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Werde gesund: Die Ursachen von Gesundheit und Krankheit verstehen
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eBook382 Seiten4 Stunden

Werde gesund: Die Ursachen von Gesundheit und Krankheit verstehen

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Über dieses E-Book

Larry Dossey gilt als der Pionier für die Erforschung eines neuen Denkens in der modernen Medizin. Wie Ruediger Dahlke in Europa, so fordert Dossey seit Jahrzehnten in den USA eine Rückbesinnung auf das geistig-seelische Wesen des Menschen und ein Umdenken in der Behandlung von Krankheiten. Die "Medizin einer neuen Zeit" wird entweder ganzheitlich sein oder sie wird scheitern! Mit dieser Formulierung könnte man das Programm von Larry Dossey umschreiben. Dabei liegt in der Betonung des Wortes "ganzheitlich" bereits sein integrierender Ansatz. Es geht nicht um eine Frontstellung zwischen Schulmedizin und alternativen Behandlungsmethoden, sondern es geht um ein tieferes Verständnis des Wesens von Krankheit und Gesundheit. Der Schlüssel dazu liegt nicht in der Praxis des Arztes, sondern allein im Menschen selbst! Anhand von faszinierenden Fallbeispielen und bewegenden Erfahrungen aus seiner langjährigen ärztlichen Praxis belegt Dr. Dossey, über welche immense Einflussmöglichkeiten jeder Einzelne verfügt, um gesund zu werden. Ein wahrhaft grundlegendes Buch, das sich auf brillante Weise umfassend und sachkundig mit einem neuen Denken in der Heilkunst befasst und dem Einzelnen wieder die Handlungsvollmacht zurückgibt, um aus eigenem Antrieb entscheidende Schritte zu unternehmen, um endlich nachhaltig gesund zu werden!

SpracheDeutsch
HerausgeberCrotona Verlag
Erscheinungsdatum4. Mai 2020
ISBN9783861911968
Werde gesund: Die Ursachen von Gesundheit und Krankheit verstehen

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    Buchvorschau

    Werde gesund - Larry Dossey

    Larry Dossey


    Werde gesund!

    Die Ursachen von

    Gesundheit und Krankheit verstehen

    Mit einem Geleitwort

    von Dr. Veronica Carstens

    Titel der amerikanischen Originalausgabe:

    Beyond Illness

    published by arrangement with

    Shambhala Publications, Inc., Boston, MA 02116

    © 1984 Larry Dossey, M.D. All rights reserved.

    Neubearbeitung der Ausgabe Frankfurt 1986,

    mit freundlicher Genehmigung des S. Fischer Verlags

    Deutsche Ausgabe:

    1. Auflage 2020

    © Crotona Verlag GmbH

    Kammer 11

    83123 Amerang

    www.crotona.de

    Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen, fotomechanische

    Wiedergabe, Tonträger jeder Art und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

    Übersetzung aus dem Amerikanischen: Erwin Schuhmacher

    Umschlaggestaltung: Annette Wagner

    Satz: Sebastian Carl

    ISBN 978-3-86191-196-8

    INHALT

    Geleitwort

    Vorwort

    1.Das Licht der Gesundheit, der Schatten der Krankheit:

    Eine lebendige Einheit

    Gesundheit als Erfahrung

    Nicht-Gesundheit

    Die gegenseitige Durchdringung der Gegensätze

    »Ist dieser Patient w. k.?«

    Der unentbehrliche Schlüssel zum Universum:

    Das Zusammenfallen der Gegensätze

    »O ihr Krankheiten alle …«

    Ist Gesundheit ein Gegenstand?

    Leer sein – die Gesundheitsstrategie des Nicht-Tuns

    Gesundheit und Krankheit als Vollkommenheit

    Krankheit: Die notwendige Dimension

    Macht und Kontrolle als Krankheit

    Jenseits der Krankheit

    2.Der Jonas-Komplex und die Furcht vor der Gesundheit

    3.Jenseits von Schmerz und Tod: Ein unerreichbarer Traum?

