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Medizin im Wandel: Erfahrungen aus fünf Jahrzehnten Medizin, 1967-2015
Medizin im Wandel: Erfahrungen aus fünf Jahrzehnten Medizin, 1967-2015
Medizin im Wandel: Erfahrungen aus fünf Jahrzehnten Medizin, 1967-2015
eBook178 Seiten8 Stunden

Medizin im Wandel: Erfahrungen aus fünf Jahrzehnten Medizin, 1967-2015

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Über dieses E-Book

In den letzten Jahrzehnten hat sich ein technologischer Wandel vollzogen, der unser aller Leben verändert hat. Sei es im Straßen- oder Luftverkehr, in der Verarbeitung und dem Angebot von Lebensmitteln oder in der Telekommunikation - überall erleben wir die Moderne.
In der Medizin ist es nicht anders. Darum geht es in diesem Buch: aufzuzeigen, welche Veränderungen sich in kürzester Zeit vollzogen haben, teils einschneidend spürbar, teils fast unbemerkt von Patient und Arzt. Und die Veränderungen umfassen nicht nur die wissenschaftlichen Fortschritte sondern auch den Umgang mit der Krankheit, mit Aufklärung, Wahrhaftigkeit und Selbstverantwortung.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum22. Apr. 2015
ISBN9783735707703
Medizin im Wandel: Erfahrungen aus fünf Jahrzehnten Medizin, 1967-2015
Autor

Matthias Krüger

Dr. Matthias Krüger, Jahrgang 1949, studierte Medizin in Hannover. Anschließend durchlief er eine wechselhafte ärztliche Tätigkeit, auf die er zurückblickt. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und zwei Enkelkinder. Als leidenschaftlicher Mediziner erlebt er den Wandel in seiner Wissenschaft und spürt ihm in dem autobiographisch gefärbtem Text seines Buches nach.

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    Sehr interessant, ich habe die Lektüres dieses Buches sehr genossen.

Buchvorschau

Medizin im Wandel - Matthias Krüger

Celsus-Bibliothek in Ephesus, Westtürkei. Erbaut 114-125 n.Chr., römisch. In dieser Bibliothek wurden 12 000 Schriftrollen aufbewahrt, darunter die Schriften des Homer und Hippokrates, die beide Jahrhunderte vorher in diesem Kulturraum zuhause waren. In den Nischen stehen die Tugenden Sophia = Weisheit, Arete = Charakter, Vortrefflichkeit, Ennoia = Urteilskraft und Episterne = Sachverstand. Diese Bibliothek steht als Symbol für die lange Geschichte der Heilkunde

Inhaltsverzeichnis

Vorwort und Danksagung

Krankenpflegepraktikum 1967

Studium 1967-1973

Vorklinik

Klinisches Studium – Semester 6-8

Lernen und Arbeiten außerhalb des Lehrplanes

Promotion

Praktisches Jahr und Staatsexamen 1972-1973

Ärztliche Tätigkeit

Medizinalassistent in Kassel 1973-1974

Assistenzarzt in Chirurgie und Gynäkologie 1974-1975

Arzt und Entwicklungshelfer in Banyo/Cameroun 1975-1978

Assistenzarzt in Deutschland und Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin 1978-1982

leitender Arzt in Sakbayémé/Cameroun 1982-1985

niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin in Isernhagen 1986 – 2012

Medizin im Wandel – Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Vorwort und Danksagung

Am Ende meiner Tätigkeit als niedergelassener Arzt für Allgemeinmedizin versuche ich, orientiert an meiner Biographie und meinen ethischen Grundeinstellungen, eine Rückschau auf 48 Jahre erlebte Medizin. Mein Dank gilt meinen Lehrern aus den Gründungsjahren der Medizinischen Hochschule Hannover, besonders posthum dem von mir sehr geschätzten Professor Dr. Fritz Hartmann, auf den ich in dieser Schrift immer wieder zurückkommen werde.

