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Das Monster danach: Die neue, alte Volkskrankheit ME/CFS - was sie mit uns macht,  warum sie so viele Covid-Genesene trifft, und was wir tun können
Das Monster danach: Die neue, alte Volkskrankheit ME/CFS - was sie mit uns macht,  warum sie so viele Covid-Genesene trifft, und was wir tun können
Das Monster danach: Die neue, alte Volkskrankheit ME/CFS - was sie mit uns macht,  warum sie so viele Covid-Genesene trifft, und was wir tun können
eBook228 Seiten2 Stunden

Das Monster danach: Die neue, alte Volkskrankheit ME/CFS - was sie mit uns macht, warum sie so viele Covid-Genesene trifft, und was wir tun können

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Über dieses E-Book

Millionen Menschen weltweit leiden an ME/CFS, dem Chronischen Fatigue Syndrom. Oft als Folge einer Covid-Infektion, dem Post-Covid-Syndrom.
ME/CFS wird verständlich erklärt. Das notwendige Basiswissen für Gespräche mit Ärzten wird ebenso vermittelt wie Hilfe für soziale Fragen, wie die Anerkennung einer Behinderung, Reha und Rente. Es ist ein leichter Einstieg in das Thema für Betroffene, Angehörige, aber auch behandelnde Ärzte und medizinisches Personal – auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Medizin:
• Woran erkenne ich, dass ich ME/CFS habe?
• Was ist dabei zu beachten?
• Wie kann man mit der Krankheit leben und wie mit Behörden und
Leistungsträgern umgehen?
• Vielleicht die wichtigste Frage: was bedeutet diese Diagnose überhaupt?
Und was hat es mit Covid zu tun?
SpracheDeutsch
HerausgeberEdition Cocono
Erscheinungsdatum20. Mai 2022
ISBN9783985109159
Das Monster danach: Die neue, alte Volkskrankheit ME/CFS - was sie mit uns macht,  warum sie so viele Covid-Genesene trifft, und was wir tun können

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    Buchvorschau

    Das Monster danach - Nils Winkler

    Die Autoren

    Nils Winkler, Jahrgang 1974, ist eine „Kieler Sprotte" und ausgebildeter Redakteur mit jahrzehntelanger Erfahrung sowohl als Journalist (u.a. für Radio NORA, den Norddeutschen Rundfunk und die ddp Nachrichtenagentur) als auch im Management im Bereich digitaler Medien und Zahlungssysteme (bei ADTECH, Yapital, Hi-Media oder FirstData). Er leidet seit dem Frühjahr 2020 selbst an ME/CFS, vermutlich als Folge einer Covid-19-Erkrankung.

    Gitta Meier, Jahrgang 1974, stammt aus Bremerhaven und ist in Kiel aufgewachsen. Nach ihrer Ausbildung zur examinierten Gesundheits- und Krankenpflegerin arbeitete sie an Kliniken in Schleswig und München. Es folgte ein Studium der Humanmedizin am Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) in Hamburg, wo sie 2011 ihr Staatsexamen ablegte. Sie lebt in Berlin und arbeitet als Ärztin in der ambulanten Versorgung in den Fachbereichen Innere Medizin und Allgemeinmedizin.

    Danksagungen

    Besonderer Dank gilt den vielen Helfern und Gegenlesern, die uns mit konstruktiver Kritik, Hinweisen und Anregungen sehr geholfen haben. Zu nennen wären Dr. Josef Lösch, Sabine Klein, Tim Denker, Rechtsanwältin Yvonne Franke und all die weiteren hilfsbereiten Menschen, die uns bei den speziellen Sach- und Fachfragen zur Seite standen.

    Ohne die Hilfe meiner Frau Maren wäre ich gar nicht in der Lage gewesen, das Buch zu schreiben – vor allem, weil vieles krankheitsbedingt bruchstückhaft und liegend ins Handy diktiert wurde und dann „bereinigt" werden musste. Ein dickes Dankeschön an Amancay Kappeller für das Lektorat und an Detlef Gürter für die Unterstützung bei der Umsetzung. Dank gilt auch meinem Hausarzt Dr. Jörg Böhlke für die großartige medizinische Versorgung angesichts dieser komplexen Erkrankung.

