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Asitor10 - Asitor (Band1): inkl. Bonus - Rekrutierungen
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eBook707 Seiten9 Stunden

Asitor10 - Asitor (Band1): inkl. Bonus - Rekrutierungen

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Über dieses E-Book

Wenn es darum geht, das Geheimnis einer Jahrtausend alten Schriftrolle zu enträtseln, rekrutiert man schlichtweg einen verrückten Haufen fachidiotischer Spezialisten. Genau das, was es braucht, um mal mit Verstand, mal mit Glück, ein nicht minder verrücktes Abenteuer zu bewältigen.

Diese Art von Abenteuer bedeutet Gefahr, Qual, Heldentum, Angst, Aufopferung, Freundschaft und unzählige Herausforderungen, die das Team um Mel Boone in bizarrer Manier bewältigen muss, ohne zu wissen, was tatsächlich alles in ihnen steckt.

Mit den spärlichen Informationen der Schriftrolle, machen sie sich auf, unbekannte Energiequellen auf vier ebenso unbekannten wie gegensätzlichen Planeten aufzuspüren, deren Entschlüsselung epische Konsequenzen heraufbeschwören…
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum22. Juni 2015
ISBN9783738031102
Asitor10 - Asitor (Band1): inkl. Bonus - Rekrutierungen
Autor

Simon Savier

Mein Name ist Simon Savier, meines Zeichens Humanoid, Jahrgang 1980. Mir wurde das Interesse an Science Fiction in die Wiege gelegt. Schon während der Ausbildung zum Informatik-Kaufmann und Besuch der Handelsakademie, reifte in mir der unbändige Drang heran, zu schreiben. Dabei wurde ich immer begleitet vom Trieb Science Fiction zu schreiben, den ich bis dato intensiv und mit viel Engagement auslebe.

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    Buchvorschau

    Asitor10 - Asitor (Band1) - Simon Savier

    Prolog

    Simon Savier

    A S I T O R 10

    A s i t o r

    Simon Savier

    A S I T O R 10

    A s i t o r

    Roman

    Phantasie ist wichtiger als Wissen,

    denn Wissen ist begrenzt.

    - Albert Einstein -

    Planetensystem Sonim

    Planet Sonim, Primus Quadrant

    Sektor MG5n6, Arial L3

    20. August 2422, terranische Zeitrechnung

    »Sie wissen selbst genau, welchen Stellenwert die Erforschung des Unbekannten in der heutigen Zeit hat. Es gibt nichts Wichtigeres«, predigte Warel, der beleibte, von der Sonne zu stark geküsste Direktor des größten Forschungsinstituts auf Sonim und Abgeordneter des Politgremiums. »Ihre letzten Forschungsergebnisse, selbst die außerplanetaren, haben eine starke Einbuße erlitten.«

    »Also … Sie haben recht, Rektor Warel«, gestand sich Professor Rewa, ein bis dato renommierter Archäologe, ein. »Das … also … ist mir auch völlig bewusst …«

    Scheinbar desinteressiert, was sein Mitarbeiter zu sagen hatte, sprach Warel überzogen konsterniert weiter.

    »Wie soll ich eine weitere Subvention, die Sie ja von mir fordern, rechtfertigen, wenn ich anstelle neuer prestigeträchtiger Errungenschaften … nichts aufweisen kann?«

    Rewa stand der Schweiß auf der roten Stirn. Es war ihm klar, dass die nächsten Worte seine Zukunft bestimmten.

    »Also ich … also es ist … also vielleicht …«

    »Sehen Sie, Professor, um Ihnen die Subvention zu gewähren anstelle Ihres Stuhls räumen zu lassen, müssten Sie mir schon eine Entdeckung galaktischen Ausmaßes präsentieren.« Warel sah ihn durchdringend an. »Können Sie das?« Er wartete nur einen Augenblick, bevor er wiederholte: »Können Sie das, Professor?«

    »Also … also ich habe mehrere Mitarbeiter … also meine Belegschaft ist im kaum erforschten Sektor HL7r9 unterwegs, um …«

    »Gut, dass Sie es ansprechen, Professor Rewa.« Warel hüstelte gekünstelt. »Was Ihre Belegschaft betrifft, fürchte ich, wird diese auch, sollten Sie selbst das Privileg haben, bei uns bleiben zu dürfen, einer Verknappung zum Opfer fallen.«

    »Aber … aber dann wird meine … aber dadurch sinkt meine Effizienzrate automatisch.«

    »Tja«, stieß Warel aus, »ein Teufelskreis, nicht wahr?«

    Er wandte sich ab und schob seinen Wanst aus Rewas Büro. In der Tür blieb er stehen und drehte sich um.

    »Ich denke, wir werden Sie noch einen Monat behalten. In der Zwischenzeit können Sie die Zeit nutzen, um eine sensationelle Entdeckung zu machen oder sich gerne nach einer neuen Arbeitsstelle umsehen. Je nachdem, was Ihnen eher zusagt.«

    Dann verließ der Direktor endgültig das Büro.

    Im selben Augenblick, Rewa kam nicht einmal dazu, durchzuatmen, schrillte das Kommgerät los. Es war einer seiner Mitarbeiter. Völlig aufgelöst plärrte er in das Gerät, dass sie eine sensationelle Entdeckung gemacht hatten. Er solle sofort in Sektor HL7r9 kommen.

    Eine sensationelle Entdeckung. Zwei Stimmen, die das sagten, hallten in seinem Ohr wider.

    »Direktor!«, rief Rewa Warel nach, der eben das Büro verlassen hatte. »Direktor Warel! Warten Sie. Kommen Sie zurück.«

    Mürrisch trat der Rektor den Rückweg an und fragte keuchend: »Was wollen Sie denn noch, Rewa? Wir haben alles geklärt.«

    »Aber … aber Direktor! Sie haben mir ein Ultimatum gestellt. Wir haben es soeben erfüllt!«, rief er aufgeregt.

    »Was soll das heißen?«

    »Einer meiner Mitarbeiter … also … hat mir vor wenigen Augenblicken mitgeteilt, dass sie eine, wie Sie eben noch von mir verlangten, sensationelle Entdeckung, gemacht haben.«

    Misstrauisch fragte Warel: »Wie soll diese Entdeckung aussehen?«

    »Das wollte mir mein Mitarbeiter nur persönlich verraten.«

    »Sie haben also keine Ahnung«, spielte der Rektor den angeblichen Fund herab.

    »Hören Sie!«, äußerste Rewa ungewohnt energisch, »wenn Hawo, einer der fähigsten Köpfe, in meinem Team, sagt, dass er etwas Sensationelles entdeckt hat, dann ist das so.« Ohne die Chance einer Erwiderung, seitens Warel, sprach er weiter. »Ich werde sofort zu dem angegebenen Sektor reisen. Ich werde Sie, sobald ich mich selbst von dem Fund überzeugt habe, über alles in Kenntnis setzen.«

    Er huschte an dem korpulenten Direktor vorbei und war verschwunden.

    »Es ist erstaunlich«, sagte Hawo, der Archäologe, der Rewa bezüglich des Fundes kontaktiert hatte. Seine rosafarbenen Augen waren weit aufgerissen. »Dass wir die Entdeckung nicht schon eher gemacht haben, ist unerklärlich, derart offenkundig lag die Schriftrolle, ich möchte fast sagen, wie auf dem Präsentierteller.«

    Rewa, selbst einer der angesehensten Archäologen, untersuchte das alte Stück Pergament. Er versuchte so schonend und achtsam wie möglich den Schmutz von der flach aufgelegten Papyrusrolle zu entfernen, um die Schriftzeichen darauf zu entziffern.

    »Es ist jammerschade, dass die Rolle in geöffnetem Zustand gefunden wurde. Versiegelt wäre ihr Zustand weit besser erhalten geblieben.« Nachdem er einigen Schmutz entfernt hatte, sagte er: »Sieht fast so aus … also … es besteht die Möglichkeit, dass es eine tote Sonimsprache ist. Das lässt auf ein sehr hohes Alter schließen.«

    »Wir können erst im Labor das genaue Alter feststellen«, meinte Hawo. »Dort haben wir mehr Möglichkeiten die Schriftrolle zu säubern.«

    »Sie haben … also … Sie können es wohl kaum erwarten, Hawo.« Rewa grinste breit. »Aber ich kann Sie durchaus verstehen.« Er klopfte seinem Kollegen auf die Schulter. »Ach, das wissen Sie noch gar nicht«, fiel dem Professor ein, »durch die … also … mit dieser Entdeckung haben Sie unsere Jobs gerettet, mein Freund.«

    Mit der Schriftrolle auf dem Weg zurück ins Labor erklärte er Hawo, was er damit gemeint hatte.

