Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Der Rote Korund: Auf den Spuren von Jean de Paris durch das Europa der Renaissance
Der Rote Korund: Auf den Spuren von Jean de Paris durch das Europa der Renaissance
Der Rote Korund: Auf den Spuren von Jean de Paris durch das Europa der Renaissance
eBook152 Seiten1 Stunde

Der Rote Korund: Auf den Spuren von Jean de Paris durch das Europa der Renaissance

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Bisher vermochte noch niemand das Rätsel über die Herkunft, die Laufbahn und das plötzliche Verschwinden des bedeutendsten französischen Hofmalers der Renaissance überzeugend zu lösen. Doch das Fehlen von Belegen kann durch die Möglichkeiten von Intuition und Vorstellung übertrumpft werden.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum22. Sept. 2015
ISBN9783837217063
Der Rote Korund: Auf den Spuren von Jean de Paris durch das Europa der Renaissance
Autor

Aloysia Romaine Berens

Die Luxemburgerin Aloysia Romaine Berens, Dr. phil., hat ihr Studium der Kunstgeschichte und Romanistik erst nach langjähriger Berufserfahrung als diplomierte Lehrerin begonnen und 2006 an der Universität Bern mit einem Doktorat abgeschlossen. Bis heute forscht sie über das Mittelalter und die Renaissance. Ihre kunsthistorischen Veröffentlichungen sind im Internet unter www.perreal-research.net aufgelistet. Dies ist ihr erster Roman.

Ähnlich wie Der Rote Korund

Ähnliche E-Books

Historienromane für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Der Rote Korund

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Der Rote Korund - Aloysia Romaine Berens

    Abbildungsverzeichnis

    Prolog

    Die Geschichte vom roten Korund spielt sich zwischen 1470 und 1553 vor den wechselnden Kulissen Frankreichs, Englands, Spaniens, Deutschlands, Italiens, der Niederlande sowie der Türkei ab, und bietet somit einen von der Iberischen Halbinsel bis zum Bosporus reichenden Querschnitt durch das Europa der Renaissance und Reformationszeit.

    Die Spur, der wir folgen, ist die von Jean de Paris (alias Jean Perreal, Eigentümer des imaginierten Korunds), einem rätselhaften Mann, der als Künstler, Dichter und Diplomat in königlichem Dienst stand, also historisch nachweisbar ist. Entstammte er wirklich einem illustren Herrschergeschlecht, wie in einer anonymen Novelle von um 1500, betitelt Jehan de Paris, Roi de France, suggeriert wird, ein Gedanke, den wir hier aufgreifen und ausbauen? Obwohl das kreative Schaffen des Künstlers damals nördlich der Alpen noch als eine untertänige, dem Handwerk vielfach gleichgestellte Tätigkeit galt, fehlt es nicht an konkreten Hinweisen in diese Richtung. Sie reichen jedoch nicht aus, um zu einem wissenschaftlich anerkannten Ergebnis zu gelangen. Es dreht sich hier also darum, die Herkunft unseres Protagonisten und sein Schicksal neu zu definieren und in der Form eines Romans vor Augen zu führen

    Intuition und Imagination müssen dabei die Lücken zwischen den Marksteinen gesicherter Dokumentation auffüllen. Einige von vor 1500 und aus den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts stammende Illustrationen – Porträts, Gemälde, Miniaturen, etc. – ermöglichen der Autorin, welche als promovierte Kunsthistorikerin jene Epoche besonders gut studiert hat, sich im Dunkel vergangener Zeiten dort weiter zu tasten, wo die Historiker ihrer Disziplin zufolge haltmachen.

    Die Rahmengestaltung und die vorgeführten Personen – darunter die bedeutendsten ihrer Zeit* – sind real: Allgemein Erforschtes wird imaginär miteinander verknüpft, so dass alles sich in Wirklichkeit so zugetragen haben könnte wie hier erzählt, ohne dass historisch Erwiesenes wesentlich verfälscht würde. Wem nun daran gelegen ist, die Grenzen zwischen Fiktion und Realität klarer zu erkennen, möge jene Veröffentlichungen zur Hand nehmen, welche die Autorin zwischen 2003 und 2013 herausbrachte, und in denen sie sich der Aufgabe widmet, die Wahrheit über Jean de Paris herauszufinden.**

    * Im Anhang befinden sich Kurzangaben über einige der im Roman auftretenden Persönlichkeiten und Ereignisse.

    ** Die Studien der Verfasserin über die angegebene Epoche werden auf Internet aufgelistet unter: www.perreal-research.net.

