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Das Magische Universum: Der Sternenpirat
Das Magische Universum: Der Sternenpirat
Das Magische Universum: Der Sternenpirat
eBook1.689 Seiten15 Stunden

Das Magische Universum: Der Sternenpirat

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Über dieses E-Book

Savoi, Erdenbürger!
Ihr wähnt euch sicher auf eurer kleinen Welt? Ihr ahnt nichts von den Gefahren, die auf euch lauern!
Doch seid gewiss, Erdlinge - das Unheil, das uns widerfahren ist, wird auch euch heimsuchen.
Nichts wird die schrecklichen She´ek davon abhalten, auch über eure Milchstraße herzufallen.
Und sie werden alle, die sich nicht bedingungslos unterwerfen, versklaven oder töten.
Nehmt meine Warnung ernst und schließt euch den Kämpfern des Lichts an, bevor es zu spät ist.
Im Namen von Ehre und Gerechtigkeit, lasst uns gemeinsam kämpfen.
Hieronymus Stern, Kapitän des Sternenteufel und Kämpfer des Lichts.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum9. Dez. 2015
ISBN9783738050684
Das Magische Universum: Der Sternenpirat

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    Buchvorschau

    Das Magische Universum - Christian Sternenfeuer

    Das Magische Universum - Der Sternenpirat

    Das Magische Universum

    - Der Sternenpirat –

    von Chr. Sternenfeuer

    * Schöpfers Traum *

    Am Anfang Weite nur –

    Geist fasst alles wie im Traum.

    Angefüllt mit Seelensplitter –

    verteilt Ewigkeit sie über Zeit und Raum.

    Ein Schritt voran –

    der Sterne Meer heller wird und dicht.

    Stäubchen ballen sich und schau –

    Planeten schimmern unter der Sonnen Licht.

    Ein Schritt voran –

    Zeit drängt empor wie wirbelnd Schaum.

    Sterne scheinen ewig – und doch,

    sind sie vergänglich – in Schöpfers Traum.

    Ein Schritt voran –

    zueinander finden Stoff und Geist

    und folgen Schöpfers Plan –

    der unbekannte Zukunft heißt.

    Ein Schritt voran –

    im Großen wie im Kleinen,

    folgt alles einem Ziel

    finden und vereinen.

    Ein Schritt zurück –

    im Kleinen find man wieder –

    was im Großen ist zu seh’n.

    Wo ist Anfang, wo das Ende –

    wird man Schöpfers Traum je versteh’n?

    Zeit: Gegenwart plus 500 Jahre

    Koordinate: System Magica – Joy – Alurien

    Sensationeller Fund!

    Wie der Lor’san-Chronikle erfahren hat, wurden in den kürzlich geöffneten Geheimarchiven von Alurien über fünfhundert Jahre alte Chroniken entdeckt. In dieser Bibliothek des Wissens, die verborgen in einer jetzt erst zugänglich gewordenen Zwitterdimension liegt, spürte Sha’mir el Ko’hor, ein Nachfahre des legendären Ghurkameisters Shak el Ko’hor, auch genannt ›Der Löwe von Lor’san‹, diese Aufzeichnungen auf.

    Sie stammen aus den Jahren 1759 – 1772 alurischer Zeitrechnung und umfassen die damaligen Ereignisse, die zur Entmachtung der berüchtigten Tempelsekte Die Heiligen der letzten Tage führten.

    Bei den Dokumenten fanden sich zahlreiche persönliche Logbücher, Aufzeichnungen und Anmerkungen des sagenumwobenen Kapitän Stern, die, so nehmen Gelehrte an, bewusst an den Finder dieser Unterlagen gerichtet sind. Da Kapitän Stern bei dem Volk der Ghurka auch nach über fünfhundert Jahren noch eine überaus hohe Wertschätzung genießt, sollen hier, zum leichteren Verständnis in romanhafter Form, die gefundenen und überarbeiteten Berichte wiedergegeben werden.

    Fa’dur el Prado, Berichterstatter des Lor’san-Chronikle auf Alurien,

    Fuxina. Anno 2283 alurischer Zeitrechnung …

    Vorwort von Kapitän Stern, gerichtet an den Finder der verborgenen Dokumente. Datiert August anno 1772.

    »Mein Name ist Hieronymus Stern, Kapitän der Freibeuterfregatte Sternenteufel. Bevor ich dieses Universum verlasse und damit dem Ersuchen der Ma’hudi nachgebe, möchte ich den Historikern, die den Spuren der Geschichte so ergeben folgen, die Geschehnisse dieser Zeit aus meiner Sicht schildern.

    Wir schreiben das Jahr 1772 alurischer Zeitrechnung, als ich10 diese Berichte mit großartiger Unterstützung meiner geliebten Gefährtin, Aurelia von Lethos, niederschreibe. Denn ohne ihre Hilfe hätte ich diese Aufzeichnungen nie begonnen.

    Ich bin in der Geschichte, die in diesen Chroniken geschrieben steht, einer der Hauptakteure – und hier, verehrte wissensdurstige Leser, gebe ich euch vorab einen kleinen Überblick über Aufbau

    und Hintergrund des Magischen Universum sowie um die Zusammenhänge, wie sie sich nach meinem heutigen Wissen ergeben.

    Denn ich vermute, dass in ein paar hundert Jahren viele dieser Erkenntnisse verloren gegangen sein könnten. Wir schrieben das Jahr anno 1759 alurischer Zeitrechnung, als die Probleme begannen oder zumindest in ihre entscheidende Phase traten. Es tauchten unerklärliche Fragen auf, die ich nur mit Hilfe der Ma’hudi lösen konnte und unser Universum hatte in diesem Konflikt eine wichtige Rolle zu spielen.

    Es scheint ein Paralleluniversum zu dem Euren zu sein, in dem, wenn auch nur teilweise, sehr abweichende Naturgesetze herrschen. Leider war mir damals noch nicht klar, in welcher Beziehung unsere Universen zueinander standen. Jedoch muss es eine magische Verbindung geben, darum richtet sich mein Bericht sowohl an die Völker des Magischen Universums als auch an euren daneben existierenden Kosmos.

    Ihr kennt Technik, Maschinen und dieses seltsame Etwas, dass ihr Elektrizität nennt. Diese ist uns vollkommen unbekannt, wir nutzen anstelle dessen praktizierte Magie. Magier, Zauberer und Alchemisten waren bei uns anerkannte Berufe, bei denen es natürlich, wie bei euch auch, gute und schlechte Adepten gab.

    Die bewohnten Welten befanden sich in einem der herrlichen Spiralarme unserer Milchstraße. Diese Region wurde allgemein der Arm genannt und umfasst eine riesige Zahl an Sonnensystemen. Es gab jede Menge bewohnter Planeten, doch nicht auf allen leben Menschen oder deren entfernte Abkömmlinge.

    Reger Handel herrschte zwischen den weit auseinanderliegenden Sternsystemen und ein wenig profitierte ich davon, derweil der Beruf des Piraten natürlich das Ausrauben von Handelsschiffen beinhaltet.

    Die hauptsächlich vorherrschenden Regierungsformen waren in der Regel Monarchien, Theokratien, Händlervereinigungen, despotische oder tyrannische Systeme als auch viele Mischarten davon. Reine Demokratien waren eher selten anzutreffen, dazu noch vereinzelt lupenreine Anarchien, den ursprünglichsten jedoch auch gewalttätigsten unter allen Arten menschlichen Miteinanders.

    Technisch und gesellschaftlich gesehen befanden wir uns ungefähr auf einem Stand, der dem des ausgehenden 18. Jahrhunderts eurer Parallelerde entsprach. Leibeigenschaft, Sklaverei und Ausbeutung der Natur entsprachen durchaus euren alten und auch neuen Gepflogenheiten, denn es galt das Recht des Stärkeren.

    In der Regel waren im hiesigen Arm die Berufsstände in Gilden zusammengefasst und diese achteten sehr darauf, dass ihre traditionellen Rechte nicht beschnitten wurden. Fremde Rassen verkehrten mehr oder weniger problemlos mit uns Menschen. Sie bewohnten teilweise sogar dieselben Planeten und lebten zumeist harmonisch mit ihnen zusammen.

    Schiffsfahrten durch das Meer der Sterne, die erst Handel untereinander erlaubten, wurden mithilfe des magischen Sternenstaubs ermöglicht. In eine schützende Lebensblase gehüllt, segelten Schiffe unterschiedlichster Bauart wie Galeonen, Klipper und Fregatten, von Stern zu Stern und wasserten mithilfe von Flairmagie auf den Ozeanen der unterschiedlichsten Planeten, um ihre Fracht umzuschlagen und neue Ladung aufzunehmen.

    Auf Joy im System Magica war ich zu der Zeit oft anzutreffen. Ich hatte hier einen Hehler, Magnus der Faun genannt, der mir meine Beute zu fairen Preisen abnahm. Obendrein hatte er hin und wieder ein interessantes magisches Artefakt für mich im Angebot.

    Zusätzlich fanden in Fuxina, der Hauptstadt von Alurien, alle drei Jahre die Meisterschaften der JIXX-Spiele statt, an denen ich gelegentlich teilnahm. Und hier, geneigter Leser, hatte sich damals Merkwürdiges ereignet.

    Eine Schamanin, aus dem Volk der Pangäer, sprach mich an und berichtete von seltsamen Ereignissen.

    Unheil, sagte sie, drohe der Welt der Spiele. Dunkle Mächte, verborgen unter dem Deckmantel einer Tempelsekte, genannt DieHeiligen der letzten Tage, planten angeblich die Übernahme von Joy.

    Sie wollten die Herrschaft über die Spiele erlangen und Einfluss gewinnen über die unzähligen JIXX-Spieler, die allein wegen dieser Spiele, von allen möglichen Welten kommend, nach Alurien reisten, nein … förmlich pilgerten, denn die Meisterkrone des JIXX genoss überall im Arm allerhöchstes Ansehen und war mit wertvollen Privilegien ausgestattet.