    Besonderer Dank gilt Gitta Meier, die als Freundin und Ärztin die Suche nach den Gründen für meine Symptome anstieß und begleitete, maßgeblich inhaltlich dieses Buch mitprägte und den medizinischen Sachverstand beisteuerte. Es war eine spannende Reise und Grenzerfahrung.

    Hamburg, 2022

    Nils Winkler

    Einleitung

    Wenn Sie dieses Buch in Händen halten, sind Sie vielleicht selbst betroffen und an ME/CFS erkrankt oder Sie haben den Verdacht. Vielleicht kommt es auch unter dem Namen „Chronisches Fatigue Syndrom, „Chronisches Erschöpfungs-Syndrom oder „Chronisches Müdigkeits-Syndrom" daher – Begriffe, die wir in diesem Buch vermeiden, da sie irreführend sind. ME steht für Myalgische Enzephalomyelitis. Wir verwenden in der Folge die Bezeichnung ME/CFS, die sich international durchgesetzt hat.

    Möglicherweise sind Sie Angehörige oder Angehöriger von Betroffenen. Oder Sie sind im Zusammenhang mit Post Covid auf das Thema aufmerksam geworden.

    Auch wenn viele Menschen im medizinischen Betrieb ME/CFS nicht kennen, ist es keineswegs – anders als oft behauptet – eine Modeerkrankung oder Verlegenheitsdiagnose, sondern wurde bereits 1969 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als neurologische (also somatische / körperliche) Erkrankung anerkannt. Weltweit sind geschätzte 17–20 Millionen Menschen betroffen, allein rund 300.000 davon in Deutschland. Und das zählt die Betroffenen, die durch eine Covid-19-Infektion ME/CFS entwickelt haben, nicht mit.

    Dabei ist recht klar, dass Post Covid in sehr vielen Fällen deckungsgleich ist mit ME/CFS. Die Symptome sind gleich. Die Betroffenen leiden genauso. Der Auslöser ist logisch nachvollziehbar die Virusinfektion – wie in den meisten Fällen von ME/CFS Viruserkrankungen am Anfang der Leidensgeschichte stehen. Auch ist längst bekannt, dass Corona-Viren ME/CFS auslösen können. In der SARS-Pandemie in den Jahren 2002 und 2003 entwickelten rund 27,1% der Erkrankten das sogenannte „Chronic Post SARS Syndrom – dem Chronischen Fatigue Syndrom ME/CFS, wie man heute weiß. Das ist gesichertes Wissen, belegt durch eine Studie zu den Folgen der Krankheit in Hong Kong. Das Virus, das damals zum Glück nicht so ansteckend war wie die heutige Variante, hieß „SARS-CoV-1 – die aktuelle Pandemie wurde ausgelöst durch das Virus „SARS-CoV-19".

    Der Gesundheitsminister Karl Lauterbach schrieb schon am 28. Mai 2020 auf Twitter: „Auch bei SARS 2002–2003 haben viele Jüngere später langfristige Schäden wie Chronic Fatigue Syndrome oder Depressionen entwickelt." Heute ist klar, dass er damit recht hatte. Die Erkrankung macht es weder den Betroffenen noch den Ärzten leicht: Die Symptome sind vielfältig und betreffen den gesamten Organismus – von Muskel- und Gelenkschmerzen über Schlafstörungen, Kreislaufstörungen bis hin zu kognitiven Problemen wie Merkschwierigkeiten, Wahrnehmungsstörungen oder Überempfindlichkeit auf Sinnesreize.

    Diese Symptome können aber auch von vielen anderen Krankheiten herrühren. Allerdings ist das Kardinalsymptom einer nicht linderbaren, körperlichen und mentalen Erschöpfung typisch für ME/CFS.

