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Shriivan 2: Schattenkrieger
Shriivan 2: Schattenkrieger
Shriivan 2: Schattenkrieger
eBook309 Seiten3 StundenShriivan

Shriivan 2: Schattenkrieger

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Über dieses E-Book

Oraion liegt Gefangen im Kerker eines skrupellosen Kaisers, der versucht die Macht über Oraions Drachenseele zu erlangen. Um dies zu verhindern macht sich Loran auf den Weg ihn zu befreien. Gleichzeitig schickt er seine Verbündete in Sicherheit. Nur haben Tami und Rachon ganz eigene Pläne um die Macht der Menschen über ihr Volk zu schwächen.
Wird es Loran gelingen seinen Freund zu retten, und werden Tami sowie Rachon ihren Auftrag ausführen ohne dabei in die Hände der Sklavenhändler zu gelangen?
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum19. Dez. 2021
ISBN9783754382899
Shriivan 2: Schattenkrieger
Autor

Julia Storm

Julia Storm, geboren 1991, wuchs in einer kleinen Gemeinde in der Schweiz, nahe der Grenze zu Deutschland auf. Als Kind verbrachte sie viel Zeit in der Natur draussen, tollte auf den Feldern und Wiesen herum und hatte stehts einen engen Bezug zu Tieren, da ihre Eltern einen Landwirtschaftsbetrieb führen. In der Zwischenzeit arbeitet Julia selbst mit auf dem Betrieb und wird diesen in naher Zukunft übernehmen. Im Hinterkopf behält Julia die Schreiberei, die sie als zweites Standbein aufbauen will.

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    Buchvorschau

    Shriivan 2 - Julia Storm

    Inhaltsverzeichnis

    Esha

    Tami

    Norikay

    Loran

    Oraion

    Loran

    Rachon

    Loran

    Esha

    Oraion

    Norikay

    Tami

    Loran

    Oraion

    Norikay

    Rachon

    Esha

    Tami

    Oraion

    Norikay

    Esha

    5. Epoche, Ark 238

    Der von Gemälden gesäumte Gang war trotz seiner Höhe stickig. Mehr noch vermittelte er dem jungen Mädchen ein unangenehmes Gefühl. Der stetige rhythmische Klang der Rüstungen ihrer beiden Wachen sowie das unheimliche Klirren der Ketten um ihre Handgelenke verbesserten diesen Eindruck kaum.

    Verstört und unsicher hastete sie hinter den Männern her, die sie schnellen Schrittes erbarmungslos durch den prunkvollen, erhabenen Palast zerrten. Ein wundervolles Gebäude, erfüllt von Schönheit, warmen Farben und verspielten Details. Trotzdem wirkte der Palast kalt.

    Sie hatte viele Arken draußen in den Straßen der Stadt gelebt. Dabei Zeiten des Hungers durchlebt, von gestohlenen Dingen gezehrt oder sich von kleinen unvorsichtigen Vögeln, die sie manchmal erlegte, ernährt. Arkenlang war sie den Soldaten, den Männern des Königs, ausgewichen, hatte im Schatten, hinter all dem Glanz und dem Schein der Kaiserstadt, gelebt.

    Manchmal, in lauwarmen Nächten, hatte sie auf niederen Dächern gesessen während sie sich dabei erwischte, davon zu träumen, wie ein Leben am Hofe des Kaisers wohl sein mochte. Würde es besser sein? Ganz bestimmt. Das dachte sie sich zumindest. Schon bald würde sie allerdings erfahren, ob das Leben im Palast zwischen all den Edelleuten und dem Kaiser tatsächlich besser war, als das da sein auf den Straßen, welches sie bisher führte. Im Moment fühlte es sich noch nicht so an. Die Ketten scheuerten an ihren Handgelenken, dazu zündete sie einer der Soldaten schroff an, sie solle schneller laufen, der Prinz sei ein ungeduldiger Mann. Er warte nicht gerne. Mit zusammengebissenen Zähnen legte sie einen Zacken zu, rannte nun halbwegs, um den großen Schritten der Männer folgen zu können.

    Gehorsam war nicht ihre größte Stärke, trug sie doch das Seelenfragment eines wilden Tieres in sich. Doch sie war schlau genug zu wissen, wann sie ihrem Trotz nicht nachgeben sollte. Auch wenn sie diese Erkenntnis erst gerade gelernt hatte.

