Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Die Weltportale (Band 4)
Die Weltportale (Band 4)
Die Weltportale (Band 4)
eBook425 Seiten

Die Weltportale (Band 4)

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Eleonora bleibt kaum Zeit, sich von den schweren Verlusten der letzten Kämpfe zu erholen. Sie muss auf ein Wunder hoffen, denn jetzt kann ihr nur noch das verschollene Volk der Pigmentera dabei helfen, mehr über den Schatten herauszufinden und ihn zu besiegen. Der Berg, auf dem diese Wesen leben sollen, ist allerdings auf keiner Karte verzeichnet. Auf der Suche nach der Wahrheit decken Eleonora, Lucius und ihre Freunde Geheimnisse auf, die all ihre Überzeugungen ins Wanken bringen. Und der Welt droht einmal mehr das Schicksal, in Dunkelheit zu versinken.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum24. Juni 2022
ISBN9783038962465
Die Weltportale (Band 4)

Mehr von B. E. Pfeiffer lesen

Ähnlich wie Die Weltportale (Band 4)

Titel in dieser Serie (5)

Mehr anzeigen

Fantasy für Sie

Mehr anzeigen

Rezensionen für Die Weltportale (Band 4)

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Die Weltportale (Band 4) - B. E. Pfeiffer

    Inhaltsverzeichnis

    Titel

    Informationen zum Buch

    Impressum

    Widmung

    Landkarte

    Prolog - Solana

    Kapitel 1 - Aestus

    Kapitel 2 - Lucius

    Kapitel 3

    Kapitel 4

    Kapitel 5

    Kapitel 6

    Kapitel 7

    Kapitel 8 - Lucius

    Kapitel 9

    Kapitel 10

    Kapitel 11

    Kapitel 12

    Kapitel 13

    Kapitel 14

    Kapitel 15

    Kapitel 16

    Kapitel 17

    Kapitel 18

    Kapitel 19 - Aestus

    Kapitel 20

    Kapitel 21 - Raksha

    Kapitel 22

    Kapitel 23

    Kapitel 24 - Lucius

    Kapitel 25

    Kapitel 26

    Kapitel 27

    Kapitel 28 - Aestus

    Kapitel 29

    Kapitel 30

    Kapitel 31

    Kapitel 32 - Lucius

    Kapitel 33

    Kapitel 34 - Aestus

    Kapitel 35

    Epilog - Lucius

    Die Geschichte von Raksha und Lapidia

    Personenverzeichnis

    Dank

    B. E. Pfeiffer

    Die Weltportale

    Band 4

    Fantasy

    Die Weltportale (Band 4)

    Eleonora bleibt kaum Zeit, sich von den schweren Verlusten der letzten Kämpfe zu erholen. Sie muss auf ein Wunder hoffen, denn jetzt kann ihr nur noch das verschollene Volk der Pigmentera dabei helfen, mehr über den Schatten herauszufinden und ihn zu besiegen. Der Berg, auf dem diese Wesen leben sollen, ist allerdings auf keiner Karte verzeichnet. Auf der Suche nach der Wahrheit decken Eleonora, Lucius und ihre Freunde Geheimnisse auf, die all ihre Überzeugungen ins Wanken bringen. Und der Welt droht einmal mehr das Schicksal, in Dunkelheit zu versinken.

    Die Autorin

    Bettina Pfeiffer wurde 1984 in Graz geboren und lebt heute mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Baden bei Wien.

    Seit ihrer Kindheit liebt sie es, sich Geschichten auszudenken. Besonders als Ausgleich zu ihrem zahlenorientierten Hauptjob taucht sie gern in magische Welten ab und begann schließlich, diese aufzuschreiben. So entstand recht schnell die Idee für die ›Weltportale‹ und andere magische Geschichten im Genre Fan-tasy/Romantasy.

    Inspiration dafür findet sie immer wieder durch ihre Kinder, mit denen sie gern auf abenteuerliche Entdeckungsreisen geht.

    www.sternensand-verlag.ch

    info@sternensand-verlag.ch

    1. Auflage, Juni 2022

    © Sternensand Verlag GmbH, Zürich 2022

    Umschlaggestaltung: Alexander Kopainski

    Lektorat: Sternensand Verlag GmbH | Wolma Krefting

    Korrektorat: Sternensand Verlag GmbH

    Satz: Sternensand Verlag GmbH

    ISBN (Taschenbuch): 978-3-03896-245-8

    ISBN (epub): 978-3-03896-246-5

    Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

    Für alle, die immer noch daran glauben, dass Träume wahr werden.

    »Der kühle Ritter trägt Magie im Blut,

    Zu löschen vermag er die dunkle Glut.

