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Sag‘ mir wie man sein Herz tötet: Xelke mirine silav dikin
Sag‘ mir wie man sein Herz tötet: Xelke mirine silav dikin
Sag‘ mir wie man sein Herz tötet: Xelke mirine silav dikin
eBook288 Seiten4 Stunden

Sag‘ mir wie man sein Herz tötet: Xelke mirine silav dikin

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Über dieses E-Book

Franziska, eine verheiratete deutsche Frau, verliebt sich wieder in ihre Jugendliebe. Doch es ist nicht ein Held wie in ihren Träumen, sondern Mustafa, ein gescheiterter Türke, der sie in ihren Bann zieht. Franziska begibt sich auf Spurensuche.

Eine Frau träumt in ihrem tristen Ehedasein jahrelang von ihren romantischen Jugendjahren, bis sie wieder auf eine alte Liebe trifft, und damit verändert sich ihr Leben. Erst verliebt sie sich wieder in einen Türken, dann später in einen Kurden. Sie sucht Hilfe bei einem alten Freund, um die verhängnisvollen Ursachen zu verstehen, die sie immer tiefer in ihr Unglück treiben. Hin und her gerissen gerät sie zwischen ihrer Lust und die Werte unserer Gesellschaft.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum23. Okt. 2014
ISBN9783735733948
Sag‘ mir wie man sein Herz tötet: Xelke mirine silav dikin
Autor

Friederike Kielisch

Friederike Kielisch, Pseudonym geboren 1965 in Wolfsburg, Niedersachen

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    Buchvorschau

    Sag‘ mir wie man sein Herz tötet - Friederike Kielisch

    Fillias

    1.Teil

    Frühjahr 1985

    Ergün Sevgilim,

    Sag‘ mir: „ Welcher Gegner ist gefährlicher: Der, welcher sich kontrolliert, oder der, der sich instinktiv von seinem Gefühl leiten lässt?"

    Die Antwort war: „Der Gegner, der sich selbst nicht mehr kontrolliert, denn dann wir dieser auch nicht mehr für seinen Feind berechenbar."

    Nun, meine Fähigkeit war nie die Kontrolle. Im Fluss der Zeit vertraue ich auf mein Gefühl.

    Ich bin nun eine Zeitreisende.

    Eine Zeitreisende, auf den Spuren ihrer eigenen alten Wahrheit. Damals, im Jahre 1985, war ich ein junges Mädchen aus „guten Hause mit den besten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Leben. Zwar waren meine biologischen Eltern bereits seit Jahren getrennt, aber nun ich hatte Zugang zu Büchern und durchaus Freiräume. Was mir am meisten dort fehlte war eine Bezugsperson, und jemand der mir zuhörte, und mich verstand, eben menschliche Wärme und nicht nur bloßes Versorgt werden mit den Segnungen der immer breiter werdenden Konsumgesellschaft. Familiäre Herzlichkeit und Geborgenheit. Mein Zuhause war nach außen gerichtet, bedacht auf Status und den sogenannten „guten Ruf. Für mich zu kalt und oberflächlich.

    Und so verliebte ich mich in einen jungen sensiblen Mann, der aus genau umkehrten Verhältnissen kam, eine warmherzige aber nicht so gut situierten Abstammung. Das war genau der Harken, seine fremde Herkunft sollte auf Grund meiner Sozialisation nicht zu mir passen. So sollte ich erzogen worden sein. Das Spannungsfeld der Werte begann.

    Jahrelang hatte ich mich davor in eine eigene Welt begraben, mich mit unseren Dichtern beschäftigt, und mir ein eigenes Welt Gefüge zusammen gebastelt. Ich konnte nie wie andere Mädchen sein, ich lebte irgendwo, in Träumen, und schrieb selber Gedichte, und studierte auch Lao Tse, sein Tao te King, beispielsweise.

    Einfach um zu lernen, das Leben ist ein Tal, von Bergen umschlossen, und wir jeden Tag einen Berg zu ersteigen haben, und doch jedes Mal, wenn wir es geschafft haben, ein neuer Berg auf uns wartet. Auch wenn unser Atem immer dünner wird.

    Manchmal erscheint doch der Berg unüberwindlich und zu hoch, und wir stürzen ab, und müssen von vorne anfangen, doch erst wenn auch dieser Berg geschafft ist, können wir weiter gehen.