    Während Hawo die Schriftrolle weiter von den Zeichen der Zeit befreite und untersuchte, marschierte Professor Rewa gezwungenermaßen zu Direktor Warel.

    »Das sind fantastische Nachrichten, Professor. Ich kann Sie nur beglückwünschen. Ich habe in keiner Sekunde an Ihren und den Fähigkeiten Ihrer Mitarbeiter gezweifelt.«

    Heuchler.

    »Wann haben wir die ersten Ergebnisse?«

    »Also, ohne vorgreifen zu wollen, Direktor – genauere Untersuchungen sind natürlich erst erforderlich – bin ich der Ansicht, dass es sich um die tote Sonimsprache handelt, mit der die Schriftrolle beschrieben wurde.«

    »Tatsächlich?«, stieß Warel fasziniert aus. »Das würde ja bedeuten …«

    »Ganz recht«, unterbrach ihn Rewa, »aber wie gesagt … also … erst weitere Untersuchungen werden Klarheit oder zumindest weitere Einblicke bringen.«

    »Ich bitte Sie, Professor, lassen Sie sich von mir nicht länger aufhalten. Selbstverständlich erhalten Sie jegliche Unterstützung und sämtliches Material, dass Sie benötigen.«

    Heuchler.

    Neun Monate später hatten Rewa und seine Kollegen zwar einiges herausgefunden, zufrieden waren sie aber nicht damit.

    Dennoch genug, um den folgenden Stein, der ein Gewaltiger werden sollte, ins Rollen zu bringen. Es stellte sich heraus, dass die Schriftrolle in der toten Sonimsprache geschrieben wurde, so wie Rewa vermutet hatte, und der Planet Terra Erwähnung fand. Das war hinsichtlich des undefinierbaren Alters der Rolle ein unerklärliches Mysterium. In welchem Zusammenhang Sonim, die Schriftrolle und Terra standen, war völlig unklar.

    Weiter ging aus der toten Sprache hervor, dass jeweils eine geheimnisumwobene Energiequelle auf vier unbekannten Planeten vorzufinden sei, die weltenverändernde Auswirkungen haben könnten.

    All diese orakelhaften Informationen hatte Professor Rewa an Direktor Warel weitergegeben. In dessen Funktion als Abgeordneter des Politgremiums veranlasste er unter strengster Geheimhaltung alle drei Außenminister, Kontakt mit den terranischen Delegierten aufnehmen zu lassen.

    Rewa, der nicht nur die Schriftrolle zum Teil entschlüsselt, sondern weiter vorausgeplant hatte, wusste durch die Informationen, die er über die vier fremden Planeten hatte, genau, aus welchen Mitgliedern das zukünftige Team bestehen musste.

    In enger Zusammenarbeit mit der terranischen Regierung, und unter strengster Geheimhaltung, wurden in den folgenden drei Monaten zehn Personen ausgewählt, um an der geheimen Mission teilzunehmen.

    1

    Planetensystem Sol

    Planet Terra (Erde), Primus Quadrant

    Lexington, Kentucky, USA

    12. August 2423, terranische Zeitrechnung

    Mel Boone arbeitete unter einem original 1967 Shelby Mustang GT 500, als ihm drei Herren in seiner Baracke einen Besuch abstatteten.

    Rücksichtslos und ohne Vorwarnung rissen sie ihn unter dem unbezahlbaren Auto hervor.

    Mit einem Blick, als hätten sie ihm die Hose heruntergezogen, fragte Boone mit ölverschmiertem Gesicht: »Kann ich Ihnen behilflich sein?«

    Ohne erkennbare Mimik antwortete einer der schwarz uniformierten Männer: »Boone? Professor Mel Boone?«

    Ein mulmiges Gefühl kam in ihm auf, denn nicht nur, dass sie ihn schroff aus seiner Arbeitskonzentration rissen und seinen Namen kannten, nein, sie waren bewaffnet. Unscheinbar, trotz allem furchteinflößend, zeichneten sich die Umrisse dreier Waffen unter ihren Uniformjacken ab.

    Er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, setzte sich auf und antwortete souverän … »Ja, der bin ich. Was kann ich für Sie tun, meine Herren?« … in der Hoffnung, dass sein Name nicht ausschlaggebend war, deren Waffen sprechen zu lassen.

    Einige Augenblicke lang gab es keine Reaktion auf seine Antwort, doch dann wurden die Gesichter des düsteren Triumvirates so ernst, dass sogar der Shelby überlegte, den ersten Gang einzulegen, um abzuhauen. Tiefe Falten bildeten sich auf deren Stirnen.

    »Wir möchten Ihnen ein Angebot unterbreiten. Genauer gesagt möchten wir Sie in ein Projekt einweihen, das der höchsten Geheimhaltungsstufe unterliegt. Sollten Sie diesen Vorschlag aus irgendeinem Grund ablehnen, versteht es sich von selbst, dass sie nachfolgende Informationen nie erhalten haben, genauso wie Sie uns nicht kennen und auch noch nie von uns gehört haben. Haben Sie mich verstanden?«, betete er wie auswendig gelernt herunter, immer begleitet von einem drohenden Unterton.

    Boone sah suchend nach links, nach rechts und an den drei merkwürdigen Besuchern vorbei, ob er versteckte Kameras entdeckte, und stellte mit hochgezogenen Brauen scherzend die Frage: »Müssten Sie mich sonst erschießen?«

    Einer der drei Salzsäulen starrte ihn mit gefährlich blitzenden Augen an. Der Shelby machte sich fluchtbereit.

    »Schon gut, schon gut, ich habe verstanden.«

    Nachdem er die Schrecksekunde verdaut hatte, versuchte er seine Gedanken zu sammeln und stand auf. Dabei hinterließ er einen öligen Handabdruck auf dem Boden.

    »Wer sind sie überhaupt? Woher kommen sie? Und was zum Teufel wollen sie von mir?«

    Boone nahm einen dreckigen Fetzen vom Regal und wischte sich damit das schwarze Gold und deutliche Zeichen seiner Arbeit von Händen und Gesicht. Vielleicht hätte er besser mit der Säuberung seines Gesichtes beginnen sollen. Denn als er sich über sein Antlitz wischte, verteilte der Ölprinz das schmierige Schwarz dank seiner mangelhaft gereinigten Hände gleichmäßig darauf.

    »Erzählen Sie mir endlich, worum es sich handelt.«

    Die beiden Flankenmänner grinsten.

    Im Gegensatz zu ihnen reagierte er abgeklärt. Er wies sich als Commander Jason Croz aus. Seine glattpolierte Glatze gab ihm einen Hauch von Verwegenheit und ließ ihn gesetzter wirken, als er war. Sein wahres Alter betrug dreiundvierzig.

    »Hören Sie genau zu!«, warnte ihn der Höchstrangige der drei. »Ich bin der SC des ISV von der VfW.«

    Boone versuchte erst gar nicht, sich zurückzuhalten. Er hatte keine Chance gegen sein Alter Ego.

    »Und ich bin TAV des UA von der DNV.«

    Die erste Regung in Jason Croz’ Gesicht kam zum Vorschein. Er war verdutzt.

    »Ich verstehe nicht«, gab der Commander zu.

    Boone klärte ihn auf.

    »Ich bin Total Angepisst, Von Unnötigen Abkürzungen, Die Niemand Versteht.«

    Wieder grinsten Croz’ Begleiter. Diesmal brachte der Commander sie mit einem scharfen Seitenblick zur Räson, bevor er sich an Boone wandte.

    »Ich bin der Sicherheitschef des Interstellaren Sicherheits-Verbands der Vereinigung freier Welten. Wir kommen von der Raumstation Varius-3 und haben Sie aufgesucht, weil wir auf Ihre Fähigkeiten angewiesen sind. Es handelt sich um einen Auftrag höchster Dringlichkeit und betrifft die interstellare Sicherheit. Das hört sich vielleicht ein wenig theatralisch an, aber Sie müssen meinen Worten Glauben schenken.«

    Boone unterließ für einen Moment das Atmen und starrte ihn mit seinen dunkelbraunen Augen an. Wilde Weltraumschlachten fuhren wie Blitze durch seinen Kopf. Diese Bilder verdrängte er gleich. So ein Unsinn!