    Doch ist sein Schicksal geprägt von Leid,

    Wähnt er sich und das Licht auch in Sicherheit.

    Seinen wahren Wert muss er beweisen,

    Doch könnte es ihm das Herz in Stücke zerreißen.«

    Prolog - Solana

    Sie blickte in den schwarzen Schlund. Irgendwo, jenseits der Dunkelheit, musste das Schattenreich liegen. Man konnte es nicht mehr sehen, nur erahnen. Sie selbst hatte dabei geholfen, es an jenen Ort zu verbannen, an dem es jetzt lag.

    Fern von der Welt, die sie einst gemeinsam erschaffen hatten, fristete Raksha sein Dasein. Solana konnte seine Wut fühlen, seinen Rachedurst … und seine Einsamkeit.

    Sie stieß den Atem aus und ließ ihren Kopf sinken. Solana wusste längst, dass ihre Zeit sich dem Ende neigte. Sie hatte ihren endgültigen Tod, so lange sie konnte, hinausgezögert. Aber nun schwanden ihre Kräfte immer mehr, während die des Schattens immer stärker zu werden schienen.

    »Ich fühle deine Dunkelheit«, flüsterte sie in die Schwärze des Abgrunds. »Und ich weiß, dass du mein Ende spüren kannst. Aber damit bist du noch nicht am Ziel, Bruder. Es wird jemanden geben, der deinen Schatten ausgleicht, wie ich es einst tat. Es gibt keine Dunkelheit ohne Licht.«

    Solana seufzte und betrachtete ihre fast durchsichtigen Hände. Sie hatte längst vergessen, wie lange es zurücklag, dass sie einen menschlichen Körper besessen hatte. Oder wie viele Generationen es her war, dass sie diesen Ort vor den Augen der Menschen verbarg, die am Fuß des Berges eine Siedlung errichtet hatten, die sie Erzstadt nannten. Und die Menschen dort waren anders als alle anderen. Etwas Seltsames ging in dem Ort vor sich. Aber Solana hatte die Kraft nicht mehr, dem auf den Grund zu gehen. Sie hoffte nur, dass die Mächte, die in der Stadt wirkten, keinen Einfluss auf den Ausgang dieser Geschichte hatten.

    Wenn Solana einmal nicht mehr war, musste sie sich auf das Licht jenes Wesens verlassen können, das dazu ausersehen war, das Gleichgewicht zu bringen. Es gab bereits so vieles, das dieses Licht zu trüben drohte. Und Solana wusste nur zu gut, dass ihr Bruder alles daransetzen würde, um seine Rache zu bekommen.

    »Es wird Zeit«, flüsterte Solana. »Wir werden uns wohl in diesem Leben nicht wiedersehen. Und ich weiß nicht, ob du mich überhaupt hören kannst. Aber …«, sie atmete tief aus, »es tut mir leid. Ich weiß nicht, ob ich dich hätte retten können. Aber ich hätte es versuchen sollen. Ich vergebe dir das, was du aus mir gemacht hast. Und ich hoffe, du kannst mir auch eines Tages vergeben.«

    Sie blickte in den tiefschwarzen Schlund. Eine Antwort hatte sie ebenso wenig erwartet wie Rakshas Vergebung. Er hasste sie. Und er hatte jedes Recht dazu. Sie hatte ihn im Stich gelassen, als er sie am meisten brauchte.

    Trotzdem würde sie nicht zulassen, dass er die Welten verdunkelte. Sie würde dem Licht helfen, ihn aufzuhalten.

    Solana schloss die Augen. Sie wünschte sich, dass ihr Bruder nicht sterben musste. Aber sie ahnte, dass auch seine Zeit sich dem Ende neigte, auch wenn er nie die Freude gefunden hatte, die er eigentlich verdiente.

    Kapitel 1 - Aestus

    Er stand vor dem Geysir und wartete darauf, dass dieser erneut ausbrach. Der sengend heiße Dampf war sein einziges Fenster zur Außenwelt, die einzige Möglichkeit, sie zu sehen.

    Aestus bewegte seinen Kopf, bis seine Halswirbel knackten, dann blickte er auf die Öffnung im Boden vor sich.

    »Komm schon«, zischte er und ballte die Hände zu Fäusten.

    »Was treibst du hier?«, fragte Raksha, der wie immer völlig lautlos hinter ihm aufgetaucht war.

    Aestus wollte ihn nicht ansehen. Raksha war der Schatten, und er sah aus wie Aestus selbst.

    »Deine gefallene Königin lässt sich Zeit, uns das dritte Artefakt zu bringen und uns damit die Flucht aus dem Schattenreich zu ermöglichen. Ich wollte sehen, was sie treibt«, erwiderte er mit beherrschter Stimme.