    Aber auch dies war genau das, was mich mit Ergün verband. Und als ich ihn fand, stand er erst noch am Anfang seiner Kung Fu Berge, er wurde darin später einmal Weltmeister. Schon damals war er berauschend und wundervoll, voller Fantasie und Elan.

    Bis die wirkliche Welt uns einholte, denn manche Berge sind von Mauern umgeben. Meine Grenze war Europa, bis Griechenland schaffe ich es, doch niemals weiter hinaus. Das stand nur in Deinen Pass, aber das warst Du nicht. Ich wählte diesen Weg, der sogenannten Freiheit, bis zum Tod. Und doch ist Liebe ein Licht, das auch über Mauern springt, auch wenn ein Kampf vergeblich scheint.

    Wir hatten es uns so sehr gewünscht, damals, ich hatte sogar schon ein Hochzeitskleid, ein schwarzes mit goldroten Stickereien aus Afghanistan, und er schenkte mir alles Gold, das er besaß…

    Aber er war ein Sohn von Gastarbeitern, mit sunnitischer Abstammung, und er konnte neben mir, meiner Wirklichkeit und Familie nicht bestehen, meine Waffen reichten nicht aus, diesen Kampf zu bestehen. Eine junge Frau, die sich nicht traute, das finale Risiko zu bestehen. Zu rational und kalt waren meine Realität, aber meine Gefühle nie! Zur Pflicht erzogen, um die Kür zu opfern.

    Ergün hatte es nie leicht gehabt. Er war der älteste Sohn einer sehr weisen und intelligenten Frau die mit 16 Jahren zwangsverheiratet wurde, damit sie bloß nicht in einer griechischen Provinzstadt die Ausbildung zur Krankenschwester beginnt. Ihr Mann war erheblich älter. Ihre ältere Schwester hatte die Hochzeit eingefädelt, manchmal glaubt Fatima dass es aus Neid gewesen sein könnte, denn Fatima war eine Hübsche mit herausragenden schulischen Leistungen. Doch sie hatte Glück im Unglück, denn ihre Schwiegermutter war sehr stolz auf sie, und herzlich ihr zugetan. Man könnte sagen: dankbar für diese Tochter. Beide hielten nicht besonders viel von Männern, im scherzhaften Sinne gemeint, glaube ich. Wenn ich mit Fatima redete, sprach ich etwas griechisch mit ihr, mit ihrem Mann türkisch. Fatima sagte dann: „Du sprichst Dorftürkisch! Sie meinte mein Dialekt. Ich lächelte dann charmant, und antworte: „Fatima, ich komme doch vom Dorf! Bei Ergüns Eltern hatte ich keine Angst so zu sein wie ich bin. Jeder Mensch fühlt sich dort wohl. Mit 17 Jahren bekam sie Ergün, er muss ein Prachtbaby gewesen sein, der Stolz der gesamten Familie. Fatima ließ ihn in den fürsorglichen und liebevollen Händen ihrer Schwiegermutter, um dann in Deutschland zu arbeiten. Sie arbeitete ihr ganzes Leben hart für die Familie, ihr Mann eher weniger, er, vom Dorf, fürchtete sich etwas vor der deutschen Welt. Er kam sich nicht so wertvoll vor. Mit acht Jahren holten sie Ergün zu sich, er wurde gelockt mit goldenen Versprechungen, die sich in seinen Augen leider nicht erfüllten. Mit 12 Jahren bekam er die Verantwortung für seinen zweiten Bruder aufgetragen, und es folgte noch ein Dritter. Das Einzige was Ergün Halt und Kraft gab, war der Sport. Das machte ihn wertvoll. Ergün fühlte sich nie als Türke, aber nun als Grieche…das war er ja nun auch nicht. Im Grunde heimatlos, aber im freien Deutschland. Sein erster Kung-Fu Lehrer war ein älterer deutscher Herr, er lehrte ihm Thai-Chi. Dieser Herr übernahm alle Funktionen der Integration, Vertrauen. Ergün hatte wenig Zugang zu der türkischen Kultur, hier in Deutschland, aus einem gemischten Elternhaus, griechische Türken. Seine zweite Begabung war die Fantasie, und Träume. Er wollte dann sein Wissen teilen, an all den Anderen, die dafür empfänglich sein könnten. Das machte ihn besonders: Er, der nirgends dazu gehörte, öffnete sich. So lernte ich ihn kennen, über meine allererste und beste Freundin, sie war so fasziniert und auch verliebt in ihn, ich sollte ihn unbedingt kennen lernen. Mit anderen Worten: Veni,Vidi, Vici. Ob das nun ein ruhmreicher Sieg von mir war, sei dahin gestellt. Meiner Familie jedenfalls hatte er nicht genug vor zuweisen. Zähneknirschend akzeptierten sie unsere Bekanntschaft. Ich komme aus einer sehr weltoffenen und toleranten Familie, dort schaut man aber immer auf den einzelnen Menschen, und vertraut auch seinen Kindern. Also ich musste nie heimliche Spielchen spielen, meine Familie kannte immer meinen Umgang. Jeder der mir bekannt war, durfte auch in unser Haus, ich fand das als normal. Ich kenne keine Lügner und Betrüger in meiner Welt. Das haben Ergüns und meine Familie gemeinsam. Auch als gutbürgerliche Dorftochter. Doch für Ergüns Eltern war ich die Schwiegertochter par exzellente. Gebildet, warmherzig und höflich, ach und hübsch, nicht zu vergessen, lach. Doch in unserer Beziehung knirschte es trotz aller Geborgenheit und Wärme gewaltig. Ergüns Kosmos war so gewaltig, dass für meine persönliche Entfaltung wenig Raum blieb. Nun auch hatte ich andere Lebensziele als er. Ich war ehrgeizig, ich wollte höhere Bildungserfolge, und es scheiterte eben an zu wenig geistigen Raum. Des Weiteren, nein, ich wäre nie konvertiert, auch wenn Ergüns Familie es bestimmt nicht niemals nie forciert hätte. Fatima und ich hatten ein sehr entspanntes Verhältnis zur Religion. Weiß nicht, nein, ich wollte aber in Wahrheit auch einfach nicht die Mutter seiner Söhne werden. Das hätte mir nie gereicht. Somit es war schon eine ehrliche Liebe, aber es mit Worten auszudrücken: Es gibt wirklich Wichtigeres als das jeweilige andere Geschlecht.