    Eine Zauberin namens Murania brachte den Stein ins Rollen und dann suchten wir Verbündete im Kampf gegen diese heimtückischen Rotröcke, wie die Angehörigen des Tempels auch genannt wurden. Außerdem suchte ich, zusammen mit meiner Gefährtin, der wunderbaren Aurelia, nach deren verschollenen Tochter Mylinda und es mehrten sich die Hinweise, dass der Tempel auch hierbei seine Finger im Spiel hatte …

    Begleitet uns bei dieser abenteuerlichen Suche. Sie führt in die Tiefen der Unterwelt Aluriens, bis hin zu weit entfernten Sternensystemen …

    Kommt mit mir ins System Mephisto, zum Planeten Elixier, wo es das Wasser des Lebens gibt und nach Tandor im System Pandora, wo das Geheimnis der Orca verborgen ruht …

    Lernt den bösartigen Widersacher kennen, diesen unheimlichen Mann mit der Maske, der nicht nur die Vernichtung meiner Person plant, sondern die Herrschaft über die Tempelsekte >Die Heiligen der letzten Tage< anstrebt …

    Erlebt die gefahrvolle Suche nach Mylinda, um mitzuerleben, wie der Tempel sich ihrer bemächtigten will, um sie als Preis für die Hilfe finsterer Mächte zu opfern …

    Lernt die düsteren Katakomben kennen und fürchtet Klumpfuß, den Folterknecht des Widersachers …

    Schließlich gibt es da noch das rätselhafte Phantom. Ein verfluchter Geist aus der Vergangenheit, der mehr über die Geschichte Aluriens weiß als jeder Lebende unter uns. Sein Wissen über die Lemurer verhelfen uns wahrscheinlich zum Erfolg über die Rotröcke und den dunklen Mächten, die hinter ihnen stehen …

    Irgendwann müssen wir noch das große Rätsel der She’ek und Ma’hudi lösen.

    Auch das Wirken göttlicher Inkarnationen, die ganze Universen als Schachbrettfür ihre unergründlichen Pläne nutzen, bedarf der Aufklärung. Denn wir wollennicht einfache und unwissende Bauern in ihrem großen Spiel sein. Daher, liebe Leser, ist die Geschichte dieser Chronik mit dem vorliegenden Bericht noch nicht beendet.«

    P.S.: »Bevor ich es vergesse, Freunde. Achtet auf die verborgene Botschaft im Text. Sie wird dem, der sie zu lesen versteht, wichtige Information übermitteln.«

    * Strom der Zeit *

    Zeit – beginnst mit kleinem Schritt,

    Schöpfers Atem steht jetzt still.

    Nimm mich auf deiner Reise mit,

    wenn du kannst und er ist will.

    Zeit – ich kann dich nicht sehen …

    Zeit – langsam beginnst zu perlen,

    schäumtest hoch zu ew’gem Lauf.

    Zeit – deine Richtung kannst nicht wählen,

    nur voran – Universums Berg hinauf.

    Zeit – ich kann dich nicht sehen …

    Zeit – der Sterne Schlaf ist lang und fest,

    nur du kennst ihre endlos Zahl.

    Dem Leben bautest du ein Nest,

    schafftest Vielfalt – hattest die Qual der Wahl.

    Zeit – ich kann dich nicht sehen …

    Zeit – dein Schritt nun schneller,

    du fließt jetzt breit und tief.

    Das Licht um dich wird immer heller,

    weil das Leben nach Erschaffung rief.

    Zeit – ich kann dich nicht sehen …

    Zeit – dein Strom nun unendlich wird,

    kein Ende ist zu wähnen.

    Aus dem kleinen perlen – Anfang ward

    und Ewigkeit – ich mag es ahnen.

    Zeit – ich kann dich nicht sehen …

    Zeit – du darfst nicht fehlen,

    denn es ist kein Leben ohne Tod.

    Alles muss weiter streben

    und suchen – wo Existenz sich lohnt.

    Zeit – ich kann dich nicht sehen …

    Zeit – ein Gehilfe der Schöpfung bist,

    im Werden und Vergehen.

    Ohne dich kein Fortschritt möglich ist,

    unsichtbar und doch – Zeit, nun vermag ich dich zu sehen.

    Vorspiel

    Zeit: Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft = Ewigkeit

    Koordinate: Olympus – Intermittierende Zwitterdimension

    Interessiert musterte die Schicksalsgöttin Atrophos den Lebensfaden,

    den sie soeben locker in der Hand hielt. Sie erkannte mit ihren

    feinen Sinnen intuitiv die großen schicksalsschweren Zusammenhänge,

    die sich in der seltsamen Struktur dieses Faden verbargen.

    Nachdenklich betrachtete sie den seidig glänzenden Stoff, der aus

    dem Nichts der Ewigkeit gesponnen war und vom sagenumwobenen

    Baum des Schicksals stammte. Lange sann sie vor sich hin und

    langsam dämmerte es ihr. Nämlich die Erkenntnis, dass sie diesen

    Faden eigentlich nicht in ihren Händen hätte halten sollen. Mit einer

    im wahrsten Sinne des Wortes fadenscheinigen Bitte um einen

    Besuch bei ihm, dem großen Gegenspieler, wollte der Vater der

    Lüge sie am heutigen Tag von ihrer Arbeit fernhalten.

    War eine Schicksalsgöttin verhindert, übernahm in der Regel

    eine ihrer beiden Schwestern die Arbeit. Leider nicht mit der gewohnten

    Gründlichkeit, die ihr selbst bei der eigenen Tätigkeit

    zur Selbstverständlichkeit geworden war. Sie war die Älteste und

    Mächtigste unter den drei Nornen und schlussendlich ging es um

    die Schicksale intelligenter Lebewesen. Und das war etwas so Bedeutungsvolles,

    dass man es nicht oberflächlich erledigen durfte.

    Da sie keine Lust verspürt hatte, dem Fürst der Lüge gefällig zu

    sein und sie zudem einer inneren Eingebung nachgeben wollte,

    entschied sie sie sich kurzfristig gegen diesen Besuch. Ihrer jüngeren

    Schwester Lachesis wäre auf Grund geringerer Erfahrung bei

    diesem Aspekt der Arbeit wahrscheinlich nichts Ungewöhnliches

    an dem Faden aufgefallen. Denn es war, musste Atrophos ehrlicherweise

    zugestehen, in der Tat wirklich sehr schwer festzustellen,

    was an dem Gewebe nicht in Ordnung war. Die Bedeutung des Faden

    zu erkennen, erforderte einen intensiven Einblick in das Leben

    dieser Person. Erst im Zusammenhang mit anderen Beziehungsfäden

    offenbarte sich der teuflisch schlaue Plan sowie das Muster,

    das dahinter verborgen lag.

    Für solche, weit in die Zukunft reichende als auch ausgeklügelte

    Machenschaften, kam nur einer infrage, der Fürst der Lüge

    höchstpersönlich. Tief atmete Atrophos ein und gedachte der Zufallsgöttin

    Tyche mit einem warmen Gedanken. Endlich kam sie

    zu einer Entscheidung und nahm geistigen Kontakt zu einem der

    Wächter der Ewigkeit auf und bat um Erlaubnis für einen Eingriff in

    das Schicksalsgefüge des Schöpferplans. Im Bruchteil eines Augenblicks

    übermittelte sie dem Wächter des Schicksals ihre Absicht

    und beendete dann die Verbindung. Die Antwort ließ diesmal

    erstaunlich lange auf sich warten. Doch nach einiger Zeit, die

    der Schicksalsgöttin wie eine Ewigkeit vorkam, meldete sich mit

    einem leisen Klopfzeichen der Wächter in ihrem Geist. Eindeutig

    erkennbar an seinem individuellen Signum, das nicht einmal der

    Fürst der Lüge zu fälschen imstande war, wie sie vermutete. Und

    es niemals, dessen war sich Atrophos so gut wie sicher, auch nicht

    versuchen würde, denn hinter den Wächtern stand der Schöpfer

    selbst.

    ›Deinem Ersuchen wird stattgegeben, Atrophos. Du kannst die

    erforderlichen Maßnahmen einleiten und wirst dich persönlich

    darum kümmern, dass alles im Sinne des großen Plans umge17

    setzt wird. Wir raten dir daher, dich selbst zu inkarnieren, damit

    du zeit- und ortsnah die notwendigen Dinge in die Wege leiten

    kannst. Übergib deine laufenden Arbeiten einer von uns legitimierten

    Kopie deiner Selbst, die wir dir unverzüglich schicken.

    Deren Aufgabe ist selbstverständlich, wie du sicher weißt, befristet

    bis zum Augenblick deiner Rückkehr. Die She’ek dürfen keinesfalls

    die Herrschaft über das Magische Universum erlangen. Zu

    viel Schaden würde im Plan des Schicksals angerichtet, sollten sie

    mit ihrem Vorhaben erfolgreich sein. Es wird vom Schöpfer selbst

    nicht hingenommen, wenn sein Alter Ego versucht, den She’ek

    Zutritt in ein Universum zu verschaffen, in dem sie im großen

    Plan nicht vorgesehen sind.‹

    Atrophos frohlockte innerlich, denn endlich bekam sie die erhoffte

    Genehmigung für ihr Vorhaben und konnte dem großen

    Gegenspieler damit eine empfindliche Niederlage beibringen. Dafür

    war sie nur allzu gern bereit, als körperliche Inkarnation eine

    oder auch mehrere menschliche Zeitspannen auf besagtem Planeten

    zu verbringen. Es gab ihr Gelegenheit, die Geschehnisse vor

    Ort zu beeinflussen und im Sinne des großen Plans zu lenken.

    Sofort ging sie ans Werk und informierte ihre beiden Schwestern,

    die ihre Aufgaben weiterführen würden, bis eine Kopie ihrer

    Selbst, von den Wächtern der Ewigkeit erschaffen, als Ersatz

    eintraf. Nachdem sie nochmals gründlich über ihren Plan nachgedacht

    hatte, setzte sie sich mit Chronos, dem Gott der Zeit, in

    Verbindung, denn er musste ihr bei ihrem Vorhaben Unterstützung

    leisten. Sie hatte zu dem sympathischen Chronos ein gutes,

    sogar inniges Verhältnis und er würde ihre Bitte nicht abschlagen,

    zumal sie praktisch im Auftrag der Wächter handelte. Der geistige

    Kontakt erfolgte schnell und hatte augenblicklich eine warme und

    herzliche Vertraulichkeit.

    ›Was kann ich für meine teuerste Freundin tun, meine liebe

    Atrophos?‹ erkundigte sich die warme Geiststimme von Chronos.

    Sanft streichelte Atrophos mit ihrem mentalen Fühler über das

    Bewusstsein ihres vertrauten Kollegen und gelegentlichen Liebhabers.

    ›Fühle dich umarmt, Chronos! Du kannst mir helfen, unserem

    gemeinsamen Widersacher eine Niederlage beizubringen. Ich

    habe bereits die Erlaubnis der Wächter erhalten, eine Änderung

    im Schicksalsgewebe vornehmen zu dürfen. Mein lieber Chronos,

    unser geschätzter Freund Mephisto plant eine große Sache. Mit

    unerfreulichen Folgen für den Ablauf des vorgesehenen Schicksalsplanes.