    Es gibt keinen sogenannten „Biomarker" für ME/CFS, mit dem sich die Krankheit eindeutig belegen lässt. Es müssen für die Diagnose alle anderen möglichen Ursachen ausgeschlossen werden. Ein Aufwand, den viele Ärzte scheuen – auch, weil ME/CFS in der Ausbildung für angehende Ärzte keine Rolle spielt, viele Ärzte das Krankheitsbild daher gar nicht kennen und ähnlich ahnungslos wie die Patienten dieser Krankheit gegenüberstehen. Und auch in der Facharztausbildung kommt ME/CFS nicht vor. Mehr als die Hälfte der Betroffenen, geschätzte 60%, sind nicht mehr arbeitsfähig. Ein Viertel kann das Haus kaum noch oder gar nicht mehr verlassen, viele sind bettlägerig und auf Pflege angewiesen. In dieser Situation sind sie oft auf sich allein gestellt. Pflege- und Krankenkassen, Versicherungen und andere Leistungsträger haben ME/CFS nicht in ihrem Katalog.

    Ein Betroffener, Wilfried, schreibt in einer Selbsthilfegruppe auf Facebook:

    „Ärzte, Gutachter und die Deutsche Rentenversicherung (DRV) haben mich Lebenszeit gekostet. Als jüngstes Beispiel: der Grad der Behinderung (GdB) 50 ist durch mein Gutachten für die Rente durch. Weder im Gutachten noch im Bescheid zum GdB kommt das Wort ME/CFS überhaupt auf, obwohl ich ca. 10-fach erhöhte Autoantikörper habe. Das empfinde ich als Skandal."

    Wilfried ist kein Einzelfall. Sehr oft führt ME/CFS in existenzielle Krisen, löst finanzielle Nöte und Zukunftsängste aus. Ich bin erkrankt – aber niemand will mir helfen. Das ist ein Gefühl, das die meisten an ME/CFS Erkrankten leider sehr gut kennen.

    Oft wenden sich die Menschen im privaten Umfeld von den Betroffenen ab, weil sie die Krankheit nicht verstehen. Man sieht als Betroffener einigermaßen gesund aus. Da hört man Sätze von Betroffenen wie diesen: „Bei mir kann keiner etwas mit ME/CFS anfangen und Interesse ist auch nicht vorhanden, schreibt Patrick. „Dann kommen so tolle Sprüche wie geh arbeiten und es wird Dir besser gehen. Oder such Dir eine Freundin, das wird Dir helfen. Es sei nur psychisch. Würde man Personen mit einer anderen Krankheit solche Dinge sagen? Sein Fazit: „Es ist doch der totale Scheiß, dauerhaft dem Unrecht ausgeliefert zu sein."

    Egal, ob es nun Post Covid genannt wird oder ME/CFS – es ist für Betroffene, die teilweise seit Jahrzehnten mit der Erkrankung alleingelassen werden, wie für Mediziner eine echte Herausforderung. Und obwohl es nicht so sein sollte, ist es für die meisten Mediziner Neuland.

    Mit diesem Buch wollen wir etwas Licht ins Dunkel bringen und Betroffenen, Angehörigen aber auch Ärzten, die sich erstmals mit dem Thema konfrontiert sehen, erste Anhaltspunkte geben. Das Ziel ist die Unterstützung, möglichst schnell zu einer gesicherten Diagnose zu gelangen und die notwendige Hilfe durch beispielsweise Sozialversicherungsträger zu bekommen.

    Dieses Buch ist kein medizinisches Fachbuch. Vielmehr haben wir zahllose seriöse Quellen ausgewertet und Informationen zusammengetragen, die den Stand der Wissenschaft zu der Erkrankung widerspiegeln. Dabei haben wir uns streng an biomedizinischen Fakten und dem Stand der Wissenschaft orientiert, auch in Abgrenzung zu vielen teils pseudomedizinischen und esoterischen Heilversprechen, die im Internet kursieren. Auf „anekdotisches Wissen" wurde bewusst verzichtet.

    Wir wissen, wie schwer es sehr viele Betroffene haben, einen Arzt zu finden, der sich ihnen unvoreingenommen annimmt. Dennoch ersetzt dieses Buch nicht das vertrauensvolle Gespräch mit dem Hausarzt und weiteren behandelnden Ärzten, denn die Beschwerden und Symptome sind vielfältig und müssen individuell abgeklärt werden. Auch ersetzt das Buch keine Rechtsberatung, auch hier ist eine individuelle Betrachtung und Klärung mit Fachleuten unerlässlich. Aber was es leistet ist Denkanstöße und Hinweise zu geben, damit diese Gespräche möglichst erfolgreich verlaufen und möglichst wenig kostbare Energie erfordern.

