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Recruit - Kämpfe für dein Leben. Fantasy Roman
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eBook278 Seiten4 Stunden

Recruit - Kämpfe für dein Leben. Fantasy Roman

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Über dieses E-Book

Blut bedeutet Leben. Doch es bedeutet auch Macht.
Das muss die 17jährige Caylee erst auf die harte Tour lernen. Als Soldatin besteht ihr Lebenszweck darin, gegen die Dämonen zu kämpfen, die die Menschheit bedrohen. Bis sie sich die entscheidende Frage stellt:
Sollte sie wirklich ihr eigenes Leben in einem Kampf opfern, der sinnlos erscheint?

SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum21. Apr. 2018
ISBN9783957642295
Recruit - Kämpfe für dein Leben. Fantasy Roman

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    Buchvorschau

    Recruit - Kämpfe für dein Leben. Fantasy Roman - Serena S. Murray

    Kapitel 1

    „Du hast ein Geheimnis, junge Menschenfrau. Dein Blut ist anders, als das der Menschen, die bisher das Pech hatten, mir zu begegnen."

    „Alles nimmt Aufstellung!", brüllte der diensthabende Offizier vom Schießstand aus. Innerhalb weniger Sekunden standen alle Rekruten in einer Linie. Im Innenhof des Schlosses wehte eine kühle Brise, doch in voller Kampfausrüstung merkten die Jugendlichen davon nichts. Der Offizier, dessen Namen Caylee bereits wieder vergessen hatte, schritt vor ihnen auf und ab. Er war erst vor einer Woche gekommen und würde wahrscheinlich in zwei oder drei Monaten schon wieder verschwunden sein. Soldaten und Offiziere wurden immer an der Front gebraucht und waren selten längere Zeit im Schloss beschäftigt.

    „Die heutige Übung wird euch herausfordern und euch bis an eure Grenzen gehen lassen. Nicht mehr lang, und ihr erreicht das 18. Lebensjahr. Was auch immer ihr für Kräfte entwickelt, ihr müsst im Kampf auch ohne sie auskommen können. Das andere Team wird eine ähnliche Aufgabe bekommen. Wer gewinnt, bekommt heute einen freien Abend. Die Verlierer absolvieren eine extra Runde im Boxring."

    Niemand verzog das Gesicht, doch Caylee wusste, dass alle Rekruten innerlich aufstöhnten. Der Boxring war ein Raum im Schloss, der für den Nahkampf genutzt wurde. Dachte man bei der Bezeichnung Schloss an ein altertümliches Gebäude mit Zinnen und Wehrtürmen, entsprach Caylees Zuhause dieser Vorstellung so gar nicht. Zumindest nicht das Innere des Gemäuers, das vor etlichen Jahren restauriert und mit allerlei hochmoderner Technik ausgestattet worden war. Normalerweise hatten sie in besagtem Raum zwei Stunden Unterricht am Tag. Doch in letzter Zeit nahm dieser Teil ihrer Ausbildung eine noch größere Rolle ein und somit mehr Zeit in Anspruch. Und strapazierte Muskeln, geprellte Rippen und blutige Nasen waren die Folge. Die freien Abende waren rar und für die Rekruten kostbar.

    „Teamkapitän wird Caylee sein." Jetzt konnte sie tatsächlich auch ein leises Stöhnen der anderen vier hören. Doch der Offizier bekam davon zum Glück nichts mit.

    „Ihr bekommt einen ganz besonderen Auftrag. Sucht den verwundeten Soldaten und schafft ihn aus der Gefahrenzone."

    Caylee bekam eine Karte mit detaillierten Umgebungsdaten in die Hand gedrückt. Da sie wie die anderen Rekruten den Blick nach vorn gerichtet hielt, konnte sie noch nicht mehr erkennen.

    „Ich erwarte, dass ihr alle unverletzt am Punkt X ankommt, und zwar mit dem verwundeten Soldaten. Solltet ihr gegen die anderen fünf Rekruten der gegnerischen Gruppe verlieren, werdet ihr in den nächsten Tagen am eigenen Leib erfahren, was es heißt, wenn man sich wünscht, sterben zu wollen."

    Der Offizier sah jedem Rekruten einzelnen in die Augen, dann brüllte er: „Irgendwelche Fragen?"

    Stille beantwortete die Frage, die eigentlich keine war. Schon früh hatten sie gelernt, dass es unklug wäre, tatsächlich etwas zu fragen. Der Offizier verzog die Lippen zu etwas, das man ein halbes Lächeln nennen konnte.