    Doch dann: »Wollen Sie mich verschaukeln!?«, schoss es aus Boone heraus. »Ein wenig theatralisch? Sie erwarten doch nicht allen Ernstes, dass ich Ihnen diesen Schwachsinn abkaufe? Selbst wenn ich es glauben würde, wie stellen Sie sich vor, dass ich allein die Welt retten soll? `Ihr bösen, bösen Aliens, bitte verschont unseren Planeten, sonst muss ich euch alle zu Tode toasten.´ Suchen Sie sich einen anderen für Ihre Grillparty.«

    Croz’ Blick wanderte zu seinen Begleitern. Dann sah er wieder zu Boone. »Hören Sie, wir können Ihnen alles beweisen. Sie müssen nur mitkommen und sich davon überzeugen. Und dass Sie allein auf diese Mission geschickt werden, ist ein Irrglaube. Dafür ist der Auftrag viel zu umfangreich. Wir haben die besten der besten Wissenschaftler sämtlicher Planeten für unsere Aufgabe gewinnen können. Wenn Sie uns begleiten, werden Sie alle kennenlernen.«

    Boone erkannte die versteinerte Mine des glatzköpfigen Commanders. »Sie meinen das wirklich ernst, nicht wahr?«

    Langsam glaubte er an die Sache. Croz’ Verhalten war nicht gespielt. Trotz seiner harten trockenen Art war da etwas in seiner Stimme, ein Schleier der Beunruhigung, der seinen Schatten warf.

    Boone durchdrang ein mulmiges Gefühl. Er versuchte aber, sich von diesem nicht sonderlich beeindrucken zu lassen. Trotz alldem wusste er nicht, was er davon halten sollte. Jedoch war seine Neugier zu groß, um nicht Ja zu sagen. So beschloss er zur Erleichterung der drei Besucher, sich die Lage genauer anzusehen.

    Bevor sie die Baracke - Boone nannte den maroden Schuppen Werkstatt - verließen, bemerkte Croz im Umdrehen ein beachtliches Loch im Dach.

    Er fühlte sich bemüßigt, Boone auf diesen Mangel aufmerksam zu machen. »Das sollten Sie reparieren lassen.«

    Boone verzog das Gesicht und grummelte unverständlich vor sich hin. Als alle die Werkstatt verlassen hatten, schloss er ab.

    Die Reise begann direkt vor Mels Haus. Er stieg die drei Stufen der Veranda hinunter und kletterte samt Gepäck, das er zuvor eilends zusammengesucht hatte, in ein Shuttle, das ihn nur wenig später auf einer Raumstation namens Varius-3 im Orbit um die Erde absetzte.

    ∞ ∞ ∞

    Planetensystem Sol

    Raumstation Varius-3, Primus Quadrant

    Im Orbit des Planeten Erde

    12. August 2423

    Nachdem das Shuttle angedockt war, stach Boone sofort die Farbenvielfalt der Station ins Auge. Beinahe vermisste er die grauen sterilen Wände und das kalte Metall. Vermutlich, weil er das klischeehafte Aussehen erwartet hatte. Abgelenkt von den unterschiedlichsten Wandmalereien, die sich den gesamten Korridor entlang schlängelten, blieb er mitten in der Ausstiegsluke des Raumgleiters stehen, so dass niemand ein- oder aussteigen konnte.

    Ein unangenehm schroffes Räuspern machte ihm deutlich, dass er den Weg freigeben solle. Ein kurzer Blick zurück zeigte, dass der Captain des Gleiters hinter ihm stand, so knapp, dass er beim Drehen seines Kopfes mit der Nase fast die des Captains berührt hätte.

    Aufgrund der unwirschen Aufforderung des Piloten bückte er sich langsam, tastete gemächlich nach seinem Gepäck, das er neben sich abgestellt hatte und anstatt den Ausstieg endlich zu verlassen, drehte er sich zu dem Shuttleführer um.

    Leidenschaftslos fragte Boone: »Können Sie mir vielleicht sagen, wie ich zur stationären Registratur gelange?«

    Diese Information war für ihn absolut überflüssig, denn Commander Croz und einer der beiden Begleiter würden ihn an den richtigen Ort geleiten. In Boones speziellem Fall, da alles streng geheim war, ohne Registratur, was er wusste, da Croz ihn auf dem Flug hierher über den weiteren Verlauf aufgeklärt hatte.

    Ein Blinder hätte erkannt, dass der Pilot mit seiner Fassung rang. »Ich möchte keinesfalls unhöflich erscheinen …«

    »Ausgezeichnet!«, fiel Boone ihm ins Wort. »Ich wusste, Sie können mir weiterhelfen. Genau aus diesem Grund habe ich auch Sie gefragt. Sie sehen mir nach einem integren Mann aus.«

    Er schenkte ihm ein breites falsches Grinsen.

    »Tatsächlich?« Das unerwartete Kompliment hatte seine aufwallende Wut weggewischt. »Wenn das so ist … Sie müssen diesen Korridor links entlang gehen bis …«

    Croz, der alles mitangesehen hatte und seinen Spaß an dem Schauspiel fand, verlor dennoch die Geduld. »Commander Jason Croz, Sicherheitschef der ISV«, stellte er sich lauthals vor und drückte seinen Ausweis sichtbar in des Piloten erschrockenes Gesicht. »Gestatten Sie, wir haben es eilig.«

    Augenblicklich wich der Pilot wortlos und mit aufgerissenen Augen zur Seite, verschmolz mit der Wand, um Platz zu machen, und salutierte vor dem Ranghöheren.

    Croz erwiderte beim Verlassen des Raumgleiters halbherzig den Salut und schnappte Boone am Arm.

    Er beugte sich zu dem Piloten, deutete auf seinen Begleiter und flüsterte: »Ein Entlaufener.« Er ließ den Zeigefinger vor seiner Stirn kreisen.

    Dann verschwanden sie im langen Korridor. Einer der beiden Unteroffiziere nahm Boones Gepäck und brachte es in sein Quartier. Der andere folgte Croz.

    Noch Minuten später stand der Pilot wie erschlagen in der Ausstiegsluke seines Gleiters und versuchte, zu verstehen, was eben passiert war.

    Allerhand kuriose Ornamente schmückten Wände, Decken und Böden. Befremdliche Objekte zahlloser Kulturen zierten viele Areale der Station. Lichtspiegelungen in den verschiedensten Farben funkelten über den Köpfen der Besucher. Es war eine warme und herzliche Umgebung, in der man sich wohlfühle.

    Boone wusste nicht, wohin er zuerst sehen sollte. Ähnlich einem Freudenhaus. Nur ohne die üblichen Freuden.

    Commander Croz und der Unteroffizier geleiteten Mel Boone in eine Bar namens Zum schwarzen Loch, die nicht weniger beeindruckend war.

    Einer der beiden deutete auf einen abseits gelegenen, in einer Nische eingebetteten Tisch, der beträchtlich größer war, als alle anderen. Er bot Platz für etwa ein Dutzend Personen. Es sei denn, sie luden tisentianische Tamroggs ein, dann wäre nur Platz für vier.

    Boone näherte sich der buntgescheckten Tafel und bemerkte, dass die dazugehörigen Stühle fehlten.

    Der kahlköpfige Commander legte den Kopf schräg und beobachtete Boone. »Machen Sie einen Schritt nach vorne, mein Freund«, riet er dem Neuankömmling.

    Boone warf die Hände hoch, als würde ihm jeden Moment ein Stuhl um die Ohren fliegen. Die ersten Sekunden geschah gar nichts. Er trat noch einen kleinen Schritt vorwärts, so dass er mit seinen Oberschenkeln den Tischrand berührte.

    Knapp hinter ihm glitt der Boden auf, und ein gepolsterter Stuhl mit Arm- und Rückenlehne tauchte auf.

    »Wie raffiniert!«, entfuhr es Mel.

    Nach genauerer Betrachtung des in der Mitte platzierten DNS-geformten Tischbeines stellte er fest, dass sich einige Erkennungsmagnete aktivierten und gleich darauf der Stuhl bereitstand.

    »Welche Überraschungen erwarten mich denn noch, Commander?«, fragte Boone erheitert.

