbewertung durfte ich zufrieden sein, unsere neuen, verstärkten Schutzschirme hatten die Bewährungsprobe bestanden; der Einsatz des Molekularverdichters als neue Waffe war dagegen nicht so gut verlaufen …

    Ich beendete meine Gedanken über dieses Thema und ging hinüber zu Grek 4. Er hatte sich bei der Raumschlacht in jenem Sektor des Schiffes befunden, in dem sich der zweite Treffer ausgewirkt hatte. Im Unterschied zu den anderen Besatzungsmitgliedern dort war es ihm noch gelungen, seinen Druckhelm zu schließen; er war mit dem Leben davongekommen und wenig später von Medorobotern gerettet worden. Aber er hatte den rechten Arm verloren, die normalerweise blassgrauen Hautschuppen waren fast schwarz. Selbstverständlich war er nach der Behandlung im Bordhospital wieder eingesetzt worden. Da wir ein Drittel unserer Besatzungsmitglieder verloren hatten, wurde jeder Raumfahrer dringend benötigt. Grek 4 arbeitete am Schaltpult für Triebwerkskorrekturen. Sein Gehirn war nicht geschädigt, eine Hand reichte aus, um die Schaltungen zu bedienen. Ich verfolgte seine Tätigkeit eine Weile, dann erkundigte ich mich, ob er bis zur Landung durchhalten würde. Als Grek 4 meine Frage bejahte, kehrte ich an die Seite des Schiffskommandanten zurück, ließ mich in einem Kontursessel nieder und verfolgte das Landemanöver.

    Skrantasquor stellte im Kampf gegen die Arkoniden eine ideale Stützpunktwelt dar, befand sich rund 900 Lichtjahre oberhalb der galaktischen Hauptebene. Der sechste von 21 Planeten des Kratakh-Systems war einer der größten Himmelskörper, die sich wegen ihrer wasserstoffhaltigen Atmosphäre, ihrer Klimabedingungen und des Luftdrucks für eine Besiedlung durch Angehörige meines Volkes eigneten. Wie die meisten dieser Welten war die feste Oberfläche mit rein optischen Mitteln vom Weltraum aus nicht einzusehen. Doch sogar mit hochwertigen, auf hyperschneller Basis arbeitenden Ortungsgeräten war ein Abtasten des Grundes sehr zeitraubend und lieferte keine klaren Ergebnisse. Es erschien mir unwahrscheinlich, dass arkonidische Raumschiffe in absehbarer Zeit entdecken würden, dass Skrantasquor ein wichtiger Stützpunkt meines Volkes war.

    Und selbst wenn die Arkoniden hinter unser Geheimnis kamen, würden sie nicht viel unternehmen können. Unsere getarnten Raumstationen würden die Annäherung feindlicher Schiffe rechtzeitig melden, sodass sich die Schutzflotte formieren und Vernichtungstorpedos weit vor Skrantasquor abfangen konnte. Die Gefahr, dass die Arkoniden Landungskommandos auf Skrantasquor absetzten, bestand erfahrungsgemäß nicht. Ihre Landungsschiffe waren zu leicht gebaut, um die von Stürmen, heftigen chemischen Reaktionen und energetischen Entladungen durchsetzte Wolkenzone heil durchstoßen zu können, während sich auf dem Grund des Planeten die körperlich schwachen Gefühlsdenker nur mit Hilfe von schweren Druckpanzern bewegen konnten, deren Hilfsaggregate den meisten Strom verbrauchen würden, den die Fusionsmeiler der Panzer erzeugten. Nein, um die Sicherheit unseres Stützpunkts brauchte ich mich nicht zu sorgen. Die Natur selbst war in diesem uns aufgezwungenen Krieg auf der Seite meines Volkes.