    Nur durch Zufall bin ich darauf aufmerksam geworden.

    Nun, tatsächlich ist meine Freundin Tyche wohl schuld daran,

    dass aus der Einladung Mephistos nichts geworden ist. Wenn

    mir die Bedeutung dieses Fadens entgangen wäre, würden wir das

    Magische Universum mit großer Wahrscheinlichkeit an die She’ek

    verlieren und das darf nicht geschehen, dieses hat mir der Wächter

    ausdrücklich bestätigt. Nun, da wir von diesem hinterhältigen

    Plan erfahren haben und der Faden noch nicht zu Ende gesponnen

    ist, bleibt noch Gelegenheit, diese Katastrophe zu verhindern.

    Wirst du mir helfen?‹

    Die Antwort vom Gott der Zeit kam ohne Verzögerung und

    ließ durch eine zart angedeutete Vibration bereits auf eine gewisse

    Vorfreude schließen.

    ›Aber sicher doch, meine Liebe, wie könnte ich dir diese Bitte

    abschlagen. Vor allem, wenn es darum geht, unserem alten Freund

    einen Denkzettel zu verpassen. Ihm einen seiner hinterlistigen Pläne

    zunichte zu machen, ist doch immer ein Vergnügen für mich.

    Sag mir, was ich machen soll und betrachte es als erledigt. Und –

    was ich noch sagen wollte, meine Liebe. Lass dich bei Gelegenheit

    wieder bei mir sehen. Es wäre doch endlich einmal an der Zeit, uns

    intensiv und ausgiebig miteinander auszutauschen. Ich habe dich

    ja seit Ewigkeiten nicht mehr leibhaftig gesehen, Ato, geschweige

    denn umarmt.‹

    Die Schicksalsgöttin musste über seine Gedanken schmunzeln,

    denn Zeit und Ewigkeit waren ihm anvertraut. Doch konnte er, in

    gewissen vorgegebenen Grenzen, über diese schöpferischen Elemente

    nach Belieben verfügen und daher war diese Aussage zumindest

    zweideutig zu verstehen. Sie lächelte still in sich hinein.

    Dieser Chronos, er konnte es nicht lassen, der alte und ewig junge

    Satyr versuchte stets, sie oder einer ihrer Schwestern zu becircen.

    Obwohl sie alle bereits ein mehr oder weniger intimes Verhältnis

    zu ihm unterhielten. Das blieb bei dem engen Kontakt, den sie

    naturgemäß miteinander hatten, einfach nicht aus. Außerdem fand

    sie ihn als Mann durchaus sehr attraktiv und andere Gelegenheiten,

    sich angenehmen Sinnesfreuden hinzugeben, waren in der Abgeschiedenheit

    ihrer außerdimensionalen Existenzblase bei Weitem

    nicht so reizvoll und interessant. Jedoch musste sie Nachsicht walten

    lassen. Obwohl er der Gott der Zeit war, entgingen ihm solche

    Dinge oft in der Hektik seiner Arbeit. Er wusste manchmal einfach

    nicht mehr, mit wem er gerade ein Verhältnis unterhielt oder

    wie oft oder wie lange …

    Eindringlich erklärte sie Chronos ihr Anliegen und dieser wieherte

    förmlich vor Vergnügen

    ›So sei es, Atrophos. Lassen wir deinen Plan geschehen‹. Und

    mit diesen Gedanken hob er seine Uhr und ließ den Sand der Zeit

    rückwärts fließen …

    Zeit: Vergangenheit

    Koordinate: System Magica

    Hell und feurig strahlte der mächtige Stern und sandte seine

    Lichtboten in das Universum hinaus. Fünf mehr oder weniger

    große Planeten umkreisten ihr Muttergestirn in unterschiedlichen

    Abständen. Und viele Milliarden Meilen von der Sonne Magica

    entfernt bildete eine formlose wolkige Schale aus Eis und Gesteinsbrocken

    die Grenze des Systems zum offenen Sternenmeer.

    Hier, gefangen in der Dunkelheit und Einsamkeit am Rande des

    Nichts, bewegten sich die Frühgeburten aus der Entstehungszeit

    des Muttergestirns auf ihren ewig gleichen Bahnen und drehten

    sich dabei taumelnd um ihre Achse. Sie vollendeten ihren Reigen

    um das ferne Zentrum in tausenden von Jahren. Hin und wieder

    stießen sie mit kleineren oder größeren Geschwisterbrocken zusammen,

    um dann, gezogen von der filigranen Schwerkraft der

    fernen Mutter, mit zunehmender Geschwindigkeit in den inneren

    Lebenskreis einzudringen. Kein intelligentes Wesen konnte

    20 erahnen, was für Auswirkungen dieses Geschehen, weit ab der bewohnten

    Welten, haben mochte. Wirklich keins …?

    Fern vom Muttergestirn verschob sich in der Wolke aus Geröll

    und erstarrten Gasen ein Energiequant um den Bruchteil einer

    Winzigkeit, was zur Folge hatte, dass sich die Bahn eines kleineren

    Gesteinsbrockens veränderte. Er war ein Winzling unter Millionen

    anderer Mitglieder seiner Familie aus Eis, Stein und Erz und hatte

    nur die Größe einer kleinen Hütte.

    Jetzt trieb er langsam auf einen mächtigen Felsen von fast tausend

    Yard Durchmesser zu und stieß ihn sanft an. Von diesem

    Hauch einer Berührung geküsst, verließ der Berg aus Stein in den

    nächsten tausend Umläufen seine Jahrmillionen alte Bahn. Er

    nahm Kurs auf das ferne Zentrum und strebte unaufhaltsam diesem

    entlegenen Licht entgegen.

    Es sollten viele Zeitalter vergehen, in denen der fliegende Berg

    mehrmals das helle Licht umkreiste, bis sich der uralte Felsen mit

    hoher Geschwindigkeit einer der inneren Welten näherte.

    Eines kommenden Tages lag, wie es die Schicksalsgöttin Atrophos

    geplant hatte, der Planet Joy direkt auf seinem Kurs und

    würde die Verschmelzung des Kindes aus Gestein und Erz mit seinem

    Muttergestirn verhindern. Noch war kein intelligentes Leben

    auf Joy vorhanden, denn die Zeit der Lemurer oder Menschen war

    noch nicht gekommen. Deren Existenz lag noch Millionen von Jahren

    in ferner Zukunft und näherte sich der kommenden Gegenwart

    nur langsam, Schritt für Schritt. Doch der Kontinent, welcher

    dereinst Alurien heißen sollte, hatte sich bereits aus heißer Magma gebildet.

    Ebenso erhoben sich unzählige Inseln aus dem weiten grünblauen

    Meer, in dem sich reiches und vielfältiges Leben entwickelte.

    Üppige Vegetation hatte sich über den ganzen Planeten

    ausgebreitet und dichte Wälder bedeckten das grüne Land, über

    das unzähliges Getier auf Suche nach Nahrung umherzog.

    Alles schien im Einklang mit der Natur, bis eines Tages der

    Himmel über den fruchtbaren Savannen aufglühte und ein

    grelles Licht innerhalb weniger Sekunden wie eine feurige Lanze

    durch die Atmosphäre stieß. Wie ein titanischer Hammerschlag

    traf der glühende Felsbrocken auf den nördlichen Rand Aluriens.

    Er bohrte sich dabei tief in den Leib des jungen Kontinents,

    wo er mit sonnengleicher Urgewalt explodierte, um dabei im

    Umkreis von tausend Meilen und mehr alles Leben zu vernichten.

    Nichts vermochte der kolossalen Druckwelle standzuhalten

    und gigantische Flutwellen jagten berghoch um die Welt, so mächtig,

    dass sie noch auf der anderen Seite Aluriens selbst die großen Inseln überfluteten. Gleichzeitig schoss eine gewaltige Feuersäule in die Höhe und riss Abermillionen

    Tonnen von Wasser und pulverisierten Gesteins in die Atmosphäre.

    In den folgenden zwei Jahren verfinsterte sich der Himmel,

    bis die unermüdlich herniederströmenden Regenfälle den größten

    Teil des Staubes wieder aus der Gashülle filterten.

    * Himmels Hammer *

    Dunkel ist mein Reich – und fern,

    nur eisig Kälte spürt das eh’ern Herz.

    Die Mutter nur ein fremder Stern,

    es friert mich, den Berg aus Stein und Erz.

    Als stummer Wächter meine Bahn ich zieh

    und doch verstoßen bin für alle Zeit.

    Ab und an ein Bruder flieht,

    ich muss bleiben – bis in alle Ewigkeit.

    Wärme würde mir die Mutter geben

    und mein kaltes Herz erwecken.

    Lasst mich – lasst mich zu ihr streben,

    um ihre wahre Liebe zu entdecken.

    Ein Stoß mich zart berührt –

    sanft verspür ich der Mutter Ruf.

    Ihr Licht – das mich führt,

    zu ihr – die mich gebar und schuf.

    Lang, lang – wird die Reise sein,

    doch was zählen schon die Jahre.

    Irgendwann fühl ich der Mutter Schein,

    werd ihre Liebe spür’n – die Wahre.

    Eine Runde um die Mutter noch,

    dann wird sie mich umarmen.

    Ich eile immer schneller – und doch,

    es kennt das Schicksal kein Erbarmen.

    Ein Geschwisterkind mir den Weg versperrt,

    es will der Mutter Wärme nur für sich.

    Ich kämpfe – hab verzweifelt mich gewehrt,

    umsonst – es ist stärker denn als ich.

    Voller Zorn brüll ich nun auf,

    stürz mich aufs Geschwisterkind.

    Immer schneller wird mein Lauf

    und schlag ein – wie der Blitz geschwind.

    Das Licht wird hell und immer heller;

    ich wühl mich tief in seines Leibes Kammer.

    Schmerz wird heiß und immer greller,

    aus und vorbei, er ist Amboss – ich der Hammer.

    In dieser Zeit der Agonie starben viele der Arten aus und es

    dauerte lange, bis sich die Überlebenden von diesem Ereignis erholten.

    Das Klima Joys kühlte sich in dieser Phase der Dunkelheit

    merklich ab und es sollte Jahrzehnte dauern, bis die Sonne Magica

    ihr Kind wieder ausreichend erwärmte.

    Der Einschlag setzte Wälder und Savannen in Brand, wobei er

    den Boden bis in mehrere Fuß Tiefe sterilisierte. Zugleich hinterließ

    er einen gewaltigen Krater von über zwanzig Meilen Durchmesser.