    4.Von der Zeit, vom Übel und von der Gesundheit

    5.Gesundheit und Krankheit aus der Distanz gesehen

    6.Geist oder Materie – Die falsche Fragestellung

    7.Rhythmen des Lebens: Gesundheit und Krankheit, Geburt und Tod

    8.Bewusste Willensentscheidung und Gesundheit – eine neue Betrachtungsweise

    9.Die lebendige Kraft: Auf dem Weg zu einem neuen Modell des Heilens

    10.Drei Patienten

    Martha G.: Krebs

    Ted: Bronchialasthma

    Anna: Anorexia nervosa (Magersucht)

    11.Ganzheitliche Gesundheit: Eine kritische Betrachtung

    12.Der verwundete Heiler

    GELEITWORT

    Es ist immer etwas Besonderes, wenn es ein Arzt unternimmt, über Gesundheit und Krankheit nachzudenken. Vor allem in unserer Zeit des krassen Materialismus scheint dies dringend notwendig, erwartet doch heute jedermann möglichst auf Krankenschein von seinem Arzt, – eine perfekte Gesundheit ohne jede eigene Anstrengung.

    Der Autor unternimmt es in dieser Situation, einmal hinter die Kulissen der Begriffe »Krankheit« und »Gesundheit« zu leuchten. Er zeigt, dass Krankheit einen unentbehrlichen Kontrast zur Gesundheit darstellt, einen Hintergrund, vor dem Gesundheit überhaupt erst bewusst erlebbar ist. Während die moderne Schulmedizin noch vom mechanistischen Weltbild geprägt ist, hat sich die Physik längst darüber hinaus weiterentwickelt. Man hat erkannt, dass sich Gegensätze in der Natur nicht ausschließen, sondern sozusagen eine höhere Einheit zu bilden vermögen. Ein Beispiel ist das Licht, das als Welle und als Partikel gleichzeitig existiert. Diese physikalische Theorie des »Einsseins« trifft auch auf das menschliche Leben zu.

    Der Verfasser zeigt, dass auch Gesundheit eine Frage des Seins, letzten Endes ein Problem der Verwirklichung, nicht der Erwerbung ist. »Ziel dieses Buches ist es, unsere Anschauungen über Gesundheit und ihre Korrelate zu überdenken.« In diesem Konzept sind Gesundheit und Krankheit notwendige Kontrapunkte. Die Krankheit kann dabei als Lehrmeister zur Verinnerlichung dienen. Wenn der Verfasser dies alles mit Beispielen aus der Mystik und den verschiedenen Weltreligionen belegt, so weist er damit auf eine essenzielle Dimension hin, die dem modernen Menschen weitgehend abhanden gekommen ist.

    Der Verfasser zeigt, dass eine hierarchische Gliederung des Menschen in Geist, Seele und Körper existiert. Wenn er nun das Verhalten der beiden großen therapeutischen Lager in der modernen Medizin, der Schulmedizin und der sogenannten Ganzheitsmedizin, analysiert, so findet er, dass die Schulmedizin ganz auf die materielle Ebene des Körperlichen reduziert ist, die Ganzheitsmedizin aber einseitig in den geistigen Bereich projiziert. Beides wird der Wirklichkeit nicht gerecht. Nur in der Ganzheit der intakten Hierarchie kann der Mensch Gesundheit wirklich erleben und sich zu einer höheren Stufe der Gesundheit läutern, die zeitlos ist, im Geist ihren Sitz hat, aber nicht dem Geist untergeordnet wird.

    Vor dieser Situation kann der Arzt sich nur in Demut seines eigenen begrenzten Vermögens bewusst bleiben, als ein wie Chiron »verletzter Heiler«.

    Gerade weil der Autor hier so völlig neue Wege beschreitet und in neue geistige Dimensionen der Medizin führen will, in Dimensionen, die sich die moderne Physik bereits teilweise erschlossen hat, ist dieses Buch so wichtig und sollte eine weite Verbreitung finden. Unsere Zeit steht immer in der Gefahr, sich in Einzelheiten der Materie zu versenken und dabei den weiten Blick über die großen Zusammenhänge und insbesondere die auch für den modernen Menschen so essenziellen geistigen Dimensionen zu verlieren. Auf diese Gefahr macht der Autor nicht nur aufmerksam, sondern er zeigt auch gleichzeitig Wege auf, ihr zu entgehen. Das aber ist genau das, was wir heute benötigen.

    Dr. Veronica Carstens

    VORWORT

    Es gibt Gedanken, die man als Arzt sehr bald für sich zu behalten lernt. Es sind Gedanken über Vorstellungen, die der unnachsichtigen Überprüfung durch die Naturwissenschaft nicht standgehalten haben und deshalb von der Liste der respektablen Anschauungen dieses Berufsstandes nach und nach verschwunden sind. Es sind Gedanken über den Geist.