    Der Kommandant erteilte mit ruhiger Stimme einige Befehle, als das Schiff in die Wolkenschicht eintauchte und beinahe sofort in eine Zone starker energetischer Entladungen geriet. Die Schiffszelle vibrierte, der walzenförmige Rumpf geriet ins Schlingern, da wegen der ausgefallenen Aggregate nicht alle äußeren Einwirkungen kompensiert werden konnten. Interessiert beobachtete ich die Reaktionen der Zentrale-Besatzung. Anerkennend stellte ich fest, dass niemand mehr als das wissenschaftlich vertretbare Maß an Gefühlen zeigte, obwohl sie alle wissen mussten, dass das Schiff wegen der starken Beschädigungen durchaus außer Kontrolle geraten und auf dem Grund zerschellen konnte. Einmal wurde es kritisch, als das Schiff sich bei einem besonders starken Aufprall energetischer Turbulenzen überschlug. Doch kurz darauf wurde die Wolkenzone durchstoßen, in der ruhigeren Klarsichtzone brachte die Besatzung das Schiff wieder unter Kontrolle. Wenig später setzten wir auf dem Areal des Raumhafens auf. Ich meldete mich über Funk beim Hauptquartier und erteilte den Offizieren des Kommandostabs den Befehl, sich im Besprechungsraum einzufinden.

    Skrantasquor: 4. Prago der Prikur 10.498 da Ark

    Als ich den Besprechungsraum betrat, erhoben sich die mir unterstellten Greks und drückten durch ihre Begrüßung den Respekt aus, den sie vor meiner Leistung im Trantagossa-System empfanden. Vorabberichte waren selbstverständlich schon per Kurier übermittelt worden und erste Auswertungen angelaufen. Leicht erstaunt registrierte ich, dass in der Versammlung der ersten zehn Rangordnungen der Chefwissenschaftler Grek 3 fehlte. Ich enthielt mich jedoch einer entsprechenden Frage, denn die anderen würden mir zu gegebener Zeit mitteilen, warum Grek 3 unserer Versammlung ferngeblieben war.

    »Die arkonidische Flotte im Sektor Trantagossa ist für längere Zeit ohne zentrale Steuerung, die Flotte selbst dezimiert«, sagte ich, nachdem wir alle uns gesetzt hatten. »Darauf müssen wir aufbauen.«

    »Vielleicht veranlasst die Niederlage die Arkoniden, endlich einmal streng logisch zu denken und einzusehen, dass sie diesen Krieg nicht gewinnen können«, sagte Grek 5.

    »Das erscheint mir unwahrscheinlich«, entgegnete Grek 2, mein direkter Stellvertreter. »Diese schwachen und hässlichen Wesen halten sich für die am höchsten entwickelte Lebensform dieser Sterneninsel. Dabei zeugen ihre chaotischen und beinahe alles beherrschenden Emotionen gerade, dass sie sich noch auf einer sehr niedrigen Stufe der Evolution befinden. Es ist bedauerlich, dass Intelligenzen wie die Gefühlsdenker schon die interstellare Raumfahrt entwickelt haben.«

    »Unsere Historiker haben Anhaltspunkte dafür gefunden, dass die Arkoniden aus Kolonisten eines weit höher entwickelten Urvolks hervorgingen«, warf Grek 8 ein. »Offenbar haben sie sich nach der ersten Phase der Kolonisation zurückentwickelt, ohne das technische und wissenschaftliche Erbe des offensichtlich längst untergegangenen Urvolks ganz zu verlieren.«

    Davon hatte ich schon mehrfach gehört. Meiner Meinung nach war es nur eine Hypothese – die uns überdies in der aktuellen Lage in keiner Weise half. Wir hatten es mit den heutigen Arkoniden und ihrem so genannten Großen Imperium zu tun.

    »Es ist sehr bedauerlich, dass wir die besten Kräfte unseres Volkes verschwenden müssen, um uns gegen die Arkoniden zu verteidigen«, sagte Grek 7. »Wegen ihrer emotionsgeladenen Mentalität haben diese Wesen das negativste Gefühl entwickelt, das es überhaupt gibt: den Hass.«

    »Sie beschuldigen ihrerseits uns des Hasses auf alle Arkoniden«, sagte Grek 10.

