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Jakobertus (Band 1)
Jakobertus (Band 1)
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eBook484 Seiten6 Stunden

Jakobertus (Band 1)

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Über dieses E-Book

Wie würdest Du dich fühlen, plötzlich in einem Land aufzuwachen, wo die Bewohner über unheimliche Fähigkeiten verfügen, wo man in Pilzhäusern wohnt und mit Bäumen spricht und wo dunkle Mächte das Leben aller Lebewesen bedrohen?
Der 13-jährige Jakobertus macht diese Erfahrungen, als er auf geheimnisvolle Weise in diese Welt gelangt. Er lernt dort nicht nur Freunde kennen, sondern muss auch viele Gefahren bestehen. Nach und nach findet er heraus, dass in ihm mächtige Kräfte schlummern, die ihm bei der Bewältigung atemberaubender Abenteuer sehr behilflich sind.
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum13. Aug. 2017
ISBN9783962461171
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    Buchvorschau

    Jakobertus (Band 1) - Josef Herrmann

    Impressum

    Jakobertus – Im Reich der Drachen

    Von Josef Herrmann

    © 2017 Josef Herrmann

    Alle Rechte vorbehalten.

    Autor: Josef Herrmann

    Kontaktdaten: J.Herrm@t-online.de

    ISBN: 978-3-96246-117-1

    Verlag GD Publishing Ltd. & Co KG, Berlin

    E-Book Distribution: XinXii

    www.xinxii.com

    Dieses E-Book, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt und darf ohne Zustimmung des Autors nicht vervielfältigt, wieder verkauft oder weitergegeben werden.

    Inhalt

    Kapitel 1 - Der Wandelstein

    Kapitel 2 - Im Reich der Trolle

    Kapitel 3 - Ein denkwürdiges Abendessen

    Kapitel 4 - Die Drachenzeremonie

    Kapitel 5 - Unterwegs zum Internat

    Kapitel 6 - Im ehrwürdigen Trollitorium

    Kapitel 7 - Die ersten Unterrichtsstunden

    Kapitel 8 - Die Entdeckung

    Kapitel 9 - Der Anschlag

    Kapitel 10 - Der Gegenangriff

    Kapitel 11 - Der Verräter

    Kapitel 12 - Wehmütiger Abschied

    Kapitel 13 - Besuch bei alten Feinden

    Kapitel 14 - Die Entführung

    1. Kapitel

    Der Wandelstein

    N

    achdem Jakobertus hastig die Friedrichstraße überquert hatte, sah er bereits von Weitem, dass Hanno, Torben und Sven schnell um die Ecke bogen, um ihn noch vor der rettenden Schule einzuholen.

    Der Tag konnte nicht schlechter beginnen, dachte er sich. Zuerst klingelte der Wecker nicht, sodass er sich sehr beeilen musste, um rechtzeitig in die Schule zu kommen. Dann der Ärger mit seiner Mutter, die ihn dabei ertappte, wie er sich als Frühstück seine geliebte Schokopaste zubereitete, was damit endete, dass er sich wieder einmal einen Vortrag über gesundes Essen – viel Obst und Vollkornbrot – anhören musste und jetzt auch noch diese drei Typen, denen er seit Tagen versuchte, aus dem Weg zu gehen. Beim letzten Zusammentreffen musste er versprechen, ihnen eine, wie sie es nannten, Schutzgebühr von jeweils Euro 5.- zu zahlen, sollte er sich weigern, würde er Probleme bekommen. Welche Probleme das waren, wusste er nur zu gut.

    Als er sich vor drei Monaten zum ersten Male weigerte, jeden Monat insgesamt Euro 15,- an Hanno, Torben und Sven zu zahlen, holte er sich eine blutige Nase und ein blaues Auge, das noch wochenlang sichtbar war. Diese unangenehmen Typen waren zwei Klassen über Jakobertus. Sie waren nicht besonders beliebt, besonders Torben und Sven fühlten sich jedoch als die heimlichen Stars ihrer Klasse, da sie nicht nur mit Abstand die größten und kräftigsten ihrer Altersgruppe waren, sie hatten auch keinerlei Hemmungen, ihre Meinung mit den Fäusten durchzusetzen. Viele Schüler ließen sich daher leicht einschüchtern.