    Die bloße Erwähnung dieses Wortes löst bei Naturwissenschaftlern sofort tiefes Stirnrunzeln aus. Wo der Geist sich bemerkbar macht, wenden ihre Augen sich ab in Richtung des Messbaren und Präzisen; und sie warnen im Chor vor den Gefahren eines Flirts mit der »Mystik«. Und dennoch: So problematisch der Umgang mit dieser unklaren Vorstellung auch ist, jeder von uns Ärzten weiß insgeheim, dass dieser Begriff nie gestorben ist und nie sterben wird. Denn sonderbarerweise konnte der »Geist« gerade dadurch gedeihen, dass die medizinische Wissenschaft ihn ignoriert hat. Hartnäckig verschaffte er sich bei jedem Gespräch zwischen Arzt und Patient Geltung, wie auch in jeder Auseinandersetzung des Patienten mit seiner Krankheit. Angesichts seiner Zartheit besitzt der Geist ein geradezu unheimliches Durchsetzungsvermögen.

    Unsere Gewohnheit, geistige Belange in der Medizin zu ignorieren, ist nicht etwa darauf zurückzuführen, dass wir Mediziner im geistigen Bereich schlechter gestellt wären als andere akademische Berufe. Vielmehr schien es unnötig, sie in unser wissenschaftliches Verständnis von Gesundheit und Krankheit zu integrieren. Bei der Entschlüsselung der anatomischen und physiologischen Komplexitäten des Menschen schienen sie nirgendwo von vitaler Bedeutung. Die Neigung, den geistigen Bereich zu ignorieren, ist Zeugnis einer Arbeitsökonomie des Denkens und Handelns, die Teil des wissenschaftlichen Ideals ist.

    Doch obwohl wir Mediziner nach außen hin so gern mit der Haltung posieren, dass die medizinische Wissenschaft von geistigen Vorstellungen freigehalten werden müsse, war schon immer etwas anderes mit im Spiel. Die großen Gestalten unseres Berufsstandes haben stets mehr repräsentiert als nur die Macht von Logik und Beobachtung. Sie standen für Eigenschaften, die die medizinische Wissenschaft von anderen abgehoben haben – für Seele, Geist, Liebe und Mitgefühl. Diese Eigenschaften erscheinen weder auf den diagnostischen Krankenblättern noch in Laborbefunden, waren jedoch stets existent. Sie sind es heute ebenso wie zu den Zeiten, als die Ärzte noch ihre eigenen Salben mixten, mit dem Einspänner zu Hausbesuchen fuhren und geduldig an Krankenbetten ausharrten. Es sind zeitlose Qualitäten, die von den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft und den Fortschritten der »objektiven« Medizin kaum verdrängt wurden.

    In diesem Buch wird versucht, die zeitlose Qualität des Geistes in der Medizin zu erforschen, wobei von vornherein zugegeben wird, dass es in diesem Bereich nichts Neues gibt. Von einer Wiedereinführung des Geistes in die Medizin kann keine Rede sein. Er kann nicht auferstehen; er ist niemals gestorben, selbst wenn er in unseren Tagen halb vergessen ist. Wir erschließen keine neuen Wege, sondern folgen uralten Pfaden, die schon vor langer Zeit von ungezählten namenlosen Heilern getreten wurden.

    Dennoch – so werden meine Kollegen mir in Erinnerung rufen – wirkt es seltsam, heute von Geist und Gesundheit in einem Atemzug zu sprechen. Sind wir doch eben erst aus vielen Kriegen heimgekehrt, die in jüngster Zeit von der Molekularbiologie gewonnen wurden, siegreich in so vielen Eroberungskriegen, dass wir uns kaum aller erinnern können. Warum also die Wasser trüben durch Einführung eines Begriffs, den wir nicht einmal definieren können, durch die Vorstellung von Geist, also von etwas, was man nicht in Reagenzgläser füllen oder unter dem Mikroskop sehen kann? Warum sollen wir uns nicht weiterhin auf die Methoden der modernen Biowissenschaft konzentrieren oder uns auf streng materialistische Orientierungen verlassen? Sollen sich doch diejenigen, die so etwas benötigen, mit ihren geistigen Problemen an Priester, Pastoren, Laienprediger oder Schamanen wenden, diese Dinge jedoch nicht an der Türschwelle der medizinischen Wissenschaft abladen, wo sie nichts zu suchen haben. Schließlich gehören sie zu einer ganz anderen Kategorie als die Biomedizin, die nur verunreinigt und geschwächt würde, sollte sie vom »Geistigen« unterwandert werden. Die Medizin hat doch zu ihrer eigentlichen Stärke erst gefunden, als sie sich ihrer priesterlichen Funktionen entledigte. Ein Rückzug auf eine solche Rolle käme ihrem Ruin gleich. So sagt man.