    »Sie können wegen ihrer starken Emotionen nicht klar denken«, warf ich in die Diskussion ein. »Sie halten unsere konsequenten militärischen Maßnahmen für den Ausdruck eines Hassgefühls, das uns völlig fremd ist. Aber wir müssen schließlich konsequent handeln. Immerhin waren es die Arkoniden, die durch ihre emotionsgeladenen Reaktionen den Krieg zwischen unseren Völkern verschuldeten. Sie denken nicht logisch genug, um sich den Sachverhalt einzugestehen.«

    »Folglich müssen wir den Krieg mit mehr Härte weiterführen, bis die Raumflotten der Arkoniden zerschlagen sind und ihr Volk so dezimiert ist, dass es uns nicht mehr bekämpfen kann.« Die vier nach vorn gerichteten Augenhälften von Grek 2 blickten mich auffordernd an.

    Ich wusste, worauf er wartete. Deshalb sagte ich: »Wie Grek Drei empfohlen hatte, wurde die unter seiner Leitung entwickelte neue Waffe versuchsweise eingesetzt. Ihr Vorteil ist zweifellos neben der großen Reichweite die Tatsache, dass sie von Schutzschirmen in keiner Weise behindert wird und unsichtbar arbeitet, sodass die Getroffenen nicht einmal bemerken, dass sie bestrahlt wurden. Ich habe selbst beobachten können, dass der Molekularverdichter funktioniert. Die Wirkung ist eine indirekte, denn die neue Waffe verkleinert keine Raumschiffe als Ganzes. Doch eine Schrumpfung der organischen Besatzung reicht schließlich völlig aus, weil dann das Schiff außer Kontrolle gerät – diesen Vorgang habe ich dreimal selbst mitverfolgen können.«

    »Nur dreimal?«

    »Leider«, gab ich zu. »Der Molekularverdichter ist noch längst nicht genügend ausgereift. Er versagte mehrmals trotz extrem langer Bestrahlungsdauer, manchmal tritt der gewünschte Effekt nur mit großer Verzögerung ein. Völlige Gewissheit darüber gibt es jedoch nicht, denn das Projektorschiff ging bekanntlich verloren. Ein letzter Funkspruch besagte, dass Streustrahlung an Bord wirksam geworden sei und sich die Besatzung ebenfalls verkleinere. Überdies habe es bei Teilen des Schiffes auch unkontrollierte Auswirkungen auf unbelebte Materie gegeben.«

    Ich erinnerte mich an Versuche mit Prototypen des Molekularverdichters, bei denen das Körpergewebe gefangen genommener Arkoniden zwar geschrumpft wurde, die Gehirne jedoch ihre normale Größe behalten hatten. Ein Teil der Strahlung schien bevorzugt mit Individualschwingungsmustern von Lebewesen zu reagieren oder zu interagieren; deshalb reagierte vermutlich organische Materie besonders intensiv. Im Erprobungsstadium waren Wirkungen auf unbelebte Materie dagegen nicht beobachtet worden, obwohl Grek 3 die Forschung in dieser Hinsicht forciert hatte.

    »Ich halte es, nachträglich betrachtet«, fuhr ich fort, »für einen Fehler, dass wir die neue Waffe so früh eingesetzt haben. Im Raumkampf scheint sie mir eher ungeeignet; der Molekularverdichter dürfte sich mehr für das großflächige Entvölkern von Planeten eignen. Da aber die Arkoniden die Verkleinerung ihrer Artgenossen beobachtet haben und in abgehörten Funksprüchen bereits von einem Zwergenmacher die Rede ist …«

    »Sie denken, dass sie anhand der Wirkung das Prinzip analysieren könnten und durch den verfrühten Einsatz gewarnt sind?«, erkundigte sich mein Stellvertreter.

