Gut behauptet ist halb bewiesen: Satire und Humor aus dem «Nebelspalter»
Von Jürg Ritzmann
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Über dieses E-Book
Ergeben Tempo-30-Zonen in Städten Sinn, wie unterschiedlich funktionieren Mann und Frau beim Möbelkauf, und weshalb lohnt sich das sogenannte Schöntrinken nur bedingt? - In «Gut behauptet ist halb bewiesen» erhalten Sie fundierte Informationen eines Experten, der es mit Sicherheit nicht weiss.
Nach seinem erfolgreichen Erstling «Halbwissen ist ganz stark verbreitet - über Unwissen weiss man zu wenig» legt Jürg Ritzmann satirisch nach: Die besten Beiträge der Rubrik «Ritzmann erklärt die Welt» aus dem Humor- und Satiremagazin «Nebelspalter» zusammengefasst und illustriert. Als wäre das nicht genug, gibt es teils unveröffentlichte Texte obendrauf.
«Gut behauptet ist halb bewiesen» punktet mit miesen Vergleichen, absurden Gedankenspielen und teils wirren Ausführungen, - stets mit einer gehörigen Portion Selbstironie und Humor. - Ein Schmankerl für Satirefreunde und alle, die es eigentlich nie werden wollten.
Jürg Ritzmann
Jürg Ritzmann, geb. 1974, aufgewachsen in Schöftland AG, hat eine Banklehre absolviert und sich in BWL weitergebildet. Seit 2000 erscheinen regelmässig Texte im Humor- und Satiremagazin «Nebelspalter». Ritzmann hat zwei Söhne und lebt in Zürich. Kontakt via juergritzmann@gmail.com Insta 74rizzi Lust auf mehr? Ebenso erhältlich: «Halbwissen ist ganz stark verbreitet - über Unwissen weiss man zu wenig» (ISBN 978-3-7568-6927-5)
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Buchvorschau
Gut behauptet ist halb bewiesen - Jürg Ritzmann
Für Julia
Inhaltsverzeichnis
Paradoxon Tempo 30
Alles Bot oder was?
Der Richtungsänderungsanzeiger
Aaachtung!
Todesfalle Apfel
Mach es selbst
Frösche küssen
Brennpunkt Postbote
Die Waage
Geile Hühner
Heute: Schöntrinken
Der kleine Unterschied
Liebe Cydia
Wenn Finn stört
Gefällt mir
Seemänner töten
Aus dem Maschinenraum
Möbel kaufen
Heldentum*in
Verdampft
Goldene Fliesen
Die Gepäckausgabe
Über das Skifallen
Ahoi vom Hirn
Schlau beim Bau
Lange Autofahrten
Alles bleibt besser
Wenn einer eine Reise tut
Füsilier zum Glück
Das Kuchendiagramm
Der Morgenzug
Über Angebot, Nachfrage und Tennis
Not gegen Elend
Wir sind die Besten
Intelligenz von Haustieren
Superheld*innen
Auf den Bus warten
Heute auf der Karte: Fisch
Was soll ich anziehen?
Brennpunkt Sportwagen
Wirf das Stöckchen für Aisha
Rufen Sie an
Reden über Hitze
Ein Hoch der Begabung
Lehrer: Note 1
Heute: Der Regenschirm
Pilz und Post
Lachen über Witze
Forever young
Der Postbote
Maximilian schlägt zu
Fortsetzung folgt
Von Äpfeln Birnen
Gesund leben
Vorhang auf
Strom fürs Volk
Von vorne nach hinten nach vorne
Paradoxon Tempo 30
Strassenverkehr und Wissenschaft sind eng miteinander verknüpft. Jedes Kind (mit bestandener Velofahrprüfung, natürlich) weiss zum Beispiel, dass sich der Bremsweg ab Tempo 120 km/h halbiert, ab zirka 165 km/h und Regen je nach Reifenprofil Aquaplaning auftreten könnte und bei schneebedeckter Strasse im Prinzip nichts passiert, sofern das Fahrzeug mit Allradantrieb ausgestattet ist. Die allermeisten SUV haben übrigens Allradantrieb, was – in Kombination mit ausserordentlich wenig Gewicht – faktisch bedeutet, dass kein Unglück passieren kann (Jargon: Un-Unfallbarkeit). Wissen hilft.