    Diese vertrauten Argumente haben eine in sich schlüssige, zwingende Logik. Doch es ist eine falsche Logik – nicht falsch im Sinne von fehlerhaft, sondern irreführend, weil unvollständig. Ebenso wie die Geometrie des Euklid heute als nur eine von vielen möglichen in sich schlüssigen Geometrien erkannt wurde, gibt es andere »Logiken der Gesundheit« als die, die uns die moderne Biowissenschaft bietet; und einige davon haben auch Raum für den Geist.

    Im Allgemeinen wird behauptet, die medizinische Wissenschaft müsse von der Verseuchung durch den Geist gereinigt werden. Sie solle ihren eigenen ästhetischen Idealen folgen und nach ihrer eigenen Form wissenschaftlicher Wahrheit streben. Aber bedeutet das nicht eine subtile Einmischung des eigenen Geistes des Wissenschaftlers, seiner eigenen Lieblingsidee, seiner eigenen unbeschreibbaren Mischung aus Logik, Denken und Fühlen? Eine geistfreie medizinische Wissenschaft ist vielleicht ein unerreichbares Ideal, ein Widerspruch in sich selbst.

    Einer der großen Zwiespalte der modernen Medizin entsteht dadurch, dass diejenigen, die sie praktizieren, sich genötigt sehen, zwischen dem »Wissenschaftlichen« und dem »Unwissenschaftlichen« zu wählen, zwischen dem Objektiven und dem Subjektiven, dem Präzisen und dem Unwiederholbaren, dem Messbaren und dem Nichtquantifizierbaren. Diese Unterscheidungen zerren am Innenleben der Ärzte und fordern ihren stillen Tribut. Viele Ärzte entziehen sich diesen Zwängen des Entweder/ Oder und entwickeln ihre eigene Umwelt aus Denken, Fühlen und medizinischer Praxis. Viele haben sich unbewusst dafür entschieden, das Problem überhaupt zu ignorieren. Doch übt der Appell, »wissenschaftlich« zu sein, große Macht aus und erzeugt enorme Konflikte in vielen modernen Ärzten, die danach streben, in ihrem Beruf Großes zu leisten.

    Unser Grundproblem ist, dass wir einem Berufsstand angehören, der zwar ursprünglich den geistigen Belangen ein besonderes Gewicht beimaß, dessen neuere Tradition jedoch die Bedeutung oder sogar die Existenz eines spirituellen Elements ableugnet. Wie ist dieser Konflikt zu lösen? Ist doch der Arzt einerseits geprägt durch seine Ausbildung und einen tiefen Respekt vor den Traditionen der Wissenschaft, andererseits jedoch motiviert von den Einflüsterungen des Geistes, der Hinterlassenschaft der Heiler.

    Noch können wir keine Lösung präsentieren, doch zeichnet sich die Form einer möglichen Lösung ab. In gewissen Bereichen der Wissenschaft entfaltet sich gegenwärtig ein begrifflicher Pluralismus, eine Form des Erkennens, die das Abdanken der Entweder-Oder-Strukturen ankündigt, die uns heute in der Medizin so behindern. Bekanntlich haben pluralistische und komplementäre Vorstellungen bereits eine begriffliche Erneuerung der Physik bewirkt. Ihre Anerkennung dort verdanken sie nicht völlig willkürlichen Begründungen, sondern der Tatsache, dass es sich als notwendig erwies, sie zu übernehmen, um tatsächlichen physikalischen Beobachtungen gerecht werden zu können. Der heute so berühmte Welle/Partikel-Dualismus ist vielleicht das bemerkenswerteste Beispiel für das komplementäre Denken, das sich in der gesamten Naturwissenschaft ausbreitet. Welche Bedeutung das für die Medizin hat? Wahrscheinlich werden die pluralistischen Anschauungen von der Welt, die die Physiker zu Beginn unseres Jahrhunderts verblüfften, nicht auf die Physik beschränkt bleiben, in der sie ihren Ursprung nahmen, sondern auch die Heilberufe beeinflussen.¹