    „Ergün, ich weiß, Du hättest damals auch gern Einiges anders gemacht, ich weiß nun, Du glaubst wir hätten es schaffen können und müssen… wir hätten uns glücklich machen können, aber wir waren zu leidenschaftlich!"

    Wenn wir zusammen waren, waren wir immer Eins, wie Ying und Yang, so sagtest Du, ich wurde Deine Symbiose. Es war eine wunderbare Zeit, unsere eigene Vergangenheit, unser nie endender Respekt.

    Und er und ich wissen heute, er ist mein Ursprung der folgenden Geschichte.

    Und später, nach unserer Zeit, fand er Katja, ein Mädchen mit blonden Haar, das ihn bezauberte, aber auch ihn zerbrach. Jahre später. Es war einfach von außen ab zu sehen, doch Männer können ganz gut ihre Augen verschließen, besonders wenn sie etwas beweisen wollen!

    Besonders junge Männer.

    Noch immer fühle ich Dich, wir schauen in unsere Augen und lesen in den Anderen. Wir fühlen einander, ich trage Dich…mein Bruder.

    Ich zerbreche niemanden, niemanden den ich liebe, oder liebte, niemals…den Anstand bis zum Schluss auch noch das Gute zu sehen und zu suchen, lasse ich mir niemals nehmen! Auch wenn ich dafür Opfer bringen muss, ist doch das, was ich nur allein zu ertragen habe, denn wer kennt schon die Wahrheit? Niemand von außen kann das Innere eines Menschen bewerten und ermessen, es gibt keine Schubladen in denen man sich vor der Welt verstecken kann, es ist immer ein Teil von Allem.

    Ich hoffte noch, sie, Katja, sei gut und richtig für ihn, denn ich gab ihr etwas Seltenes, etwas Kostbares, denn meine Liebe war und ist stärker als jede Vernunft und Eifersucht. Schließlich jemanden zu lieben, bedeutet nur das Beste zu wollen, auch wenn das eigene Herz dabei blutet.