    Die nachfolgenden Gesteinsbrocken schlugen eine zusätzliche,

    lang gestreckte Kerbe in die umliegende Hügelkette und

    schufen dabei eine enge Schlucht, die als natürlicher Kanal eine

    Verbindung zum alurischen Meer öffnete. Dieses Ereignis sollte

    sich in späteren Zeitaltern noch als sehr nützlich erweisen. In diesen,

    von Himmelskräften geschaffenen See, ergoss sich der Ozean

    und verdampfte noch tagelang in der Gluthölle, die am Grund des

    Einschlagkraters herrschte.

    Die Unmengen an Wasserfluten kühlten letztendlich das Feuer

    und brachten die Lava zum Erstarren. In kurzer Zeit füllte sich

    die klaffende Wunde, wodurch sich ein ansehnliches Gewässer von

    ungewöhnlicher Tiefe bildete, der zudem außerordentlich rein und

    klar das Licht der Sonne Magica spiegelte. Der metallische Kern

    des steinernen Riesen ruhte unversehrt im Untergrund, bis irgendwann,

    in hundert Jahrtausenden oder später – neugierige Lemurer

    oder Menschen kamen.

    Sie würden forschen und suchen, um dann zu erkennen, dass diese

    Katastrophe der Vorzeit einen wahren Schatz hinterließ, nämlich

    Obsidianerz in reinster Form. Es war das wertvollste Mineral

    nach dem kostbaren Sternenstaub, den das Magische Universum zu

    bieten hatte.

    Mit Genugtuung nahm die Schicksalsgöttin das kosmische Wirken

    zur Kenntnis und war sich sicher, dass der finstere Widersacher

    keine Ahnung davon hatte. Er würde nicht vermuten, dass bei

    diesem Geschehen göttliche Kräfte der Gegenseite im Spiel waren,

    die damit seinen Plan zunichte machen konnten …

    Zeit: Gegenwart

    Koordinate: Joy

    … ungefähr fünf Millionen Jahre nach dieser kosmischen Katastrophe

    brachte die Sonne Magica die eine Hälfte des Planeten

    zum Leuchten. Kadmos und Jaspar, die sich gegenseitig umkreisenden

    Zwillingsmonde von Joy, versanken langsam hinter dem Horizont

    und spendeten dabei der dunklen Seite der Welt ihr silbern

    und bläulich schimmerndes Licht.

    In den tiefdunklen Wäldern Aluriens regte sich im beginnenden

    Morgen langsam erwachendes Leben während sich die Tagschläfer

    verkrochen, um nun ihrerseits in sicheren Verstecken auf die

    nächste Nacht zu warten. Unheimliche Wesen begrüßten nun den

    neuen Tag und machten sich bereit, ihren Teil des Tages mit jagen

    oder gejagt werden zu verbringen. Nicht jedes Tier würde die

    kommende Nacht erleben. So ist das Gesetz der Natur, dass nur

    die Glücklichen und Gerissenen, die Vorsichtigen und Wachsamen,

    den ständigen Kampf ums Dasein überstehen. So lange, wie Glück

    und Vorsicht andauerten.

    In Fuxina, der Hauptstadt Aluriens, kehrten die letzten unverdrossenen

    Teilnehmer des nächtlichen Spiels in ihre Herbergen

    zurück, um ihren wohlverdienten Schlaf zu halten. Unterdessen

    erwachten bereits die ersten Einwohner aus ihren Wonne- oder

    Albträumen, um sich auf ihr kommendes Tagwerk vorzubereiten.

    Nichts deutete darauf hin, dass dieser Tag anders werden würde

    als die vorherigen. Jedoch lag eine deutlich spürbare Spannung in

    der Luft, ein Knistern wie vor einem gewaltigen Gewitter.

    Auf dem geräumigen Marktplatz hatte sich wie fast immer ein

    ansehnliches Häuflein müde wirkender Spieler eingefunden. Lebhaft

    diskutierten sie bereits die Ereignisse der letzten Nacht während

    sie ganz nebenbei ihre täglichen Besorgungen erledigten. Der

    Basar belebte sich, doch erst in den Abendstunden würde er vor

    Geschäftigkeit brummen. Tagsüber versorgten sich die Besucher

    des Marktes mit den Notwendigkeiten, die ein Alltag so mit sich

    bringt. Denn ein hungriger Magen verlangt nach Nahrung, also

    musste frisches Brot, Gemüse, Fleisch und Fisch herbeigeschafft

    werden. Gewürze durften nicht fehlen und natürlich nicht das

    kräftige dunkle Bier, für das Alurien im ganzen bewohnten Arm

    bekannt war und das zu jeder Tageszeit getrunken wurde.

    Die ersten Händler hatten in den frühen Morgenstunden ihre

    Stände aufgebaut oder besetzt und breiteten ihr vielfältiges Angebot

    an Waren aus. Unzählige Düfte erfüllten rasch die Luft, um

    menschliche und fremde Nasen schnell an die Grenze ihrer Unterscheidungsfähigkeit

    zu bringen. Über offenen Feuern drehten sich

    mächtige Bratspieße, auf denen aufgesteckte kleine Büffelmufftis in

    der Hitze langsam garten. An anderen Ständen glänzten Obst und

    Gemüse in kräftigen Farben und verleiteten den hungrig Suchenden

    zum Verweilen und Probieren. Ansehnliche und hässliche

    Marktweiber priesen ihre Ware und versuchten gleichzeitig, die der

    Konkurrenz schlecht zu reden. Der zunehmende Lärm von unzähligen

    schreienden Händlern, keifenden Marktfrauen sowie den

    immer anwesenden und herumjohlenden Bettelkindern machte es

    fast unmöglich, ein normales Gespräch zu führen.

    Im Zentrum des Basars reckte ein titanischer Drachenbaum seinen

    Stamm fast fünfhundert Fuß in den Himmel wobei er sein

    Astwerk wie einen riesigen Baldachin über einen großen Teil des

    Marktes spreizte. Damit gewährte er den darunterliegenden Ständen

    Schutz vor Regen und Sonnenlicht.

    Es hieß, er sei schon mindestens tausendfünfhundert Jahre

    alt, gepflanzt von einem der Gründer Fuxinas. Er hatte sich zu

    einem wahren Giganten entwickelt und wegen der Größe seinen

    passenden Namen bekommen – Großer Drache oder auch Big Giant.

    Diesen Namen verdiente der Baum wahrhaftig. Er, der mehr von

    der Geschichte Fuxinas zu berichten wüsste als jedes andere noch

    existierende Lebewesen dieses Planeten.

    Langsam näherte sich von der westlichen Seite der Stadtmauer

    herkommend eine männliche Gestalt der Seitengasse, die zum

    Monolithen führte, der auch Das Orakel genannt wurde. Sie war von

    kräftiger Statur und mochte vielleicht sechseinviertel Fuß groß

    sein. Auf dem Kopf trug sie einen dunklen Dreispitz, wie er

    bei Piraten gewöhnlich anzutreffen war. Unter einer leicht verblichenen

    dunklen Weste war ein blaufarbenes Hemd zu sehen, dessen obere Knöpfe fehlten,

    wodurch es eine reichlich behaarte Brust offenbarte. Sowohl ihr Kopf- als auch

    Brustbewuchs schien nicht mehr dunkel zu sein, denn etliche silberne Fäden

    durchzogen das Haupthaar und gaben ihr das Aussehen einer silbern schimmernden

    Löwenmähne.

    Daraus konnte ein Betrachter schließen, dass diese Person nicht

    mehr in ihren jungen Jahren stand und doch wirkte sie seltsam

    zeitlos. Ein objektiver Beobachter würde diesen Mann, denn um

    einen solchen handelte es sich offensichtlich, um die fünfzig Jahre

    schätzen, wohl eher darüber als darunter. Die Haut wirkte wettergegerbt

    als ob sie zu viel Sonnenlicht ausgesetzt worden war

    und somit die typische Farbe der Sternenfahrer aufwies. Die derbe

    braune Hose saß straff am sehnigen Körper und wurde von

    einem breiten Gürtel um die immer noch schmalen Hüften gehalten.

    Seine Beine steckten in halbhohen weichen Lederstiefeln, die

    unterhalb der Knie in umgeklappte Stulpen endeten, welche an

    der Innenseite keilförmig eingekerbt waren. Der auffällige Gürtel

    war aus einem unbekannten Leder gefertigt und mit etlichen

    kupferfarbenen Metallplättchen verziert, wobei die Schnalle selbst

    aus reinem Silber zu bestehen schien. Seitlich des Gürtels befand

    sich eine Dolchscheide. Nach Farbe und Maserung war sie aus

    seltenem Orcaholz und gut einen Fuß lang. Aus ihr ragte der auffällige

    Knauf einer Waffe, auf dem ständig die rechte Hand des

    Mannes ruhte. Es schien eine alte Gewohnheit in diesem Verhalten

    zu liegen. So als ob der lange Dolch, fast schon ein Kurzschwert,

    zusätzliche Sicherheit gab. Auch möglich, dass er aus langer Erfahrung

    heraus einfach darauf vorbereitet sein wollte, auf eine Gefahr

    augenblicklich reagieren zu können. Denn sein Blick schweifte

    ständig wachsam umher und betrachtete das Treiben um sich herum

    mit dem milden Verständnis eines erfahrenen Reisenden. Seine

    Hände waren groß und kräftig, ohne jedoch prankenhaft zu

    wirken. Deutliche Schwielen zeichneten sich in den Handflächen

    ab, die den Eindruck vermittelten als könnten sie kraftvoll zupacken

    und eine Waffe sicher führen. Dennoch wirkten die langen

    Finger durchaus feinnervig, so als verständen sie es ebenso mit

    filigraneren Dingen umzugehen, als Dolch oder Schwert zu halten.

    Über seiner linken Schulter hing an einem breiten Riemen eine

    braune Ledertasche, die augenscheinlich aus der gleichen Haut wie

    der Gürtel gefertigt war und gut gefüllt zu sein schien. Auffällig

    an ihm war nicht nur seine halblange Mähne, in der auffällig silberne

    Strähnen schimmerten, sondern die schwarze Augenkappe,

    die sein rechtes Auge abdeckte während das linke Auge einen tiefen

    Braunton offenbarte.