    Geschieht das, dann sollte man im Blick behalten, dass die pluralistische Sicht der Wirklichkeit den besten wissenschaftlichen Traditionen entstammt, wie die Erfahrungen der modernen Physik beweisen. Pluralismus darf man nicht mit pauschaler Verwässerung wissenschaftlicher Präzision gleichsetzen. Nichts zwingt uns in der Medizin, ein monolithisches Leitideal zu verteidigen, das ganz und gar geistfrei ist, nur weil wir prinzipiell annehmen, es sei die einzige wissenschaftlich legitime Anschauung vom Menschen. Führen unsere besten Selbstbeobachtungen zu komplementären Anschauungen von unserer Welt, dann müssen wir auch den Mut haben, ihnen zu folgen, so wie es Naturwissenschaftler bereits in Bereichen getan haben, die weitaus exakter sind als die medizinische Wissenschaft.

    Vielleicht ist es unnötig, genaue Definitionen von Geist, Verstand oder Bewusstsein abzuwarten, bevor wir beginnen, altüberlieferte Annahmen der medizinischen Wissenschaft zu überdenken. Wenn wir abwarten wollen, bis wir etwas über die Welt um uns her wirklich ganz wissen, dann können wir uns auf eine sehr lange Wartezeit gefasst machen. Schon Einstein hat daran erinnert, dass dieses Problem auch in der Physik nicht anders gelagert ist. Zwar wird mehr und mehr über Dinge bekannt, doch weiß man noch überhaupt nichts von der wahren Natur der großen Phänomene des Universums, etwa des Lichts, des Magnetismus, der Elektrizität oder der Schwerkraft. Heute wissen wir genug über Geist, Verstand und Bewusstsein, um nach einem umfassenden Menschenbild zu forschen. Der Spaß – ich möchte sogar sagen das Vergnügen im tiefsten Sinne des Wortes – bei dieser Aufgabe liegt darin, den besten Traditionen von Exaktheit und Präzision in der Naturwissenschaft zu folgen und zugleich auf die ewigen geistigen Elemente zu hören, die von jeher Teil der Tradition des Heilens gewesen sind. Das ist überhaupt das Vergnügen bei allen synthetischen Bemühungen – zuzusehen, wie sich das Ganze aus Teilen formt, wie Vielfalt zur Einheit verschmilzt.

    Das vorliegende Buch ist das Ergebnis meiner Versuche, einige dieser Fragen zu beantworten. Es handelt von Patienten, die ich persönlich gekannt habe², und von den größeren Fragestellungen, die sich aus ihrer Gesundheit oder Krankheit ergaben. Während ich mich dieser Menschen annahm, fühlte ich mich manchmal mehr als Lernender denn als Arzt. Ich bin ihnen für diese Lektionen dankbar.

    Trotz ihrer hervorragenden intellektuellen und technologischen Leistungen hat die Naturwissenschaft des 20. Jahrhunderts unwiderruflich an Faszination verloren. Dafür gibt es zumindest zwei bedeutsame Gründe. Erstens sind sich Wissenschaftler und Laien gleichermaßen der Grenzen und Mängel der naturwissenschaftlichen Erkenntnis bewusst geworden. Zweitens erkennen wir, dass unser immerwährender Hunger nach spirituellem Begreifen real und unleugbar ist. Er lässt sich weder durch subtile Logik zerreden noch dadurch stillen, dass wir das Universum als steril, mechanistisch und vom Zufall bestimmt ansehen.

    Roger S. Jones

    Physics as Metaphor


    1Mit diesen Implikationen habe ich mich in meinem früheren Buch Die Medizin von Raum und Zeit auseinandergesetzt.

    2Zur Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht wurden alle Namen geändert.

    1.

    DAS LICHT DER GESUNDHEIT, DER SCHATTEN DER KRANKHEIT: EINE LEBENDIGE EINHEIT


    … Durch das Leben wird nicht der Tod lebendig; durch das Sterben wird nicht das Leben getötet. Leben und Tod bedingen sich gegenseitig. Sie sind umschlossen von einem großen Zusammenhang. Ob beim Entstehen oder Vergehen, alle Dinge treffen sich letztlich im Einen.

    CHUANG-TZU

    Was halb ist, wird ganz werden.

    Was krumm ist, wird gerade werden.

    Was leer ist, wird voll werden.

    Was alt ist, wird neu werden.

    Wer wenig hat, wird bekommen.

    Wer viel hat, wird benommen.

    Also auch der Berufene:

    Er umfasst das Eine.

