Meine Fahrlehrer Welt: in Hochdeutsch und op Kölsch!
Von Georg Schmitz
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Buchvorschau
Meine Fahrlehrer Welt - Georg Schmitz
Vorwort
Liebe Leserin und lieber Leser!
Sie halten meine Fahrlehreranekdoten in den Händen. Das Buch ist keine Biografie. Es beinhaltet spannende und lustige Geschehnisse aus meiner Tätigkeit als Kölner Fahrlehrer.
Es gibt Menschen, die denken, dass Fahrlehrer sein, ein Traumberuf ist. Ich sage dazu manchmal »Ja«, manchmal »Nein«.
Warum Ja? Ich sage mal so: Man lernt viele unterschiedliche Menschen kennen aus verschiedenen sozialen Schichten. Mit einigen davon habe ich Freundschaften geschlossen, bei anderen freue ich mich, sie später wiederzusehen und mit ihnen über die Fahrschulzeit zu reden.
Warum Nein? Was nutzt mir der Status Fahrlehrer und der Spaß, wenn ich täglich mit den Problemen auf der Straße umgehen muss? Wie oft ich meine Angst überwinden musste und was ich alles erlebt habe, darüber wird hier berichtet.
Wie kam der Gedanke auf,
ein Buch zu schreiben?
Mit der WDR-Sendung »Wat is?« mit Jürgen von der Lippe, wo ich über meine Tätigkeiten als Fahrlehrer berichtet habe, hat es angefangen.
»Mach‘ daraus ein Buch!«, sagte Jürgen von der Lippe damals und nun ist es so weit: Sie halten das Buch jetzt in den Händen. Die Geschichten sind zum Nachdenken, Schmunzeln und Lachen. Es wird auch über meine ausgestandenen Ängste als Fahrschullehrer und Familienvater berichtet und über Situationen, die schon sehr grenzwertig waren.
Seit 1975 bin ich Fahrlehrer in Köln. In dieser Zeit haben tausende Fahrschüler die Fahrprüfung bei mir abgelegt. Unter meinen Fahrschülern gab es Tennis-, Fußball- und Radprofis, sowie bekannte Filmschauspieler, Theaterregisseure und bekannte Musiker. Viele Bandmitglieder von Kölner Bands waren ebenso dabei, wie ausländische Mitbürger, Priester, Nonnen oder Prostituierte. Ich habe nie darauf geachtet, wo die Menschen herkamen. Für mich zählt nur der Mensch. Natürlich haben mein Sohn, meine Tochter, meine Frau, meine Nichte und Neffen, mein Enkel und andere Verwandte die Fahrprüfung bei mir abgelegt - auch Menschen, wie Schwerverbrecher oder die, die eine Nachprüfung wegen Alkohol am Steuer o.ä. machen mussten. Ich habe immer darauf geachtet, dass alle gleichbehandelt werden. Meine Aufgabe als Fahrlehrer ist es, die Fahrschüler*innen auf dem Weg zur Prüfung sicher und bewusst zu begleiten.
Sie als Leser sollen Spaß haben bei dieser Lektüre. Hier wird niemand runtergeputzt, sondern das Buch soll eine Bereicherung für die Stadt Köln sein, wo ja bekanntlich das ganze Jahr über gefeiert wird. Da kommt dieses Buch gerade recht, um bei Feierlichkeiten meine Episoden weiter zu erzählen oder vorzutragen. Wer das Bedürfnis hat, sich alleine zurückzuziehen, um zu lesen, wird unter Garantie auch Spaß dabei haben.
Ich komme noch einmal zurück auf die Fernsehsendung »Wat is?«. Eine der Aussagen von Jürgen von der Lippe in der Sendung war: »Ich kann selber nicht so gut Auto fahren. Das sage ich hier in aller Öffentlichkeit, denn ich war gar nicht gut in der Fahrschule, die ich bei der Bundeswehr besucht habe.«
»Nun«, antwortete ich, »ich war auch nicht so gut, denn ich habe selber dreißig Fahrstunden gehabt. Ich bin über eine rote Ampel gefahren und mein Fahrlehrer hat mich danach so angeraunzt, dass mir Hören und Sehen verging.«
Aber das habe ich bis jetzt nicht vergessen und beherzige das heute noch. Nur, ich schreie meine Fahrschüler nicht an. Wobei es schon Unterschiede gibt, wie ich meine Schüler anspreche, z.B. die Knackis aus dem Gefängnis, die zu mir zwecks Eingliederung kommen, spreche ich schon anders an als eine Nonne. Aber schreien, niemals!