    »Das denke ich, Grek Zwei. Wir hätten mehr Versuche mit dem Gerät anstellen sollen, um seine Wirkung genau zu studieren und es zu vervollkommnen. Unkontrollierte Nebeneffekte, die uns selbst gefährden, machen einen gezielten Großeinsatz illusorisch. Grek Drei wird uns erklären müssen, warum er darauf bestanden hat, den Molekularverdichter jetzt schon einzusetzen.«

    »Diese Erklärung wird er uns schuldig bleiben. Nach Eingang der ersten Berichte vom Projektorschiff und einer kontroversen wissenschaftlichen Diskussion innerhalb der Fachgruppe wollte er demonstrieren, dass der Molekularverdichter durch neueste Modifikationen ausgereift ist und sich bei Bedarf die Wirkung mit einem mitgeführten Kleingenerator für ein umgepoltes Strukturfeld sogar vom Betroffenen wieder aufheben lässt. Er setzte sich deshalb selbst der Strahlung mit maximaler Dosierung aus.«

    »Und?«

    »Die Demonstration war hinsichtlich der Verkleinerung ein voller Erfolg«, berichtete mein Stellvertreter sachlich. »Grek Drei wurde zusehends kleiner, doch dann verschwand er aus dem Erfassungsbereich der Überwachungsgeräte: Niemand weiß, was mit ihm geschehen ist oder noch geschehen wird, sollte er überlebt haben! Fest steht, dass es ihm gelungen ist, die Wirkung auf unbelebte Materie auszudehnen – mit ihm wurden sein Schutzanzug wie auch der Generator verkleinert. Doch entgegen allen bisherigen Erfahrungen konnte Grek Drei von einem bestimmten Zeitpunkt an nicht mehr mit Massedetektoren lokalisiert werden. Er war und ist komplett verschwunden.«

    Ich sah ihn durchdringend an. Bislang hatte der Molekularverdichter zwar organische Körper schrumpfen können, aber ihre Masse dabei nicht verringert. Sogar ein bis auf mikroskopische Winzigkeit geschrumpfter Körper war wegen seiner erhalten gebliebenen Masse mühelos mit einem Massedetektor anzumessen gewesen. Bei den Versuchen war die Verkleinerung bis zu einem Faktor von maximal rund 10.000 möglich gewesen und dann zum Stillstand gekommen. In einem Zwischenbericht hatte Grek 3 hierbei einen Zusammenhang zur Strahlintensität wie auch Bestrahlungsdauer hergestellt und die Möglichkeit angedeutet, dass eine Erhöhung beider Komponenten einerseits zu noch stärkerer Verkleinerung führen, andererseits jedoch von noch unbekannten Sekundäreffekten begleitet sein könnte.

    Die Wirkung war von Grek 3 zwar vereinfachend als »Molekularverdichtung« umschrieben worden, aber das schien nur ein Teilaspekt jener Hyperstrahlung der modifizierten Transitions-Strukturfelder zu sein, die bevorzugt in Wechselwirkung mit Individualschwingungen trat. Grundlage war ein sich schließendes Hyperfeld, durch das die Raumachsen relativ zur Umgebung gezielt verkürzt wurden, während die Eigenmasse des Betroffenen unbeeinflusst blieb. Eine auf diese Weise hyperphysikalisch erzeugte räumliche Verzerrung bedeutete, dass zwar der Betroffene für den außen stehenden Beobachter schrumpfte, die Verkleinerung an sich jedoch nur eine relative war – nicht die Moleküle und Atome des Körpers wurden zusammengestaucht, sondern es handelte sich um einen Verzerrungsfaktor der Raum-Zeit-Struktur im Verhältnis zur Umgebung des Standarduniversums.