Bei der Berücksichtigung von neuen wissenschaftlichen Fakten geht es selbstverständlich nicht nur um die Unversehrtheit der Fahrzeuginsassen, sondern um das Wohlbefinden aller am Strassenverkehr beteiligten Lebewesen. Politiker haben ein grosses Herz. Jede neue Erkenntnis wird mit hohem Tempo verarbeitet: Kann auf der Basis der Neuigkeit ein neues Gesetz, eine neue Verordnung gebastelt werden? Könnten wir mit Massnahmen einen Unfall pro hundert Jahre verhindern? Oder bestenfalls: Kann die Politik damit eine neue Steuer rechtfertigen? Ideenreichtum ist grenzenlos (die Stadt Zürich zum Beispiel schafft als Reflex – egal bei welcher neuen Erkenntnis – erfolgreich fünfzig Parkplätze ab).
Kein Aufwand ist uns zu hoch, um hier und jetzt das Thema «Tempo 30» zu beleuchten, das hauptsächlich auf den Argumenten «Lärm» und «Sicherheit» basiert. Aber eins nach dem anderen: Schon nur die grundsätzliche wissenschaftliche Erkenntnis «Autofahren verursacht Lärmemissionen» hinkt gewaltig, denn a) Elektromobile schleichen sich völlig lautlos an ihre Verkehrsopfer heran, und b) häufig wird die Emission von anderen, lauteren Quellen übertönt (Fluglärm, Klima-Demos, schimpfende Radfahrer). Bewegt sich ein Auto mit Verbrennungsmotor mit 30 km/h durch die Stadt, so verursacht es weniger Lärm als wenn es mit 50 km/h fährt, doch – jetzt gut aufpassen, liebe Mathematikstudenten: Die Anwohner sind diesem (leiseren) Lärm länger ausgesetzt, da das Auto über einen grösseren Zeitraum hinweg am Standort des Gestörten zu hören ist. Diese Beeinträchtigung der Lebensqualität stellen wir in der blauen Skala auf der linken Vertikalachse dar (0 = gar nicht gestört bis 5 = fuchsteufelswild)
Auch dem Argument «Sicherheit» liegt ein fataler Trugschluss zugrunde. Zwar reduziert sich das Verletzungsrisiko bei einem Unfall mit Tempo 30 enorm, gegenüber 50, was niemand bezweifelt (ausser vielleicht BMW-Fahrer). Hier kommt uns allerdings eine anderer wissenschaftlicher Fakt in die Quere: Je langsamer das Auto, desto gelangweilter der Lenker, desto tiefer dessen Konzentration. Vollkommen klar, dass dösende Fahrer ein Unglück verursachen müssen, praktisch, was Sie auf der Skala in der grünen vertikalen Achse rechts illustriert sehen (0 = Tiefschlaf, 5 = Chuck Norris-Konzentrationslevel). Höchst selten liest man von Unfällen in Quartierstrassen, bei denen der Verursacher mit 120 km/h unterwegs war.
Unter Berücksichtigung aller – inklusive obiger – Erkenntnisse wird die Politik mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit «Tempo 30» nochmals ausgiebig diskutieren. Vermutlich wird es auf einen Kompromiss hinauslaufen, Tempo 80 oder so, typisch schweizerisch halt.
So, das war es bereits mit unserem kleinen Exkurs. Das nächste Mal behandeln wir die Korrelation von 3-Lagigem Toilettenpapier und Zugverspätungen.
Alles Bot oder was?
Wenn Sie eine Arbeitsstelle mit Kundenkontakt haben, und Ihre Kunden stellen Ihnen oftmals die gleichen Fragen, dann sollten Sie vielleicht in Erwägung ziehen, ein Roboter zu werden. – Also, im übertragenen Sinne natürlich: Der Roboter kennt die Antwort auf die häufigsten Fragen, weshalb immer mehr Unternehmen ihren Kunden das Vergnügen ermöglichen, mit einer Maschine zu interagieren, via Internet. Es gibt eben nicht nur dumme Antworten, sondern auch saudumme Fragen. Man hat uns in der Schule belogen.
Die oben erwähnte Innovation nennt der geübte Informatiker Chatbot («Chat» für Schwatzen und «Bot» für Roboter, aber niemand will Sie hier langweilen). Wir geben also eine Frage ein, auf der Kontaktseite unserer Lieblingsfirma, zum Beispiel «wie lange ist die Kündigungsfrist für mein Mobilfunk-Abonnement» und bereits Bruchteile einer Sekunde später, also viel schneller als dies ein menschliches Wesen tun könnte, antwortet der Bot «Klaviere haben wir in Weiss, Hellbraun und Schwarz im Angebot». Innovation ist übrigens – Sie mögen die Ausdrucksweise verzeihen – ein totales Scheisswort.
Manche Kunden ärgern sich dann, wenn sie keine gute Antwort erhalten, – ganz im Gegensatz zum Roboter, dem es a) schnurzegal ist, dumme Fragen