    Er jedoch ließ sich von ihr hinreißen, und er merkte es damals auch nicht, seine Lebenserfahrung war noch nicht so weit wie heute.

    Und ich lief in eine Leere, Gefangene einer Einsamkeit…Niemand und Nichts…Alles war wertlos wie zuvor und oberflächlich.

    Der Schmerz, ein unendlicher Schmerz…

    Wer schon sollte es jemals wieder schaffen meine Wunden zu küssen? Es wurde mir fast egal…

    Nur er glaubte an Mich, immer, an die Prinzessin, seine Wald Fee, er redetet es sich ein, um im Himmel sein zu können.

    Doch nur ich wusste, was ich aufgab.

    Ach, mein Leben, wie egal ist das, ich war mir egal. Eine glänzende Hülle. Ob ich Wert hatte in meinen Gefühlen oder nicht, ich spürte es nicht mehr.

    So kam ich zu den Entschluss, wenigstens noch ein nützliches und sinnvolles Leben zu führen.

    UND NIEMALS MEHR MEINEN SCHMERZ ZU ZEIGEN.

    Bis zu diesem letzten Mal.

    Wir trainierten draußen, auf den Wiesen unserer Kleinstadt. Ergün, unsere Kung Fu Gruppe, etwas 20 junge Männer unterschiedlichster Herkunft(Griechen, Türken, Deutsche) und ich. Alle hatten sich dem Kampfsport verschrieben, nun nur ich war immer einfach da, zuerst, über ein halbes Jahr hatte ich nur zugeschaut, ja, nun ich hatte auch den Meister ganz privat für mich gehabt, und irgendwann fing ich auch an, im Scherensprung über Zäune zu hüpfen. Doch die Anderen trainierten noch nebenbei viele verschiedene Varianten des Kung-Fu, wie Karate oder Kickboxen.

    Es war nie wirklich mein tiefstes Interesse, aber Ergün versuchte auch mich einzubeziehen. Er war so stolz auf mich, sein Traum, ein liebreizendes Mädchen, das nur süß lächelte, wenn es kämpfen sollte. Mein höchster Gurt war allenfalls orange, im Judo, den ich nebenbei in der Schule gemacht hatte. Aber in unserer Gruppe hatten wir alles, nur keine Luschen, eben Karate schwarz, Taek Won Do, ab Blau, Braun, Schwarzgold, eher so etwas.

    Ich war als einziges weibliches Wesen bei ihnen, wie gesagt, mit einem Gurt auf unterster Ebene, und etwas Tai Chi Kenntnisse.

    Doch heute spürte ich, Ergün wollte besonders nett zu mir sein, besonders jetzt, nach unserer Trennung. Doch was seine Liebe und Respekt zu mir war, hielt ich für Mitleid.

    Denn nachdem wir unsere Aufwärmübungen untereinander absolviert hatten, war nun ich an der Reihe mit ihm, unseren Meister, zu kämpfen.

    So stand ich ihn also gegenüber, ich sah ihn, sah in seine geliebten Augen, sah sein Haar, maß seinen Körper und die Bewegungen ab, ich roch ihn, er war mir so vertraut…

    Ich begann ihn zu umkreisen, bevor ich meinem Angriff begann, mit einem wirklichen Angriff, im Angriff noch bewusst bereitete ich einen wirklichen Kampf vor. So ließ ich alle Regeln außeracht, mit dem Wissen, nur so könnte ich, ohne Kontrolle und nur dem Instinkt nach, wie eine wild gewordene Tigerin, mich leiten lassen. Um dazu fähig zu sein, muss der Adrenalin Spiegel hoch gepuscht werden, darauf konzentrierte ich mich, auf alle Aggression in mir und auf meinem Atem.

    Vor den Augen aller seiner Schüler, verprügelte ich den Meister, einen damaligen 8-fachen Schwarzgurt.

    Es war mir egal ob er mich abwehrte, es war mir egal ob ich mich selber verletzte, ich zerriss seine Trainingskleidung, ich kratzte und biss, brach mir meine Nase an, und spürte in meiner Rage nur das Pochen meines Blutes, und meinen Herzschlag am ganzen Körper.

