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Fenno und die Geisterhenne
Fenno und die Geisterhenne
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eBook137 Seiten1 Stunde

Fenno und die Geisterhenne

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Über dieses E-Book

Der elfjährige Fenno verbringt nicht zum ersten Mal seine Sommerferien auf Opas Bauernhof. Erst ist alles wie immer: er lässt das Stockbrot in die Flammen fallen, kleckert mit dem Saft, wird von einer Mücke direkt auf die Nase gestochen und von seiner älteren Schwester gehänselt. Doch alles ändert sich, als ihm hinter Opas Hof eine Geisterhenne begegnet. Fenno ist sich sicher, dass es ein Geist ist, denn ihm fehlt der Kopf. Und so lange können selbst Hühner nicht ohne Kopf laufen. Ebenso sicher ist sich Fenno, dass man seinen Kopf nicht grundlos verliert. Irgendwas muss dem Huhn passiert sein. Aber was will die Henne? Rache? Gerechtigkeit? Und wieso sucht sie ausgerechnet den tollpatschigen Fenno auf? Nach anfänglichem Zögern sieht Fenno seine Stunde gekommen! Er wird den Mörder der Henne finden. So schwer und gefährlich wird das schon nicht werden. Und so stolpert er mit wenig kriminalistischem Gespür und großer Ahnungslosigkeit von einer Sackgasse in die nächste. Bis er schließlich eine ungeheuerliche Entdeckung macht!
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum14. Juni 2022
ISBN9783985109999
Fenno und die Geisterhenne

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    Buchvorschau

    Fenno und die Geisterhenne - Manuel Deinert

    Ein Wunsch

    Achtung! An die Seite!«, schrie ich und krallte mich am Lenkrad fest.

    Die Kühe liefen laut muhend nach allen Seiten davon. Mit durchgedrücktem Gaspedal raste ich über die Weide und lachte wie ein Irrer. Das war die beste Verfolgungsjagd meines Lebens! Hinter mir sah ich den Bauern fluchend eine Mistgabel schwingen. Er versuchte vergeblich, mich aufzuhalten, ich ruinierte seine Weide und scheuchte die Kühe auf. Doch das war mir egal, ich war auf der Flucht! Mein Auto donnerte im Affenzahn durch das satte Gras und mein Herz schlug Purzelbäume. Ich wirbelte das Lenkrad linksherum und rechtsherum und drückte kräftig auf die Hupe.

    Im Rückspiegel sah ich sie dann: die Ganoven. Mit einem Geländewagen brausten sie hinter mir her. Sie durften mich nicht kriegen. Ich hatte geheime Informationen gestohlen und das nahmen mir die Kerle verdammt übel.

    Holzstücke streiften meinen Kopf, als mein Wagen den Weidezaun durchbrach und aufs Maisfeld flog. Wir krachten zu Boden, die Reifen drehten durch und dann rumpelten wir über die holperige Erde weiter. Der Mais maß bereits anderthalb Meter. Ein riesiges, kaum überschaubares Dickicht aus grünen, faserigen Blättern und rothaarigen Maiskolben. Hier würden sie mich nicht so schnell erwischen.

    Doch diese Welt aus dichten Blättern und Maiskolben hatte einen Nachteil: Es war unmöglich zu sagen, in welche Richtung ich fahren musste. Ich konnte lediglich das Jaulen des Motors und das laute Brechen und Rauschen der Maisstängel hören, die ich über den Haufen fuhr. Und dann einen Schuss!

    »Ihr kriegt mich ja doch nicht!«, rief ich in den warmen Sommerabend hinaus und hoffte, nicht plötzlich in einem Feldgraben zu landen.

    Ein weiteres Mal riss ich das Lenkrad herum, fuhr eine irrsinnige Kurve, dass ich mich beinahe überschlagen hätte … und Rums!, hatte ich das Lenkrad in der Hand.

    »Och nö!«, stöhnte ich und ließ mich in den Sitz plumpsen.

    »Nee, Fenno«, hörte ich Opa lachen. »So wird das nichts mit deiner Flucht!«

    Ich grummelte und legte das Lenkrad aufs Armaturenbrett. Opa hockte sich vor die Fahrertür und schaute mich durchs offene Fenster an. Sein Hut mit der angesteckten Hahnenfeder stieß dabei an den Rahmen. »Du kriegst aber auch alles kaputt, hm?«

    Ich verschränkte die Arme und biss die Zähne aufeinander.