Doch mein Dank schließt auch all die Kollegen ein, die mich in den späteren Jahren begleitet und bereichert haben, insbesondere Dr. Georg Hoerster und Dr. Wolf Wülfing, mit denen ich so lange und intensiv zusammen gearbeitet habe. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der sogenannten medizinischen Assistenzberufe habe ich kennen und schätzen gelernt. Ob es Krankenschwestern und Pfleger in deutschen Krankenhäusern waren oder ihre Kolleginnen und Kollegen in Afrika, Altenpflegekräfte oder die medizinischen Fachangestellten in der eigenen Praxis - fast allen fühlte ich mich im gemeinsamen Engagement und der Fürsorge für die kranken Menschen verbunden. Dankbar bin ich den vielen Patienten, die oft beeindruckende und berührende Lebensläufe und Schicksale mitbrachten, sich mir anvertrauten und mir beim Lernen für mein eigenes Leben Beispiel gaben.

Mein Dank gilt auch Frau Dr. Karin Geiger und Dr. Christoph Lücke für die Durchsicht des Textes und ihre hilfreiche Kritik.

Der Text ist so geschrieben, dass ihn in der Regel auch Laien verstehen können. Wenn ich doch den einen oder anderen Fachbegriff nicht erklärt haben sollte, so bitte ich um Rückfrage. Obwohl ich ausdrücklich die zunehmende Präsenz von Frauen in allen Bereichen der Medizin begrüße, benutze ich oft die männliche Form für Arzt, Patient und ähnliche Begriffe. Dies ist der Vereinfachung beim Lesen geschuldet.

Ich wünschte mir, dass zukünftige Heilkundige aus der Erzählung meiner Erfahrungen lernen könnten. Wir modernen, westlichen Menschen leben nur nach vorn. In anderen Kulturen ist das anders, da wird das Leben in sich wiederholenden Zyklen gelebt. Rainer Maria Rilke (1875-1926) beschreibt diese Lebenshaltung im Gedicht: „Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn.... Aber selbst wir zielorientierten, modernen Menschen wurzeln in den Erfahrungen der Geschichte. „Wer aus der Geschichte nicht lernen will, ist dazu verurteilt, sie zu wiederholen. Dieser Satz des spanisch-amerikanischen Philosophen George Santayana (1863-1952) steht unausgesprochen hinter jedem historischen (Nach)Denken.

Ich widme diese Schrift meinen Kindern Tillman und Rosemarie, die ebenfalls den ärztlichen Beruf gewählt haben. Und ich widme sie in großer Dankbarkeit meiner Frau Brigitte Krüger, die meinen beruflichen Weg nicht nur miterlebt, sondern mich dabei auch engagiert und mitfühlend begleitet hat.

Isernhagen, im März 2015

Matthias Krüger

Krankenpflegepraktikum 1967

Am 1. August 1967 begann mein Krankenpflegepraktikum im Krankenhaus Oststadt, Hannover. Ich war eingeteilt auf die Station 4A, chirurgische Männerstation. Es gab 2- bis 6-Bettzimmer mit einer kleinen Waschecke, abgeteilt durch einen Vorhang. Die leitende Stationsschwester (genannt Öse) war Schwester Lieselotte. Über ihr genaues Alter kann ich nichts sagen, sie mag um die 50 gewesen sein. Sie war eine ruhige, meist ernste Frau. Sie trug wie alle Krankenschwestern zu der Zeit eine Schwesternhaube und wohnte am Ende der Station in einem kleinen 1-Zimmer-Appartement. Die Arbeitszeit war geteilt, d.h. es wurde vormittags und nachmittags gearbeitet, über Mittag war meist nur eine Kraft auf der Station. Schwester Lieselotte war morgens die erste und abends die letzte. Ehe sie abends in ihr Zimmer ging, war sie in jedem Krankenzimmer gewesen, hatte mit den Patienten geplaudert und sich nach dem Befinden und Zustand eines jeden erkundigt.