Jetzt wünsche ich Ihnen schöne Lesestunden.
Ihr
Georg Schmitz
Meine Erlebnisse
Den Fahrlehrern wird nachgesagt, sie wären wie die Skilehrer: Fahrlehrer, Skilehrer ... junge Mädels! Auf Nachfrage von Jürgen von der Lippe, ob das stimmt, antwortete ich scherzhaft mit »Ja.« Aber ich korrigierte meine Aussage und antwortete sachlich weiter, dass ich sieben Jahre lang verheiratet war, dann geschieden wurde und später erneut geheiratet habe.
Fahrschullehrer ist ein toller Beruf, man kommt mit vielen Menschen zusammen. Wahnsinnig interessant ist, dass ich mit allen Schichten der Bevölkerung zusammenarbeiten kann. Zum Beispiel mit ehemaligen Schwerverbrechern. Einmal hatte ich vom Arbeitsamt den Auftrag für einen Lehrgang, in dem elf Jungs saßen, die alle eine langjährige Haft hinter sich hatten und zur Wiedereingliederung den Führerschein neu machen mussten.
Mein Leben als Fahrlehrer ist bunt. Mal ist es ein Schwerverbrecher, danach eine Nonne. Mal bilde ich Leute aus, die mit dem Lernen Schwierigkeiten haben und dann kommt ein Professor oder eben der Normalo von nebenan oder berühmte Leute, Stars von Film und Fernsehen. Für mich ist dabei wichtig, alle gleich zu behandeln, egal welchen Stand sie in unserer Gesellschaft haben.
Mekka liegt in Richtung Nippes
Ich fuhr eines Tages mit einem Moslem über eine Landstraße. Plötzlich hielt er an. Ich dachte, ihn drückte ein menschliches Bedürfnis. Aber weit gefehlt! Er nahm seine Tasche vom Rücksitz und holte einen kleinen Gebetsteppich heraus. Er lief ein Stück an den Straßenrand und betete in Richtung Mekka. Danach kam er zum Auto, legte den Gebetsteppich in seine Tasche und sagte: »So, jetzt habe ich meine Pflicht erfüllt.«
Bis zu diesem Augenblick wusste ich nur, in welcher Richtung Nippes liegt. Seitdem weiß ich auch die Richtung nach Mekka!
Ich fand das übrigens sehr gut, sagte nichts dazu und hoffte, dass er mich in sein Gebet eingeschlossen hatte.
Stoppschild überfahren
Es gibt auch weniger nette Erinnerungen, z.B. als mir einer sein Messer an den Hals setzte. Der Mann hatte während der Prüfungsfahrt ein Stoppschild überfahren und ich musste für ihn bremsen, sonst hätte es böse gekracht. Darauf beendete der Prüfer die Fahrt. Mein Schüler zückte ein kleines Messer, drückte es mir an den Hals und forderte seinen Führerschein. Viel Zureden des Prüfers und mir bewog ihn schließlich dann doch, das Messer wegzustecken. Die Polizei wurde eingeschaltet und dabei stellte sich heraus, dass der Typ vorbestraft war, weil ihm sein Messer schon immer sehr locker saß. Den Führerschein hat er für lange Zeit nicht erhalten. Dafür musste er einen psychologisch-medizinischen Test machen.
Herr Mathematik-Professor
Oder, da war der Mathematik Professor, der ins Büro kam, sich anmeldete und sagte: »Am theoretischen Unterricht brauche ich doch nicht teilzunehmen.«
»Wieso?« wollte ich wissen.
»Nun ja, ich bin Mathematik-Professor«, antwortete er.