    Croz’ schüttelte den Kopf und seufzte: »Sie werden sich noch wundern, Mann! Wenn Sie damit schon überfordert sind«, er deutete auf den Stuhl, »dann möchte ich nicht wissen, wie Sie in Ihrem neuen Job reagieren werden, wenn Sie in gefährliche Situationen geraten.«

    Boone glaubte, sich verhört zu haben. Auf Bitten und Betteln hatte er sich dazu überreden lassen, der Station einen Besuch abzustatten.

    Und wozu? Um beleidigt zu werden?

    »Wenn Sie so ein Bild von mir haben«, er verschränkte beleidigt die Arme, »dann verstehe ich eines nicht: Warum haben Sie mich für den Job ausgewählt?«

    Er lehnte sich in den Stuhl, legte die Füße auf den Tisch und wartete gespannt auf eine Antwort.

    »Nun ja. Wissen Sie, auch wenn ich es nur ungern zugebe, aber Sie sind nun mal der verdammt beste Techniker und Pilot, den wir finden konnten«, gestand er gedämpft und ließ dabei den Kopf sinken.

    Es war eine Genugtuung, das von dem Frechling zu hören. Mit bleckenden Zähnen erwiderte er:

    »Mir das zu sagen, ist Ihnen bestimmt schwergefallen.«

    Der Commander lehnte unförmlich am Tresen, um die Scham, die er verspürte, mit seiner gespielten Gelassenheit zu überspielen. Er verzog seinen rechten Mundwinkel, tastete nach links, griff zu seinem Glas und nahm einen kräftigen Schluck.

    »Was ist eigentlich mit den anderen Freiwilligen? Haben die es sich anders überlegt?«

    Boone kam sich auf diesem riesigen Tisch verloren vor. Er rutschte ungeduldig hin und her. Außerdem kam Geduld in seinem Vokabular nur selten vor.

    »Keine Sorge!«, winkte Croz ab. »Sie sind schon auf dem Weg hier her.« Er deutete in alle Richtungen und schüttete dabei fast sein Getränk aus. »Sie, Professor, hatten schließlich den kürzesten Weg.«

    »Einstweilen wir hier warten«, fiel Boone ein, »könnten Sie mir doch einige Einzelheiten verraten.«

    Das ereignislose Herumsitzen steigerte seine Neugier zusehends.

    Croz wurde dazu beauftragt, Mel Boone davon zu überzeugen, mit auf die Station zu kommen und darauf zu achten, dass dem Besucher nichts zustößt. Von Konversation war niemals die Rede. Dementsprechend genervt rollte er mit den Augen und trank einen Schluck aus seinem Glas. Er war er der Sicherheitschef der ISV und kein Animateur.

    »Nur mit der Ruhe, Professor. Alles zu seiner Zeit. Außerdem bin nicht ich derjenige, der Ihnen alle weiteren Einzelheiten verrät.«

    Boone übte sich in Geduld. Zumindest hatte er es vor. Er versuchte es. Wahrlich. Doch sein nicht zu bremsendes Gemüt gewann die Überhand und zwang ihn dazu, sich auf der Station umzusehen. Er wartete einen Moment der Unachtsamkeit des Sicherheitschefs ab, nutzte die Chance und verschwand blitzschnell wie ein Fuchs im Gebüsch.

    Boone durchstreifte bei seiner Erkundungstour eine Menge Etagen, Korridore, Veranstaltungsräume, frei zugängliche Laboratorien, Aufenthaltspassagen, Restaurants mit den erlesensten kulinarischen Leckereien und vielen weiteren Augenschmäusen. Er war verblüfft, was man aus einer für gewöhnlich tristen Raumstation machen konnte.

    Abgelenkt von malerischen Kunstwerken, stieß er mit einer jungen Terranerin zusammen.

    »Tut mir leid, Miss …?« Miss Wow!

    »Quinn, Abigail Quinn«, antwortete sie mit lieblicher Stimme. »Nichts passiert. Ich weiß, wie ablenkend diese Malereien sein können. Mir ging es bei meinem ersten Besuch auf dieser Station nicht anders.«

    Allem Anschein nach gibt es hier doch die zur Station gehörigen Freuden.

    »Eine äußerst ungewöhnliche Station«, gab er zurück, ohne den Blick von ihren haselnussbraunen Augen abwenden zu können. »Mein Name ist Mel Boone. Wenn es nicht allzu aufdringlich klingt, würde ich Sie bitten, mir mehr zu zeigen. Von der Station!«, ergänzte er sofort. »Das vermindert vielleicht auch die Gefahr, noch mehr Leute aus der Bahn zu werfen. Vorausgesetzt, ich nehme Ihre kostbare Zeit nicht zu sehr in Anspruch, Miss Quinn.«

    Sie sah auf eine der vielen Wanduhr, der Station. »Also schön, Mel Boone«, sie zwinkerte ihm zu, »ich würde Sie sehr gerne herumführen. Noch habe ich Zeit. Aber bitte nennen Sie mich Abby.«

    Hoch erfreut darüber, dass diese junge Dame Andeutungen von Interesse an ihm zeigte…

    »Ausgezeichnet. Lassen Sie uns gehen, Abby. Ich bin Mel.«

    …erkundeten sie die Station.

    »Zwei fehlen noch, Sir«, sagte Stanson, einer der drei ISV-Männer zögerlich.

    Als hätte Croz sich die ganze Zeit über, seitdem Boone sich davongeschlichen hatte, nicht von der Stelle gerührt, stand er an der Bar mit einem Getränk in der Hand und war merklich verstimmt.

    »Unfassbar!«, stieß er krächzend aus, was ihn sofort dazu veranlasste, einen weiteren kräftigen Schluck zu nehmen. »Hatte ich ihm nicht ausdrücklich gesagt, dass er hier in der Bar warten soll? Und wo zum Teufel steckt die Terranerin? Ist sie schon auf der Station?«

    »Ja, Sir. Heute Nachmittag eingetroffen«, gab Stanson erfreut zur Antwort, da er ihm etwas Positives berichten konnte.

    Croz erhob sich von seinem Hocker und bäumte sich knapp vor ihm auf. Er zog sich die Hose hoch und die Uniformjacke straff.

    »Und wo zur Hölle steckt sie dann?«, spuckte er ihn an.

    Durch Blinzeln versuchte Stanson der feuchten Attacke zu entgehen. Croz drehte sich zum nahezu vollbesetzten Tisch, dessen Gäste nicht minder bunt waren, als der Tisch selbst, atmete tief durch, ließ seinem Gesicht kurz Zeit, die Röte verblassen zu lassen und sagte:

    »Meine Herrschaften, ich muss mich für die Unpünktlichkeit der beiden Terraner entschuldigen. Es kann sich nur noch um wenige Augenblicke handeln.«

    Mit diesen Worten versuchte er die Missstimmung der wartenden Gesellschaft zu lindern.

    Professor Rewa, ein kleiner Mann vom Planeten Sonim zappelte nervös auf seinem Stuhl herum. Man hatte den Verdacht, eine Armee von Ameisen mache ihm das Leben schwer. Er schien durch die Verzögerung deutlich aufgeregt zu sein.

    Mel Boone schlenderte mit seiner bezaubernden Begleitung zurück in die Bar Zum Schwarzen Loch. Von Eile keine Spur. Jason Croz kam fuchsteufelswild auf die beiden zu. Sein verblasstes Rot im Gesicht glich wieder einer Tube Ketchup.