    I. Hoffnungsvolle Aussichten

    Bar-le-Duc, an einem Vormittag im März 1470

    In dem mit Dielenboden und bemalter Balkendecke ausgestatteten Zimmer herrscht Stille, nur im Kamin knistert munter ein Feuer. Farbenprächtige Wandteppiche mit einem  Jagdmotiv bedecken die kahlen Sandsteinwände und schaffen eine gemütliche Atmosphäre. An einem Schreibpult vor dem halbgeöffneten Butzenglasfenster, den Rücken dem Kamin zugewandt, sitzt eine Frau mittleren Alters und blickt sinnend hinaus auf die hügelige, bewaldete Landschaft, die sich talwärts erstreckt. Außer einem schwebenden Greifvogel – vielleicht einem Adler –, der sich in der Ferne vom grauen Himmel abhebt, bewegt sich draußen nichts. Sie atmet tief den ins Innere strömenden Frühlingsduft. Die aufrechte Statur und die herben, jedoch noch schönen Züge der Frau wirken vornehm. Ihr langes, dunkelblondes Haar ist hinten nach italienischer Mode zu einem Schweif zusammengebunden. Ein an einem Band befestigter, goldgefasster Rubin ziert den eckigen Halsausschnitt ihres bis zum Boden wallenden graubraunen Wollkleides.

    Nun taucht sie den Federkiel ins Tintenfass und hebt an zu schreiben:

    „Mein verehrter Herr und Freund,

    Seit Graf Warwick, mein größter Gegner, derjenige, dem Edward von York die Eroberung des englischen Thrones verdankt, vor mir niederkniete und mir sein Schwert, mit dem er mich bekämpft hatte, zu Füssen legte, hat sich meine Welt verändert. Ich kann es immer noch nicht fassen: Inzwischen sind seine Tochter Anne und mein Sohn Edu ein glückliches Paar. Dass es uns vergönnt war, anlässlich dieser prächtigen Hochzeit eine Woche lang beisammen zu sein …" Die Frau legt die Feder aus der Hand und überlegt, greift sie wieder auf und schreibt weiter: „Du hast mir ein Andenken hinterlassen, das Geschichte machen wird; doch nun muss ich zurück zu meinem Gatten, zurück nach England. Habe Verständnis!" Sie blickt eine Weile vor sich hin, und schreibt weiter: „Warwick wird mir vorauseilen und meine Ankunft absichern. Er ist bereit, fortan auf unserer Seite zu kämpfen; schließlich geht es ihm nun auch darum, die Rechte seines Schwiegersohnes auf den englischen Thron zu sichern. Sorge Dich nicht: Vor ihm, dem mächtigsten Territorialherrn Englands, zittern alle; viele rechnen mit seiner Rückkehr. Er wird die Yorkisten in die Flucht schlagen, und meinen Gemahl Henry wieder auf den Thron erheben. Gott gebe, dass wir uns bald wiedersehen. Margaret von Anjou, rechtmäßige Königin von England."

    Margaret faltet den Brief und versiegelt ihn. Das Siegel zeigt eine Krone. Auf den Umschlag schreibt sie: „An Ludovik Gruthuyze, Herr von Brügge". Einem Diener, der auf ein Zeichen hin erscheint, erteilt sie eine Anweisung. Kurz danach betritt ein lang gewachsener Bote in grauem Reiseanzug den Raum, verneigt sich, nimmt wortlos den Brief in Empfang und verfrachtet ihn vorsorglich in einer kleinen ledernen Brieftasche, die er am Gürtel trägt. Margaret drückt ihm ein paar Silbermünzen in die Hand und flüstert ihm eindrücklich zu:

    „Berichte Ludovik, dass ich ein Kind erwarte, doch nur ihm, verstanden? – niemand sonst darf etwas davon erfahren."

    London, Spätsommer 1471

    Margaret von Anjou ist nach England zurückgekehrt und befindet sich nun als Gefangene auf Schloss Windsor, in der Nähe von London. Der Ort ist ihr vertraut, in früheren Zeiten war sie gelegentlich hier zu Gast.

    Vornüber gebückt hält sie die zarten Hände eines Knaben, der gerade zu laufen beginnt. Der kleine Kerl ist noch etwas unsicher auf den Beinen und schaut die Mutter bei jedem Schritt erwartungsvoll an, auf das verdiente Lob für seine Leistung hoffend. Es klopft an der Tür. Margaret hebt den Jungen hoch und reicht ihn der Amme, die lautlos mit ihm im Nebenzimmer verschwindet; erst dann gestattet sie Einlass.

    Der eintretende Engländer, ein schmaler hochgewachsener Mann, verbeugt sich höflich, schwingt mit der Linken sein Barett, richtet sich wieder auf und präsentiert ihr ein in Leder gebundenes Buch:

    „Der Botschafter des Herzogs von Burgund schickt Euch dieses Geschenk."

    „Und wie heißt jener Gesandte?", fragt Margaret.

    „Ludovik von Gruthuyze", lautet die Antwort.

    Einen Augenblick lang ist Margaret fassungslos: Wie kommt es, dass ihr flämischer Freund von seinem Herrn, Karl von Burgund, mit einer Englandmission betraut wurde? Hatte Louis, in seiner Sorge um ihr jetziges Schicksal, einen Vorwand gesucht, um sie wiederzusehen?

    „Warum kommt er nicht selbst?" erkundigt sie sich.