    Als die Männer des Kaisers durch die ärmeren Viertel der Stadt geritten kamen, konnte sie es nicht unterlassen, sich von ihrem Trotz verleiten zu lassen, der sie schlussendlich in ebenjene Situation brachte. Wenn sie sich brav, wie all die anderen Bettler, Gaukler und Diebe, in den staubigen Sandboden geworfen, dabei dem alten Kaiser die Füße geküsst, wie man es von ihr verlangt hätte, würde sie sich vielleicht nach wie vor draußen auf den Straßen herumtreiben, ohne ihre Handgelenke in klirrenden Ketten wiederzufinden.

    Doch sie musste sich wehren. Gegen die Regeln des Mannes ankämpfen, um dessen Blick auf sich zu ziehen. Durch die durchscheinenden, sanft wogenden Vorhänge seiner Sänfte beobachtete der Kaiser sie. Ihr langes struppiges, blondes Haar, das schmale, schnittige Gesicht und die dunklen wütend blitzenden Augen. Ehe sein Blick ihren Körper begutachtete, unangenehm lang auf ihren Brüsten, die sich gerade erst formten, hängenblieb, nickte er kurz einem seiner Soldaten zu.

    »Bringt dieses wilde Ding in den Palast, wascht sie, kleidet sie ein. Anschließend übergebt sie dem Prinzen. Er wird seinen Gefallen an ihr finden«, waren die Anweisungen des Kaisers gewesen, weshalb sie nun hier war.

    Gewaschen, geschrubbt, die Haare gekämmt, bis sie in einem feinen sanften Schleier um ihr Gesicht fielen. Noch nie fühlte sich ihr Haar so seidenweich an. So zart. Sanft wie der dunkelrote, halb durchsichtige Stoff, in den einige Mägde sie gekleidet hatten. Wehleidige Blicke schenkten sie ihr dabei, weshalb dem Mädchen ein ungutes Gefühl durch den Magen jagte. Nachdenklich sah sie an sich herunter, konnte ihre kleinen Brüste durch den Stoff sehen. Sogleich ärgerte sie sich über die anzüglichen Blicke der Soldaten, die sie durch das verwirrende Netz aus Gängen führten. Solche Blicke kannte sie. Unten in den Hurenvierteln gab es haufenweise Männer, deren Augen mit ebensolch gefährlichem Blitzen erfüllt waren. Schon früh lernte sie, dass sie sich von dort fernhalten sollte als junge Frau. Das tat sie auch, solange sie irgendwie sonst klarkommen konnte. Ein Schauer durchfuhr sie, während ihre Erinnerungen an jene Straße noch lebendiger wurde, auch wenn sie weit entfernt von diesem dreckigen Ort war.

    Nach einer weiteren Treppe, die sie offensichtlich in einen Turm hinaufführte, stoppten die beiden Wachen vor einem großen, schweren Holztor, das mit goldenen Gravuren verziert war. Mit einem Türklopfer, der durch den gesamten Treppengang hallte, kündeten die Männer sich an. Unsicher tapste das halbstarke Mädchen von einem Fuß auf den anderen, verschüchtert, was sie gleich erwarten würde. Warum musste sie zum Prinzen gebracht werden? Hatte der Kaiser nicht mehr Einfluss? Warum sollte der Prinz über ihr Fehlverhalten urteilen?

    Als die Tür geöffnet wurde und sie eintraten, musste sie erst einige Male blinzeln. Vom fensterlosen Korridor in den lichtdurchfluteten Raum brauchten ihre Augen einen Moment, um sich umzugewöhnen. Der Nachteil von Katzenaugen. Sie brauchten länger als die der Menschen. Die beiden Soldaten vor ihr gingen währenddessen in die Knie, grüßten so den jungen Mann, der sich von einer goldenen Liege erhob, während er sie neugierig musterte. Mägde huschten umher, füllten die Weinkaraffe auf und stellten Esswaren auf den Tisch. Der Geruch allein reichte aus, um dem Mädchen das Wasser im Mund zusammenlaufen zu lassen. Unsicher kniete sie sich schließlich ebenfalls hin. Vielleicht bekam sie so etwas von den Leckerbissen ab.

    »Mi Raniar. Ein Geschenk Eures Albas. Wir fanden dieses Mädchen in den Gassen der Stadt. Ein ziemlich eigensinniges Ding. Wild und trotzig. Das veranlasste Euren Alba, sie Euch zum Geschenk zu machen.« Der schwarzhaarige Prinz verzog seine schmalen Lippen zu einem amüsierten Lächeln.