    »Es war ungefähr so, als sei er plötzlich aus unserem Kontinuum verschwunden, vergleichbar einer Transition ohne sofortige Rematerialisation im Standarduniversum«, ergänzte Grek 5. »Jedenfalls wurde ein schwacher Strukturschock angemessen. Wir sehen es als durchaus möglich an, dass es dabei zu einem Übergang in ein komplett eigenständiges Fremduniversum kam. Ob Grek Drei versuchte, den Prozess wie von ihm geplant umzukehren, wissen wir nicht. Kurz bevor er verschwand, wurde mit dem Strukturschock auch eine Energieeruption angemessen, die mit dem Molekularverdichter interagierte, auf ihn zurückschlug und ihn explodieren ließ. Wir müssen weiter experimentieren, um alle Nebeneffekte zu untersuchen und zu ergründen.«

    »Wir gehen davon aus, dass auch Grek Drei von dieser Wirkung überrascht wurde«, ergänzte Grek 2. »Bedauerlicherweise hatte er die Daten der letzten Modifikationen des Molekularverdichters noch nicht vollständig gespeichert. Weil das Aggregat vernichtet wurde, verfügen wir leider nur über einen Teil seines Wissens. Inwieweit die anderen, teilweise noch sehr massiven Prototypen voll funktionsfähig oder wie ihre Modifikationen vorzunehmen sind, müssen erst die weiteren Experimente zeigen.«

    »Für dieses Versäumnis wird sich Grek Drei verantworten müssen, sollte er jemals zurückkehren«, sagte ich, obwohl aus logischen Gesichtspunkten dafür die Wahrscheinlichkeit eher gering war. Selbst wenn er noch lebte und die Überlebensausstattung seines Schutzanzugs nicht beschädigt war, war das ihm zur Verfügung stehende Zeitfenster für eine Rückkehr zwangsläufig begrenzt. »Er hat uns mit seiner Leichtfertigkeit schweren Schaden zugefügt. Uns bleibt nichts weiter übrig, als auf dem aufzubauen, was wir wissen, und weiterzumachen. Der neue Grek Drei wird deshalb zunächst die zur Verfügung stehenden Messwertprotokolle genau auswerten und analysieren, dann sehen wir weiter.«

    Wir besprachen die Einzelheiten des weiteren Vorgehens und wechselten das Thema. Vor allem war es wichtig, dass die Reparaturwerften angewiesen wurden, sich auf das Eintreffen beschädigter Einheiten vorzubereiten, die selbstverständlich auf Umwegen nach Skrantasquor flogen, um die Position unseres Stützpunkts nicht zu verraten. Nach letzten Meldungen waren rund achttausend unserer Schiffe beim Angriff auf das Trantagossa-System stark beschädigt worden. Diejenigen Schiffe, die weder aus eigener Kraft ins Kratakh-System zurückfliegen noch abgeschleppt werden konnten, würden von ihren Besatzungen logischerweise vernichtet werden, damit sie nicht dem Gegner in die Hände fielen. Die übrigen aber mussten in den Reparaturwerften so schnell wie möglich wieder instand gesetzt werden.

    Nicht, dass wir in naher Zukunft einen Angriff der Arkoniden auf Skrantasquor befürchteten, aber wir mussten den Umstand maximal nutzen, dass die Gefühlsdenker wegen der Verwüstung des Trantagossa-Stützpunkts in einem ausgedehnten Raumsektor keine zentral gelenkten Aktionen durchführen konnten. Skrantasquor war einer der am weitesten ins Herrschaftsgebiet der Arkoniden vorgeschobene Stützpunkt. Folglich hatten wir den Umstand der Lähmung eines Drittels der arkonidischen Flotte durch gezielte Blitzaktionen gegen weitere arkonidische Sonnensysteme zu nutzen.

    Nach und nach kehrten auch die letzten der bei Trantagossa eingesetzten Verbände ins Kratakh-System zurück. Die einzelnen Raumschiffe legten entweder an den getarnten Raumstationen an, reihten sich in die zurückgebliebene Schutzflotte ein oder landeten auf den Raumhäfen von Skrantasquor und den Monden, um in den Hangarschächten zu verschwinden. Die anderen Greks des Kommandostabs organisierten die Reparaturen beschädigter Einheiten, den Abtransport von Verwundeten, die Versorgung der Schiffe mit Ersatzteilen, Verpflegung und Raumtorpedos sowie die Betankung mit Katalyse-Deuterium. Damit hatte ich direkt ebenso wenig zu tun wie der neue Grek 3, der sich ausschließlich dem Molekularverdichter widmen musste.