    Dabei wissen wir auch – und das ist auch so gewollt –, dass wir nicht zu sehr in die Tiefe gehen können, damit die Informationen verständlich und nachvollziehbar bleiben. Wir wissen, dass es eine Unmenge von Versuchen gibt, die Beschwerden zu lindern – nicht auf alle können wir hier eingehen, zumal viele sehr individuell zu bewerten sind. Ebenso ist uns bewusst, dass manche zwischen ME und CFS unterscheiden. Aber das führt zu sehr in die Tiefe und würde im Rahmen dieses Buches nur verwirren. Wir bitten an dieser Stelle also um Nachsicht und hoffen, dass unsere Arbeit möglichst vielen Betroffenen hilft, Angehörigen und Freunden beim Verstehen dieser Erkrankung hilft und Anreiz für Mediziner ist, sich ernsthaft mit ME/CFS auseinanderzusetzen.

    Der Wiener Neurologe und ME/CFS-Experte Michael Stingl sagte der Neuen Zürcher Zeitung sehr treffend: „Wenn ein Patient mit ME/CFS oder Post Covid zum Arzt geht, wird er in den allermeisten Fällen sehr viel mehr über seine Erkrankung wissen als der Arzt. … Es ist vielleicht ein Paradigmenwechsel in der Medizin, dass wir nun gemeinsam mit ihnen die Forschungsfragen definieren."

    Gitta Meier

    Nils Winkler

    Was ist ME/CFS?

    ME/CFS ist die Abkürzung für Myalgic Encephalomyelitis (ME) beziehungsweise das Chronic Fatigue Syndrome (CFS). Der Begriff ME ist weiter verbreitet im englischen Sprachraum, während in Europa häufiger vom Chronischen Fatigue-Syndrom oder auch dem Chronischen Erschöpfungssyndrom, manchmal auch dem „Chronischen Müdigkeits-Syndrom gesprochen wird. Wobei beide Namen ein Stück weit irreführend sind: Der Begriff ME impliziert eine Entzündung im Gehirn oder Rückenmark, die aber mit den gängigen diagnostischen Methoden oft nicht nachweisbar ist. Und beim Begriff CFS ist die Reduzierung auf das Stichwort „Erschöpfung (Fatigue), oder schlimmer noch „Müdigkeit", ein grober Fehlgriff, denn das verniedlicht, wie schwerwiegend ME/CFS wirklich ist. Entgegen früheren Annahmen, die inzwischen widerlegt sind, ist ME/CFS eine rein körperliche, neuro-immunologische Multisystemerkrankung und nicht psychisch oder psychosomatisch bedingt.

    In Deutschland sind – Betroffene durch Post Covid (also Erkrankte, die auch zwölf Monate nach einer Covid-Infektion Symptome aufweisen, die nicht anders erklärt werden können und denen von ME/CFS gleichen) noch gar nicht mitgezählt – rund 300.000 Menschen an ME/CFS erkrankt. In den USA geht man von 2,5 Millionen Erkrankten aus. Das Center for Disease Control (CDC), die US-Gesundheitsbehörde, geht davon aus, dass von diesen Betroffenen nur rund 10% eine Diagnose erhalten haben. In Deutschland und Europa sieht das Bild nicht anders aus. Während das CDC für die USA von einem gesamtwirtschaftlichen Schaden durch ME/CFS in Höhe von jährlich rund 24 Milliarden Dollar durch Gesundheitskosten und verlorene Einkommen ausgeht, ist diese Zahl für Europa noch höher: 40 Milliarden Euro. Rechnet man dies auf die Bevölkerungszahl in Deutschland um, ergibt sich für Deutschland ein volkswirtschaftlicher Schaden von 7,4 Milliarden Euro im Jahr.

    ME/CFS ist eine Krankheit, die systematisch und andauernd von der Politik, der Forschung und auch weiten Teilen der Medizin ignoriert oder zumindest vernachlässigt wurde.