    »Wie gütig von meinem ehrwürdigen Alba.« Er kam auf sie zu, schlich um sie herum, so dass sein Duft, süß und schwer, sie einnebelte. Gleichzeitig verdrängte er den des Essens. Vor ihr blieb er stehen, ergriff ihr Kinn, streckte ihren Kopf nach oben, so dass sie ihn ansehen musste. Dunkle, blaue Augen fixierten sie interessiert.

    »Wie heißt du, Mädchen?«

    »Esha«, antwortete sie brav, woraufhin er ihr Kinn losließ.

    »Ich danke den Herren. Ihr dürft nun wegtreten.« Die Soldaten verneigten sich abermals, bevor sie aus der Tür verschwanden. Mit einem Knall, der Esha erzittern ließ, fiel diese ins Schloss und zeigte an, dass sie nun allein mit dem Prinzen war. Der Mann, den sie doppelt so alt schätzte wie sich selbst, strich sanft an ihrem Arm herunter, nahm vorsichtig ihre lange, dünne Hand in die seine, sodass er sie galant zu den goldenen Liegen führen konnte.

    »Setz dich, meine Schönheit. Iss etwas. Du siehst hungrig aus«, stellte er fest. Ungläubig, weshalb ihr gerade ein solches Angebot unterbreitet wurde, sah sie den Prinzen an, der ihr daraufhin ermutigend zunickte. Sofort griff sie nach einer Platte, auf der ein fettes, gebratenes Hühnchen lag. Grob riss sie den Schenkel ab und begann sofort, darauf herumzukauen. Der Geruch sowie der Geschmack des Fleisches ließen sie beinahe wahnsinnig werden. Noch nie hatte sie etwas so Herrliches gekostet.

    Nach dem Hühnchen griff sie nach braun gebratenen Rippchen. Sie konnte nicht einmal genau sagen, um welches Tier es sich einst handelte, doch sie dankte insgeheim den Göttern, dass sie ihr einen solchen Genuss ermöglichten.

    Der Prinz saß währenddessen auf der Liege ihr gegenüber und studierte sie mit seinen ungewöhnlich dunklen Augen. Nicht einmal sie hatte solche dunklen Augen, schoss es durch ihren Kopf. Schwarz wie die Nacht mit einem verräterischen blauen Schimmer in ihnen. Auf seinen Lippen lag ein amüsierter Ausdruck, der sie warnte. Die Ketten, die zu ihren Handgelenken führten, lagen locker in seinen Händen. Doch allein sein Lächeln reichte, damit sich ihre feinen Haare im Nacken prickelnd aufstellten. Vorsichtig legte sie den Rest ihrer angefangenen Rippen auf einen goldenen Teller vor sich und wischte anschließend die Hände wie auch den Mund an einem dafür vorgesehenen Stofftuch ab. Zumindest glaubte sie, dieses Tuch sei dafür. Sie hatte solche Tücher bereits in edleren Gaststätten gesehen, wenn sie hin und wieder durch die Fenster hinein linste, um ihre Vorstellungen von einem reichen Leben lebendiger zu gestalten.

    »Was für eine Strafe erwartet mich? Ich war ungehorsam Eurem Alba, dem Kaiser, gegenüber.« Von ihrem Gegenüber ging etwas Gefährliches aus, das ihr erst jetzt richtig bewusst wurde. Etwas, das ihren Fluchtinstinkt weckte. Doch wie sollte sie fliehen, solange er ihre Ketten festhielt. Ansonsten wäre sie sicher schneller gewesen als er. Niemand rannte so schnell wie sie.

    »Ich weiß, dass du ungehorsam warst.« Auf diese Worte hin stand er gespielt träge von seiner Liege auf, um dann zu ihr zu kommen. Dort setzte er sich neben sie, strich sanft über ihren klar hervorstechenden Schlüsselbeinknochen, ehe seine Hand abermals unter ihrem Kinn Halt fand.

    Sie fühlte sich unter seinen Berührungen unwohl, wollte nicht, dass er ihr so nahekam und sie streichelte. Sie fürchtete sich aber auch davor, was passieren würde, wenn sie abermals ungehorsam sein würde. Sie hatte von vielen gehört, dass die Rorjek von den Menschen verachtet wurden. Das der Kaiser sie alle abschlachtete. Was wenn er herausfinden würde, dass sie eine von ihnen war? Oder wusste er es bereits?