    Er wollte mich stoppen, abwehren und festhalten, doch selbst wenn ich kurz zu Boden ging, stand ich wieder auf…Doch irgendwann konnte ich nicht mehr, stand da, völlig derangiert mit blutigen Streifen an meinem Oberkörper, und gab auf.

    Dies war das wirkliche Ende. Er konnte nun nicht mehr mein geliebter Freund und Meister sein.

    Die Lage war hoffnungslos, es machte keinen Sinn.

    Mein Gefühl war zu stark, stärker, als meine Fähigkeit zur Selbstbeherrschung, oder Selbstbetrug.

    So war ich, so bin ich.

    Ich hatte die Regeln missachtet.

    Und ich starb im tiefsten Innersten.

    Ich starb sehr langsam, es dauerte Jahre, bis ich etwa selbst 21

    Jahre zählte.

    Es ging ein Graben danach durch unsere Trainingsgruppe.

    Die Deutschen und Griechen behandelten mich freundlich wie zuvor, und akzeptierten von nun an meine Distanz.

    Zum Training kam ich nicht mehr regelmäßig. Nur noch zu einigen besonderen Anlässen. So bemühte ich mich auch um andere Bekannte zu kümmern, die nicht zu diesem engen Kreis gehörten.

    Zum Glück hatte ich damals viele Kontakte, und so vermittelte mir eine Schulfreundin einen Job in einem Kaffeegarten, so dass ich die leere Zeit sinnvoll nutzen konnte, um etwas Geld neben der Schule her zu verdienen.

    Geld, eigentlich brauchte ich nicht viel Geld für mich Selbst, nun ja, ich verdiente nun mehr als ich im Alltag brauchte, davon ging ich aus, kaufte mir schöne Kleider und fing einfach mal an, zu sparen.

    So suchte ich mir neue, rationale Ziele, und wollte wie andere jungen Frauen das Leben genießen.

    Doch immer wenn mich Ergün sah, warnte er mich, und kritisierte mein Freizeitverhalten, denn er wusste, ich war auch abends, besonders an den Wochenenden, in Diskotheken unterwegs, allein. Es kam mir jedoch auf das Tanzen an, auf die Musik. Schon immer haben mich gewöhnliche Menschenansammlungen gelangweilt, ich stand am Rand und beobachtete nur das Treiben.

    Sicherlich hatte ich wie immer etliche Verehrer, aber wer sich mich anbot, entfachte nie mein Interesse. Hingezogen fühlte ich mich selten zu jemanden. Und wenn ich die Oberflächlichkeit nicht mehr aushielt, suchte ich nur noch Wärme und Geborgenheit.

    Und die fand ich bei Ali. Alis Bruder, der auch Ali hieß, war ein Trainings Kamerad. Da er auch nicht so ein hoher Kampfgrad hatte, ist er oft mein Übungspartner gewesen, und ich wusste, ihn konnte ich vertrauen. Daran merkt man es, wenn man mit jemanden trainiert, denn so etwas hat fast ausschließlich nur mit Vertrauen zu tun. Er sah mich allein in der Disko unserer Stadt, und als ein lieber Bekannter war er stolz, mir seinen älteren Bruder vorstellen zu können.

    Ali fing mich also einmal mit den Worten ab: „Schau mal Franziska, soll ich Dir mal meinem Bruder Ali vorstellen? Der ist draußen, und er hat einen weißen BMW!"

    Oh Ali, der Ältere, konnte grinsen wie ein Kobold, freundlich und verschmitzt, zugleich. Ganz stolz waren beide Brüder auf den schicken BMW, tiefer gelegt, mit Spoiler, den sie besaßen.

    Zwei warmherzige Brüder, ich spürte reine Freundlichkeit.

    Und na klar, ich durfte mitfahren, ganz vorne, während auf der Rückbank sich bis zu fünf türkische Kumpels quetschen mussten. Immer, wenn ich nicht wusste, wie ich nach Hause kommen sollte, war später Ali der Ältere für mich zur Stelle.

    Wir verbrachten nach Tanzabenden so manche Nacht zusammen, in der Form, das wir dann irgendwo mit den Kumpels Tee tranken, Lamacun aßen und wilde Türkenmusik hörten, oder einfach nur schwatzten. Unsere Liebling Themen waren: „Liebeskummer", Religion und Zukunftsplanung.