    TAO TE KING


    Gesundheit als Erfahrung

    »Hallo, Doktor! Rauchen Sie eine mit?«, flüsterte der alte Mann, zu atemlos, um deutlich sprechen zu können. Er saß aufrecht in seinem Rollstuhl und rang nach Luft. Seine ausgemergelte, ledrige Hand bot mir seine Lieblingsmarke ohne Filter an. Während ich dankend ablehnte, bemerkte ich, dass er einer von den Braunfingrigen war, ein Beiname, den wir Medizinalassistenten unseren Patienten mit Lungenerweiterung gaben, deren jahrzehntelanges leidenschaftliches Rauchen die Finger tiefbraun gefärbt und eingetrocknet hat.

    Buck Scranton wurde gegen Mitternacht in die Abteilung 5A eingeliefert. Bei ihm war schon seit längerem eine chronische Bronchitis diagnostiziert, die in seinem Fall zur Lungenerweiterung geführt hatte. Über diesen Patienten gab es nicht weniger als acht Bände Aufzeichnungen von seinen früheren Aufenthalten im Krankenhaus. Buck war ein echter »Stammkunde«, der bisher schon dreiundzwanzigmal in dieses Krankenhaus eingeliefert worden war, und zwar zumeist wegen desselben Problems – Lungenerweiterung. Doch gab es dazu noch eine breite Palette anderer Diagnosen in all den Jahren: Lungenentzündung, alkoholbedingte Pankreatitis, Delirium tremens, alkoholische Gastritis, blutende Magengeschwüre und ein ganzes Sortiment anderer Krankheiten. Ich sagte den Schwestern, sie sollten ihn in die Vierbett-Abteilung einliefern, die wir Assistenten »Marlboro Country« nannten, weil die dort befindlichen Patienten ihre Leiden durch ungezügelten Tabakgenuss erworben hatten.

    Dieser Mann von sechsundsiebzig Jahren war anders als die meisten Patienten, um die ich mich in jenem Jahr als noch unerfahrener Medizinalassistent kümmern musste. Obwohl er mit einer Zigarette zwischen den Lippen und nur mühsam atmend eingeliefert wurde, war er bemerkenswert lebendig und zu Scherzen aufgelegt, erstaunlich für einen Menschen in diesem Zustand. Buck rauchte am Tag vier Päckchen Zigaretten und trank außerdem schwer. Die mitgeführte zerschlissene Reisetasche war mit mehreren Kartons Zigaretten prall gefüllt. Als ich mein erstes Gespräch mit ihm führte, um seinen gegenwärtigen Zustand zu diagnostizieren, machte sein Lächeln mich für einen Augenblick unsicher. An sich hätte der ihn umgebende, alles erschlagende Nikotindunst seine Fähigkeit zu Scherzen ersticken müssen. Da er meine Verwirrung spürte, rang er sich noch einige weitere Worte ab.

    Ihm sei bewusst, dass ich müde und dass es spät sei, weshalb er auch keine besonderen Umstände machen wolle. Wenn er gespürt hätte, dass er es so lange aushalten könnte, hätte er sein Kommen gerne bis zum Morgen hinausgeschoben. Er habe schon oft derartige Anfälle gehabt und schon einer ganzen Reihe junger Assistenzärzte »beigebracht«, wie sie seine Atemnot zu behandeln hätten. Er wisse genau, was im Einzelnen geschehen müsse, um ihn in dieser Nacht über die Hürden zu bringen. Zu meinem Erstaunen begann Buck dann seine Therapie zu diktieren, und zwar mit den präzisen Fachausdrücken. Seine »Anordnungen« waren fast identisch mit denen, die ich zu seiner Betreuung aufschrieb, bevor er zu seinem Bett in »Marlboro Country« gekarrt wurde. Das galt nicht nur für die Bezeichnungen der verordneten Medikamente, sondern sogar für die genauen Dosierungen und die Häufigkeit der Einnahme.

    Aus den Krankenblättern seiner früheren Aufenthalte wusste ich, dass er gewöhnlich schnell auf die Behandlung ansprach, und auch dieses Mal machte er keine Ausnahme. Bis zum Morgen hatte sein Zustand sich merklich gebessert. Er war munter, quicklebendig und schwatzte angeregt mit den weniger vitalen Patienten. Bei meinem nächsten Rundgang, nachdem ich Lunge und Herz abgehorcht und abgeklopft und die nach und nach auf seinem Krankenblatt eingetragenen Laborbefunde studiert hatte, unterhielten wir uns. Das Gespräch mit Buck wurde für mich zum Hauptereignis des Tages. Eines wurde mir dabei ganz deutlich: Was immer ich diesem dürren, immer zu derben Späßen aufgelegten alten Mann im Laufe meiner Bemühungen um ihn zu geben hatte, er gab so viel zurück, wie er nahm.