    „Gut. Los geht es!" Im lockeren Laufschritt liefen die Jugendlichen ins Innere des Schlosses. Es gab einen Raum, der fast den gesamten rechten Flügel des Gebäudes einnahm. Hochmoderne Technik war darauf getrimmt worden, die Rekruten in echt wirkenden Gefechten zu testen. Leichte Verletzungen standen bei diesen Übungen auf der Tagesordnung. Doch diesmal war es für Caylee anders. Sie hatte ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Nervös umfasste sie die Karte in ihrer Hand noch fester.

    Nachdem sie im Trainingsraum angekommen waren und die Tür hinter ihnen verriegelt worden war, richteten sich vier Augenpaare auf sie. Sie waren allein und kein Soldat würde innerhalb der nächsten Stunden eingreifen. Außer natürlich, einer der Rekruten starb. Obwohl sie alle seit ihrem fünften Lebensjahr im Schloss zusammen lebten und ausgebildet wurden, waren sie weder Verbündete noch Freunde. Der allgegenwärtige Rivalitätswahn hatte jede freundschaftliche Regung schon im Keim erstickt.

    „Und Caylee, denkst du, du schaffst es, uns alle am Leben zu erhalten?", fragte einer der Jungs herablassend. Doch sie ließ sich von Cole nicht aus der Ruhe bringen.

    „Wenn du dich diesmal an die Anweisungen hältst, dann schon", entgegnete Caylee kühl. Sie musterte die anderen Rekruten und hoffte inständig, dass sich ihr ungutes Gefühl nicht bewahrheiten würde. Neben ihr war Anna das einzige andere Mädchen in ihrer Gruppe. Doch seit dem Tag, an dem herausgekommen war, dass Caylee die Tochter des Königspaares war, hatte sich Anna ihr gegenüber nur noch zurückhaltend und feindselig verhalten. Die drei Jungs hielten noch weniger mit ihrem Spott und ihrer Verachtung hinterm Berg. Ihrer Meinung nach war es unfair, dass Caylee mehr Freiheiten besaß als die anderen. Wobei sie ihnen nicht einmal einen Vorwurf daraus machte. Sie hatte nicht um eine Bevorzugung gebeten, auch wenn das nur ein größeres Zimmer und den Zutritt zur Küche bedeutete. Caylee biss die Zähne zusammen und studierte die Karte in ihrer Hand.

    „Irgendetwas stimmt hier nicht", sagte sie nachdenklich. Nun warf auch Anna einen Blick auf die verschlungenen Linien, die den Weg durch einen Dschungel zeigen sollten.

    „Sieht so aus, als ob es mehrere Fallen geben wird. Selbst einen Hinterhalt beim Verwundeten können wir nicht ausschließen."

    Nachdem das lebensechte Hologramm eines dichten Waldes entstanden war und die Luft beißend und stickig warm wurde, machten sie sich auf den Weg.

    „Hier müsste sich ein Rebellenlager befinden. Dort können wir uns mit Waffen eindecken", sagte Caylee, während sie eine kurze Rast auf einer Lichtung machten und auf die Karte schauten. Lästige Stechinsekten nutzten jeden Flecken freier Haut, um die Rekruten in den Wahnsinn zu treiben. Aber in Wirklichkeit gab es natürlich keine Stiche, obwohl es sich sehr echt anfühlte. Sie wurden seit zwölf Jahren darauf trainiert, sich durch nichts und niemand im Kampf aufhalten zu lassen.

    Caylee wischte sich den Schweiß von der Stirn und steckte die Karte wieder ein. Bisher hatten die anderen auf sie als Anführerin gehört, doch sie blieb weiterhin wachsam. Die Anspannung schärfte ihre Sinne und ließ sie beim kleinsten Geräusch aufhorchen. Sie erreichten das von schwerem Geschütz zerstörte Dorf. Überall lagen bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte Körper herum, die einmal lebendige Menschen gewesen waren. Kinderspielzeug lag verkohlt oder zertrümmert herum. Wie so oft zuvor sagte sich Caylee immer wieder, dass das alles nur eine Illusion war. Auch wenn sie den Verwesungsgeruch nicht länger ignorieren konnte, war das alles nicht echt. Noch nicht. Denn sobald alle zehn Rekruten ihren achtzehnten Geburtstag gefeiert hatten, würden sie an die Front geschickt werden. Daraus wurde nie ein Geheimnis gemacht. Sie hatten noch genau sechs Monate, um sich darauf vorzubereiten. Durch Handzeichen verständigten sie sich, während sie in den Trümmern der Häuser nach Waffen suchten.