    Dabei gibt es auch prominente Beispiele von ME/CFS-Erkrankten: Der Fußball-Profi Olaf Bodden von 1860 München, dem eine große Karriere in der Nationalmannschaft vorausgesagt wurde, erkrankte 1996 an Pfeifferschem Drüsenfieber, das durch das Epstein-Barr-Virus (EBV) ausgelöst wird. EBV ist bekannt, in etlichen Fällen Spätkomplikationen auszulösen – nämlich ME/CFS. Bodden hat es hart getroffen: Im Dezember 1997 musste er nach monatelanger Krankheit seine Karriere aufgeben. Heute, 25 Jahre später, ist er ein Pflegefall und weitestgehend ans Bett gefesselt. Schon 2016 sagte er der Welt: „Wenn ich wüsste, ich liege hier noch weitere 20 Jahre, mache ich das nicht mehr mit. Da wirst Du doch irre. Aber noch kämpfe ich!" Dieses Gefühl der Ohnmacht, aber auch des Aufbegehrens gegen diese Krankheit, teilt er mit den meisten Betroffenen.

    Auch die Publizistin und Grünen-Politikerin Marina Weisband, eine zuvor dynamische junge Frau, ist schwer an ME/CFS erkrankt. Aufmerksam wurde die Öffentlichkeit durch einen Tweet an ihrem 35. Geburtstag im Jahr 2020: „Hi, ich hatte gestern Geburtstag. Ich habe ihn an einem Tropf verbracht. Ich habe ME/CFS. Wenn Ihr mir ein Geschenk machen wollt, informiert Euch ein wenig über die Krankheit", schrieb sie. Marina Weisband hat eine kleine Tochter, der sie erklären muss, dass Mamas Energie für den Alltag nicht ausreichen, dass sie sie an schlechten Tagen nicht von der Kita abholen kann. In einem Interview mit dem Spiegel sagte Weisband, die Krankheit fühle sich an wie eine Dauergrippe. Sie könne zwar Dinge tun, wie ein Interview zu geben, aber danach sei sie oft tagelang ans Bett gefesselt. Weil ihre Kraft dann für nichts anderes mehr reicht.

    Und so spricht die ME/CFS-Spezialistin Prof. Dr. med. Carmen Scheibenbogen vom Fatigue-Zentrum der Charité auch von einer „unterschätzten Krankheit. ME/CFS sei eine „häufige und schwer verlaufende Multisystemerkrankung mit Dysregulation des Immunsystems, des autonomen Nervensystems und des Energiestoffwechsels. Die Krankheit werde „oft fehlinterpretiert und es bestehe ein „enormes Informationsdefizit, auch bei den Ärzten.

    „Der Pschyrembel", das führende Nachschlagewerk für Mediziner im deutschsprachigen Raum und eine absolute Instanz, beschreibt ME/CFS so:

    „Chronische neuroimmunologische Systemerkrankung unklarer Ursache. Leitsymptom ist die andauernde geistige und körperliche Erschöpfung (Fatigue) bis zur Bettlägerigkeit sowie weitere Symptome wie Kopf- und Muskelschmerzen, Lymphknotenschwellungen, neurologische Störungen. Außerdem beschreibt der Pschyrembel für ME/CFS eine „Dysregulation von Nervensystem, Immunsystem sowie Herzkreislaufsystem, auf zellulärer Ebene Störungen von Energiestoffwechsel und Ionentransport sowie „zahlreiche Störungen auf immunologischer, neuronaler, hormoneller Ebene". Die Liste wird fortgesetzt mit einem massiv gestörten Immunsystem, entzündlichen Prozessen im Nervensystem – also im Gehirn oder Rückenmark – und Veränderungen am Gehirn, einer verminderten Durchblutung des Stammhirns und der Hirnrinde, der Störung der Mitochondrien, einer gestörten Glucose-Aufnahme der Zellen und weiterer Probleme.

    Kurz kann man zusammenfassen: Die Effekte von ME/CFS betreffen den gesamten Organismus und die Kombination von mangelnder Energieaufnahme der Zellen, gestörter Durchblutung und gestörtem Nervensystem, das alle Körperfunktionen steuert, bedeutet, dass für die Auflistung der möglichen Symptome hier der Platz nicht reicht.

    Charakteristisch für ME/CFS, bei der gesamten Spannbreite aller Symptome, ist jedoch die anhaltende physische Erschöpfung, die meist auch durch Ruhepausen nicht gebessert werden kann, und vor allem eine ausgeprägte Belastungsintoleranz.

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