    »Wirklich? Du wolltest Lapidia nachspionieren? Nicht Eleonora?«

    Bei der Erwähnung ihres Namens verkrampften sich Aestus’ Muskeln und er presste die Kiefer fester aufeinander. Es kostete ihn Mühe, seinen Atem unter Kontrolle zu behalten. Raksha sollte nicht wissen, dass es genügte, von ihr zu sprechen, um seine Wut anzufachen. Oder seine Sehnsucht. Aestus wollte Eleonora an seiner Seite haben. Doch er saß hier im Schattenreich fest und sie hatte sich geweigert, Lucius zu opfern, um ihn, Aestus, zu befreien.

    »Warum sollte ich nach ihr suchen? Nina wird sie zu mir bringen, weil es dein Befehl war«, sagte Aestus nach einiger Zeit und dachte daran, wie leicht Raksha Eleonoras ehemalige Freundin auf seine Seite gezogen hatte.

    »Weil du von diesem Mädchen besessen bist«, knurrte Raksha und berührte ihn. Eisige Klauen bohrten sich ein wenig in die Haut von Aestus’ Unterarm, ließen einen Schauer durch seinen Körper gehen. »Sie hat dich verraten und du nutzt trotzdem jede Möglichkeit, sie zu sehen. Ich sagte doch, sie wird dir gehören. Aber wenn ich befürchten muss, dass du unseren Plan zum Scheitern bringst, weil du einer dummen Hoffnung hinterherläufst …«

    »Ich weiß, dass ihr Herz nicht mir gehört«, fuhr Aestus ihn an und schlug die Hand des Schattens von seinem Arm. »Aber das ist nicht wichtig. Weil sie dennoch an meiner Seite sein wird, wenn wir sie erst in die Dunkelheit geführt haben.«

    Rakshas leere Augen ruhten auf ihm und Aestus schauderte noch einmal. Er war immer noch nicht sicher, ob der Schatten noch etwas sah oder nicht. Doch es spielte keine Rolle. Raksha wusste nämlich auch ohne Augenlicht stets, was Aestus tat.

    »Aber erst, wenn sie das Siegel bricht. Denn ich befürchte, ohne ihre Kräfte werden wir auch mit allen fünf Artefakten nicht in der Lage sein, den Kristall endgültig zu zerstören und daraus freizukommen.« Raksha hob das Kinn. »Also verlass diesen Ort nicht vorzeitig. Du wirst nicht mehr viele Möglichkeiten haben, dich aus dem Kristall zu befreien, weil du mir mit jedem Tag ähnlicher wirst. Wähle die Zeitpunkte, da du die Außenwelt betrittst, daher weise. Sonst könnte es sein, dass wir für immer hier festsitzen.«

    »Ich habe diesen Ort bisher ein einziges Mal verlassen und das war, als du mich in ihre Welt geschickt hast«, erwiderte Aestus zornig. »Im Gegensatz zu anderen kann ich Befehle befolgen, also musst du dich nicht um mich sorgen.«

    »Du sprichst von Lapidia«, meinte Raksha ruhig. »Ja, sie stellt sich im Augenblick nicht besonders geschickt an, da stimme ich dir zu. Aber sie wird uns nicht hintergehen. Dazu habe ich sie zu sehr mit meiner Magie an mich gebunden. Sie denkt, dass ich der Einzige bin, der sie wirklich versteht.«

    »Ich dachte, sie wird dich nicht hintergehen, weil sie dich liebt.«

    Raksha legte den Kopf in den Nacken und lachte. »Das glaubst du, ja? Nun, ich denke, sie liebt mich wirklich, aber dennoch hat sie sich gegen mich entschieden, als es darum ging, diese Welt zu retten. Das ist jetzt allerdings vorbei. Sie wird von nun an immer mich wählen, auch wenn mich diese Bindung viel Kraft gekostet hat. Doch Lapidia nimmt mittlerweile an, dass nur ich fest zu ihr gehalten habe und dass ihre eigene Familie ihr das Glück, das sie mit mir hätte haben können, nicht gönnte.«

    »Du hast also ihren Geist verwirrt«, stellte Aestus fest.

    »Nenn es, wie du willst. Aber sie wird uns nicht verraten, sondern alles tun, was ich von ihr fordere.«

    »Ich will trotzdem sichergehen, dass sie in unserem Sinne handelt.«

    Raksha klopfte ihm auf die Schulter. »Vertreib dir die Zeit an diesem Ort, wie immer du möchtest. Aber hör auf meinen Rat, wenn es um die Kleine geht, die deine Belohnung sein soll. Sie wird versuchen, dich aus der Dunkelheit zu führen. Lass das nicht zu, um euer beider willen.«

    Das Gesicht des Schattens hatte sich zu einer finsteren Maske verformt und Aestus unterdrückte erneut ein Schaudern. Er war Raksha freiwillig gefolgt, aber er wusste, dass der Schatten ihn töten würde, wenn er das Gefühl hatte, Aestus würde ihn verraten.