    „Ab und zu wäre es schön, wenn man uns bewaffnet auf eine Mission schicken würde", murrte Anna nicht weit von Caylee entfernt. Wegen ihrer drahtigen Figur und der blonden Haare konnte man fast vergessen, dass Anna mit einigen wenigen Hieben selbst den stärksten Mann in die Knie zwingen konnte. Ihre Leidenschaft galt allerdings den Maschinengewehren und den kleineren Waffen, mit denen sie ebenfalls trainierten. Diesmal musste Caylee ihr recht geben. Die trügerische Stille konnte nicht verbergen, dass ein Surren in der Luft lag. Und das kam nicht von den nervigen Insekten. Nein, das kam von der Ahnung, dass ihre Mission nicht mehr lange so ruhig bleiben würde.

    Als die ersten Schüsse fielen, ließen sich die Rekruten auf den Boden fallen oder sprangen in Deckung. Caylee verteilte die Rekruten, da das gegnerische Feuer nur von einer Stelle kam. Doch je näher sie heranrückten, desto misstrauischer wurden sie. Und genau das rettete Cole davor, eine Kugel in der Schulter abzubekommen. Jetzt wurde von drei weiteren Standorten das Feuer auf sie eröffnet. Es kostete sie weitere wertvolle Zeit, alle Schützen zu eliminieren. Und auch hier waren es nur menschlich aussehende Roboter, die allerdings verdammt schnell waren und einen fiesen rechten Haken besaßen. Caylee schlug gerade dem letzten Angreifer mit einem Überbleibsel einer Hauswand den Schädel ein, als Anna rief: „Ich habe eine Truhe mit Waffen gefunden."

    „Schnappt euch alles Notwendige und dann verschwinden wir von hier", ordnete Caylee an. Normalerweise hätte einer der Jungs sie mit dem Namen Prinzessin aufgezogen, doch in einer Kampfübung rissen sie sich in der Regel zusammen. Caylee steckte sich eine Machete in den Hosenbund und nahm sich zusätzlich eine kleine Waffe heraus, deren Zweck es war, den Gegner mit einem Elektroschock unschädlich zu machen. Schusswaffen waren nie ihr Ding gewesen, auch wenn sie natürlich wusste, wie man damit umging und noch wichtiger – wie man damit sein Ziel traf.

    Sie kamen die nächsten drei Stunden ohne weitere Angriffe durch den Dschungel voran. Die hohen Laute der Vögel schienen sie schließlich fast zu verhöhnen, als sie den verletzten Soldaten fanden. Er war lebensbedrohlich am Bein verwundet, was die Rettungsmission stark erschwerte.

    „Eric, leiste du dem Soldaten Erste Hilfe. Marcus und Cole, ihr holt genug Material, um eine Trage zu bauen. Anna und ich halten währenddessen Wache. Sobald ihr wieder da seid, füllen wir unsere Wasserreserven am Fluss auf, den wir vor einigen Minuten passiert haben."

    Ohne Widerworte machte sich das Team an die Arbeit. Während Eric das Bein schiente und verband, stieß der Roboter Laute des Schmerzes aus. Zum Glück wurde er nach kurzer Zeit bewusstlos. Caylee beobachtete Eric und den Verletzten. Ohne das ungute Gefühl in ihrem Magen wäre es ihr vielleicht gar nicht aufgefallen.

    „Was ist?", fragte Eric irritiert, als sie sich neben den Verletzten kniete und sein Gesicht musterte. Schweißperlen liefen über seine Stirn nach unten. Doch am auffälligsten waren seine Augenringe.

    „Kommt dir an dem Verletzten nicht etwas seltsam vor?", fragte Caylee. Eric war der Analytischste unter ihnen. Er folgte ihrem Beispiel und musterte den Soldaten.

    „Er sieht ziemlich echt aus, fing Eric an. „Seine Haut ist bleich und fasst sich wie die einer wirklichen Person an. Der Bart lässt ihn, glaube ich, älter erscheinen. Caylee nickte. Wenn man sich den Bart wegdachte, dann konnte er gut und gerne in ihrem Alter sein. Nun betrachtete Eric sein Gesicht noch genauer. Dabei entfuhr ihm ein ziemlich derber Fluch.

    „Was zum Geier ist hier los? Das ist kein Roboter, oder? Das ist ein Mensch."