    Sein Gesicht war, abgesehen von der Abdeckung des Auges,

    durchaus ansehnlich und wurde von einem dunklen Dreitagebart

    bedeckt. Der länglich geformte Kopf passte gut zu der kräftigen

    jedoch nicht allzu großen Nase. Darunter befand sich ein mittelgroßer

    Mund, der von samtweichen Lippen umrandet wurde,

    die so mancher Lady Herzklopfen verursacht haben dürfte. Ab

    und an verzog er sein Gesicht zu einem Lächeln und ließ dabei

    zwei Reihen leicht bräunlich verfärbter Zähne erkennen. Möglicherweise

    war er Anhänger dieser süchtig machenden Räucherstäbchen,

    die neuerdings immer beliebter in Fuxina wurden. Seine

    ungeschmückten Ohren, etwas ungewöhnlich für einen Sternenfahrer,

    schmiegten sich dicht an den Kopf und wurden vom Dreispitz

    teilweise leicht verdeckt. Alles in allem wirkte sein Gesichtsausdruck

    offen, fast freundlich. Nur leichte Neugier und oberflächliches

    Interesse am Treiben um sich herum waren dem einäugigen

    Blick zu entnehmen. Ab und zu nickte er grüßend zu einem Bekannten

    oder hübschen Marktweib hinüber ohne seinen Schritt

    zu verlangsamen. Insgesamt machte der Mann einen sehr selbstbewussten

    Eindruck und schien jemand zu sein, der wusste, wer er

    war und was er wollte. Niemand, der auf Händel aus war, würde

    sich diesen Mann zum Streit aussuchen. Dieses Gefühl vermittelte

    seine markante Erscheinung eindrucksvoll.

    Er mochte auf der Suche nach einer bestimmten Person sein.

    Immer wieder wanderte sein prüfender Blick umher und nahm die

    Gestalten, die um ihn herum hin und her eilten, in Augenschein.

    Doch ohne den Gesuchten ausfindig zu machen, näherte sich Piratenkapitän

    Hieronymus Stern, denn um diesen Mann handelte

    es sich, seinem tatsächlichem Ziel, dem mystischen Kubus. Dieses

    Viertel der Stadt, dem er nun zustrebte, wurde vom hoch aufragenden Turm der Spiele beherrscht, der sich groß und wuchtig über einhundertfünfzig Fuß in die Höhe reckte. Trotzdem stand er nur am Rande eines großen Platzes, obwohl er der zentrale Punkt

    von ganz Fuxina war. Auf der freien Fläche vor dem Turm drängte sich

    eine immer größer werdende Schar neugieriger Menschen und Angehörige

    anderer Rassen um einen uralten Monolithen. Dieser, von

    unbekannten Erbauern hinterlassene Kubus, zeigte auf seinen vier

    glatten Seitenwänden aktuelle und vergangene Ereignisse in den

    vier gängigen Schriften der bewohnten Welten. Er war ein quadratischer

    Würfel von dreißig mal dreißig Fuß und augenscheinlich

    ein massiver Block aus einem einzigen Fels, obwohl das Material

    aus dem der Monolith bestand, in Alurien unbekannt war.

    Außer wichtigen Vorkommnissen aus allen Regionen des Spiralarms,

    teilweise sogar Mitteilungen, die nicht einmal aus diesem zu

    stammen schien, wurden vor allem die Abläufe und Resultate des

    JIXX-Spiels ausführlich angezeigt. Es gab im unteren Bereich des

    Monolithen auf allen Seiten eine mannshohe Fläche, auf der jeder

    Teilnehmer und Bewohner Fuxinas seine eigenen Mitteilungen

    hinterlassen konnte. Dazu brauchte er sich nur vor die Wand des

    Würfels zu stellen und auf eine unbekannte, vermutlich magische

    Weise wurden seine Gedanken auf den Monolithen übertragen,

    immer in der richtigen Schrift und ohne jeglichen Fehler. Nicht

    jeder Wunsch nach Veröffentlichung wurde angenommen und die

    Kriterien, nach denen das Orakel entschied, entzogen sich bisher

    allen Untersuchungen der Gelehrten. Wurden Nachrichten nach

    einiger Zeit nicht mehr gelesen, erlosch die Mitteilung nach und

    nach auf unerklärliche Weise. Es war als ob dem Würfel ein eigenes

    Bewusstsein innewohnte, denn die Schriften in größerer Höhe

    des Orakels waren so angepasst, dass sie vom Boden aus bequem

    und ohne Sehhilfe gelesen werden konnten. Sie wurden jedoch

    immer kleiner je tiefer die Zeilen lagen. Auf der Oberseite des

    Kubus fand man nur eine stilisierte Flasche in den felsigen Boden

    eingeritzt. Weise und Gelehrte stritten seit Generationen über die

    Bedeutung dieses Zeichens.

    Doch dies war im Augenblick für Hieronymus Stern von untergeordneter

    Bedeutung. Er hatte eine Nachricht durch ein Botenwiesel erhalten und suchte

    nun nach dem Auftraggeber, denn die Botschaft war unklar gehalten und hatte

    nur seine Neugier geweckt.

    Sein Schiff, die Fregatte Sternenteufel, lag bereits seit einigen Wochen

    im Geheimen Hafen, weil er und einige seiner Mannschaft Teilnehmer

    an den JIXX-Spielen von Joy waren. Und dieses Ereignis zog alle drei Jahre

    Tausende von JIXX-Süchtigen in seinen Bann und somit nach Fuxina. Die Stadt

    platzte wie immer bei diesem Ereignis aus allen Nähten und Stern war froh, dass

    sich seine Unterkunft an Bord des Schiffes befand. Die Spiele hatten bereits

    begonnen und die Neugierigen um ihn herum studierten die aktuellen

    Resultate. Nicht wenige fluchten erbärmlich, weil ihre Favoriten

    unterlegen waren. Andere jubelten überschwänglich, hatten

    sie doch auf den Sieger gesetzt. Viele, eigentlich die meisten, der

    anwesenden Leser hatten Wetten abgeschlossen und nicht wenige

    verspielten dabei Hab und Gut.

    Hieronymus Stern hatte heute Wettkampfpause und suchte auf

    der grünlich schimmernden Fläche nach einer Nachricht, die an

    ihn gerichtet war. Ja, dort stand eine Mitteilung und sie konnte

    nur für ihn bestimmt sein, denn im Text verborgen war das Erkennungswort,

    das ihm das Botenwiesel überbracht hatte.

    ›Heute Abend, zur Stunde der Eule, treffen wir uns an vereinbarter Stelle.

    Bringt mit, um das ich euch gebeten hatte und lasst zurück, was

    ihr mitbringen wolltet.‹ Hieronymus Stern runzelte die Stirn und

    dachte nach. In der Tat, er hatte vorgehabt, seine Gefährtin Aurelia

    zu dieser Zusammenkunft mitzunehmen. Doch anscheinend sollte

    er stattdessen seine Waffenmeisterin Gysell Sadori mitbringen. Nun

    gut, für dieses Treffen würde er darauf eingehen, denn die Andeutungen

    waren hinreichend genug, um sein Interesse zu wecken.

    ›Wer weiß‹, dachte er voller Hoffnung, ›vielleicht knüpfen sich

    einige lukrative Aufträge an dieses Treffen.‹

    Außerdem war die Absenderin der Botschaft keine Unbekannte, wenn er sie auch

    noch nie getroffen hatte. Nun, da er um die Stunde wusste, blieb ihm noch ausreichend

    Zeit, sich um einige wichtige Dinge in der Stadt zu kümmern. Auch ein Piratenkapitän

    hat schließlich geschäftliche Angelegenheiten zu erledigen und so machte sich Stern auf

    den Weg ins Händlerviertel, wo er ein vielversprechendes Gespräch mit Magnus, dem

    Faun, zu führen gedachte. Der alte Gauner war sein wichtigster Abnehmer für

    Beute aller Art in Fuxina und zahlte anständige Preise. Er war unbestritten auch der

    größte Hehler von ganz Alurien und dazu ein gewiefter Halunke. Der gerissene Magnus

    war Angehöriger der Diebesgilde und zahlte enorme Mitgliedsbeiträge, mit denen er

    sich den Schutz der Gilde sicherte. Die Herrschenden versorgte er mit kleinen Präsenten und Aufmerksamkeiten. Daher ließen sie ihn Ruhe seine Geschäfte machen, solange er ihren eigenen Interessen nicht in die Quere kam. Wechselseitige Beziehungen zu aller

    Nutzen war auch hier das Geheimnis des Erfolges. Ein Beispiel, dem sich auch Hieronymus Stern zutiefst verpflichtet fühlte.

    * Sternfahrers Lied *

    Zu den Sternen zieht es mich – himmelwärts,

    in die endlos schwarze Nacht.

    Mir wird so leicht, so leicht ums Herz,

    sehe ich der Sonnen farbig Pracht.

    Sag Himmel – wo ist dein End …

    Meine Augen spiegeln der Sterne Licht

    und spür Sehnsucht in tiefstem Grund.

    Zurück zur Erde will ich nicht,

    Aufbruch – denn es ist der Sterne Stund.

    Sag Himmel – wo ist dein End …

    Dass unendlich Meer der Sterne leuchtet,

    in ew’ger Ruh und Pracht.

    Sieh nur – in allen Farben funkelt,

    was mich so glücklich macht.

    Sag Himmel – wo ist dein End …

    Unendlichkeit der Weiten

    und Leben überall.

    Will der Planeten Tanz begleiten

    und Sterne sehen ohne Zahl.

    Sag Himmel – wo ist dein End …

    Träume quellen hoch im Überfluss,

    geboren in der Seele tiefsten Raum.

    Hier bin ich auf ewiglich -

    eins mit Schöpfers Weltentraum.

    Sag Himmel – wo ist dein End …

    Der Sternenraum ist Heimat mir,

    umfasst mich doch für alle Zeiten.

    Getrieben von der Sonnen Wind,

    will ich immer weiter gleiten.

    Sag Himmel – wo ist dein End …

    Es gibt kein Halten und kein zagen,

    ich würd es immer wieder tun.

    Sternenwind wird mich weiter tragen,

    mag das Ziel auch verborgen ruh’n.

    Sag Himmel – wo ist dein End …

    Am Ende werd ich glücklich sein,

    egal, wie lang es dauern mag.

    Ewigkeit – vielleicht ein schöner Schein,

    doch dem Schöpfer nur ein einzig Tag.

    Sag Himmel – wo ist dein End …

    Jede Reise hat ein Ziel,

    auch wenn wir es nicht sehn.

    Ich bin daheim vom großen Spiel

    und alles – kann ich nun verstehn.

    Und weiß – der Himmel hat kein End.