    »Haben Sie völlig den Verstand verloren!?«, presste er hervor und versuchte sich verbissen in der Gewalt zu halten. »Was fällt Ihnen ein, die Bar zu verlassen und dann auch noch viel zu spät hier wieder anzutanzen? Und das auch noch in aller Seelenruhe.«

    Boone ließ seine Begleitung stehen und baute sich vor Croz auf. »Ich möchte eines klarstellen:«, stieß er wüster aus, als er vorhatte. »Das hier ist kein Gefängnis und ich lasse mich auch nicht wie ein Gefangener behandeln! Haben Sie mich verstanden?«

    Erstaunt über die Reaktion erwiderte Croz: »Hey, Mann, immer mit der Ruhe. Regen Sie sich nicht gleich so auf.«

    Erzürnt über Croz’ Verhalten, sagte Boone weiter: »Sie sind derjenige«, er deutete mit dem Finger auf ihn, »der meine Hilfe braucht, nicht umgekehrt! An Ihrer Stelle würde ich mich mäßigen, wenn Sie nicht wollen, dass ich aussteige, bevor ich überhaupt weiß, worum es geht.«

    »Sie haben Recht, Boone«, sagte Croz reumütig. Er sah ein, dass seine Reaktion übertrieben war. »Aber verstehen Sie auch unsere Lage. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit um …«

    »Entschuldigen Sie, Commander«, wurde er von einer hellen Stimme unterbrochen, »aber könnte ich unsere Gäste nun mit Ihrer Aufgabe vertraut machen?«

    Die dunkelhäutige, schwarzhaarige Lady war es, die die Mission leitete. Eine kurze Vorstellung ihrer Person verriet, dass sie Doktor Libby Samura hieß. Aus ihrem Monolog ging hervor, dass sie eine leidenschaftliche Astronomin war. Ihre strahlendweißen Zähne lenkten Boone so ab, dass er zwar Samuras Mundbewegungen folgen konnte, aber nicht den Worten, die ihn verließen.

    Sie stand am oberen Ende des langen Tisches und hatte Blickkontakt zu all ihren speziellen Gästen.

    »Diese Mission trägt die höchste Prioritätsstufe.« Sie drohte mit dem Zeigefinger, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. »Es versteht sich von selbst, dass absolute Diskretion vorausgesetzt wird.«

    Boone, der in der Zwischenzeit Platz genommen hatte, hob die Hand, rutschte nach vorne, senkte seinen Kopf und flüsterte: »Ähm, entschuldigen Sie die Unterbrechung. Wenn das hier so eine geheime Operation ist, warum dann dieses Treffen in der Öffentlichkeit? Und vor allem verstehe ich nicht, warum Sie Ihren Bericht im Beisein von Miss Quinn beginnen.« Er deutete auf seine Begleitung, die neben ihm Platz genommen hatte und ihn freundlich anlächelte. »Sie hat mit der Sache nichts zu tun.«

    Samura musterte Quinn einige Sekunden, bevor sie sich dem Terraner widmete.

    »Ganz einfach, Mr. Boone, weil sie eben doch etwas mit der Sache zu tun hat. Sie ist, wie Sie, eine der auserwählten Zehn.«

    Überrascht sah er zu seiner Nachbarin. Sie warf ihm einen verschmitzten Blick zu.

    »Warum ich diesen Ort für meine Erläuterungen gewählt habe, ist ganz einfach erklärt:«, fuhr sie mit dem zweiten Teil der Antwort fort. »Manchmal sind offensichtliche Dinge geheimer als geplante Top-Secret Aktionen. Offiziell feiern wir meinen Geburtstag.«

    Sie ließ den Blick durch das Lokal schweifen. Niemand außer den Zugehörigen schenkte ihr Aufmerksamkeit. Boone war kurz davor, sie zu fragen, wie alt sie geworden war. Aufgrund seiner guten Erziehung entschloss er sich, zu schweigen.

    Dann fuhr Samura mit ihrer Erläuterung fort.

    »Ich werde Ihnen nun in kurzen Worten erklären, welche Aufgaben und Tätigkeiten ich bei dieser Mission, die ihnen Professor Rewa ausführlich schildern wird, zu erfüllen habe.« Sie deutete auf einen kleinen zappeligen, wie von Feuerameisen befallenen Sonim. »Meine Aufgaben sind die Kommunikation zwischen der Regierung Sonims und Terras sowie der Kontakt zum Außenteam Ten4 und deren Überwachung. Ten4 ist der Name des Teams, das sich aus ihnen zusammensetzt. Sollten Probleme auftauchen, werde ich alles daransetzen, diese zu lösen. Klingt nicht sehr beeindruckend. Die Verantwortung dafür zu tragen, ist es aber umso mehr.« Sie drehte sich zu dem Sonim. »Ich übergebe das Wort nun an Professor Rewa.« Sie setzte sich.

    Man hatte das Gefühl, Boone war enttäuscht, dass Samura eine Sprechpause einlegte und er so auf die hypnotischen Auswirkungen ihrer schneeweißen Zähne verzichten musste.

    Rechts neben Samura erhob sich ein kleiner, aufgeregter, humanoider Mann, dessen Teint an schweren Sonnenbrand erinnerte. Seine rosa schimmernden Augen musterten fahrig die Gäste. Seine kurzen gelben Haare standen ihm zu Berge.

    Er verschwand umständlich kramend in seiner Umhängetasche. Nach längerem Bemühen fischte er ein altertümliches Schriftstück hervor, das er vorsichtig aus einer Schutzhülle nahm.

    »Also … wir haben … also diese bemerkenswert alte Schriftrolle«, seine Nervosität schlug sich deutlich auf die Artikulation nieder. »Wir glauben etwas Sensationelles entdeckt zu haben. Aus diesem Schriftstück geht hervor, dass sich auf vier Planeten je ein Geheimnis – wie wir vermuten, neue Energiequellen größter wissenschaftlicher Sensation – verbirgt.«

    Die Paarung Aufregung und Nervosität verkrafteten einander nur schwerlich. Seine Stimme überschlug sich.

    »Es ist nun an ihnen, diese zu finden und zu erforschen. Die Finanzierung übernehmen Terras und Sonims Universitäten.« Umständlich legte er einen detaillierten Finanzplan vor sich auf den Tisch. »Der Grund für die Kooperation sind bruchteilhafte Erwähnungen Terras in der Schriftrolle.« Dann tat er etwas, das er fast vergessen hätte – atmen. »Die Mission muss exakt innerhalb eines Sonim-Jahres abgeschlossen werden.« Rewa pausierte, holte tief Luft und wischte sich den triefenden Schweiß von der Stirn. »Laut Schriftrolle verwirken die Energiequellen ansonsten ihren Effekt. Also … ähm, also sie können jetzt Fragen stellen, die ihnen unsere Koordinatorin Doktor Samura beantworten wird.«

    Mit diesen Worten schloss er seine erstaunlich magere und nicht wie Samura zuvor meinte ausführlich Erläuterung ab, setzte sich erleichtert zurück auf den imaginären Haufen Feuerameisen und verschwand nahezu komplett unter dem Tisch.

    Stille.

    Im ersten Moment saßen die auserwählten Zehn da, wie Wachsfiguren. Einige Köpfe wanderten in Zeitlupe zu ihren zukünftigen Kollegen.

    Samura hatte mit einer derartigen Reaktion gerechnet. Sie erhob sich erneut, um anfallende Fragen zu beantworten.

    In der Sekunde brandete ihr ein Wortschwall aller Gäste entgegen, bis auf den beherrschten blauhaarigen Creen, der sich in Zurückhaltung übte.

    »Welche Mission?«

    »Wohin führt uns diese Mission?«

    »Welche Gefahren drohen uns?«

    »Wo sollen wir was finden?«

    »Welche Sicherheitsvorkehrungen wurden getroffen?«

    Sie hob beide Arme. »Aber, aber, meine Damen und Herren. Einer nach dem anderen. Ihre Fragen werden alle beantwortet werden.«

    Doch davor bat sie die zehn Kandidaten, ihr in einen menschenleeren Nebenraum zu folgen, da sich die Gruppe für ihren Geschmack mittlerweile zu auffällig und laut verhielt. Die ungewollte Aufmerksamkeit sämtlicher Gäste der Bar war ihnen gewiss.

    Beim Vorbeigehen grinste sie verlegen. »Es ist ein runder Geburtstag.«

    Sie musterte die aufgewühlte Meute auserlesener Spezialisten.

    »Am besten beginnen wir mit Ihnen, Doktor Throna«, schlug sie vor und deutete auf einen gefassten, stattlichen Mann mit beachtlicher Muskulatur.

    Beim Aufsehen erkannte man, dass seine Augen ebenso bizarr blau leuchteten wie seine langen Haare und sein Bart, der seinen Mund umspielte. Seine Haut dagegen war schwarz wie Teer und hatte eine raulederartige Struktur. Bedächtig richtete er sich zu seiner vollen Größe auf.

    Er wartete einen Moment. »Was hat es mit den geheimnisvollen Energiequellen auf sich?«, stellte er die Frage so sanft, dass sich die übrigen Gäste beruhigten und ihre Blicke zu Samura wanderten.

    Die Astronomin überlegte einen Augenblick und holte Boone, der auch von Thronas weißen Zähnen gebannt war, mit ihrer Antwort zurück in die Bar.