    „Roboter haben zumindest keine Augenringe." Die Technik der Menschen war hochmodern, doch Schattierungen unter der Haut waren nach wie vor nur sehr schwer und für viel Geld zu imitieren. Und das Militär hatte definitiv nicht die Mittel, einen A1-Roboter für einen Übungseinsatz zu nutzen.

    „Die Frage lautet also, warum liegt hier ein verwundeter Rekrut der anderen Gruppe?", fasste Caylee die Schlussfolgerung zusammen.

    „Ihr meint wirklich, dass das ein Rekrut der anderen Gruppe ist?, fragte nun auch Anna, die bisher den Mund gehalten hatte. Eric nickte zustimmend, bevor er erklärte: „Er trägt die gleiche Ausrüstung wie wir. Der Bart täuscht den Betrachter nur im ersten Moment. Wenn ich raten dürfte, dann würde ich sagen, dass das hier der Hinterhalt ist, den wir vermutet haben. Caylee dachte dasselbe. Ein kurzer Blick auf die Uhr an ihrem Handgelenk sagte ihr, dass Cole und Marcus schon eine Weile unterwegs waren. Sie hatten nicht mehr als eine halbe Stunde für ihren Auftrag zur Verfügung. Und die Frist lief in zehn Minuten ab.

    „Cole und Marcus müssten gleich zurück sein. Wir sichern unseren Standort. Doch der Auftrag bleibt bestehen. Wir bringen den Verwundeten zum vereinbarten Treffpunkt."

    Caylee bezog einige Meter entfernt vom verletzten Rekruten Stellung. Ihr war bewusst, dass jetzt jede Minute zählte. Die Wunde am Bein war tief und tödlich, wenn sie ihn nicht schnell zu einem Arzt brachten. Die Dynamik der ganzen Übungsmission hatte sich damit verschoben. Der Krieg war nun bitterer Ernst. Ein Knacken im Unterholz warnte Caylee vor dem Messer, das auf sie zugeflogen kam. Es erwischt sie an der Wange. Doch sie beachtete die kleine Schnittwunde nicht weiter und ging hinter einem Baum in Deckung. Etwas wurde geworfen und im nächsten Moment wurde den Rekruten die Sicht durch Rauch genommen. Schnell setzte sich Caylee ihren Mundschutz und die Spezialbrille auf. Sie war nur für wenige Sekunden ohne Sicht. Als sich das Bild in der Brille digitalisiert schärfte, war sie nicht überrascht, Cole vor sich zu sehen. Er hielt eine Glock in der Hand. Die Waffe war nicht unter denen gewesen, die sie im Lager gefunden hatten, da war Caylee sich sicher. Ihr reiner Überlebenswille brachte sie dazu, im richtigen Moment in Deckung zu gehen. Die Kugel erwischte sie dennoch an der rechten Schulter. Beißender, heißer Schmerz schoss durch ihren Körper. Doch sie wollte und konnte Cole nicht die Gelegenheit geben, einen weiteren Schuss abzufeuern. Also warf sie sich nach vorn. Als Frau lag ihr Schwerpunkt niedriger als der eines Mannes. Jahrelange Übung brachte ihren Körper dazu, einfach zu reagieren. Als sich der Rauch wieder lichtete, lag Cole am Boden. Caylee hielt die Waffe auf ihn gerichtet.

    „Bist du verletzt?", rief Eric ihr zu, nachdem er bemerkt hatte, dass der Angreifer kampfunfähig am Boden lag.

    „Nein", log Caylee. Ihre Weste verdeckte die Wunde, doch sie spürte das warme Blut, das ihren Körper hinunterlief. Cole lag mit stoischer Miene am Boden. Die rechte Hälfte seines Gesichts verfärbte sich bereits blau.

    „Was geht hier nur vor sich?", fragte Anna mehr verwirrt als beunruhigt.

    „Ich gehe davon aus, dass Cole zur anderen Gruppe übergelaufen ist. Der verletzte Rekrut hat dort ja immerhin eine freie Position hinterlassen."

    An Cole gewandt sagte Caylee: „Wo ist Marcus?" Doch wie erwartet, schwieg er.