Es lagen über 40 Männer auf der Station. Viele waren noch jung. Aber von den Älteren hatten etliche einen „Streckverband. Das war ein großes Gestell aus Metallrohren, die am Bett angeschraubt waren. Oben an einem Querrohr befand sich eine Rolle, über die ein Seil lief, an dem hinter dem Bettende ein Gewicht hing. Das andere Ende des Seiles verschwand unter der Bettdecke des Patienten. Es war festgemacht an einem Metallbügel. Dieser Bügel war festgeschraubt an einem Metalldraht, der oberhalb des Kniegelenkes durch das Bein des Patienten gebohrt war. So wurde das Bein des Kranken „gestreckt. In der Regel hatten sich die Patienten durch einen Sturz den Hals des Oberschenkelknochens gebrochen. Durch den Muskelzug verkürzt sich das Bein und der Knochen kann nicht heilen, da die Bruchenden keinen Kontakt mit einander haben. Dies wurde im Streckverband verhindert und ausgeglichen durch den Zug des Gewichtes am Bein. Für den Patienten bedeutete das, 10- 12 Wochen im Bett zu liegen, immer auf dem Rücken, alle Aktivitäten vom Waschen bis zur Verrichtung der Ausscheidungen erfolgten im Krankenzimmer, meist in Gegenwart von fünf anderen Männern. Es wurde auf den Zimmern und im Bett geraucht.

Wenn ein neuer Patient im Streckverband auf die Station kam, dann wurde unter uns geraunt und diskutiert, ob dieser Mensch wohl überleben würde oder sterben wie viele der Betroffenen. Lungenentzündung, Dekubitus (Wundliegen), Lungenembolie – die Sterblichkeit war immens. In Schwester Lieselottes Gegenwart durfte so nicht spekuliert werden, aber in der Spültoilette, wo wir die Urinflaschen und Schieber reinigten, da war auf dem Balkon auch immer Zeit für ein Gespräch. Mein Anleiter war Dieter, ein ca. 35-jähriger Pfleger, einziger Mann im festen Stamm des Pflegepersonales auf der Station. Von ihm lernte ich zu betten, zu waschen, den Po des Patienten nach dem Stuhlgang sauber zu machen, Patienten für die Operation am folgenden Tag vorzubereiten, lockere Sprüche zum Trost für Schmerz und Trauer zu sprechen und doch die Arbeit ernst zu nehmen. Gemeinsam mussten wir die Verstorbenen in den Leichenkeller bringen. Meist starben die Patienten im Badezimmer der Station. Wenn es dem Ende entgegenging, wurde das Bett mit dem Patienten aus dem Zimmer gefahren. Meist redete dann keiner ein Wort, und nur selten wurde von den Mitpatienten noch mal nachgefragt, ob die ehemaligen Zimmerkollegen nun auch wirklich verstorben waren. Im Keller war uns mit der zugedeckten Leiche unter dem Laken meistens unheimlich, und so pfiffen oder lärmten wir. Und waren froh, wenn die Leiche im Kühlraum untergebracht war.

Einmal rief mich Schwester Lieselotte ans Telefon. Sie lächelte: „Ihre Mutter. Ist wohl nichts mit dem Studienplatz." Doch sie war dabei so vergnügt, dass ich ihr nicht glaubte. Und wirklich, ich hatte einen Studienplatz an der MH Hannover bekommen. Nicht in Göttingen, meiner Geburtsstadt, wohin ich mich an erster Stelle beworben hatte. Jedoch Hannover war mir auch recht. Schließlich war es eine Neugründung, erst 1965 mit dem ersten Jahrgang an Studenten eröffnet. Neue Ideen des Studienverlaufes sollten in Hannover umgesetzt werden. Die Gebäude standen noch nicht, aber auf dem Roderbruchgelände wurden intensive Vorbereitungen getroffen für den Bau der Hochschule auf einem Campus – Forschung, Lehre und Patientenbehandlung in unmittelbarer Nähe zu einander.