    Fasziniert beobachtete er sie beim Sprechen.

    »Ich kann Ihnen nicht mehr dazu sagen, als Professor Rewa es bereits getan hat. Wir wissen nicht, um welche Art von Energiequelle es sich handelt. Die Fragmente des Schriftstückes sind zwar noch nicht völlig enträtselt, aber unsere Wissenschaftler gehen fest davon aus, dass jene Teile mit genau dieser Information nicht mehr rekonstruierbar sind. Auch die Systemscans waren durch die Entfernung insuffizient. Nur eine Untersuchung vor Ort bringt Gewissheit.«

    »Also«, setzte der Terraner Mel Boone mit einem spöttischen Seitenblick auf Professor Rewa zu seiner Frage an, »wohin zum Teufel schicken Sie uns eigentlich? Ich dachte, wir müssten Terra retten. Zumindest hatte Croz diesen Eindruck bei mir erweckt.«

    »Also … es besteht durchaus die Möglichkeit … also … es kann sein, dass die Ergebnisse in weiterer Folge einen großen Nutzen für Terra als auch für Sonim haben könnten. Die Ausmaße sind uns leider nicht bekannt«, schob der Sonim Rewa die zwei Sätze ein.

    Samura fuhr fort. »Wie vorhin angeschnitten, reisen Sie zu vier Planeten, deren Koordinaten und Flugrouten bereits errechnet wurden. Ich werde ihnen die Kategorien der einzelnen Planeten näherbringen. Sollten danach noch Fragen offen sein, finden sie genauere Details in den vor ihnen liegenden Unterlagen.«

    Da bemerkte Mel Boone, dass jemand Informationsmaterial ausgeteilt hatte.

    »Ihr erster Zielort ist ein Wüstenplanet namens Aroia. Trocken und heiß. Von dort aus führt Sie ihr Kurs zum Eisplaneten Kalsar. Kalt und verschneit. Anschließend geht es Richtung Wasserplanet Seyth. Weitläufig und nass. Zuletzt steuern Sie den Tropenplaneten Mesan an. Feucht und schwül.

    Dafür haben Sie knapp 18 Monate terranischer Zeitrechnung. Das zeitliche Limit wird in einer Passage der Schriftrolle erwähnt. Dabei handelt es sich um einen Zyklus, der sich nur alle Zehntausend Jahre wiederholt. Nach Ende des Zyklus’ hat man dreißig Monate Zeit, um die Bestimmung zu erfüllen. Vermutlich wurde die Bestimmung in dem zerstörten Teil der Schriftrolle erläutert, denn es war nicht möglich herauszufinden, worum es sich dabei handelt.

    Vor nicht ganz zwölf Monaten haben die Sonim die Schriftrolle entdeckt. Daraus ergeben sich die knapp 18 Monate Restzeit. Deadline ist der 16. März 2425.« Bevor jemand etwas einwarf, fuhr Samura rasch fort. »Sie denken vermutlich, dass achtzehn Monate eine lange Zeit und völlig ausreichend sind. Ich sollte ihnen fairerweise sagen, dass gut siebzehn Monaten davon reine Flugzeit sind.«

    Die Anwesenden wechselten schnelle Blicke. Es war klar, was das bedeutete. Es handelte sich um eine eilige Geschichte.

    »Das heißt, ihnen steht lediglich ein Monat - genau gesagt - sechsundzwanzig Tage zur Verfügung, um zu finden, wonach Sie auf den vier Planeten zu suchen haben. Nach Ablauf der Frist dürften die Vorkommen für die nächsten Zehntausend Jahre unerreichbar werden.

    Gezwungenermaßen ergibt sich daraus ein enormer Zeitdruck für Sie. Das zwingt uns dazu, den Start ihrer Mission bereits auf morgen früh 07:00 festzusetzen. Sie werden gebeten, ihre persönlichen Angelegenheiten bis spätestens heute Abend 18:00 zu erledigen.« Samura sah kontrollierend auf ihre Uhr. »Das heißt, es bleiben ihnen exakt acht Stunden und siebenundzwanzig Minuten, um sich auf der Station wieder einzufinden. Ich bitte um Pünktlichkeit.« Sie sah Boone strafend an.

    Celáhr Dran, der perlmuttfarbene, hochgewachsene Gidaner, griff sich an den Kopf und schüttelte Selbigen. »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!«, schoss es brüsk aus ihm heraus. »Sie haben kaum verwertbare Information für uns und gehen tatsächlich davon aus, wir lassen alles liegen und stehen, um schon morgen eine achtzehnmonatige Reise ins Ungewisse anzutreten?«

    Die dunkelhäutige Astrophysikerin war der Auffassung, es wäre klüger, nicht auf den unbeherrschten Gidaner zu reagieren. »Ihre Aufgabe ist es, die von mir zuvor erwähnten Energien zurück zur Erde zu schaffen. Hinterher wird festgestellt, was man damit anstellen kann. Wir hoffen, neue technologische Türen aufzustoßen und damit neue Möglichkeiten zu eröffnen.«

    »Klingt interessant. Klingt sehr interessant. Meine Neugier haben Sie in der Tat geweckt«, sagte Condara Tyy, ebenfalls eine blauhaarige Creen wie ihr Partner Yadoo Throna. Bis auf die etwas weiblichere Figur war sie ihm optisch ähnlich.

    Ein Lächeln umspielte Samuras Gesicht. »Das freut mich zu hören.«

    Sie musterte jeden Einzelnen der auserwählten Zehn. Galt es weitere neun davon zu überzeugen. Sie hoffte inständig sich an dem griesgrämigen Gidaner Celáhr Dran nicht die Zähne auszubeißen.

    Ihre nächste Frage richtete sie an alle: »Kann ich mit Ihrer Kooperation rechnen?«

    Anstatt einer Antwort stellte Boone eine Gegenfrage: »Was passiert, wenn einer von uns nicht mitmachen will?« Er zog gespannt seine Brauen hoch. »Sie können nicht davon ausgehen, alle auf Ihrer Seite zu haben mit einer handvoll Informationen, die löchriger sind als ein verrostetes Sieb.«

    Rewa riss die Augen auf. Seine Atmung stockte. Der Sonim stand kurz vor einem Herzinfarkt.

    »Natürlich haben Sie Recht, Professor Boone«, stimmte Samura erstaunlich gelassen zu. Sogar den Ansatz eines herausfordernden Lächelns umspielte ihr Gesicht, »aber sehen Sie es aus unserer Warte.« Dabei warf sie dem aufgewühlten Professor Rewa einen Blick zu. »Ein Fundstück wie dieses«, sie nahm das alte Papier zur Hand, »ist eine Sensation, ein Spektakel, ein Erlebnis, von dem Sie alle ein Teil werden können«, ereiferte sie sich immer lauter. »Sie können sich nicht vorstellen, welche Reaktionen es bei diversen Wissenschaftlern gab, als ihnen dieses Pergament zufällig in die Hände fiel. Überlegen Sie!«, sagte sie visionär. »Wenn sich einige Wenige derart an etwas kaum noch Vorhandenem erfreuen und begeistern können, wie groß wird dann erst die Freude und Begeisterung bei allen sein, wenn Sie mit der Entdeckung des Jahrtausends zurückkehren?«, versuchte Samura Boone mit leuchtenden Augen schmackhaft zu machen.

    Es war keine Plattitüde, die der Doktor ihnen auftischte, dessen war sich Boone bewusst.

    Er kniff die Augen zusammen, forderte sie. »Aber steht das Risiko denn wirklich in Relation zu der Freude anderer?«

    Sie sahen einander durchdringend an. Beide hatten wichtige Argumente zu bieten. Sie waren so darauf konzentriert, dass alles andere um sie herum ausgeblendet war.

    »Die berechnete Gefahr ist minimal. Sicherheitsvorkehrungen wurden getroffen.«

    »Und wie viel Prozent spucken Ihre Berechnungen in Bezug auf ein Restrisiko und unvorhersehbare Elemente aus?«

    »Das ist nicht berechenbar, sonst würde es kaum `unvorhersehbares Element´ heißen.«

    »Genau diese unberechenbaren Prozent lassen meinen Verstand zurückschrecken.«

    Um seinem Unbehagen Nachdruck zu verleihen, schlug er einige Male mit seiner rechten Faust in seine linke Hand.