    Die Schmerzen waren kaum noch zu verheimlichen, also wandte Caylee sich ab und gab vor, die Umgebung zu betrachten. Wenn noch ein Verräter in ihrem Team war, dann wäre es taktisch unklug, ihre Verletzung zuzugeben. Außerdem würde es dann ihr Offizier erfahren. Die Soldaten, die die Rekruten beschützten – oder bewachten, wie Caylee eher vermutete – klopften immer wieder dumme Sprüche. Unter anderem erzählten sie auch Geschichten von Rekruten, die im Training so schwer verletzt worden waren, dass im Anschluss niemand mehr etwas von ihnen gesehen hatte. Keiner der Soldaten wusste, was mit den Jugendlichen geschah, die für weitere Trainingseinheiten untauglich wurden. Und Caylee hatte keine Lust, das jetzt rauszufinden. Schon gar nicht, da sie doch so kurz vor dem Ziel stand. Mit achtzehn durften die Rekruten das Schloss endlich verlassen. Und diese Chance würde sie sich auf keinen Fall entgehen lassen.

    „Wir werden Marcus suchen gehen, dann sehen wir zu, dass wir den Verletzten zum vereinbarten Punkt bringen." Anna zuckte gelangweilt mit den Schultern, Eric nickte zustimmend.

    So machten sie sich mit der Trage und Cole als Gefangenem auf die Suche nach dem fünften Rekruten ihrer Gruppe. Es dauerte zum Glück nicht allzu lang, bis sie ihn an einen Baum gefesselt und vor Wut schäumend fanden.

    Caylee hatte unbemerkt etwas auf die Wunde gestopft, damit die Blutung aufhörte. Während des Rückwegs fühlte sie sich wie hinter einer Wand aus leichtem Nebel. Ihr wurde kalt, dann mal wieder heiß.

    Als die Mission beendet war, verschwanden die Bilder des Dschungels um die herum.

    „Gab es irgendwelche Probleme?", fragte der Offizier Caylee mit forscher Stimme. Sie erzählte ihm vom Hinterhalt und ihrer Entdeckung, dass der Verletzte kein Roboter war, doch er ließ sich nicht anmerken, was er darüber dachte. Bei der Erwähnung der Schusswaffe, mit der Cole sie hatte töten wollen, verzog er allerdings den Mund zu einem schmalen Schlitz. Er war sichtlich wütend, doch auch hier behielt er seine Gedanken für sich.

    „Gibt es Verletzungen unter den Rekruten? Der Offizier sah Caylee direkt in die Augen und erst da fiel ihr ein, dass er von der Schusswunde wissen musste. So ein Mist! Im Stillen schalt sie sich eine Närrin. Das Programm, das für den Dschungel und die nervigen Insekten verantwortlich war, überprüfte natürlich auch die Vitalfunktionen der Rekruten. Was sollte sie nun also tun? Kurz entschlossen antwortete sie: „Keine nennenswerten, Sir. Sie spielte mit dem Feuer und das wusste Caylee auch. Der Offizier sah sie einige Sekunden lang schweigend an. Dann nickte er und die Jugendlichen waren entlassen. Caylee war sich sicher, dass es für Cole keine Konsequenz gab. Sie befanden sich im Krieg und wenn die Rekruten untereinander solche Spielchen spielten, dann mussten sie eben auch mit dem Ergebnis leben. Sie waren auf sich gestellt und jeder kämpfte für sich selbst.

    Da sie nicht zum Training in den Boxring geschickt wurden, vermutete sie, dass ihre Gruppe gewonnen hatte. Doch letztendlich war das schwer zu sagen. Keiner aus ihrer Gruppe hatte bis jetzt die andere Gruppe gesehen. Der Verletzte war der erste fremde Rekrut, den sie zu Gesicht bekommen hatten.

    Anna, Marcus und Eric gingen alle in Richtung ihrer Zimmer. Sie bewohnten jeweils zehn Quadratmeter, Caylee hatte einen Raum mit zwanzig Quadratmetern zugeteilt bekommen. Doch obwohl die Schmerzen mittlerweile kaum noch auszuhalten waren, schlug sie den Weg zur Kantine an. So wurde der ehemalige Ballsaal des Schlosses genannt, weil hier die Rekruten, die Soldaten und ihre Vorgesetzten mit Nahrung versorgt wurden. An den Tagen, an denen Caylees Freundin Gnah keinen Dienst hatte, konnte man das Essen wirklich nur als Nahrung bezeichnen. Es war geschmacklos und sah meistens wie eine nicht zu definierende Masse aus. Doch wenn Gnah den Kochlöffel schwang, verputzte man auch noch den letzten Krümel, selbst wenn er auf den Boden gefallen war.