    »Mach dir keine Sorgen«, versuchte Opa mich aufzuheitern. »Das Auto war schon vorher Schrott. Es fällt nicht auf, wenn das Lenkrad fehlt.«

    Das munterte mich nicht auf. Natürlich war der rote Fiat Schrott. Seit Urzeiten stand er neben der Scheune, umringt von Brennnesseln und kleinen Sträuchern. Nur ein schmaler Trampelpfad führte zur Fahrertür. Den hatte ich in den vergangenen Tagen ins hohe Gras getreten. Wie in den Jahren zuvor, wenn wir unsere Ferien bei Opa verbrachten, war es meine liebste Beschäftigung: Verfolgungsjagden!

    »Und jetzt komm«, sagte Opa. »Es gibt Stockbrot. Das Feuer brennt schon.«

    Just stieg mir der rauchige Geruch von brennendem Holz in die Nase. Ich seufzte. Stockbrot. Das klingt aufregend und nach Abenteuer, nicht? Doch wem würde der Teig ins Feuer fallen? Mir, Fenno Schniggendiller.

    Ja, ihr habt richtig gelesen: Fenno Schniggendiller. Ein Name, so merkwürdig wie ein Marienkäfer mit nur einem Punkt. Den schaut man sich an und denkt, irgendwas stimmt da nicht. Man weiß nicht recht, ob man das Tier bedauern, meiden oder ihm gratulieren soll.

    Schniggendiller sei ein traditionsreicher Name aus Ostwestfalen, hatte Opa mir vor Jahren erklärt. Das war super – wenn man wie Opa in Ostwestfalen lebte. Aber ich wohnte in Gelsenkirchen, mitten im Ruhrgebiet, und da ist das kein Grund, auf diesen Namen stolz zu sein. Vor allem, wenn man ein Tollpatsch ist wie ich. Mir fiel nicht nur garantiert der Brotteig ins Feuer. Ich kleckste mit einer frischen Füllerpatrone auf das Heft meines Tischnachbarn, ließ den Käfig mit dem Klassenmeerschweinchen fallen, warf im Sportunterricht den Ball an die Decke anstatt ins Feld. All so was.

    »Immerhin wirst du deswegen nicht verhauen«, zog mich meine Schwester auf.

    Sie hatte gut lachen. Sie hatte es geschafft, sich unantastbar zu machen. Sie trug schwarze Klamotten mit Totenköpfen und konnte mit ihrem fiesen Blick jemandem das Atmen abgewöhnen. Einmal hatte sie einem Jungen ins Ohr gebissen, weil er sich trotz aller Warnsignale über sie lustig gemacht hatte. Niemand wagte es seither, Fritza Schniggendiller zu nahe zu kommen.

    »Jetzt mach‘ schon«, rief Opa auf dem Weg zum Lagerfeuer.

    Widerwillig stieg ich aus dem Auto, das nun kein Lenkrad mehr hatte, und schlenderte an der Scheune vorbei in den Hof, wo ein loderndes Feuer in einer Schale brannte. Opa hatte vier Baumstümpfe um das Feuer gestellt. Er zeigte auf den niedrigsten von ihnen. »Der ist für dich. Mama holt noch den Teig und dann kann’s gleich losgehen.«

    Ich ließ mich auf den Stumpf fallen. Fritza saß mir gegenüber, ihre Baseballkappe tief ins Gesicht geschoben, und stocherte mit einem langen Stock in den Flammen herum. »Das Lenkrad ist ab?«, sagte sie und ich konnte hören, wie sie dabei verächtlich grinste. »Muss ja eine wilde Fahrt gewesen sein.«

    Ich verzog die Mundwinkel. Fritza war zwei Jahre älter als ich und hielt meine Autofahrten für kindisch. »Bist du dafür nicht zu alt?«, hatte sie mich am ersten Abend nach unserer Ankunft gefragt. »Letztes Jahr konnte ich das noch verstehen. Aber jetzt? Fenno, du bist elf!« Als sagte das irgendetwas aus. Verfolgungsjagden sind immer toll. Vor allem, wenn man nichts anderes zu tun hat. Opas Bauernhof war nicht Disneyland.