    Der Pirat

    Zeit: Gegenwart

    Koordinate: Fuxina

    Hieronymus Stern war der Einladung der Pangäerin zu einem Treffen

    nachgekommen und so versammelten sich zu nächtlicher Zeit,

    genau zur Stunde der Eule, fünf Menschen um ein knisterndes

    Lagerfeuer, das der Barde Bentus Clovis zuvor entfacht hatte. Haya

    Moon’dan oder Mondlicht, wie sie meist genannt wurde, war nur in Begleitung

    ihres Gefährten gekommen während Stern seine Waffenmeisterin

    Gysell Sadori und den Schiffsmedicus Doc Jalinka Merith im Gefolge hatte.

    Die Fee war eine außergewöhnliche Person. Von Gestalt hoch gewachsen,

    reichte sie fast an Sterns Größe heran. Sie war eine faszinierende

    Frau und in punkto weiblicher Schönheit und Ausstrahlung

    seiner eigenen Gefährtin durchaus ebenbürtig. Ihre langen

    silbernen Haare fielen offen bis zur Hüfte herab und umschmeichelten

    den schlanken Körper. Aus einem fein geschnittenen elfengleichen

    Gesicht blitzten ein Paar tiefblauer Augen mit einem

    kobaltfarbenen Schimmer, wie Stern sie noch nie gesehen hatte.

    Ihre alabasterfarbene Haut bildete einen wunderbaren Kontrast zu

    dem schlichten Kleid, das sie trug. Ein langes, bis zu den Knöcheln

    reichendes, fast weißes ärmelloses Gewand umspielte ihren weiblichen

    Körper mit unerhört luftiger Leichtigkeit. Es schmiegte

    sich verführerisch und faltenlos um ihre Kurven und betonte dabei

    mehr als es verhüllte.

    Dazu passend ein schwarzes gürtelartiges breites Band, das sich

    um die schlanke Taille wand und mit auffälligen runenhaften Stickereien

    verziert war. Die zierlichen Füße steckten in Sandalen,

    deren Riemen unterhalb des Gewandes verschwanden und die

    Waden bis auf halbe Kniehöhe umschlangen.

    Sie hatte Temperament und hielt es auch nicht zurück während

    sie mit rauchiger Stimme eine unglaubliche Geschichte vortrug.

    Heftig gestikulierte sie beim Reden mit allen Gliedmaßen und

    legte die schmale Hand mit den langen Fingern immer wieder vertraulich

    auf den Arm von Hieronymus Stern. Dabei fiel ihm sogleich

    ein großer breiter Ring auf, der am Mittelfinger ihrer linken

    Hand steckte. Er bestand aus einem matt silbern schimmernden

    Material, doch es handelte sich nicht um Silber. Stern vermutete,

    dass der Ring aus dem überaus seltenen Obsidianmetall gearbeitet

    war, was den Reif überaus selten und sehr kostbar machte. Die ungewöhnliche

    Formgebung unterstrich seinen Eindruck nachdrücklich.

    Das Schmuckstück ähnelte einem Baum mit langen fadenartigen

    Ästen, an denen, kaum sichtbar, fein ziselierte Blätter von

    winzigen grünen Juwelen dargestellt wurden. Dazwischen waren

    mehrfarbige, nur um eine Winzigkeit größere Steine eingearbeitet,

    die wie Früchte eines Baumes wirkten.

    Eigenartigerweise glaubte er, darin ein Muster zu erkennen, das

    ihm seltsam vertraut vorkam. Tief in seinem Unterbewusstsein

    regten sich verschollene Erinnerungen an eine ferne Zeit aus seiner

    Vergangenheit. Doch bevor dergleichen an die Oberfläche seines

    bewussten Denkens gelangten konnte, holte ihn die Stimme der

    Pangäerin aus seiner Gedankenversunkenheit zurück. Immer noch

    betrachtete Hieronymus Stern gebannt den Ring und überhörte

    dabei fast ihre Worte.

    »Hört ihr mir überhaupt zu, Kapitän?«, schalt Mondlicht den

    abwesend erscheinenden Piraten.

    »Bei Neptun, ich bin ganz Ohr und bekomme alles mit – seid

    unbesorgt«, lächelte Stern verlegen und legte die Stirn in nachdenkliche

    Falten, um damit den Anschein angestrengter Aufmerksamkeit

    zu erwecken.

    »Ich befürchtete schon, dass Murania mir einen falschen Rat gab

    als sie mir empfahl, euch um Hilfe und Unterstützung zu bitten.

    Schließlich geht es um die Rettung Aluriens, wenn nicht von ganz

    Joy. Da kann ich keine Tagträumer brauchen, sondern nur kampferprobte

    Männer und Frauen, die weder Tod noch Teufel oder,

    wie in eurem Fall, den Klabautermann fürchten.«

    Beruhigend legte ihr Begleiter Clovis seinen Arm um sie und

    machte mit dieser Geste klar, dass sie beide zusammengehörten.

    Auch der Barde zählte zu den hochgewachsenen Männern seines

    Volkes und war mit Sicherheit noch ein wenig größer als Hieronymus Stern.

    Schlanker und zierlicher gebaut, wirkte er in seiner ganzen Erscheinung

    sehnig und ausdauernd. Weniger wie ein Liedermacher,

    sondern mehr wie ein einheimischer Waldläufer. Eine freche grüne

    Kappe, geschmückt mit einer farbenprächtigen Feder, saß nachlässig

    auf seinem schmalen Kopf, der von üppigen dunkelbraunen

    Haaren bedeckt war. Hervorstechend prägte eine wohlgeformte

    Adlernase das Gesicht. Zwei etwas größer geratene spitz zulaufende

    Ohren, die zudem eng am Schädel anlagen, lenkten ein wenig

    vom großen Mund mit den perlweißen Zähnen ab. Ebenfalls auffällig

    waren seine Augen, die ebenso tiefblau wie die seiner Gefährtin

    waren. Mit ihnen blickte er im Moment freundlich, dennoch

    bestimmt auf seine Begleiterin.

    Bentus Clovis trug schlichte Waldläuferkleidung. Dazu ein

    grünes Hemd sowie eine ebenso gefärbte Hose. Leichte Wildlederschuhe

    vervollständigten seine zweckmäßige Kleidung. Umso

    mehr fiel die Laute des Barden auf. Ein wundervolles Instrument,

    das aus einem unbekannten Holz und fein gearbeitetem Metall

    hergestellt war. Es wirkte etwas abgegriffen, war jedoch hervorragend

    gepflegt. Auf ihr vermochte der Barde die herrlichsten Töne

    zu spielen und mit seiner unnachahmlich sanften Stimme zu begleiten,

    wie er seinen Zuhörern bereits unter Beweis gestellt hatte.

    »Bleib ruhig, Haya. Der Rat der Zauberin Murania war sicher

    richtig und sobald wir Kapitän Stern von unserem Anliegen überzeugt

    haben, wird er uns sicher die Hilfe gewähren, die wir benötigen.«

    Zustimmend nickte Gysell Sadori, Waffenmeisterin des Sternenteufel

    und warf ihr langes brünettes Haar mit einer entzückenden

    Kopfbewegung nach hinten. In ihrer Erscheinung brauchte sie sich

    nicht hinter der Pangäerin zu verstecken, war sie doch mit ihren

    dreißig Jahren noch ziemlich jung, jedoch schon sehr erfahren und

    kampferprobt. Ihre schwarzen Augen bildeten einen wunderbaren

    Kontrast zu der tief gebräunten Haut. Man sah ihr an, dass sie

    lange Fahrten im Sternenmeer unternommen hatte. Die vollen

    Lippen lagen unter einer kleinen Nase während zwei Grübchen

    ihrem Gesicht einen schelmischen Ausdruck verliehen.

    Die zierlichen Ohren, an denen zwei sternförmige Anhänger

    baumelten, trugen noch ihren Teil dazu bei. Ihr schlanker und

    wohlproportionierter Körper steckte in einer braungrün gefleckten

    Kampfuniform, die auch Angehörige der Mördergilde bevorzugten.

    Um den schlanken Hals schlang sich ein roter Seidenschal,

    der sich vorteilhaft von der wild gemusterten Tarnjacke abhob.

    Als Fußbekleidung zog sie anscheinend leichte Mokassins vor, wie

    sie die hiesigen Waldläufer gern trugen und nicht die schweren

    ledernen Stiefel, die normalerweise zu dieser Uniform gehörten.

    An dem breiten Gürtel, der um ihre schlanke Taille geschnallt war,

    hing der typische Entersäbel der Piraten, welcher in einem Futteral

    aus Kuduleder vor Regen geschützt war.

    Widrige Lebensumstände hatten ihr zu einem Platz auf dem

    Sternenteufel verholfen und dafür war sie Kapitän Stern unendlich

    dankbar. Auch dafür, dass er ihr so viel Vertrauen entgegenbrachte

    und sie zur Waffenmeisterin des Sternenteufel ernannte, eine der

    wichtigsten Positionen auf dem Piratenschiff. Ihre Herkunft umgab

    ein dunkles Geheimnis, das sie dem Kapitän und seiner Gefährtin

    Aurelia anvertraut hatte.

    Sie gehörte inzwischen, nach nur wenigen Jahren auf dem Sternenteufel,

    zu den engsten Vertrauten von Kapitän Stern. Für kein

    Gold dieser Welt würde sie das Schiff verlassen wollen, das ihr

    Heimat und Familie in einem geworden war.

    »Ich bin auch der Meinung, dass wir uns das Gesagte erst einmal

    in aller Ruhe durch den Kopf gehen lassen, danach wird der

    Käpt’n schon wissen, was zu tun ist«, unterstützte sie mit ihrer

    angenehmen Altstimme ihren Kapitän. »Oder was meint ihr, Jalinka?

    «, wandte sie sich an den bisher stumm gebliebenen Schiffsmedicus

    Doc Merith, von der Mannschaft auch respektvoll Skalpell genannt.

    »In der Tat sind das unglaubliche Neuigkeiten, die erst einmal

    verarbeitet werden müssen. Einfach unvorstellbar, dass sich dies

    alles unbemerkt vor den Augen der Wächter der Gilde abgespielt

    haben soll. Das verstehe ich nicht ganz. Sie haben doch ihre Spione überall

    und hören sonst die Flöhe husten«, stellte sie trocken

    fest und traf mit dieser Aussage einmal mehr ins Schwarze.