    »Ich weiß, dass ich ihr keinen Glauben schenken darf. Ihre Taten beweisen, dass ich ihr nichts wert bin«, erwiderte Aestus.

    »Gut, ich wollte nur, dass es zu keinen Missverständnissen kommt«, meinte Raksha. »Dann viel Vergnügen bei deinen Beobachtungen.«

    Noch während er sprach, löste er sich vor Aestus’ Augen auf und verschwand in der Dunkelheit.

    Aestus stieß den Atem aus und wandte sich dem Geysir zu, der brodelnd begonnen hatte, heißen Dampf auszustoßen. Er hob seine Hand bis knapp vor den Nebeldunst und murmelte Worte in einer Sprache, die er nie gelernt hatte und die ihm dennoch altbekannt vorkam.

    Kaum war die letzte Silbe über seine Lippen gekommen, lichteten sich die Schwaden und er erblickte ein Gesicht. Ihr Gesicht.

    Eleonora lächelte, obwohl er wusste, dass es nur ein Höflichkeitslächeln war, denn es erreichte ihre Augen nicht.

    »Zeig mir mehr«, forderte er den Nebel auf.

    Das Bild veränderte sich und er erkannte einen Raum, der ihm vertraut war. Eleonora befand sich also wieder an der Akademie für Magie in Eirini. Sie trug ein dunkelblaues Kleid, das er nicht kannte. Es schimmerte, wenn sie sich bewegte, genauso wie der Stirnreif, den sie auf ihrem Kopf trug. So einen hatte er ihr einmal gereicht, damals, als er noch dachte, sie würde ihn lieben.

    Wie hatte sie ihn so täuschen können?

    Er wünschte, er könnte hören, was sie sagte. Denn außer ihr und dem Raum konnte er sonst nichts erkennen. Aber da sie ihre Lippen bewegte, ging er davon aus, dass sie ein Gespräch führte. Er hätte zu gerne gewusst, mit wem und worum es ging. Eleonora wirkte immer noch angespannt und das Lächeln sah verkrampft aus.

    Wie viel Zeit wohl in ihrer Welt vergangen war, seit sie sich zum letzten Mal gegenübergestanden hatten? Er wusste es nicht.

    Ein seltsames Gefühl regte sich in seiner Brust. Ja, er war dem Schatten freiwillig gefolgt, weil es sich richtig angefühlt hatte. Weil er wusste, ihm blieb keine andere Wahl, um zu bekommen, was er wirklich wollte. Und er wollte nichts außer Eleonora. Der Preis war ihm gleichgültig, und wenn die Welt dafür in Dunkelheit versinken musste, sollte es so sein.

    Aber etwas war ihm längst bewusst geworden. Raksha durfte er nicht blind vertrauen. Nina tat es, und er wusste, dass der Schatten sie opfern würde, sobald sie ihm lästig wurde oder nicht mehr helfen konnte. Vielleicht hatte Aestus eine Sonderstellung, aber darauf wollte er sich nicht verlassen.

    Und so nahm er sich vor, trotz allem über Eleonora zu wachen und Raksha nicht die Möglichkeit zu geben, sein Versprechen zu brechen. Noch nicht einmal der Schatten selbst würde ihm diesmal im Weg stehen, dafür würde er sorgen.

    Kapitel 2 - Lucius

    Er sah ihr zu, wie sie mit dem Magierkönig einige Menschen begrüßte, die aus Erzstadt stammten und in Eirini Schutz gesucht hatten. Eleonora wirkte angespannt und so, als würde sie sich in dem Kleid, das Ignia ihr als Prinzessin der Auronen für diesen Anlass geschenkt hatte, nicht wohlfühlen.

    Immer wieder wanderten ihre Finger hinauf zum Stirnreif, den sie trug, bevor sie sich daran zu erinnern schien, dass sie ihn nicht ständig berühren sollte.

    Sie sah atemberaubend aus, aber er musste zugeben, dass ihr eindeutig das Strahlen fehlte, das sie sonst begleitete.

    »Ihr solltet nicht so offensichtlich zu ihr hinstarren«, raunte Valeria, die neben ihn getreten war. »Sie wird es bemerken und im Augenblick muss sie sich konzentrieren.«

    »Ich weiß«, erwiderte Lucius, ohne die Direktorin der Akademie anzusehen. Er nippte stattdessen an dem Zorbia, das er trinken musste, seit er sich im Kristallfluss verletzt hatte.