    »Mein Mädchen. Du brauchst dich vor mir nicht zu fürchten. Solange du tust, was ich von dir verlange, brauchst du den Tod nicht zu fürchten«, versprach er ihr. Überrascht wich sie von ihm zurück, doch die Ketten hielten sie zurück. Woher wusste er, dass sie den Tod fürchtete? Oder hatte er nur gut geraten? Jeder fürchtete den Tod. Sicherlich war es nur Zufall, dass er darauf anspielte.

    »Komm her, mein Mädchen. Ich werde dich lehren, gehorsam zu sein. Wir werden es üben, bis du mir nicht mehr widersprichst. Jeden meiner Wünsche wirst du mir von den Lippen ablesen.« Daraufhin wanderte seine Hand ihre Taille entlang, zog sie enger zu sich. Sie sperrte sich, versuchte, ihn von sich wegzudrücken. Bilder fluteten ihre Gedanken. Bilder, die ihr von einer der Dirnen aus den düsteren Hurenvierteln einst eingepflanzt worden waren. Sie hatte sie vor den Männern und ihrer Gier gewarnt.

    Eshas Körper verkrampfte sich bei dem Gedanken an die Frau. Sie war eine wie sie. Eine Rorjek, die unentdeckt zwischen den Menschen lebte. Ihren Unterhalt verdiente sie sich an der Lust der Männer, was ihr einen harten traurigen Ausdruck ins Gesicht gezeichnet hatte.

    Als die Hand des Prinzen weiter über ihren Körper fuhr, an Stellen, wo sie noch nie jemand je berührt hatte, japste sie verzweifelt auf, versuchte, sich loszureißen. Doch die Ketten um ihre Handgelenke ließen sie nicht von ihm fliehen. Schließlich schien er ihres Widerstandes müde, denn er packte sie grob, warf sie auf die Liege und schob sich über sie. Sein Körper, schwer wie ein Fels, hielt sie gefangen, während er mit seinem Gesicht näherkam, ihren Hals küsste, bevor er mit der freien Hand begann, ihr Kleid herunter zu ziehen, um ihre Brüste zu massieren.

    »Lasst mich bitte. Bitte, bitte, vergebt mir. Ich werde nie mehr ungehorsam sein. Bitte. Lasst mich nur gehen«, flehte sie, als er mit seiner Hand zwischen ihren Beinen angekommen war. Er hielt inne, sah sie aus seinen dunklen Augen an, grinste jedoch nur noch breiter.

    »Ich sagte dir doch, mein Mädchen, du sollst gehorsam sein. Das will ich dir beibringen, also widersprich mir nicht.«

    5. Epoche, Ark 243

    »Mein Mädchen, hörst du mir überhaupt zu?« Seine Stimme drang durch ihre Erinnerungen, triggerte sie, weshalb sie augenblicklich nickte.

    »Natürlich, mein Herr. Es tut mir leid, der Wolf ist entwischt. Ich gab mein Bestes, nur leider war es nicht genug. Aber wie ich diesen Streuner und seine beiden Gefährten einschätze, werden sie töricht genug sein, um hier aufzukreuzen«, erwiderte Esha unterwürfig, senkte dabei ihr Haupt, um dem Prinzen den nötigen Respekt zu erweisen. Prinz Harjath kam einen Schritt auf sie zu, fuhr mit seinem Finger ihr Schlüsselbein entlang, ehe seine Hand auf ihrem Dekolleté liegen blieb. Sein Atem, warm und schwer, streifte über ihre Wange, als er sich zu ihrem Ohr vorbeugte und flüsterte: »Das hoffe ich doch.« Er machte eine kurze Pause, ehe er fortfuhr, »wirst du heute Nacht das Bett mit mir teilen, oder lieber neben dem Drachen in den Kerkern schlafen?« Sie hörte die Drohung heraus, wusste sogleich, worauf er hinaus wollte. Er würde sie bestrafen. Dafür, dass sie so leichtsinnig den Wolf hatte entkommen lassen. Doch sie ließ sich nicht mehr so leicht einschüchtern. Außerdem wusste sie, dass ihn solche kleinen Rebellionen weiter anstachelten. Es gefiel ihm, solche Spiele zu spielen, weshalb sie durch diese Gier, die er ihr entgegenbrachte, ein klein wenig Macht über ihn erlangte.

    »Ich bevorzuge die Kerker, Mi Raniar«, raunte sie ihm entgegen, weshalb ihm ein Grinsen über die Lippen zuckte.