    Die sechzigjährige Frau mit dem gelehrt wirkenden Aussehen

    war eine logische Denkerin. Es war nicht ihre Art, lange um den

    heißen Brei herumzureden, sondern sagte klar, was sie dachte. Sie

    war von mittelgroßer Statur, etwas stabiler gebaut und vermittelte

    den Typ einer fürsorglich mütterlichen Frau, was ihre kurzen grauen

    Haare noch betonten. Mund und Ohren waren wie bei ihrem

    Volk nicht unüblich ein wenig groß geraten. Hierzu passte auch die

    nicht gerade kleine Nase, die ein wenig spitz nach vorn ragte. Der

    rundliche Kopf saß auf einem kurzen, schon leicht faltigen Hals.

    Der Medicus war bereits auf eine Sehhilfe angewiesen und trug

    ein sehenswertes Spektrakel. Dieses Ungetüm hatte sie von einem

    hiesigen Uhrmacher in Fuxina, der zusätzlich noch ein Spektrakelgeschäft

    betrieb, zu einem sündhaften teuren Preis erstanden. Unbestritten

    brachte es die blassblauen Augen gut zu Geltung, denn

    es verlieh ihrem Blick etwas Scharfes und Durchbohrendes, was

    manche ihrer Gesprächspartner als sehr unangenehm empfanden.

    Gewöhnlich kleidete sie sich schlicht und trug nur ein weißes

    weit geschnittenes Kostüm, worauf deutlich das Symbol der Heilkundigen

    angebracht war, damit für jeden ihr angesehener Stand

    ersichtlich war. Zum heutigen Landgang hatte sie ausnahmsweise

    unauffällige Kleidung angezogen und sich in eine einfache blaue

    Matrosenhose aus festem Drillstoff gezwängt. Dazu hatte sie eine

    schlichte Bluse der gleichen Farbe gewählt. Einfache Schuhe aus

    robustem Kuduleder machten die schlichte Aufmachung komplett.

    Im Hüftgürtel aus Büffelmufftileder steckte ein kleiner Dolch in

    einer kurzen Scheide aus Drachenbaumholz. Doch das Wichtigste

    ihres Berufsstandes befand sich in einem kleinen Rucksack neben

    ihr, ohne den sie nie das Schiff verließ. Sie stammte von Greenland

    und die Bewohner dieser Welt waren in der medizinischen

    Kunst den meisten Welten weit voraus, denn bereits ihre Vorfahren

    übten den Beruf der Heilkunde aus.

    Unglückliche Lebensumstände führten die lebenslustige und

    erfahrene Frau von ihrem Heimatplaneten fort. Nach Jahren im

    Dienst eines Handelsmagnaten war sie bei der Eroberung der

    Galeone, auf der sie ihre schlecht bezahlte Arbeit verrichtete, von

    Kapitän Stern vor die Wahl gestellt worden. Entweder als Schiffsmedicus

    bei ihm anzuheuern oder sich auf einer nahe gelegenen

    Welt aussetzen zu lassen. Weil ihr der Piratenkapitän respektvoll

    sowie höflich entgegentrat und ihr dazu weitgehend freie Hand

    einräumte, entschied sie sich für Leben und Arbeiten an Bord des

    Sternenteufels. Bis heute hatte sie ihre Entscheidung nicht bereut,

    denn das dunkle Geheimnis, das sie in sich verbarg, war auf diesem

    Schiff gut gehütet.

    Hieronymus Stern nickte zustimmend.

    »Wie immer habt ihr den richtigen Rat, Doc. Ich werde einige

    Erkundigungen einziehen und mich umhören. Schließlich habe ich

    gute Verbindungen in Fuxina, die ich zu nutzen gedenke. MayLi

    wird mit Sicherheit etwas wissen, auch wenn es sich nur um Gerüchte

    handeln sollte. Wir wissen ja, so manche Zunge löst sich in

    ihrem Haus der Freude und plaudert über Dinge, die sie woanders nie

    ausgesprochen hätte. Ich werde sie noch heute Nacht aufsuchen,

    denn wenn es stimmt, was Mondlicht und der Barde uns mitgeteilt

    haben, wird es nicht mehr lange dauern, bis die Rotröcke zuschlagen.

    Die JIXX-Spiele dauern nur noch wenige Tage und wenn sie

    zu Ende sind, werden diese Darq ihre üblen Pläne in die Tat umsetzen.

    Vorher werden sie sich hüten, weil jetzt die ganzen Spieler und

    Besucher aus allen Regionen des Arms hier versammelt sind.«

    Die beiden Pangäer blickten hoffnungsvoll auf und nickten

    dann zustimmend. »Ja, ich stimme euch zu, Kapitän. Nutzt eure

    Kontakte, vielleicht könnt ihr noch mehr in Erfahrung bringen als

    das, was wir bereits von Murania gehört haben.«Moon’dan erhob

    sich und zog ihren Gefährten Clovis mit empor.

    »Das Wichtigste habe ich euch mitgeteilt und ich bin guter

    Dinge, was die weitere Entwicklung betrifft. Wir werden sicherlich

    Unterstützung bekommen. Auch von einigen Einwohnern Fuxinas

    und vielen Spielern, die diese Welt nicht kampflos aufgeben wollen.

    Nur müssen wir vorsichtig sein und dürfen niemanden einweihen,

    dessen wir uns nicht ganz sicher sind, denn Augen und Ohren

    dieser Bande sind überall anzutreffen. Man weiß nie, wer gerade

    am Nebentisch lauscht. Wir sollten uns morgen nochmals treffen,

    um weitere Informationen auszutauschen und einen vorläufigen

    Plan zu entwerfen. Seid ihr damit einverstanden, Kapitän?«

    Hieronymus Stern hatte sich ebenfalls erhoben und überdachte

    dabei kurz das Gesagte, bevor er antwortete.

    »Ja, so sollten wir es machen. Wir werden uns morgen in eurer

    Hütte treffen, Mondlicht. Den genauen Zeitpunkt kann ein Botenwiesel

    überbringen, weil ich nicht genau sagen kann bis wann

    ich meine Erkundigungen abgeschlossen habe.«

    »Gut, ich werde eure Nachricht abwarten, Kapitän. Habt viel

    Erfolg und bis morgen.« Mit diesen Worten verabschiedete sich

    Mondlicht von Stern, nickte den beiden Frauen zu und verließ

    mit ihrem Gefährten das nur noch schwach glimmende Lagerfeuer.

    Mit gemischten Gefühlen blickte Stern der davonschreitenden

    Pangäerin Moon’dan, genannt Mondlicht, hinterher. Der leichtfüßige

    Barde Bentus Clovis glitt geschmeidig neben ihr dahin.

    Die zauberhaften Lautenklänge und das Flackern des Lagerfeuers

    hatten das ihrige zu der mystischen Stimmung beigetragen,

    die sie immer noch gefangen hielt. Der Bericht hatte ihn und seine

    beiden Begleiter in den Bann gezogen, denn die Fee hatte schier

    Unglaubliches erzählt.

    Von der geheimnisvollen Zauberin Murania hatte sie erfahren,

    dass der Welt Aluriens Unheil drohte. Eine finstere Macht plante

    die Herrschaft über den gesamten Planeten Joy an sich zu reißen,

    um das JIXX-Spiel für ihre Zwecke zu missbrauchen. Am Ende

    ihrer Geschichte gab sie Mondlicht den Auftrag, sich mit Piratenkapitän

    Stern, dem Besitzer der Viermastfregatte Sternenteufel, in

    Verbindung zu setzen und ihn um Hilfe und Unterstützung zu

    bitten.

    Stern war es rätselhaft, was die Zauberin damit meinte. Doch

    jetzt beschlich ihn eine leise Ahnung, worum es sich hierbei handeln

    könnte. Nun, er hatte zugesagt, die Angelegenheit zu überdenken,

    um sich dann erneut mit ihr zu treffen. Die Fee wohnte

    außerhalb der Stadt in einer Hütte, die auf einer Waldlichtung

    gelegen unter dem Schutz eines großen Drachenbaums stand. Es

    war bekannt, dass eine Baumdyrade, die dort seit Urzeiten als seine

    Hüterin lebte, den Baum als Behausung nutzte und sich in seinem

    38 dichten Laubwerk den Blicken Fremder entzog. Zwischen den alten

    Bäumen und dem geheimnisvollen Volk der Dyraden herrschte

    eine Art Symbiose, dessen Ursprung sich im Dunkel der Geschichte

    verlor.

    »Ich habe noch etwas in der Stadt zu erledigen«, bemerkte Doc

    Merith nachdenklich. »Wenn es euch recht ist, Käpt’n, werde ich

    erst morgen früh zurück an Bord sein.«

    »Erledigt eure Geschäfte, Doc oder was immer ihr zu tun habt.

    Haltet dabei Augen und Ohren offen. Es liegt eine ungewohnte

    Spannung in der Luft. Ich spüre da unterschwellige Strömungen

    von Unruhe, die sich nicht auf den Wettkampf der Spiele zurückführen

    lassen, also bleibt wachsam.«

    Mit einem Kopfnicken verabschiedete sich Jalinka Merith und

    strebte auf dem ausgetretenen Pfad der Stadt entgegen. Schweigend

    hatte die Waffenmeisterin des Sternenteufel den Abschied

    ihrer Schiffskameradin verfolgt und wandte sich an ihren Kapitän.

    »Ihr wisst ja, Käpt’n, dass ich die Nähe von Flair spüren kann.

    Ist euch auch aufgefallen, dass es vorhin eine starke Präsenz magischer

    Kraft gegeben hat? Ich glaube, dass diese Mondlicht eine

    mächtige Zauberin ist. Bei dem Barden bin ich mir nicht ganz sicher.

    Möglicherweise ist er ebenfalls der Magie kundig.«

    »Ja, ihr habt recht, Gysell. Ich spürte es ebenfalls«, bemerkte Stern

    nachdenklich. »Das Flair ist groß und mächtig in ihr, ich konnte

    es fühlen.«

    Für den Bruchteil einer Sekunde schimmerte um seine Augenkappe

    ein dunkelrotes mattes Glühen auf. Ein regenbogenfarbiges

    Irrlicht umflackerte für einen Wimpernschlag seine hohe kräftige

    Gestalt. Gysell Sadori blinzelte überrascht und war sich nicht sicher,

    ob dieses Licht vom Kapitän ausgegangen oder nur ein letzter

    Widerschein des verlöschenden Lagerfeuers gewesen war. Sie

    unterließ es, ihn darauf anzusprechen, denn sie wollte sich nicht

    seinem ironischen Spott aussetzen, für den er bisweilen gefürchtet

    wurde.