Er lernte bei mir Auto fahren, fiel dreimal durch die theoretische Prüfung und zweimal durch die praktische Prüfung, der Herr Mathematik-Professor!
Der alltägliche Wahnsinn
Erste Fahrstunde
Dass Fahrschüler vor der ersten Fahrstunde nervös sind, ist ja verständlich. Es war Mittagszeit und die Straße, wo unser Büro ist, war stark befahren. Da war ein junges Mädel, 19 Jahre, die mir sagte, wie groß ihre Angst sei, jetzt zu fahren. Ich beruhigte sie, so gut ich konnte. Ich sagte noch: »Du brauchst keine Angst zu haben, ich bin ja bei dir. Es ist auch noch nie was passiert.«
Das Fahrschulauto stand auf der Straße vor der Fahrschule, weil unser Parkplatz anderweitig besetzt war. Wir stiegen ein und ich sagte: »Bitte lege jetzt den ersten Gang ein, lass‘ die Kupplung langsam los und gib etwas Gas.« Ich hatte es noch nicht ganz ausgesprochen, da gab es einen Knall und einen gellenden Schrei von Maria. Wir flogen mit dem Auto einige Meter nach vorne und … in unserem Kofferraum stand ein LKW! Der Fahrer hatte nicht gesehen, dass wir am rechten Fahrbahnrand standen.
Ich kümmerte mich sofort um Maria und fragte, ob sie verletzt sei.
»Ja, der Nacken tut mir weh«, war ihre Antwort. Ich selbst konnte unverletzt aussteigen und rief unserer Sekretärin, die auch auf der Straße stand, zu, sie solle Polizei und Krankenwagen rufen.
Die Verletzung von Maria war ein Schleudertrauma und sie musste einige Wochen lang deswegen ärztlich behandelt werden. Unser Fahrschulwagen hatte einen Totalschaden! Mit dem neuen Fahrschulwagen hat Maria dann einige Wochen später ihre Fahrstunden begonnen, unfallfrei, bis zu ihrem Führerschein, den sie nach achtzehn Stunden dann erhielt.
Frisiert
Ein junger Bursche, gerade 18 Jahre alt, machte bei mir den Motorradführerschein und stand kurz vor der Prüfung. Er kam jedes Mal mit seinem Roller zur Fahrstunde gefahren, denn er besaß schon den Führerschein Klasse AM. Also durfte er einen Motoroller bis 50 ccm Hubraum nicht schneller als bis 45 km/h fahren. Als er wieder einmal zur Fahrstunde unterwegs war, fuhr vor ihm ein Passat mit 50 km/h. Er hatte sich leicht verspätet und überholte mit seinem Roller den Passat mit ca. 70 km/h. Was er nicht wusste: Der Passat war ein Fahrzeug der Zivilstreife. Denen fiel sofort auf, dass der Roller ein Versicherungskennzeichen besaß und nur bis 45 km/h gefahren werden durfte. Die Polizisten folgten ihm bis zu unserem Parkplatz. Sie kontrollierten seinen Führerschein und stellten fest, dass der junge Mann lediglich den Führerschein der Klasse AM besaß. Er bekam eine Anzeige, weil er keine entsprechende Fahrerlaubnis besaß und der Roller frisiert war, da er weit über 70 km/h damit fahren konnte. Man stelle seinen Motorroller sicher, den man später zum TÜV brachte, wo ein Gutachten erstellt wurde. Dieses alles kostete dem jungen Mann eine ganze Menge Geld. Die Betriebserlaubnis war erloschen, da er ja den Roller manipuliert hatte. Dadurch bestand auch kein Versicherungsschutz mehr. Eine saftige Geldstrafe und eine zweijährige Sperre für eine Fahrprüfung folgten auf dem Fuß.
Preisausschreiben
Der TÜV veranstaltete vor einigen Jahren ein Preisausschreiben für Fahrlehrer. Wir sollten Verbesserungsvorschläge einreichen, die den Fahrlehrern das Arbeiten erleichtern konnten. Für den besten Vorschlag sollte es damals 500 Mark geben. Einsendeschluss war ein Freitag um 15.00 Uhr.