    Ich ließ die Kampfberichte der Schiffskommandanten und Verbandskommandeure von der Positronik hinsichtlich strategischer und taktischer Fehler analysieren. Diese Auswertung war notwendig, damit jeder Fehler nachträglich erkannt wurde und wir die Gründe ermitteln konnten, die zu ihm geführt hatten. Nur dadurch vermieden wir, dass Fehler mehr als einmal begangen werden konnten. Das Ergebnis der Analysen war gut. Es wies nur eine geringe Fehlerquote aus, die lediglich auf Missverständnissen bei der taktischen Realisierung der strategischen Planung beruhte.

    Diese Tätigkeit beanspruchte mich einige Tage, bis die Funknachricht des Grek 1 eines kleinen Verbandes einging, in der der Kommandeur mitteilte, seine neun Einheiten hätten mit Traktorstrahlen ein kleines Arkonidenschiff eingefangen. Die Nachricht enthielt die Information, dass sich an Bord ein lebender Passagier befand – ein weiblicher Vertreter des arkonidischen Volkes. Der Kommandeur fragte an, was mit dem erbeuteten Raumschiff und der Gefangenen geschehen solle.

    Ich brauchte nicht lange nachzudenken, um zu einem Entschluss zu kommen. Das Kugelschiff war nicht besonders interessant, aber es musste dennoch genau untersucht werden, damit wir feststellen konnten, ob es irgendwelche Neuerungen barg. Vielleicht ließ es sich auch für ein Täuschungsmanöver verwenden. Erheblich interessanter war auf jeden Fall der weibliche Passagier. Wir Maahks wussten zwar weitgehend über die Art und Weise der Vermehrung der Arkoniden Bescheid. So beispielsweise, dass die weiblichen Vertreter dieser Gattung meist nur ein Junges warfen, selten zwei oder drei, und dass die Tragzeit relativ lang war. Doch wir hatten bisher kaum Gelegenheit gehabt, die Organe eines weiblichen Wesens der Arkoniden zu untersuchen oder die Mentalität eines weiblichen Vertreters der Gefühlsdenker mit der Mentalität seiner männlichen Artgenossen zu vergleichen. Auf unserem gut ausgebauten und eingerichteten Stützpunkt verfügten wir über alle Möglichkeiten, Physiologie, Psyche und Funktion eines Gefangenen zu untersuchen. Folglich hatten wir die Pflicht, jede sich uns bietende Gelegenheit wahrzunehmen. Ich befahl dem Kommandeur des Verbandes deshalb, sowohl das erbeutete Raumschiff als auch die Gefangene nach Skrantasquor zu bringen.

    Der Grek 1 des Verbandes meldete sich über Funk bei mir, nachdem sein Verband durch die obere Wolkenzone gestoßen war. Er teilte mit, dass sich die Arkonidin in der Obhut von drei Raumsoldaten befand, die an Bord des Arkonidenschiffes übergesetzt waren. Er berichtete ferner, dass die Inneneinrichtung des Beuteschiffs weiter beschädigt worden war, als der Verband ein mittelstarkes Gewitter durchflogen hatte.

    Ich befahl ihm, den Raumhafen des Hauptstützpunkts anzusteuern, zu landen und alle seine Schiffe sowie das Beuteschiff in die Tiefhangars zu bringen. Nachdem er den Befehl bestätigt hatte, setzte ich mich mit der Positronik der Raumhafenanlagen in Verbindung und veranlasste, dass das Arkonidenschiff sofort nach Ankunft in einem Hangar von Spezialrobotern untersucht wurde. Die Gefangene sollte so schnell wie möglich in einer Unterdruckkammer untergebracht werden, in der die gravitatorischen und atmosphärischen Bedingungen simuliert wurden, wie sie dem Arkonidenstandard entsprachen. Anschließend unterrichtete ich die anderen neun Mitglieder des Kommandostabs – für den verschwundenen

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