    Im Allgemeinen behandeln Ärzte nur ungern Patienten mit Lungenemphysem. Ist doch diese Krankheit fast stets auf Zigarettenrauchen zurückzuführen und somit wie es scheint; selbst verschuldet. Das macht den Patienten dem Arzt nicht gerade lieb und teuer, vor allem, wenn der Ruf nach Behandlung am Ende eines arbeitsreichen Tages oder mitten in der Nacht erklingt. Bei Buck war das jedoch anders. Sein Fall rief mir die Frage in Erinnerung, die man oft von Patienten in Krankenhäusern hört, in denen Medizinstudenten und Jungärzte ausgebildet werden: »Doktor, tun Sie das für mich, oder tue ich das für Sie?« Bei Buck spürte ich, dass die Wechselwirkung Arzt/Patient großenteils zu meinem Nutzen war.

    Buck fand ein geradezu streitsüchtiges Vergnügen daran, seine durch kein Verantwortungsgefühl belastete Vergangenheit zu offenbaren – Bekanntschaften, die kamen und gingen, geschlossene und geschiedene Ehen, gewonnene und wieder verlorene Vermögen. Etwas wurde mir ganz klar: Für diesen Mann war das Leben ein andauerndes Bacchanal, ein nicht endender dionysischer Ausflug, der sechsundsiebzig Jahre angehalten hatte. Buck war ein wandelndes Lehrbuch der Pathologie, doch er hatte zahllose Krankheiten überlebt, an denen die meisten Menschen zugrunde gegangen wären.

    Die herausragende Eigenschaft dieses Mannes war ein auf bewusstem Erleben beruhender Hang zum Leben – mit ihm zu verschmelzen in einem fast embryonalen Sinn des Einsseins, und das mit einem Enthusiasmus, der in Anbetracht seiner Krankheit völlig unangebracht schien. Selbst wenn er keine Luft bekam, lächelte Buck; und er stellte meine Bequemlichkeit über sein Wohlbefinden, wenn ich an der Reihe war, ihn in den frühen Morgenstunden zu betreuen.

    Als die Zeit kam, ihn wieder nach Hause zu entlassen, empfand ich das Bedürfnis, ihm einige gute Ratschläge mit auf den Weg zu geben. Mit Engelszungen redete ich auf ihn ein, seine Lebensweise zu ändern. Er hörte sich geduldig meine Ermahnungen an – wie gewöhnlich lächelnd und mit einem Augenblinzeln. Dabei fühlte ich mich in der Gewalt seiner seltsamen Lebensweisheit, als seien meine Belehrungen nichts weiter als eine sinnlose Moralpredigt. Er ließ mich zu Ende reden und antwortete dann lächelnd: »Danke, Doktor.« Dann griff er nach seiner zerschlissenen Reisetasche und ging – natürlich erst, nachdem er sich eine Zigarette angesteckt hatte.

    Drei Tage später wurde ich aus einer Besprechung wegen eines Ferngesprächs zum Telefon gerufen. Die Sekretärin sagte mir, einer meiner Patienten sei am Apparat – und es sei dringend. Ich eilte zum Telefon und wurde munter begrüßt: »Hallo, Doktor! Ich bin es, Buck Scranton.«

    Verdutzt antwortete ich: »Guten Tag, Buck. Von wo aus rufen Sie an?«

    »Ich bin in Louisville. Ich musste Sie einfach anrufen, um Ihnen zu sagen, dass ich bei einem Pferderennen einen guten Tipp hatte. Ich bin wieder zu Geld gekommen. Und ich fühle mich auch prächtig. Sie haben viel für mich getan!«

    »Buck?«, fragte ich.

    »Ja, Doktor.«

    »Rauchen Sie noch?«

    »Klar!«

    »Und Sie trinken auch noch?« Ich fragte, obwohl ich die Antwort im Voraus kannte.

    »Klar!«

    »Und Sie fühlen sich gut … ich meine wirklich gut?«

    »Ich würde nicht lügen, Doktor. Sie wissen, ich würde Sie nicht belügen …«

    Das Gespräch lief weiter. Ich sah ihn deutlich vor mir, euphorisch wegen des Wettglücks, zu kurzatmig, um es lange in der Besuchermasse auszuhalten, zu sehr außer Atem, um die oberen Tribünenränge zu besteigen. Doch wusste Buck Scranton etwas, was geschulte Ärzte selten erlernen, nämlich die einfache Tatsache, dass die eigentliche Bedeutung von Gesundheit nicht in objektiven Parametern gefunden werden kann – in seinem Fall nicht in Lungentests oder Röntgenaufnahmen der Brust.