    Samura ließ sich davon nicht beeindrucken. »Und ich dachte, gerade Sie wüssten eine Herausforderung zu schätzen, die mit Unberechenbarkeit durchwachsen ist. Allein Ihr Hobby das Sie zum Beruf machten, die unberechenbaren Störfaktoren, Zwischenfälle, Auswirkungen. Nie zu wissen, ob die Veränderung den gewünschten Effekt erzielt hat, bis man es getestet hat, es ausprobiert hat, das Risiko der Unberechenbarkeit eingegangen ist.«

    Er schüttelte den Kopf. »Mit dem Unterschied, dass mein Beruf mich nicht umbringt.«

    Seine zur Faust geballte Rechte verlor allmählich an Energie und wedelte ein paar Mal kraftlos vor seinem Gesicht hin und her, bis er die Hand langsam sinken ließ.

    »Und genau das ist auch der Grund, warum ich auf dieser Mission auf keinen Fall … fehlen werde.«

    Da tauchten die restlichen Anwesenden wieder auf, lautstark applaudierend, selbst Celáhr Dran, der gehässige perlmuttfarbene lange Gidaner.

    Samura und Boone wussten nicht Recht, ob der Applaus ihr, ihm oder dem Übereinkommen galt. Der Missionsleiterin war es gelungen, alle Zehn davon zu überzeugen, die Reise anzutreten. Mit Sicherheit hatte Boone großen Anteil daran, war Samura überzeugt.

    »Wäre nur noch die Frage zu klären, warum gerade wir für diese Mission ausgesucht wurden? Mir ist schon klar, unsere Fähigkeiten … die Besten der Besten und so weiter … aber warum gerade diese fünf unterschiedlichen Spezies?«

    Boone sah sie nacheinander an und erkannte durchgehend freundliche Gesichter, wobei sich Drans langsam wieder verdunkelte.

    »Sie hätten genauso gut zehn Verschiedene wählen können.«

    »Wenn Sie die Beschaffenheit der vier Planeten und die Herkunft der Mitglieder vergleichen, werden Sie die frappierenden Parallelen erkennen und verstehen«, erklärte Samura. »Einen letzten Punkt möchte ich noch erwähnen, bevor ich sie entlasse, damit sie ihre persönlichen Angelegenheiten regeln können: Unsere Weitstreckenscans ergaben, dass die vier Planeten nicht besiedelt zu sein scheinen. Selbst Fauna sollte dort nicht existieren. Somit müssen Sie nicht mit Widerstand rechnen. Ob und inwieweit diese Informationen stimmen, sei dahingestellt. Aus Sicherheitsgründen erhalten Sie Grund- und Spezialausrüstung zur Verteidigung.« Sie sah zu Boone. »Für etwaige unvorhersehbare Elemente«, verharmloste sie witzelnd.

    Widersprüchlich. Das war Boones Gedanke. Selbst wenn der adrette Doktor die unvorhersehbaren Elemente herunterspielte, war er der Meinung, sie nicht leichtfertig zu unterschätzen.

    Er sollte Recht behalten.

    Nachdem endgültig alles geklärt schien, waren die erkorenen Zehn im Begriff, sich zu trennen, da ertönte eine verhaltene Frage. Ein kindlich wirkendes, grauhäutiges Echsenwesen vom Planeten Tos’Pa namens Carsi Wops, der eine rotschwarze Augenklappe über dem rechten Auge trug, stellte sie.

    »Dürfen wir mit einer Belohnung rechnen?«

    Sie horchten auf. Eine Frage, an der alle interessiert waren.

    »Ich kann Ihnen versichern, dass die Belohnung einer erfolgreich durchgeführten Mission ausreichend sein wird.«

    Da fiel dem Gidaner Celáhr Dran eine weitere Frage ein, die er auf seine ihm unnachahmlich blasierte Art stellte. »Was haben wir nach unserer Rückkehr zu erwarten?«

    Noch vor Samuras Antwort fuhr Bras vom Haus der Dritten, Uco’Nephty, ein Alesstri mit langen transparenten Haaren dazwischen. »Was hat das jetzt für eine Bedeutung? Wir sind noch nicht einmal gestartet.«

    Ruppig entgegnete Dran. »Ich habe das gleiche Recht zu fragen, wie alle anderen!«

    Unversehens waren die beiden in ein lautstarkes Streitgespräch verwickelt.

    Mel Boone, der den Ausgang der Bar zum zweiten Mal ansteuerte und erneut daran gehindert wurde, was seinen ohnehin dünnen Geduldsfaden zum Zerreißen brachte, drehte sich abrupt zu den Querulanten um.

    »Wenn ihr beiden nicht augenblicklich die Klappe haltet, werde ich sie euch unsanft stopfen.«

    Sie verstummten abrupt.

    »Ihnen ist bestimmt aufgefallen, dass jeweils zwei Personen eines Spezialgebietes gewählt wurden«, erklärte Samura. »Dies hat drei Gründe: zum Einen psychologische. Sie fühlen sich mit Ihresgleichen wohler. Zum Zweiten dient es der effizienteren Arbeit. Zwei Köpfe denken besser, als einer. Drittens haben wir an die Sicherheit gedacht. Falls einem der beiden etwas zustößt, kann der Zweite seine Arbeit fortsetzen.« Sie überlegte, schien aber nichts vergessen zu haben. »Ich würde vorschlagen, dass sie sich besser kennenlernen sollten, wenn sie auf die Station zurückgekehrt sind. Da sie ohnehin um 18:00 hier sein müssen, ergibt sich bestimmt eine Gelegenheit. Auf die eine oder andere Art. Besser auf die andere«, schlug Samura vor und sah Dran und den Alesstri vom Haus der Dritten, Uco‘Nephty von der Seite an, »denn schon morgen früh beginnt ihre Reise. Bis dorthin sollten sie ihre Diskrepanzen beseitigt haben.«

    An die Sicherheit, ja?, wiederholte Boone lautlos. Das wird interessant.

    ∞ ∞ ∞

    »Glauben Sie wirklich, dass diese Zehn in der Lage sind, die Aufgabe zu bewältigen?«, fragte Jason Croz skeptisch, nachdem die Ten4 die Bar verlassen hatten.

    »Es sind die besten Leute für diesen Job«, versicherte Libby Samura ihm. »Wir haben drei Monate lang nach ihnen gesucht. Wenn sie es nicht schaffen, wer sonst? Wir haben keine andere Wahl. Es bleibt keine Zeit, um weiter zu suchen. Wir können von Glück reden, dass alle zu dieser Mission bereite erklärt haben. Wir müssen ihnen Vertrauen entgegenbringen und hoffen, dass sie damit fertig werden. Ich weiß, dass die Bedingungen auf den Planeten teilweise unmenschlich sind. Aber vergessen Sie nicht«, eine bedeutende Pause verlieh ihrer Aussage Gewicht, »es sind nicht nur Menschen an der Mission beteiligt.«

    Croz starrte nachdenklich auf den Boden. »Extremsportler wären wohl besser für diesen Job geeignet. Die Bedingungen sind, wie Sie schon sagten, hart. Die Hälfte des Teams sind Sesselpupser, die in Laboratorien arbeiten und kaum Tageslicht zu sehen bekommen, geschweige denn Erfahrung mit Außenmissionen haben.«

    »Die Hälfte der Mannschaft. Die andere Hälfte ist zumindest teilweise vertraut mit ähnlichen Situationen«, entgegnete Samura zuversichtlich. Sie schien denselben Fleck am Boden zu fixieren wie Croz. »Abgesehen davon, zeigen Sie mir Extremsportler, die ein derartiges Wissen aufweisen wie unsere Kandidaten.«

    Der Sicherheitschef sah auf und suchte direkten Blickkontakt zu Samura.

    »Wem geben Sie die größte Überlebenschance?«, fragte er kaum hörbar und hatte die Daten der vier zu bereisenden Planeten vor seinem geistigen Auge.

    »Hören Sie auf, so zu reden!«, blökte sie ihn an. »Solche Fragen sollten Sie sich gar nicht stellen. Natürlich werden sie alle heil wiederkommen«, sagte Samura in einem Tonfall, der keinen Zweifel zuließ.

    2

    Planetensystem Sol

    Raumstation Varius-3

    im Orbit des Planeten Erde

    12. August 2423, terranische Zeitrechnung

    Wider Erwarten hatten es alle Zehn pünktlich zurück auf die Station geschafft.