An dieser Stelle muss ich anmerken, dass der Leiter der Prüfstelle in Köln nicht gerade für den berühmten kölschen Humor bekannt war. »Dem kann man auf die Sprünge helfen!« dachte ich.
Jeder Fahrschulwagen hat eine akustische Warneinrichtung, die trötet, wenn der Fahrlehrer während der Prüfung Gas, Bremse oder die Kupplung berührt. Dann weiß der Fahrprüfer, dass wir eingegriffen haben. Dieser schrille Ton hat mich schon immer gestört und genervt.
Also fuhr ich am Freitag eine Viertelstunde vor Einsendeschluss zur Hauptstelle beim TÜV. Bei der Sekretärin machte ich es sehr dringend, denn ich wollte schnellstmöglich zu ihrem Chef. Natürlich wollte sie wissen, worum es geht.
»Ich habe für das Preisausschreiben einen äußerst guten Verbesserungsvorschlag. Ihr Chef wird begeistert sein. Allerdings glaube ich, dass meine Idee mehr als 500 Mark wert ist.«
Die Sekretärin rief ihren Chef an: »Hier draußen steht Herr Schmitz, der möchte Sie dringend sprechen.«
Er ließ mich zu sich bitten. In seinem Büro versprach ich ihm einen so wahnsinnig guten Verbesserungsvorschlag, der die Fahrschulwelt verändern würde. »Es geht um die akustische Warneinrichtung, deren Ton viele von uns Fahrlehrern nervt.«
Der TÜV-Chef war interessiert: »Welche Veränderung schlagen Sie denn vor, Herr Schmitz?«
»Wir koppeln die Warneinrichtung mit einem Tonbandgerät.« Sein Gesicht zeigte große Zweifel und Erstaunen. Ich fuhr fort: »Stellen Sie sich vor, es fährt ein Junge und ich bremse, dann erklingt das Lied: Junge komm‘ bald wieder. Oder es fährt ein Mädchen und ich bremse, dann erklingt das Lied: Wir wollen niemals auseinandergehen.« Dann sah ich es: Der Kopf des TÜV-Chefs wurde rot und seine Halsschlagader drohte zu platzen.
So schnell wie damals bin ich nie wieder aus einem Raum geflitzt. Seltsamerweise habe ich die 500 Mark nicht gewonnen.
Nie mehr ein Scherz
Mit den Jahren wurde mir klar, dass ich bei Fahrschülern keine Scherze machen kann. Alles, was ich ihnen erzähle, nehmen sie für bare Münze.
Da war einmal eine Medizinstudentin, Judith, die mich bei der fünften oder sechsten Fahrstunde fragte, was das für ein Schalter sei, der mit dem Warndreieck. Ich sagte ihr: »Das ist die Warnblinkanlage.«
Bei der nächsten Stunde fragt sie mich wieder: »Herr Schmitz, ich habe es vergessen. Was ist das für ein Schalter mit dem Warndreieck?«
»Das ist die Warnblinkanlage«, meinte ich nachsichtig.
Das ging tatsächlich einige Fahrstunden lang so! Jedes Mal fragte mich Judith nach dem roten Schalter. Irgendwie konnte ich mir sie als angehende Ärztin nur bedingt vorstellen. Klar war ich bald der festen Ansicht, dass die mich veralbern will. Als sie mich zum siebten Mal fragte, was das für ein Schalter sei, antwortete ich spontan: »Das ist der Schalter für den Schleudersitz.«
Sie sah mich verblüfft an: »Wie, Schleudersitz?«
»Nun«, antwortete ich, »ich bin verheiratet, habe drei Kinder und ich bin kein Stuntman. Wenn es brenzlig wird, drücke ich auf den Knopf. Dann öffnet sich die Beifahrertür und zack, bin ich weg.«
Judith sah mich entgeistert an: »Wie, weg?«
»Ja«, erklärte ich ihr, »dann geht die Beifahrertür auf und ich werde wie in ein Jetpilot aus dem Auto katapultiert. Ab da sind