Unsere Vergütung während des Praktikums bestand aus dem Mittagessen. Dieter nahm mich immer mit zum Essen. Hier aß ich das erste Mal im Leben einen Joghurt. Und ich genoss es, am Mittagstisch mit anderen Kräften des Personals zu plaudern. Die Welt der Krankenpflege war mir ja neu. Der Stationsarzt, ein Perser, nahm mich nicht wahr. Er war auch selten auf der Station, meistens im Op. Die Verbände machten die Schwestern.

Vor dem Fenster des Essraumes spielten die Kinder des Betriebskindergartens. Den brauchte man, denn es herrschte Schwesternmangel. So groß war der, dass Krankenschwestern aus den Philippinen angeworben wurden. Zunächst hieß es, sie würden einige Jahre bleiben und dann nach Hause zurück gehen. Doch sie waren freundlich und hübsch, einsam und jung. Und so heirateten fast alle innerhalb weniger Jahre in Hannover einen deutschen Mann.

An einem Betriebsausflug nahm ich teil. Mit dem Bus ging es zu einem Gasthof außerhalb Hannovers. Es gab gut zu essen und dann Tanzmusik. Ich freundete mich mit einigen Schwesternschülerinnen an, die im Wohnheim neben dem Krankenhaus wohnten. Herrenbesuch verboten. Am Eingang saß den ganzen Tag eine ältere Schwester und passte auf. Abends mussten die jungen Frauen bis 22:00 Uhr im Hause sein, sonst gab es einen Verweis.

Nach und nach wurden mir immer anspruchsvollere Aufgaben übertragen: Medikamente austeilen, nach den –noch sehr seltenen- Infusionen sehen, Blutentnahmen vorbereiten, Fieber messen, mittags allein auf der Station bleiben, frischoperierten Patienten aus dem Bett helfen, sie lagern, Fäden ziehen usw. Die zwölf Wochen formten meinen Umgang mit Patienten für das ganze Berufsleben. Oft bekam ich später zu hören: „Dass Sie so gut pflegen können! Die meisten Ärzte können das gar nicht." Das stimmt ja sicher nicht. Aber es ist auffallend, dass Ärzte oft nicht mit anfassen, wenn es um die Pflege geht.

Studium 1967 – 1973

Am 16. Oktober 1967 wurde ich an der MHH immatrikuliert. Auf dem Gelände der Tierärztlichen Hochschule (TiHo) am Braunschweiger Platz stand ein Fertiggebäude, darin fanden die Anatomiekurse statt. Chemie und Zoologie lasen die Professoren der TiHo in ihren Räumen. Physik und Botanik gab es in der ehemaligen technischen Hochschule (TH) im alten Welfenschloss. Heute heißt sie Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Universität. Unsere offizielle Begrüßung fand durch Professor Dr. Fritz Hartmann in Gegenwart der Eltern im Audimax der TiHo statt. Wir waren der dritte Studentenjahrgang mit 80 Studentinnen und Studenten. Der Frauenanteil lag bei etwa 20%. Wir lernten uns schnell kennen. Drei von uns verstarben während der kommenden 6 Jahre, einer an einem angeborenen Herzfehler, einer erstickte beim Schnüffeln von Klebstoff und der dritte erschoss sich am Studienende im Prüfungsstress.

Das Motto der MHH lautet unitas – Einigkeit im Grundsätzlichen, libertas – Freiheit in Zweifelsfällen, caritas – Nächstenliebe in Allem. Ob dieses Leitwort Verpflichtung ist oder Apell für ein anzustrebendes Ideal?

Vorklinik

Das erste Studienjahr war vor allem vom Erlernen der Anatomie geprägt. Professor Herbert Lippert (geb. 1930) verknüpfte seine Vorlesungen mit Dias aus seiner Sammlung der bildenden Kunst, zeigte uns die

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