    „Er will vermeiden, dass derjenige, der nun über England herrscht, ihm misstraue. Doch wenn sein Herr, der Herzog, ihm nicht verwehrt länger zu bleiben, wird er sicherlich eine Gelegenheit finden Euch, Madam, einen Besuch abzustatten."

    Margaret durchblättert das Buch. Kein Brief, kein persönliches, handgeschriebenes Wort, keine Illustration. Sie macht ein betroffenes Gesicht, doch dann hält sie inne und blickt auf: den Anfang macht eine gedruckte Widmung. ‚Dieses Buch wurde eigens für mich verfasst‘, denkt sie. ‚Der Titel lautet, Boccaccios Tempel, eine Trostschrift für Margarete von Anjou!‘

    „Ein Buch des berühmten italienischen Schriftstellers Giovanni Boccaccio?", fragt sie verwundert.

    „Nein, Madam, es ist von Georges Chastellain geschrieben, der damit dem großen Italiener nacheifert. Und es enthält eine Überraschung. Nach einem spannungsgeladenen Moment fährt er fort: „Klappen Sie den Deckel auf und ziehen Sie vorsichtig an dem eingelegten Faden.

    Margaret zupft behutsam an dem feinen, bisher nicht bemerkten Seidenfaden, und schlitzt damit das dünne Papier auf, welches zwischen dem Deckel und dem Ansatz der Pergamentblätter aufgeklebt ist. Der Lederdeckel bildet ein Etui, aus dem sie einen gefalteten Brief hervorzieht. Enthält das Schriftstück gute oder schlechte Nachrichten? Sie bittet den Überbringer, Platz zu nehmen, und verschwindet im Nebenraum, um unbeobachtet zu lesen.

    Liebe, verehrte Margaret,

    Deine Botschaft ist eingetroffen. Du wolltest also zurück zu Deinem Gemahl Henry, nur damit der kleine Jan nicht als Bastard betrachtet werde? War es nicht eher so, dass zwei Kronen im Raum hingen, eine französische und eine englische, die Deine Söhne, Edu und Jan, in brüderlicher Eintracht tragen sollten? Doch begreiflicherweise brachte ein solches Wagnis die Yorkisten aufs Höchste auf. Nicht genug damit, dass Graf Warwick, der Verbannung zum Trotz, den Boden des Inselstaates wieder betrat, es gelang ihm zudem noch, denjenigen, den er zuvor heruntergestoßen hatte, erneut auf den englischen Thron zu setzen. Nicht verwunderlich, dass Edward von York und seine Anhänger in ihrem Zorn den Beschluss fassten, die rote Rose endgültig zu zertrampeln. Daraufhin wurde das Haus Lancaster schonungslos vernichtet:

    An jenem Tag im April, an dem Du in Weymouth an Land gingest, fiel Warwick in der Schlacht von Barnet. Seitdem war das Glück auf der Seite Deiner Feinde, der weißen Rose. Es war jedoch nicht Edward von York selbst, sondern einer seiner Getreuen, welcher Edu niederstach, als dieser dem Sieger als Gefangener vorgeführt wurde. Man sagt, sein Stolz habe den Prinzen von Wales zu Fall gebracht, als er vor denjenigen trat, der sich geweigert hatte, ihn als rechtmäßigen Thronfolger anzuerkennen. Doch entsprach Edus Stolz nicht dem seiner Mutter? Wäre er demütig zu Boden gefallen, hätte York vielleicht Gnade walten lassen; dann jedoch hätte es wohl geheißen, an einer solchen, einem Herrscher unwürdigen Haltung erkenne man, dass er kein Königssohn, kein Sohn von Henry sei.

    Ich begreife, wie sehr Dich diese Vorfälle grämen, doch verharre nicht dabei, blicke nach vorn. Denk nicht immerzu an die Verstorbenen, an Deinen Sohn Edu, an Deinen Ehemann Henry, an Warwick, noch an all die anderen Freunde und Getreuen, die auf dem Schlachtfeld gefallen sind. Dein Gemahl ist nun dort, wo er zuvor schon in Gedanken war, in himmlischen Gefilden. Sei mutig, das Liebste ist Dir doch geblieben. Alles, was ich bisher für Dich erreichen konnte, war, dass Du nicht in den Tower gesperrt wurdest, sondern dich jetzt auf Schloss Windsor frei bewegen kannst.

    Ich verspreche Dir, Herrin, dass kein Opfer mir zu hoch sein wird, Dich loszukaufen. Doch das verlangte Lösegeld zusammenzubringen vermag weder Dein Vater, noch ich selbst; nur Dein Vetter, der König von Frankreich, wäre dazu in der Lage. Louis XI erweist sich jedoch wenig geneigt, dies zu tun, ist es doch sein sehnlichster Wunsch, die territorialen Besitztümer des Hauses Anjou dem Krongut wieder einzuverleiben. Ich verfüge allerdings über einen Schatz, ein Lockmittel, dem er nicht widerstehen kann: meine großartige Handschriften-Sammlung. Verzage nicht, Liebste, halte durch, alles wird wieder gut werden, und Du wirst als freier Mensch nach Anjou, Lothringen oder

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1