    »Ich liebe deine Sturheit. Das weißt du ganz genau«, knurrte er mit erregter Stimme. Dann ließ er von ihr ab. »Du wirst heute Nacht in meinen Gemächern sein. Zuvor werden wir allerdings unserem neuem Freund einen kleinen Besuch abstatten. Möchtest du dabei zusehen, wie ich ihn breche? Ach, weshalb frage ich überhaupt. Klar willst du. Also komm«, entschied der Prinz kurzerhand für sie, woraufhin sie ihm durch den Palast in die eisigen, gefürchteten Kerker folgte. Der Prinz schritt zielstrebig vor ihr, nahm am Eingang eine Fackel von einem der Wachmänner entgegen, bevor er in die Dunkelheit der unterirdischen Gemäuer eintrat. Labyrinthe, die kaum jemand verstand. Doch der Prinz kannte sich blind dort unten aus. Esha folgte ihm mit einem mulmigen Gefühl. Sie hasste diese Welt unter der Oberfläche.

    »Öffnen!«, fauchte der Thronfolger, woraufhin sich sofort einer der beiden Wachen vor der Tür umdrehte, den Schlüssel in das Schloss steckte und die Tür öffnete. Knarrend stieß er sie auf, eiligst trat er zur Seite, um die beiden einzulassen. Esha folgte Prinz Harjath in den großen, runden, fensterlosen Raum. Ihre Augen fielen augenblicklich auf den jungen Drachen, der an Ketten von der Decke hing. Er blinzelte, denn seine Augen mussten sich erst an das Licht der Fackel gewöhnen. Sie konnte es absolut nachvollziehen. Ihre Augen brauchten ebenfalls einen Moment länger, um sich an verschiedene Lichtverhältnisse anzupassen.

    »Mein junger Freund«, begrüßte Harjath ihn, ging dabei im Kreis herum, wobei er die Fackeln in den Haltern entzündete, damit er genug Licht haben würde, für was auch immer er mit dem jungen Drachen vorhatte. Oraion folgte ihm mit seinen glühenden roten Augen. Esha stand nach wie vor beim Eingang, musterte dabei Oraion mit einem entzückten, zufriedenen Lächeln.

    Es war viel zu einfach gewesen, ihn zu fangen. Der betäubende Wein, von dem er viel zu viel getrunken hatte, dazu sein Verlangen, welches ihr schließlich zum Erfolg verholfen hatte. Dass ihr Plan so reibungslos ablaufen würde, hätte sie jedoch nicht erwartet. Vor allem, dass er sich auf ihr kleines erotisches Angebot anspringen würde. Sie hatte vermutet, ihn nach ihrem Aufenthalt auf dem Dach gewaltsam fesseln zu müssen. Dass er sich so freiwillig zu ihr ins Bett wagte, spielte ihr nur zu.

    Als sein Blick auf ihr zum Ruhen kam, konnte sie sich ein selbstgefälliges Grinsen nicht verkneifen. Er sagte nichts, sah sie nur an, mit einer Mischung aus Unglauben, Enttäuschung gepaart mit Verachtung, die sie tiefer traf, als sie es wollte. Knurrend schritt sie um ihn herum, so dass er ihr nicht mehr folgen konnte mit seinem Blick und stellte sich hinter ihm in die Schatten.

    Nachdem der Prinz die Fackeln entzündete, steckte er die Letzte in den dafür vorgesehenen Halter. Erst dann drehte er sich zu Oraion herum. Esha blieb hinter ihm im Dunkeln, wo sie reglos darauf wartete, was passieren würde. Sie kannte schließlich die Torturen bereits. Wie oft hatte sie bereits zugesehen? Viele ihrer Soldaten hatte der Prinz so gezähmt und für sie bereitgestellt.

    »Es tut mir außerordentlich leid, dass unser erstes Zusammentreffen unter solch unangenehmen Umständen erfolgt«, sprach Harjath mit künstlichem Bedauern in der Stimme. Oraion verzog kurz verächtlich seinen Mund, hielt allerdings seine Worte zurück. Esha hob eine Augenbraue. Er schien klüger, als sie geglaubt hatte, nicht aufbrausend, voller leerer Drohungen, wie es der Mantikor gewesen war. Ihre Gedanken gingen zum hellhäutigen Mann zurück. Hatte er wirklich geglaubt, mein Meister würde ihn ohne zu brechen frei herumlaufen lassen? Jemand so Gefährlichen wie ihn? Nachdenklich schüttelte sie den Kopf.