    Es verwundert mich schon sehr, dass wir uns trotzdem so fremd geblieben sein sollen. Damals, in unserer Kleinstadt, kannte ich doch die Jungs aus dieser Generation. Keiner von denen war jemals frech und unhöflich zu mir. Weiß nicht, könnte es sein, das es an meinem Bekanntheitsgrad gelegen haben kann? Wohl eher nicht. Vielleicht war ich auch einfach nur ein Alien, hm, wohl eher auch nicht. Nein, ich hatte nie das Gefühl das sie mich nicht mochten, oder anzweifelten oder kritisierten. Die Jungs aus dieser Generation nahmen Deutschland einfach so hin wie es war, und sie lernten selbstverständlich deutsch. Dass ihre Eltern es oft schlechter konnten, erklärt sich von selbst. Und in diesem Moment entstanden Probleme. Die Kinder, draußen bei uns in der Welt, doch die Eltern schön gemütlich türkisch verrammelt, Zuhause. Einige Male bekam ich etwas von den persönlichen Schwierigkeiten mit, wenn ich mit meinen sog. Kumpels (Brüdern) nach der Disko nachts noch im Teesitzkreis saß, und hey, echt, ich aus dem Dorf war angewiesen auf sie, denn irgendjemand musste mich ja sicher ins Dorf nach Hause bringen. Irgendjemand mit ‘nem BMW. Nun, wir bildeten Sitzkreise, und jeder sagte das, was er dachte, oder ihn bewegte. Es gab Tee, es gab immer TEE. In diesen für Zwerge gedachten Tassen. Einer sagte: „Mein Vater möchte das ich zurück in die Türkei gehe, zur Schule, um dann Imam, oder so, zu werden! Er war traurig, doch hat niemals das Gebot seines Vaters angezweifelt. „Nun, warum denn das? fragte ich, doch er zuckte nur hilflos mit den Schultern. Er hatte einfach nicht gewusst, wo er ansetzen sollte, um es mir zu erklären. Nun, aber das doch absolute mit mir favorisierte Lieblings -Thema war: „Liebeskummer. Ha, da hatten sie doch mal live ein weibliches Wesen am Wickel! Türken sind absolute Profis im Bereich Liebeskummer! Damals jedenfalls. Nie hätte ich gedacht, dass sie so hochgradig emotional darüber sich ergehen konnten. Es so ernst nahmen, es so nahe an sich heran ließen. Ein deutscher Junge in dieser Altersgruppe harkte es kurz mit sich selber ab, besoff sich, und Ende. Schade eigentlich bis heute, das oft türkische Frauen dies nie mitbekamen. Viele denken immer noch bis heute, ihre Jungs sind eiskalt, hart und gruselig. Gruselig ist höchstens die verzerrte Sichtweise. Die Distanz zueinander. Leider kann ich es nicht beurteilen, ob sich dort etwas verändert hat, in all den Jahren. Und wenn, dann nicht genug, auf jeden Fall. Unsere deutschen Jungs waren auch verwirrt, wussten in dieser Zeit auch nicht, wie man am besten ein idealer Kerl wird. Zu viele Einflüsse kamen in dieser Zeit auf einmal auf alle von uns zu. Na ja, ich hatte es nicht so schwer, es gab für mich auch noch Griechenland, auf das ich sparte, weil ich unbedingt einmal nur dorthin reisen wollte, und andere Ziele. Wahrscheinlich bin auch nur ich wirklich frei gewesen, bis ich mich später entschloss, konkret sesshaft und verheiratet zu sein. Ich fand das gut und sinnvoll. Es war bei uns immer ein erstrebenswertes und positives Lebensziel gewesen. Für beide. Mit Sicherheit habe ich mich dafür relativ früh entschieden, denn es gab mir nichts…Diese Partyzeit ohne Ende, das wird mit der Zeit auch langweilig! Lustig ist es allerdings gewesen, das auch die türkischen Jungs das so sahen, und sich bemühten für mich, ihrer fast „Schwester, nur die allerbesten Optionen mal so heraus zu kramen. Reich sollte ich dann sein, und gut versorgt, und einer der meine Gedichte liebte. Das wollten sie für mich. Ich lächelte nur darüber, und hörte mir die Vorschläge an. Das habe ich nie wirklich ernst genommen. Es war so gut gemeint…Das weiß ich heute. Aber ihr Lieben, das Freisein bedeutet auch dass man eigenverantwortlich und frei seinen Weg geht! Glücklich kann man nur sein, wenn man das für sich selber erreichen kann. Kein Prinz kommt angeritten! Sowas gibt es nur im Märchen. Es tut zwar weh dies zu erkennen, ist aber so. Meiner Meinung nach steckte viel Potenzial grade in dieser damaligen türkischen Generation. Das ist das Fazit. Umso verwunderter bin ich nun, was daraus geworden ist. Manchmal habe ich wirklich das Gefühl, das die heutigen Generationen der damaligen aus meiner Kleinstadt nicht das Wasser reichen kann… Sowas von primitiv und billig, unfassbar! Es ist schon fast ein Geschenk, wenn von denen überhaupt einer akzeptables sprachliches Level erreicht hat, geschweige ein gewisses geistiges Niveau! Ich sage nur: Ihr habt Euch zu sehr verrammelt! Ihr wart zu depressiv und in der Vergangenheit verhaftet, habt in einer Schublade gelebt, so, ihr habt zu wenig erreicht! Party ohne Ende…Ergüns Warnung. Regeln und Grenzen … Ach, wie wäre denn mal meine Alternative? Eigenverantwortung und Selbstdisziplin.