    Für Fritza war das kein Problem, sie zeichnete und malte oder las Bücher über sonderbare Tierwesen, die es sicherlich nicht auf Opas Hof gab. Und ich fuhr gern Verfolgungsjagden.

    Mama kam mit einer Schüssel unter dem Arm aus dem Haus und setzte sich zu uns. »Hab’ ich was verpasst?«, fragte sie in die Stille hinein.

    Fritza zuckte die Schultern. »Das frag besser unseren Rennfahrer.«

    Mama reichte mir einen Klumpen Teig. Ich hob den Stock auf, der neben mir auf dem sandigen Boden lag, und knetete den Teig um die Spitze. »Was ist diesmal kaputtgegangen?«

    Ich verdrehte die Augen. »Das Lenkrad ist ab.«

    Mama lächelte. »Bis zu deinem Führerschein dauert es ja zum Glück noch ein paar Jährchen.«

    Fritza schob ihre Baseballkappe hoch. »Ich werde seinem Fahrlehrer vorschlagen, eine Extraschraube durchs Lenkrad zu bohren.«

    Ich hielt mein Stockbrot in die Flammen und funkelte Fritza über das Feuer hinweg an. »Ich weiß, wie man lenkt.«

    Fritza nickte. »Und du weißt, dass man den Teig über die Flammen hält.«

    Zähneknirschend hob ich meinen Stock aus dem Feuer und drehte ihn. Der Teig war an der Unterseite schwarz.

    »Nur die dümmsten Hühner gackern über ungelegte Eier«, sagte Opa und wickelte Teig um seinen Stock. »Fenno wird das schon hinkriegen.« Er hielt seinen Stock über die Flammen. »Ich habe auch erst mit zwölf den Traktor gefahren.«

    Na toll, dachte ich, was für ein Trost.

    Opa zwinkerte mir zu. »Direkt in den Hühnerstall.«

    Fritza grinste und ich horchte auf. »Du bist in den Hühnerstall gefahren?«

    »Volle Lotte«, sagte Opa. »Mein Vater hat mir den Hintern versohlt, ich konnte drei Tage nicht sitzen. Und ich musste einen neuen Stall bauen.«

    Ich schaute zur eingezäunten Wiese. Herr Kaiser hockte stolz nach Gockelart auf der Schubkarre und betrachtete Berta und die übrigen einundzwanzig braunen Hennen, die zwischen den Apfelbäumen und dem Stall herumliefen. »Den hast du gebaut?«

    Opa nickte. »Den auch, ja, aber viele Jahre später.« Er zeigte neben die Scheune, wo der rote Fiat (ohne Lenkrad) vor sich hinrostete. »Damals stand der Hühnerstall da drüben. Er war kleiner als der jetzige, obwohl wir mehr Hühner hatten.«

    »Ist Papa auch mit dem Traktor gefahren?«, fragte Fritza.

    »Ja«, antwortete Opa. »Aber schön amtlich auf der Straße. Wie sich das gehört.«

    »Ich soll euch von ihm grüßen«, sagte Mama und drehte ihren Stock mit dem Brotteig über den Flammen. »Er ist heil in Rumänien gelandet.«

    Papa arbeitete für ein Ingenieursbüro. Lauter schlaue Leute, die irgendwelche Sachen erfanden und diese in der ganzen Welt verkauften. Deshalb musste er auf Geschäftsreise und konnte die Sommerferien nicht mit uns auf Opas Bauernhof verbringen.

    »Der Arme«, sagte Fritza. »Er muss arbeiten, während wir gemütlich hier sitzen und den Abend genießen.«

    Wie auf Kommando schauten wir uns um. Die Sonne lugte wie ein großes Auge durch die Wipfel der mächtigen Eichen, die hinter der roten Backsteinscheune wuchsen. Das grüne Tor stand weit offen und gab den Blick frei auf die vielen Holzkisten, in denen Opa allerlei alten Krimskrams aufbewahrte. Neben den Holzkisten staubte ein ausgedienter Pflug vor sich hin. Und an der Scheunenwand lehnten hölzerne Wagenräder sowie eine riesige rostige Zweihandsäge. Letztes Jahr war sie noch größer gewesen als ich. Doch am ersten Tag der Ferien hatte ich mit Stolz festgestellt, dass ich sie überholt hatte.

    Opa liebte seinen alten Krempel. Die Kisten, Räder und der Pflug stammten zwar aus der Zeit seiner

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