    »Ich werde zum Schiff zurückkehren. Es ist spät und morgen

    wird einiges zu tun sein. So wie es aussieht, sollten wir unsere

    Waffen überprüfen und bereit für den Einsatz halten.«

    »Ja, macht das, Gysell. Richtet Aurelia aus, dass ich noch unterwegs bin und

    nicht genau weiß, wann ich wieder da sein werde, es könnte also

    spät werden.«

    Mit einem freundlichen Gruß verabschiedete sich Stern von

    seiner Waffenmeisterin und eilte den gleichen Pfad entlang, den

    vor einigen Augenblicken auch Doc Merith beschritten hatte. Er

    wollte sein ehemaliges Mannschaftsmitglied MayLi aufsuchen.

    Sie unterhielt das beste und auch teuerste Freudenhaus der Stadt.

    In ihrem Etablissement trafen sich nur die gehobenen Mitglieder

    der Gesellschaft. Wenn es Gerüchte oder Hinweise gab, so hoffte

    Stern, würde er hier rasch fündig werden.

    MayLi war ihm auch nach ihrem Weggang in Treue verbunden

    und würde ihm jede Unterstützung zukommen lassen, zu der sie

    in der Lage war. Anschließend musste er eilig zum Schiff zurück,

    um einige der Gedanken, die ihm während des Berichts der Fee

    durch den Kopf gegangen waren, ausführlich mit Aurelia zu besprechen.

    Er schüttelte bekümmert den Kopf, die Nacht würde

    lang und sein Schlaf kurz werden.

    * Lied an die Liebe *

    Liebe braucht der Worte nicht,

    sie ist fühlen im Herzen pur.

    Erstrahlt so hell mit Glanz und Licht,

    spürst du ihre Nähe nur.

    Verbunden durch der Seele Band –

    sie in uns’rem Herzen ruht.

    Das Schicksal webt es mit zarter Hand,

    sind wir zusammen – ist alles gut.

    Mag dich nimmer missen,

    muss fühlen deines Herzens Schlag.

    Bist mir Trost und Ruhekissen,

    weilst du fern – ich es nicht ertrag.

    Der Liebe Lust dem Alltag weicht,

    verkümmert ist die Leidenschaft.

    Wehmut nun – die uns erreicht

    und Erinnerung nur – an Freud und Kraft.

    Die Haare grau, der Atem schneller,

    Zeiten sind vorbeigebraust.

    Das Haupt wird licht und immer heller,

    Schicksal – du hast uns arg gezaust.

    Das Leben gräbt dir Falten ins Gesicht –

    Runzeln erzählen wohl Geschichten.

    Doch deine Liebe ist ein Gedicht –

    unsere Chronik wird es einst berichten.

    Im Jenseits wir uns wieder sehn,

    wo im neuen Kleid die Liebe wohnt.

    Von Anbeginn wart vorgesehn,

    das Einigkeit der Herzen lohnt.

    Zwischenspiel Aurelia

    Zeit: Gegenwart minus drei Jahre

    Koordinate: Riva – Shan’hor

    Die große Galeone stampfte förmlich durch die aufgewühlte See

    während der Sturmwind heftig die Segel blähte und so mächtig

    an den Vertäuungen zerrte, dass die Masten bedrohlich knarrten.

    Immer wieder krängte das überladene Schiff gefährlich zur Seite,

    wobei es Gefahr lief, zu kentern.

    »Refft die Segel, wenn euch euer Leben lieb ist«, brüllte die

    Stimme des ersten Offiziers über den Sturm hinweg. Der in einer

    roten Uniform gekleidete Mann wandte seinen kantigen Kopf

    und blickte kurz zum Steuermann. Zu zweit versuchten sie das

    große Steuerrad zu bändigen, um den Bug der Galeone auf die anrollenden

    Wellenberge zu richten. Unterdessen kämpften sich die

    Matrosen in den Wanten nach oben. Verzweifelt versuchten sie, in

    den kleinen Momenten in denen der Sturm innehielt, die Segel

    zu bergen, bevor er mit neuer Kraft in seinem Wüten fortfuhr.

    Eine unerwartet heftige Böe erwischte einen von ihnen als er auf

    durchnässtem Tauwerk ausrutschte. Bevor seine rudernden Arme

    neuen Halt fanden, stürzte er mit einem unhörbaren Schrei in die

    Tiefe und verschwand kopfüber in der tosenden See und tauchte

    nicht mehr auf.

    Valderan de’Soto, seines Zeichens erster Offizier der Heiligen Kuh,

    biss die Zähne zusammen und fluchte still in sich hinein. Sein

    hartes Gesicht mit den stechend blauen Augen verzog keine Miene.

    Verluste an Menschenleben kalkulierte ein adeliger Offizier

    der Tempelsekte kühl mit ein. Die einfachen Matrosen waren für

    ihn nur simple Schachfiguren, einfach Bauern ohne großen Wert.

    Nützlich nur, wenn man sie für die Zwecke des Tempels einsetzen

    konnte, doch ansonsten ohne Bedeutung.

    Jetzt jedoch wurde jeder Mann gebraucht, um die Galeone unter

    Kontrolle zu bekommen, daher galt es, verflucht sei Neptun,

    auf das Leben der Besatzung Rücksicht zu nehmen. Heftig trieb

    Valderan de’Soto die Männer an und endlich gelang es, die Segel

    soweit zu reffen, dass die Gefahr des Kenterns gebannt war. Ihm

    schien, dass die Gewalt des Sturms abflaute und das Schlimmste

    wohl überstanden war. Mit Geschick, Glück und Neptuns Hilfe

    würden sie diesen unerwarteten Orkan hinter sich lassen und den

    sicheren Hafen erreichen.

    Ein Knarren zeigte ihm, dass sich die Tür der Kapitänsmesse

    öffnete und lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Gestalt des Kapitäns,

    der sich mühsam gegen den immer noch heftigen Wind den

    Aufgang zum Vordeck hoch kämpfte. Mürrisch grüßte de’Soto die

    vermummte Schiffsführerin und schluckte seinen tief sitzenden

    Groll hinunter, denn eigentlich hatte er sich das Kommando über

    die Heilige Kuh erhofft. Doch im letzten Moment hatte sich Fürst

    Ramoris höchstpersönlich für seine Ex-Gemahlin Aurelia von Lethos

    entschieden.

    Sie sollte die Galeone als Kapitän befehligen, so lautete sein Befehl

    und gegen die ausdrückliche Order des Tempelobersten wagte

    de’Soto nicht aufzubegehren. Seit drei Jahren segelten sie nunmehr

    zusammen mit der Heiligen Kuh auf den Ozeanen vieler Welten

    und mithilfe seiner Magie, auch durch das unendliche Sternenmeer.

    So schwer es ihm fiel, dies einzugestehen, sie machte ihre Sache

    verdammt gut und wäre sie der Sternenstaubmagie mächtig, die

    für Fahrten im Sternenmeer unerlässlich war, würde er sich niemals

    Hoffnung auf die Kapitänswürde machen können.

    »Wie sieht es aus, de’Soto. Lässt der Sturm langsam nach?«,

    erkundigte sich Aurelia mit ihrer dunklen rauchigen Stimme.

    »Aye, Käpt’n, der Sturm legt sich allmählich. Wir konnten die

    Segel gerade noch rechtzeitig einholen. Leider ging dabei ein Matrose

    über Bord und konnte nicht mehr gerettet werden.«

    De’Soto schaute sie mit gemischten Gefühlen an. Als Mann

    kam er nicht umhin, ihre Erscheinung zu bewundern. Sie war eine

    prachtvolle Frau, kein Wunder, das Fürst Ramoris sie zur Gemahlin

    genommen hatte, auch wenn es sicherlich politische Gründe

    für diese Verbindung gab. Aurelia von Lethos entstammte einer

    alteingesessenen Adelsfamilie, die über weitreichende wichtige

    Verbindungen auf Thetis sowie zu anderen Welten verfügte. Dank

    dieses engen Beziehungsgeflechts übte sie erheblichen politischen

    Einfluss aus.

    Sie war groß für eine Frau, beinah sechs Fuß und damit fast so

    groß wie er. Es brachte ihre schlanke Figur vollendet zur Geltung.

    Aufregend lange Beine, eine schmale Taille sowie ein nicht zu kleiner

    Busen betonten ihre Weiblichkeit ohne dabei aufdringlich zu

    wirken. Auf dem schlanken Hals befand sich ein Kopf mit wahrhaft

    aristokratischen Zügen, der ihr gleichmäßig fein gegliedertes

    Aussehen unterstrich und damit die edle Abstammung, der sie sich

    rühmen konnte.

    Ihr von vollen roten Lippen eingerahmter Mund offenbarte eine

    Doppelreihe perlweißer Zähne, die nicht den Hauch einer Abnutzung

    oder Verfärbung zeigten. Das kam in Kreisen des Adels seltener

    vor, weil die Angehörigen dieser Klasse gewissen Genüssen

    übermäßig zugeneigt waren. De’Soto war sich sicher, dass sie für

    ihr makelloses Aussehen bestimmte wenn auch teure Schönheitszauber

    benutzte. Darüber erblickte er die vollkommenste Nase,

    die er je bei einer Frau gesehen hatte. Sie passte einfach perfekt

    in dieses Gesicht. Kühn und edel geformt, nicht zu groß oder

    zu breit, verlieh sie ihr das gewisse Etwas. Ihre Miene trug einen

    kraftvollen Ausdruck, der noch durch ein Paar grüner Augen verstärkt

    wurde, die allerdings für seinen Geschmack eine Winzigkeit

    zu weit auseinander standen.

    Ein diesen Augen innewohnender Schimmer zog unweigerlich

    jeden in den Bann, der zu lange hineinschaute und sich in ihnen

    verlor. Obwohl ein solcher Austausch tiefer Blicke bei ihr zu den

    eher seltenen Vorkommnissen zählte, wie er ihrer Akte entnommen

    hatte. Denn im Umgang mit Menschen verhielt sich die schöne

    Frau eher scheu und zurückhaltend. Sie nahm sich in den ganzen

    Jahren der Suche nach ihrer Tochter keinen festen Gefährten und

    nur gelegentlich durfte ein Liebhaber ihr Lager teilen. Doch leider,

    Neptun sei es geklagt, gehörte er nicht zu den Auserwählten, dem

    diese Ehre und Lustbarkeit zuteil geworden war.

    Überhaupt, fiel ihm nach kurzer Überlegung ein, erhielt nie

    ein Angehöriger des Tempels je ihre Gunst. Abgesehen von ihrem

    Ex-Mann Fürst Ramoris, doch dies war eher der Familienpolitik

    geschuldet als wahrer Liebe. Am auffälligsten war jedoch ihr

    kupferfarbenes Haar, das in einer fülligen lockigen Mähne über

    den halben Rücken fiel und im immer noch

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