    Drei Tage war es her, dass sie aus der Auronenstadt Galene zurückgekehrt waren. Sein rechter Arm schmerzte immer noch. Erst hatte Nina, die einmal Eleonoras Freundin gewesen und jetzt mit dem Schatten verbündet war, ihn dort verwundet und dann ein Kristall aus dem unterirdischen Fluss im Auronenschloss. Aber der Schmerz war gut. Es bedeutete, dass es Hoffnung gab. Lucius trainierte jeden Tag bis zur Erschöpfung, um seine Muskulatur zu stärken. Doch er machte bei Weitem nicht die Fortschritte, die er wollte. Dazu hatte er nicht genug Zeit, denn er wollte in Eleonoras Nähe bleiben und sie beschützen.

    Sein Blick wanderte zu Fyria, der ehemaligen obersten Aurone der Windkräfte. Sie stand dicht hinter Eleonora und hatte ebenfalls deren Schutz übernommen. In ihrem hellblauen Gehrock und mit den blonden, langen Haaren wirkte sie selbst eher wie eine Prinzessin als eine Kämpferin. Doch Lucius wusste längst, dass er die Aurone nicht unterschätzen sollte. Fyria war mächtig und sie wollte Eleonora helfen.

    Er schob die Gedanken beiseite und stellte den mittlerweile leeren Becher mit dem Zorbia ab. Dann sah er sich im Raum um und ließ seine linke Hand zu dem Schwertgürtel an seiner Hüfte wandern.

    Er war in der Lage, auch mit dem linken Arm zu kämpfen. Wirklich sicher fühlte er sich damit aber nicht, deswegen berührte er seine Waffe, um sich selbst zu beruhigen. Lucius würde das Schwert rechtzeitig ziehen können, falls etwas geschah. Er hoffte dennoch, dass es nicht nötig werden würde. Dieser Abend war wichtig. Also versuchte er, sich zu entspannen. Vermutlich sah er schon überall Gefahr, obwohl es keine gab.

    Die Musik, die sich dezent im Hintergrund hielt, kam ihm vertraut vor, aber er hätte nicht sagen können, woher. Der Duft von Essen stieg ihm ebenso in die Nase wie das schwere Parfum mancher Damen, und doch konnte er unter all den Eindrücken einen Geruch genau wahrnehmen: jenen von Eleonora nach Wald und frischen Tannennadeln.

    »Ihr sorgt Euch, dass sie dem Druck nicht standhält, nicht wahr?« Valeria flüsterte so leise, dass er sich konzentrieren musste, um sie zu verstehen.

    »Ich weiß, dass sie dem Druck standhalten wird«, meinte Lucius ebenso leise. »Ich sorge mich aber um ihre Sicherheit. Mir ist von den Rittern meiner Burg berichtet worden, dass einige Menschen aus Erzstadt nicht gut finden, was die Akademie und Eleonora in den letzten Tagen getan haben. Sie sind der Meinung, dass wir den Magiern helfen, ihre Macht auszuweiten, weil der Angriff auf die Hauptstadt Lumeno nur eine List war.«

    Valeria stieß den Atem aus. »Lasst mich raten, wer ihnen diese Idee in den Kopf gesetzt hat.«

    Lucius wandte sich ihr zu, ein zynisches Lächeln auf den Lippen. »Ihr müsst nicht raten, wir beide kennen den Namen.«

    Er sprach von Justus von Erzstadt. Der Ritter war dem Bürgermeister begegnet, aber er hatte gehört, wie er sich bei der Versammlung vor wenigen Monden benommen hatte. Von Verschwörung der Magier hatte er gesprochen und dass die Bedrohung durch den Schatten nur ihre Erfindung gewesen war. Viele Menschenstädte weigerten sich deswegen, im Kampf gegen den Schatten auf die Seite des Magierkönigs und Eleonoras zu treten.

    Dabei hätten sie die Unterstützung der Menschen ebenso gebraucht wie jene der anderen Völker. Besonders, da Lumeno in Trümmern lag und viele Magier umgekommen waren. Die Auronen und die Lunara standen ihnen bei. Aber ohne den Zusammenhalt aller Völker würde es schwierig werden, einen weiteren Kampf gegen den Schatten auszufechten, wenn es dazu kam.

    »Haben wir schon Nachricht aus Nives?«, fragte Lucius noch leiser.

    Er wollte nicht riskieren, dass irgendjemand sie belauschte und ihre nächsten Schritte kannte.