    Caylee schleppte sich durch den riesigen Raum bis nach hinten zur Küche. Die Tür hörte sich unnatürlich laut in ihren Ohren an, als sie öffnete. Caylee hatte das Gefühl, dass der Boden mit einem Mal nicht mehr fest, sondern wabbelig war.

    „Caylee?", hörte sie schon die fragende Stimme ihrer Freundin. Stöhnend ließ sie sich auf einen Hocker fallen. Und dann kam Gnah auch schon angestapft. Als Trollin besaß sie die typisch knollige Nase, die strohigen Haare und die ledrige Haut. Doch sie war laut eigener Aussage auch noch besonders breit, worauf Gnah wirklich stolz war. Und es stimmte, sie war dreifach so breit wie Caylee. Doch am wichtigsten war, dass sie das gütigste Lebewesen war, das Caylee kannte. Seit sie als kleines Mädchen ins Schloss gebracht worden war, wachte Gnah über sie. Und im Laufe der Jahre war eine besondere Freundschaft gewachsen, von der allerdings niemand wusste.

    „Sind wir allein?", fragte Caylee mit zusammengebissenen Zähnen. Die Trollin nickte und ihre talergroßen Augen schauten das Menschenmädchen vor sich besorgt an.

    „Ja. Keiner da. Warum? Warum riecht Gnah Blut?" Mit zitternden Fingern öffnete Caylee ihr Oberteil und entfernte dann die Schussweste, die sie darunter trug. Die Kugel hatte genau die Stelle getroffen, an der die Weste endete.

    „Cole hat mich in einer Übung angeschossen." Gnah hatte schon leichtere Verletzungen behandelt, die Caylee sich im Training zugezogen hatte. Obwohl sie unter Menschen aufgewachsen war, besaß sie ein Buch ihrer Mutter, in dem viele Heiltränke und alte Magien standen, die der Heilung dienten. Die Tränke konnte sie zubereiten, die magischen Heilmittel blieben ihr allerdings verwehrt. Alle Trolle, die bei den Menschen lebten oder gegen ihre Gesetze verstießen, bekamen eine Fußfessel um, die sie daran hinderte, ihre Magie zu nutzen. Der besorgte Blick, den Gnah auf die Wunde warf, gefiel Caylee ganz und gar nicht.

    „Glatter Durchschuss. Böse Entzündung. Riecht süßlich. Tippe auf Gift." Ein Schauer erfasste Caylees Körper und hätte Gnah sie nicht aufgefangen, wäre sie zu Boden gestürzt.

    „Dieser Schweinehund hat nicht nur versucht, mich zu erschießen? Er geht auch noch auf Nummer sicher und vergiftet mich? Die Trollin nickte, sagte aber nichts weiter. Stattdessen drehte sie sich weg, um in einer Truhe mit Lebensmitteln zu wühlen. Sie holte einige Blätter Kohl heraus, zog eine Raspel aus der Tasche und benutzte diese, um ihre Nägel damit in Pulverform auf den Blättern zu verstreuen. Caylee verschwamm immer wieder die Sicht. Sie schreckte auf, als Gnah ihr die Blätter auf die Wunde drückte. Sie wollte lieber nicht daran denken, dass sich nun auch geraspelte Fingernägel einer Trollin in ihrer Wunde befanden. Zuerst wurde das Brennen stärker, dann wurde es besser und der Schmerz wurde immer dumpfer. Als Gnah ihren überraschten Gesichtsausdruck sah, sagte sie: „Wirkung hält nur zwei oder drei Stunden an. Müssen das Gift aus deinem Körper holen.

    „Kannst du das denn?"

    Gnah schüttelte bedauernd den Kopf. Pure Verzweiflung erfasste Caylee. Sie hatte so viele Jahre getrennt von ihrer Familie überlebt, um zu etwas ausgebildet zu werden, das ihrem Land im Krieg gegen die Nachbarstaaten und die Dämonen helfen sollte. Und nun würde sie an einer Vergiftung sterben. Und das Schlimmste war: hier im Schloss und nicht draußen im Kampf.

    „Soll Gnah Offizier verständigen? Vielleicht kann er helfen?"

    Caylee schüttelte den Kopf. Er hätte ihr bereits geholfen, wenn er gewollt oder dazu in der Lage gewesen wäre. Sie wusste nicht, ob der Computer die Vergiftung ebenfalls registriert hatte. Wenn ja, dann wartete er nur darauf, dass sie ihren letzten Atemzug tat. Sie traute ihm nicht und war nicht bereit, ihre letzten Stunden auf Erden in seine Hände zu

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