    »Soll ich dir verraten, wer zuletzt an deiner Stelle hier gehangen hat?«, fuhr der Prinz fort, ohne auf Oraions Erwiderung zu warten. Seine dunklen Augen ruhten glühend und listig auf seinem neusten Opfer. Esha wusste, dass der Prinz geradewegs durch seine Stirn hindurch sehen konnte, auf seine Gedanken, die durch seinen Kopf gingen. Es war also schlicht egal, ob er antworten würde oder nicht. Der Prinz würde herausfinden, was er dachte.

    »Ich glaube nicht, dass es dir egal ist, mein Freund. Er war es nämlich, der dich an mich verraten hat«, meinte der Prinz verschlagen. Oraion schnaubte auf, fixierte den Prinzen jedoch aufmerksam. Antwortete aber weiterhin nicht.

    »Richtig erraten. Der alte Xero war so freundlich um mir zu verraten, dass weit wertvollere Seelen in seinem Clan zu finden seien als seine Wenigkeit.«

    »Wie machst du das?«, fauchte Oraion wütend, fixierte den Prinzen, als wollte er ihn gleich aufspießen. Kluger Junge, schoss es ihr durch den Kopf. Die meisten haben länger gebraucht, um zu begreifen, dass er Gedanken lesen kann.

    »Ich verrate dir ein kleines Geheimnis, mein junger Freund«, meinte Harjath mit honigsüßer Stimme.

    »Nenn mich nicht Freund, wenn du mich in Ketten legst«, fauchte Oraion zurück, doch der Thronerbe blieb amüsiert.

    »Ich bin anders als die Menschen.« Ein amüsiertes Grinsen huschte kurz über die Lippen des Prinzen. »In mir schlummern Kräfte, die mich zu etwas Besonderem machen. Aber alles verrate ich dir hier nicht. Schließlich besteht darin die Stärke, den Gegner in Unwissenheit zu lassen.«

    »Ich dachte, ich wäre dein Freund?«, konterte Oraion schlagfertig, weshalb Esha bewundernd die Augenbrauen anhob. Er war nicht auf den Mund gefallen. Doch bald würde ihm diese Schlagfertigkeit nichts mehr nutzen. Harjath machte einen drohenden Schritt auf ihn zu. Umrundete ihn erneut gemütlich, bevor er hinter Esha stehen blieb. Unsicher senkte sie den Blick, wartete darauf, dass er an ihr vorbeischritt. Doch er blieb und schien ihre Gedanken zu lesen. Dann erst ging er wieder nach vorn, trat an einen großen Tisch, auf dem verschiedenste Instrumente lagen. Von Nadeln über Zangen zu schmalen haarscharfen Messern. Vorsichtig nahm er eine der Nadeln vom Tisch, holte eine der Ampullen herunter, öffnete den Deckel, um die Nadel darin zu tauchen. Diesen Ablauf tat er mit einer solchen Gemütlichkeit, dass Esha richtig hibbelig wurde. Sie wusste allerdings, dass es Absicht war, denn es verunsicherte Oraion neben ihr mehr und mehr. Sie konnte sehen, wie er seine Muskeln anspannte, sein Atem sich beschleunigte. Auch sein sonst sehr ruhiger Puls wurde schneller. Langsam machte sie einen Schritt näher an ihn heran und flüsterte ihm genüsslich ins Ohr: »Er wird dir Qualen bereiten, die du noch nie zuvor gespürt hast. Und weißt du, was das Schlimmste daran ist?« Sie hielt inne, sah ihn von der Seite her an, fuhr nach einer kurzen Pause fort, ehe er antworten konnte. »Es wird erst aufhören, wenn er es will.«

    Einen Moment verharrte Oraion, dann riss er sich an den Ketten hoch, rammte ihr seine Füße in die Taille, so dass sie nach Luft keuchend zu Boden stürzte. Überrascht rappelte sie sich auf, zog einen ihrer Knochendolche hervor und legte ihn ihm an die Kehle.

    »Na los, tu es. Töte mich. Dann ersparst du mir diese Tortur, die mich so werden lässt, wie du es bist.« Sie hätte ihm seinen Wunsch vielleicht erfüllt, wenn nicht Prinz Harjath schneller gewesen wäre.

    »Esha, leg den Dolch nieder. Das ist genau, worauf er hinaus will. Und du insgeheim doch auch«, fuhr er sie an, kälter

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