Kulturhistorische Betrachtungen des Klabautermanns - Zehntes Bändchen: Das Verlassen des Schiffes durch den Klabautermann sowie die Erzählsagen der Gruppe "Der Klabautermann verlässt das Schiff" mit dem Nachwort zur Reihe "Kulturhistorische Betrachtungen des Klabautermanns"
Von Siegfried Harmel
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Über dieses E-Book
Die Seemänner aus der Zeit des 14. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts fürchteten nichts mehr als das Verschwinden ihres Schiffsgeistes. Trägt er dabei ein Bündel unterm Arm, ist das Schiff verloren, die Mannschaft jedoch wird gerettet. Sieht man ihn dagegen mit leeren Händen, dann sind auch die Seefahrer nicht zu retten.
Hat er seinem Gefährt einmal den Rücken gekehrt, taucht er nicht wieder auf. Es gibt keinen weiteren Lebenszyklus und keinerlei Aktivitäten des Klabautermanns, nachdem er das Schiff verlassen hat. Deshalb enden spätestens mit seiner Abkehr vom Schiff alle Sagen vom Klabautermann.
In diesem letzten Bändchen wird ein scheinbares Versäumnis nachgeholt. Wir haben uns immer bemüht, die Anzahl der Titel im Literaturverzeichnis jedes Bändchens möglichst knapp zu halten, was bei der Fülle der benutzten Quellen nicht immer erfolgreich war. Nunmehr informiert das zehnte Bändchen planmäßig alle Interessierten über die von uns benutzte Hintergrundliteratur.
Das Nachwort zur Reihe „Kulturhistorische Betrachtungen des Klabautermanns“ enthält den Dank ihres Autors an seine Tochter, die Klabautermann-Malerin Cornelia Harmel, den „Klabautermann-Club für Deutschland“, unter dessen Protektorat die Forschungen standen, die Partner in den Verlagen seiner Bücher zur Klabautermann-Tradition sowie die Übersetzer von Texten aus fünf Sprachen.
In den aktuellen Positionen zur Reihe wird betont, dass es von 2011 bis 2015 gelungen ist, die Bestandteile der Klabautermann-Sage ausführlicher als in allen bisherigen Arbeiten des Autors darzulegen. Als spezifische Zusammenfassung der Reihe dienen die Präsentationstexte des Verlages Books on Demand für jedes der zehn Bändchen.
Nunmehr heißt es Abschiednehmen von unseren treuen Lesern. Vielen Dank für Ihr Interesse an der Klabautermann-Tradition!
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Buchvorschau
Kulturhistorische Betrachtungen des Klabautermanns - Zehntes Bändchen - Siegfried Harmel
Autor
1. Das Verlassen des Schiffes durch den Klabautermann
Hört das Klopfen und Poltern an Bord auf und tritt absolute Stille ein, heißt es: Um das Schiff steht es schlecht, denn der Klabautermann hat es verlassen und zeigt dadurch kommendes Ungemach gar den Untergang an. Und wenn der Schiffsgeist geht, dann stehen die Dinge nicht gut. Meist ereignet sich dergleichen binnen kurzem tatsächlich.
Hobelt der Klabautermann Bretter, weist das auf sein baldiges Verschwinden hin. Denn diese spezielle Zimmermannsarbeit wird vom abergläubischen Schiffsvolk mit der Vorstellung von Tod und Sargbrettern verknüpft. Unter den Fahrensleuten gab es das geflügelte Wort: „Wenn er klopft, dann bleibt er – wenn er hobelt, dann geht er."
Die rügensche Sage von Ruthwer und dem Klabautermann zeigt demgegenüber: Selbst bei noch so großen Verfehlungen der Hauptgestalt sind sie und ihr Schiff sicher, solange der Klabautermann an Bord weilt. Ergreift er indes die Flucht oder wird, wie in diesem Falle, mit seiner Kiste ins Wasser geworfen, ist alles aus und der Schipper hat von da an weder auf Glück noch auf Segen zu hoffen.
Gewöhnlich weigert sich der Klabautermann, sein Schiff im Stich zu lassen. Er unternimmt im Gegenteil große Anstrengungen, um es zusammenzuhalten, und macht sich nicht davon, bevor es sinkt oder ausrangiert wird. Verschwindet er, hat es keinen Sinn, eine Fahrt überhaupt fortzusetzen. Sein Abgang vollzieht sich auf vielfältige Weise, ebenso die Art, wie er der Crew zuvor ein Zeichen gibt.
Nur in einer Sage fand sich eine Bemerkung, wonach der Klabautermann das Schiff kurz vor dessen Ankunft im Heimathafen verlässt, um die bevorstehende sichere Rückkehr anzukünden.
Verschiedentlich ermöglicht seine Voraussicht es dem Klabautermann, von einem dem Verderben ausgelieferten Schiff fortzugehen, während es noch im Hafen liegt.
Es überwiegen jene Angaben, die das Verlassen des Schiffes mit dessen unheilvoller Zukunft verbinden. Mehrfach tritt „der Klabautermann vor einer ausweglosen Situation, an der die Mannschaft schuld ist, vor den Kapitän, nimmt von ihm Abschied und löst sich ganz einfach in Luft auf "¹* ². Anderenorts fliegt er vor den Augen des Kapitäns oder der todgeweihten Besatzung schlichtweg davon. In einer etwas abgewandelten Version taucht der Klabautermann kurz vor dem Sinken des Schiffes beim Kapitän auf, um Abschied zu nehmen, und schwebt danach hinfort.
Kann der Klabautermann ein Verhängnis nicht mehr aufhalten, tut er das kund, indem er den höchsten Mast erklettert und ins Wasser springt. Nach anderen Aussagen stürzt er sich mit großem Getöse von einem hohen Punkt des Schiffes in die Fluten.
In Estland kennt man viele Versionen zur Abkehr des Klabautermanns, von denen hier nur auf deren markanteste Elemente eingegangen wird. Es heißt, dass der Schiffsgeist vor seinem Weggang allemal einen Wink gebe: So tauche er hoch auf dem Mast mit einem spöttischen Lachen auf oder springe ins Wasser. Und sieht man ihn im Hafen an Land gehen, wisse ein jeder: Das Schiff