    Party ohne Ende, Konsumgüter und Ich-Bezogenheit, bringt unser Leben gemeinsam nicht weiter! Aber nächtliche gemeinsame Teesitzkreise eigentlich schon. Es ist schön, im Angesicht zu schwatzen, ich meine wirklich zu reden, sich zuhören. Keine lauten dröhnenden Orte. Keine Orte wo man sich präsentieren muss, heraus putzen muss, und eine Rolle spielen. Einfach nur da sein, mit offenen Augen. Einige haben es aber geschafft. So verblendet bin ich nicht, dass ich das nicht unterscheiden kann.

    Aber leider zu wenig Eurer Söhne!

    Es trauert mich darum, dass so viele Träume untergegangen sind.

    Ali, der Ältere, durfte mich auch privat zu Hause besuchen. Manchmal rief er einfach an, mal hatten wir beide Langeweile, er nach der Arbeit, und ich nach der Schule. So kam er einfach vorbei, und ich kochte ihm nach bosnischer Art einen türkischen Mocca, das hatte ich damals in Bosnien gelernt, als wir dort den zweiten Mann meiner Mutter besuchten, der sich dorthin aus beruflichen Gründen versetzen ließ. Dann redeten wir, er vertraute mir alles an, oder wir fuhren in seinem Auto umher. Er sprach oft von seiner großen Liebe, einem zartem Mädchen aus dem Nachbardorf. Er liebte sie so sehr, doch wollte er genau wie ich, in seiner Kultur bleiben, er wollte moslemische Kinder. Es zerriss ihn wie mir die Seele, unser Herz. Dieser Ali hat nie geheiratet später… Und später machte ich zu unseren gemeinsamen Bekannten den Witz, dass mein Mocca schuld war. Ja, Ali mein Freund, auch Dich nehme ich in meine Seele auf, wenn auch nur ein winziges Stück, denn wir waren nie verliebt ineinander. Unser Vertrauen und Ehrlichkeit bleibt bestehen. In dieser Zeit schrieb ich Gedichte, und war immer froh, wenn ich diese einem Zuhörer erklären konnte. Wir lachten viel, und er kam mir mit sunnitischer Koranlehre, das was er in der Moschee mitbekommen hatte. Interessant ist vor Allem die Auslegung des Alten Testaments, welche ja die Grundlage des jüdischen, christlichen und islamischen Glaubens ist. Ja, im Islam wird auf die wortwörtliche Übersetzung beharrt, während wir Christen durchaus in der Lage sind, unseren Glauben der Wissenschaft und der Evolutionsgeschichte anzugleichen, oder zu reformieren. Jedenfalls wir evangelisch lutherischen Deutsche. Von Ali lernte ich, seine Sichtweise einer Friedensreligion, er lehrte mir, das friedliche Betrachten seines Glaubens. Ergün sprach nie mit mir in der Form darüber. Ali hat

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