    »Leider nicht. Die Fürstin Elana von Dragonis hat ihre Brüder ausgeschickt, um die Elfen in Nives zu informieren und den ehemaligen Wächter dieses Volkes zu suchen. Aber bisher sind sie nicht zurückgekehrt oder haben sich auf andere Weise gemeldet.«

    Lucius stieß den Atem aus. Zwei Tage waren die Prinzen bereits fort. So lange konnte es nicht dauern, den alten Wächter der Elfen ausfindig zu machen. Falls er überhaupt noch lebte … Er war die einzige Hoffnung, die sie hatten, um das Artefakt der Elfen vor dem Schatten aufzuspüren.

    »Mit dem Hinweis der Auronen sind wir im Übrigen auch nicht wirklich weitergekommen«, fuhr Valeria fort und Lucius neigte seinen Kopf, um ihr besser zuhören zu können. »Niemand in Erzstadt, den wir befragt haben, scheint jemals etwas von dem König der Berge gehört zu haben. Und auch in unseren Archiven sind wir nicht fündig geworden.«

    »Wenn dieser Name in einer Zeit gebräuchlich war, in der die Portale noch offen standen, wundert mich das nicht«, erwiderte Lucius und fixierte einen älteren Mann in aufwendiger Kleidung, der auf Eleonora zuschritt.

    Etwas an ihm wirkte seltsam. Dunkel. Nicht menschlich. Der Mann verneigte sich vor Eleonora und legte eine Hand an seine Hüften, wo sich auch ein Schwert befand.

    Lucius reagierte sofort, war mit zwei Schritten bei ihm und packte ihn am Handgelenk. Jetzt wusste er auch, was an ihm befremdlich wirkte.

    »Was erlauben Sie sich!«, fuhr der Mann ihn an.

    Sein Gesicht hatte sich rot wie ein reifer Apfel gefärbt, während er den Ritter anfunkelte.

    »Ich fühle Schattenmagie an Euch«, verkündete Lucius.

    Der Mann schnaubte, doch dann hob er seine Mundwinkel und begann zu lachen. Er legte den Kopf in den Nacken und schüttelte sich, wand sich im Griff des Ritters. Dabei veränderte sich sein Äußeres. Dunkle Rinnsale breiteten sich über seine Haut aus wie ein Spinnennetz und er verrenkte sein Handgelenk, um sich von Lucius loszureißen.

    Aus den Augen war jegliches Leben gewichen, als er einen Schritt zurück machte und eine Schriftrolle herauszog. Mit zitternder Hand hielt er das hintere Ende umklammert und hob das Schriftstück, als wollte er Eleonora auffordern, es zu nehmen.

    Die Musik war längst verstummt und alle Augen richteten sich auf den Mann, der offensichtlich dem Schatten zum Opfer gefallen war. Fyria hob ihre Hände und machte sich kampfbereit. Die Magier hingegen, die um Seratus standen, hielten sich zurück.

    Erst da bemerkte Lucius, dass der Magierkönig selbst den Befehl dazu gab. Wieso griff er nicht ein?

    »Mein Meister schickt dem Licht eine Botschaft«, krächzte der Mann, während er die Schriftrolle ein Stück höher hob.

    Lucius sah ihn finster an.

    Als Eleonora sich nicht rührte, sondern zu Lucius sah, der einen Arm schützend vor sie hielt, zischte die Kreatur: »Nimm es endlich, Elfenbalg!«

    Die Haut des Mannes schmolz rund um die Schriftrolle wie Schnee in der Sonne. Die Flüssigkeit roch ätzend und brannte Löcher in den Boden, sobald sie diesen berührte.

    Zitternd schritt der Mann auf Eleonora zu, an deren Fingerspitzen bereits Magie knisterte. Lucius zog das Schwert und baute sich vor Eleonora auf.

    »Bleib, wo du bist, wenn dir dein Leben lieb ist«, fuhr der Ritter den Mann an.

    Der verzog sein Gesicht zu einer grotesken Maske. »Welches Leben, Junge?«, fragte er und sank auf seine Knie.

    Röchelnd kroch er weiter, die Schriftrolle immer noch umklammert.

    Lucius sah sich unter den anderen Anwesenden um. Wut stieg in ihm auf, weil Seratus immer noch nicht den Befehl gab, Eleonora zu schützen. Immerhin würde Fyria eingreifen. Das beruhigte ihn.

    »Wenn du mutig sein willst«, keuchte der Mann und hob sein Gesicht, oder vielmehr das, was davon noch erkennbar war. Denn die Haut dort war ebenso geschmolzen wie die an seiner Hand. Lucius schluckte gegen den Brechreiz an. »Dann nimm du die Rolle«, beendete der Mann den Satz und hielt sie dem Ritter hin.

    Lucius stieß den Atem aus. Er steckte das Schwert weg und machte einen Schritt auf den Mann zu.