    Daher hatte ich nur noch einen einzigen Rat für ihn. »Buck?«, sagte ich. Er antwortete nicht, und ich wusste, dass er für eine Antwort zu sehr außer Atem war. »Buck, bleiben Sie bei Ihrer gesunden Lebensweise.«

    »Danke, Doktor!« Ich konnte ihn am anderen Ende der Leitung lachen hören oder in seiner Kurzatmigkeit ein Lachen versuchen. Trotz seiner schwer geschädigten Lunge sprühte dieser Mann vor Gesundheit, die sich zwar nicht durch seinen Körper äußerte, aber in seinem Geist Resonanz fand. Buck Scranton war lebendig wie nur wenige andere Leute, obwohl sein Körper schon zerfallen war. Die Eigenschaft, die ihn von anderen abhob, war die Befähigung, bis zum Kern des Erlebens durchzudringen – ob das nun darin bestand, auf das richtige Pferd zu setzen, oder zu empfinden, wie es ist, für den nächsten Atemzug von einem Atemgerät abhängig zu sein. Über objektive Gesundheitsparameter konnte er nur lachen, mit ihnen konfrontiert, nur die Fäuste schütteln.

    Ich habe nie wieder von ihm gehört und glaube nicht, dass er noch am Leben ist. Doch bin ich sicher, dass Buck dieses Leben so verlassen hat, wie er damals die Abteilung 5A des Krankenhauses betrat – mit einem Lächeln und einem Augenblinzeln, seinem ganz persönlichen Kennzeichen, seiner eigenen Bestätigung dessen, dass Gesundheit nicht nur Erleben reflektiert, sie ist Erleben.

    Gesundheit als reines Erleben

    Nur das fühlen, was man sich selbst zu fühlen erlaubt, tötet schließlich alle Befähigung zum Fühlen ab, und in den höheren emotionalen Bereichen fühlt man überhaupt nichts mehr. Genau das ist in diesem Jahrhundert geschehen. Die höheren Empfindungen sind absolut tot. Sie müssen vorgetäuscht werden.³

    Viele von uns sind gegenüber der Gesundheit empfindungslos geworden. Uns ist abhanden gekommen, was wir einst zu empfinden wussten, was wir einst mit Begeisterung empfanden, was wir schon frühzeitig als Reinheit, freudige Erregung und Erfüllung kannten. Heute sind wir dem Erleben der Gesundheit gegenüber taub und empfindungslos.

    Wohin ist es entschwunden? Wo ist das Erleben der Gesundheit, das uns verlorenging? Es verbirgt sich innerhalb unseres wahren Selbst, innerhalb des Teiles von uns, der einst fühlte. Das Erlebnis der Gesundheit verschwand in dem Maße, in dem wir unsere organische Beziehung zur Welt vergaßen. Diese Beziehung muss – wie die Gesundheit – erlebt werden. Wer nicht imstande ist, das Einssein, die Einheit unserer selbst mit der Welt zu erleben, ist auch nicht imstande, Gesundheit zu erleben, die in ihrem Kern Ausdruck unserer organischen Verbundenheit mit der Welt ist.

    Wie Lawrence es beschrieben hat, fühlen wir nur das, was wir uns zu fühlen erlauben. Wir erlauben nur einem kläglichen Abbild der Wirklichkeit, sich von Zeit zu Zeit einzuschleichen. Wir halten die Landkarte für das Gelände, um mit dem Semantiker Alfred Korzybski zu sprechen, wobei wir irrtümlicherweise annehmen, Labortests und physikalische Untersuchungen seien dasselbe wie Gesundheit.

    Wollten wir zulassen, dass mehr als nur Objekte Eingang in unser Erleben finden – wirklichen Einlass –, dann müssten wir zunächst einmal eine schmerzhafte Überprüfung dessen vornehmen, was wir überhaupt sind. Das würde eine Neubestimmung unserer Beziehungen zur Welt erfordern, den Verzicht auf die Subjekt/Objekt-Weise, in der wir uns gewöhnlich selbst definieren. Das würde ein Eintauchen in jenes »organische System des Lebens« bedeuten, aus dem wir »die

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