    Sie hatten gemeinsam mit Dr. Libby Samura, SC Jason Croz und Prof. Rewa zu Abend gegessen. Die eine oder andere Frage, die den Ausflüglern, wie Boone das Team spaßhaft nannte, eingefallen war, wurde von den SCR bereitwillig beantwortet. Die Abkürzung SCR - Samura, Croz, Rewa - stammte von Boone. Damit nahm er Croz und seine `Abk-philie´ mit Erfolg aufs Korn.

    Mittlerweile war es kurz nach 21:00. Die Bar Zum schwarzen Loch machte ihrem Namen alle Ehre. Der Alkohol floss großzügig und verschwand, wie in einem schwarzen Loch. Andere standen längst am Abgrund jenes dunklen, alles verschlingenden Nichts, das nach ihnen lechzte und den einen entscheidenden Schluck abwartete, der sie dazu brachte, zu stürzen.

    Nachdem der Alkohol die Zungen einiger zukünftiger Ausflügler gelockert hatte, erfuhr man von dem einen oder anderen etwas aus deren Privatleben. Ob man wollte oder nicht.

    Yadoo Throna, bei dem Spirituosen allein in der Medizin zur Anwendung kamen, bediente keines der Klischees, die einem klassischen Biologen, Mediziner und Arzt nach wie vor anhafteten – langweilig, überheblich, spartenbezogen, rechthaberisch, kein anderes Thema außer der ärztlichen Wissenschaft. Nein, der schwarzhäutige Creen war ein aufgeschlossener, offener und überdurchschnittlich scharfsinniger Creen, der trotz seiner hünenhaften Statur ansteckende Ruhe ausstrahlte.

    Carsi Wops, der kleine grauhäutige Tospari, wankte geradewegs auf Boone zu. Er nahm ihn zur Seite und gestand ihm durch den ungewohnten Alkoholkonsum undeutlich, dass er mehr in seiner Partnerin Alilara sah, als nur eine Arbeitskollegin.

    Boone berichtigte Wops, dass seine Angebetete Akilara hieße, doch das überhörte der kleine Mann gekonnt.

    Ungebremst fuhr er mit seinem Geständnis fort, das ihm später, sofern er sich daran zu erinnern vermochte, leidtun würde. Dabei hatte der kleine Mann seinen Kopf in den Nacken geworfen, um Blickkontakt mit dem Terraner zu halten.

    Boone starrte in ein senkrecht stehendes, schielendes, blassorangerotes Auge.

    Das echsenähnliche kleine Wesen fühlte sich bislang nicht in der Lage, seine Empfindungen ihr gegenüber zu offenbaren, weil er ein routinierter Feigling war. Er beteuerte, dass dies nicht an ihm läge. Die Tospari allgemein galten traditionell als krummbucklige Hasenfüße. Zudem waren sie tollpatschig im Verschleiern von Schmachtversuchen. Das war der Grund für seine Augenklappe, die wie er nebenbei erwähnte, Alilara ausgesucht hatte. Wops erzählte ihm von dem Missgeschick, das ihm mit dem Okular seines Mikroskops passiert war.

    Boone presste seine Lippen aufeinander, um nicht zu lachen. Nachdem er den kleinen Carsi Wops in die Ecke der Bar verfrachtet hatte, um ihn auszuruhen zu lassen, setzte er sich daneben und beobachtete seine zukünftigen Kollegen eine ganze Weile. Dabei hatte er den Eindruck, dass sich im Laufe des Abends aus fünf unterschiedlichen Spezies und zehn Fremden erfreulich schnell ein Team bildete, das zweifellos gut miteinander auskommen würde. Bis auf die beiden Streithähne Celáhr Dran und Bras vom Haus der Dritten, Uco‘Nephty. Aber das wird sich schon einrenken, war er überzeugt.

    Nach etwa einer Stunde, Wops hatte in der Zeit Boones Oberarm als Kopfkissen zweckentfremdet, wachte der Tospari auf, schmatzte laut und versuchte den pelzigen Geschmack, mit Hilfe seiner Zunge vom Gaumen zu lösen.

    Boone nutzte die Gelegenheit sofort. Er rutschte von ihm weg und stand auf. Wops’ Glück waren die Armlehnen, die der Stuhl hatte, sonst wäre er der Seite von selbigem in das `schwarze Loch´ gefallen. Das zerknautschte, aber freundlich sorglose Gesicht zeigte Boone zum einen, dass die Wirkung des Alkohols keine Spur nachgelassen hatte, zum anderen, dass sich sein Kollege kaum an eines seiner Geständnisse erinnern würde.

    Augenzwinkernd verließ er den kleinen grauen Mann und flanierte an die Bar. Zum Ausgleich bestellte er ein alkoholfreies Getränk.

    An der Theke sitzend, ließ er seinen Blick abermals schweifen. Eine Terranerin stach ihm ins Auge, mit der er ein Hühnchen zu rupfen hatte. Sie saß zusammen mit der Alesstri, Lih’Ar vom Haus der Ersten, Uco’Chenty, deren transparenten Haare sämtliche Farben verschiedenfarbiger Lichtquellen aufzusaugen schienen und dem muskulösen Creen Yadoo Throna. Redselig war sie nicht.

    »Abby!« Boone hob seine Hand, um auf sich aufmerksam zu machen. »Könnte ich Sie einen Augenblick sprechen?«

    Erschöpft erhob sich die körperlich ordentlich trainierte Frau und wankte, beeinflusst vom Alkohol, in Boones Richtung. Genauer gesagt in die Richtung aller drei Boones, die sie sah. Quinn nahm neben den Dreien Platz und säuselte undeutlich:

    »Kann ich Ihnen einen … Ihnen einen …«

    Mit instabiler Statur überlegte sie und versuchte es ein zweites Mal. Boone schmunzelte verhalten und sah sich in der Bar um, ob jemand außer ihm das lustige Schauspiel seiner Kollegin beobachtete. Er war im Moment der Einzige.

    »Kann ich einem von Innen in irgendeiner Art und Schneise behilflich schwein?«

    Er reimte sich das Gelallte zu einer sinnvollen Frage zusammen und antwortete: »Doch ja, das können Sie in der Tat.«

    Während Quinn, die nicht einmal mehr mit beiden Augen gleichzeitig blinzeln konnte, auf seine Frage wartete, befiel Boone das dumpfe Gefühl, dass es ihr in dem Zustand gar nicht möglich war, ihm zu folgen oder gar eine Antwort zu formulieren.

    Er beschloss, es trotzdem zu versuchen. »Verraten Sie mir, warum Sie verschwiegen haben, dass auch Sie an dieser Mission beteiligt sind?«

    Quinn überlegte und ließ sie - ohne es zu wollen - ihren Kopf kreisen, weil der partout nicht still auf ihren Schultern sitzen bleiben wollte.

    »Sie atten nich … anach gefat.«

    Gefat, wiederholte er stumm und griente. Trotzdem gestand er sich ein, dass ihr Argument erstaunlich plausibel klang.

    Quinn erhob sich und sagte: »Ich möche mich verarschien. Es war ein … sehr … schön …«

    Sie hob den Zeigefinger und tippte ihm mehrmals auf die Brust. Der Alkohol hatte ihr die meisten Vokabeln aus dem Kopf gespült…

    »Hamich sehr bereut, Steve.«

    …oder ihnen neue Bedeutungen verliehen…

    »Mel«, korrigierte er.

    Sie überhörte das. »Vielleich sehn wir uns irnwann wieda.«

    Sie setzte sich in Bewegung, verlor das Gleichgewicht und nahm unfreiwillig wieder Platz. Der Barhocker, auf dem sie saß, drehte sich gleichmäßig im Kreis. Suboptimal für ihren Zustand. Boone stoppte die Karussellfahrt.

    Der Terraner lachte. »Abby, soll ich Sie vielleicht in Ihr Quartier bringen?«

    Die Antwort blieb aus. Müdigkeit und der Verlust der Artikulationsfähigkeit waren der Grund. Sie hing wie eine leblose Bauchrednerpuppe mit herabhängendem Kopf auf dem Hocker.

    »Alkohol ist ein schlimmer Dämon«, gackerte er.

    Was blieb ihm anderes übrig, als seine neue Partnerin – Gentleman, der er war – in ihr Quartier zu tragen.

    »Freunde!« Er hob sie auf seine Arme. »Mein weibliches

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