    »Nicht!«, rief Valeria, aber es war zu spät.

    Fauchend erhob sich, was von dem Körper des Mannes übrig war. Er schleuderte Lucius die Rolle entgegen und verspritzte dabei ätzende Flüssigkeit. Der Ritter krümmte seine Finger und ein Schild aus Lichtmagie erschien, groß genug, um sich und Eleonora hinter ihm damit abzuschirmen.

    Fyria ließ einen Vortex entstehen und fing damit den beißenden Sprühnebel ab, bevor jemand verletzt wurde.

    »Wachen!«, rief Seratus endlich.

    Die Magier setzten sich in Bewegung, erschufen Seile aus Lichtmagie in ihren Händen und ließen sie auf den Angreifer zuschnellen. Der krümmte sich und sank leblos zu Boden, kaum, dass die Seile ihn trafen. Die Schriftrolle fiel aus seiner schlaffen Hand.

    Lucius rang nach Atem und sah sich nach Eleonora um, die ihn kaum merklich am Arm berührte. Ihre Magie floss durch seinen Körper und er wusste, ohne ihre Hilfe hätte er den Schild nicht so schnell erschaffen können, obwohl er mittlerweile mit den Kräften vertraut war.

    »Geht es dir gut?«, fragte sie ihn und fügte tadelnd hinzu: »Das war leichtsinnig. Er hätte dich töten können.«

    »Lieber mich als dich«, erwiderte Lucius ernst. »Wie konnte dieses Ding hier hineingelangen?«

    Sein Blick wanderte zu Valeria, Fyria und Seratus, die sich über die Überreste des Mannes beugten.

    »Er war ein Mensch«, verkündete die rothaarige Direktorin mit belegter Stimme. »Und was auch immer ihn befallen hat, scheint schnell gewirkt zu haben. Denn bis zu dem Moment, in dem er zu Eleonora trat, habe ich keine Schattenmagie an ihm wahrgenommen.«

    »Ich ebenfalls nicht«, fügte Seratus hinzu. »Und das beunruhigt mich mehr, als ich zugeben möchte. Aber genau aus dem Grund wollte ich so spät wie möglich eingreifen, um die Magie besser zu enttarnen. Es tut mir leid, dass ich euch damit in Gefahr gebracht habe.«

    Im Saal begannen die Menschen zu tuscheln und die Worte ›Verschwörung‹ und ›Verrat‹ fielen immer wieder.

    Eigentlich hätte dieses Treffen dazu dienen sollen, mehr über Erzstadt zu erfahren, Kontakte zu knüpfen und zu hoffen, dass die Menschen, die von dort geflüchtet waren, überzeugt werden konnten, zu helfen. Doch jetzt schienen sie noch misstrauischer zu sein.

    »Bringt die Menschen bitte in ihre Unterkünfte«, sagte Seratus an die Magier gewandt und diese führten alle Anwesenden aus dem Raum, bevor sie die Türen schlossen.

    Lucius war froh, dass jetzt neben Eleonora nur noch der Magierkönig, Fyria und die Direktorin hier waren. Die ängstlichen Blicke der Menschen hatten ihm einmal mehr bewiesen, dass sie noch nicht so weit waren, in den Kampf mit dem Schatten einzugreifen. Sie sollten nicht alles sehen und hören, was nun hier geschah.

    »Wenn der Schatten solche Magie einsetzen kann«, flüsterte Eleonora, und Lucius sah sie an. Ihre grünen Augen wirkten dunkel, fast braun und er wusste, dass sie Angst hatte. »Dann ist er jetzt unglaublich mächtig.« Sie schluckte schwer. »Haben wir zu viel Zeit damit vergeudet, Informationen über Nives und Erzstadt zu sammeln? Hätten wir sofort aufbrechen und nach dem Artefakt und den Pigmentera suchen sollen?«

    »Nein«, sagte der Ritter sanft und hob eine Hand.

    Wie immer musste er sich davon abhalten, sie zu berühren. Er wollte ihr nahe sein, aber er achtete ihren Entschluss, erst Aestus zu befreien und anschließend zu klären, wie es wirklich um ihre Gefühle zu ihm stand. Leicht fiel ihm das nicht.

    Zwischen Lucius und Eleonora gab es eine Verbindung, die sie zusammengeführt hatte, als der Ritter noch verflucht war. Er hatte immer gewusst, dass sie zusammengehörten. Aber der Schatten hatte Aestus in Eleonoras Leben gebracht und dafür gesorgt, dass sie ihr Herz auch an ihn verlor.

    Mittlerweile hatten sie erkannt, dass viele Entscheidungen, die Eleonora getroffen hatte, durch den Schatten beeinflusst worden waren. Doch Eleonora fühlte sich dennoch schuldig, weil Aestus in der Schattenwelt gefangen war.

    Deswegen drängte Lucius sie nicht dazu, zu ihren Gefühlen für ihn zu stehen. Es wäre ungerecht gewesen und er respektierte, dass sie nichts überstürzen wollte.

    Also wischte er sich über den Nasenrücken, statt sie mit seiner Hand zu berühren, und räusperte sich.

    »Wir haben getan, was am sinnvollsten war«, erklärte er entschlossen. »Blind in ein Gebiet zu reisen, das wir nicht kennen, und nach etwas zu suchen, ohne wirklich zu wissen, wonach genau, wäre leichtsinnig. Es würde uns vielleicht noch mehr Zeit kosten, als hier Nachforschungen anzustellen. Und außerdem hast du versucht, neue Verbündete zu finden. Das ist wichtig.«

    »Aber bisher haben wir in den Büchern nichts über einen König der Berge oder das Volk der Pigmentera gefunden. Und was die Auronen wissen, haben sie mit uns geteilt, nur ist das nicht besonders viel gewesen.«

    Lucius nickte nachdenklich. Das Volk der Pigmentera konnte Licht brechen und dadurch Portale öffnen oder schließen. Sie hüteten viele Geheimnisse und konnten ihnen vermutlich mehr über Niall, das fünfte Element, beibringen. Eleonora wollte sie finden, weil sie hoffte, mit ihnen Aestus retten zu können. Und weil sie jede Hilfe im Kampf gegen den Schatten brauchte, besonders, wenn die Magie tatsächlich ihr Licht verstärkte.

    Aber die Auronen wussten nicht, wo sich die Pigmentera, die sich lange vor allen anderen Völkern aus der Menschenwelt zurückgezogen hatten, versteckten. Der einzige Hinweis, den es gab, war ein Ort namens ›König der Berge‹ und dass dieser wohl in der Nähe von Erzstadt, vermutlich jenseits des Erzgebirges, lag. Nur hatte noch nie jemand den Berg erklommen und war zurückgekehrt …

    »Wir werden bestimmt noch etwas erfahren«, meinte er schließlich. »Und wenn nicht, dann haben wir zumindest genug Hinweise über mögliche Pfade den Berg hinauf erhalten. Mit etwas Glück finden Malfor und Trustan auch den alten Elfenwächter in Nives und wir können das Artefakt in Sicherheit bringen.«

    »Ich bin nur unschlüssig, ob es bei uns wirklich sicher ist«, erwiderte sie leise.

    »Was meinst du?«

    Eleonora sah sich um, als würde sie nach jemandem Ausschau halten, dann trat sie näher an ihn heran. Sein Herz schlug schneller, als ihr Körper seinen berührte, und wieder kämpfte er den Impuls, seine Hände auf ihre Arme zu legen, nieder.

    »Ich fühle mich beobachtet«, flüsterte sie nah an seinem Ohr. »Seit wir von den Auronen zurück sind, kommt es mir vor, als würde mich jemand überwachen.«

    Lucius beugte seinen Kopf ein Stück. »Ich weiß, was du meinst. Mir geht es ganz genauso«, sagte er so leise wie möglich. »Seit wir zurück sind, habe ich ständig die Befürchtung, von jemandem belauscht zu werden.«

    »Ich frage mich nur, warum mir der Schatten diese Schriftrolle zukommen lassen wollte«, murmelte Eleonora und sah das Pergament auf dem Boden an.

    »Finden wir es heraus«, meinte Lucius und wollte darauf zugehen.

    Eleonora griff nach seiner Hand und hielt ihn zurück. »Nicht, es könnte vergiftet sein oder einen Zauber in sich tragen, der dich verflucht.«

    Er hob die Mundwinkel. »Dann wirst du meinen Fluch erneut lösen.«

    Eleonora blieb ernst. »Lucius, bitte.«

    Ihr Blick wanderte zu seinem rechten Arm. Das Schmunzeln verschwand aus seinem Gesicht. Er wusste, dass sie sich schuldig fühlte, weil er verletzt worden war. Aber jedes Mal, wenn sie ihn mit diesem mitfühlenden Ausdruck betrachtete, kam er sich nutzlos vor, weil er nicht mehr richtig kämpfen konnte.

    »Wir sollten uns die Schriftrolle dennoch ansehen«, meinte er und wandte sich von ihr ab.

    »Aber …«

    »Er hat recht«, mischte sich Fyria ein. »Wir sollten nachschauen. Ich kümmere mich darum.«

    Die Aurone richtete sich auf und krümmte ihre Finger. Wind kam auf und hob das eingerollte Pergament hoch.

    »Valeria,

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1