    Noch einhundert Meter bis zur Schule. Um diese Zeit waren relativ viele Leute auf dem Weg zur Arbeit, aber Jakobertus verwarf sofort den Gedanken, einige der Leute um Hilfe zu bitten, nein, er musste diese Sache allein durchstehen. Er klemmte seine Schultasche unter seinen Arm und rannte so schnell er konnte die Hauptstraße entlang. Schwer atmend bog er in Bernergasse ein. Von hier aus konnte er bereits die Schulpforte sehen. Hinter sich hörte er die lauten Schritte der immer näher kommenden Jungen, ein Geräusch welches das Kopfsteinpflaster der verwinkelten Bernergasse noch verstärke und das ihm Angst einjagte. Normalerweise hatte er keine Chance, den Dreien zu entkommen, aber er hoffte, dass die verwinkelte, unübersichtliche Gasse es Torben und seinen Mitläufern nicht erlaubte, ihre Schnelligkeit gegen ihn ausspielen.

    Endlich – die Schulpforte war noch zehn Meter entfernt, etliche Schüler standen noch herum und unterhielten sich, obwohl die Schulglocke bereits das erste Mal geklingelt hatte. Mit letzter Kraft keuchte er die Treppe hoch und rannte dabei beinahe Frau Kindermann um, die ihn ver-wundert ansah. Er warf ihr einen ängstlichen Blick zu, wobei sein vor Anstrengung rot angelaufenes Gesicht sich noch etwas dunkler färbte, was seine großen, auffallend hellblauen Augen noch deutlicher hervortreten ließen.

    „Was ist denn passiert, du bist ja ganz außer Atem?", fragte Frau Kindermann besorgt.

    Frau Kindermann, seine Biologielehrerin, war die einzige unter all den Lehrern, mit der er gut auskam, deren Unterricht er gern besuchte.

    „Tschuldigung … ich ... ich ...", ihm war klar, dass er ihr nicht die Wahrheit sagen konnte, als er die bösen und drohenden Blicke seiner Verfolger sah, die sich gerade an ihm vorbei drängten,

    „ Ich dachte, ich sei zu spät, und heute schreiben wir in der ersten Stunde eine Klassenarbeit", log er verlegen und zupfte nervös an seinen Ohrläppchen.

    „Na, dann viel Glück", wünschte Frau Kindermann und ging mit nachdenklichem Blick weiter.

    Englisch in der ersten Stunde, das bedeutete, Frau Becker, eine leicht reizbare, ältere Dame, die es sich nicht vorstellen konnte, dass jemand ihr Fach nicht mochte. Vor allen Dingen musste man in ihrem Unterricht ausschließlich Englisch sprechen, selbst dann, wenn man nur auf die Toilette wollte oder darum bat, das Fenster zu öffnen.

    „Hi Jako, hörte er eine fröhliche Stimme hinter sich sagen, Corinna war die einzige seiner Klasse, die ihn so nannte, alle anderen machten sich entweder über seinen Namen lustig oder hänselten ihn wegen seiner großen abstehenden Ohren und seiner im Vergleich zu den anderen geringen Größe von 1,35m  – „Topfdeckel, „Flügelmonster oder „Wichtel waren noch die „nettesten" Kosenamen für ihn. Zu Anfang hatte er versucht, seine Haare so lang wachsen zu lassen, dass sie ihm über die Ohren reichten. Dann bekam er jedoch mit der Schulleitung Ärger, die für alle Schüler einen Kurzhaarschnitt verlangte. Deshalb trug er außerhalb der Schule normalerweise eine bewusst zu groß gekaufte dunkelblaue Baseball-Mütze, die zumindest einen Teil seiner Ohren bedeckte.

    Corinna war – im Gegensatz zu ihm – für ihr Alter sehr groß und auch noch eine gute Schülerin, ihr Problem war eine gewisse Besserwisserei, das sie bei vielen Schülern nicht gerade beliebt machte. Darüber hinaus musste sie eine starke Brille tragen, ohne die sie fast blind war, was ihr den Spitznamen „Maulwurf" eintrug. Vielleicht war es diese Art Gemeinsamkeit, die Hänseleien der Mitschüler, welche die Basis ihrer Freundschaft war. Im Gegensatz zu Jakobertus konnte sich Corinna ihrer Mitschüler ganz gut erwehren, zum einen waren viele auf sie angewiesen, wenn es um das Abschreiben der Hausarbeit ging, zum anderen hatte sie eine scharfe Zunge, die viele fürchteten. Jakobertus schluckte häufig alle Beleidigungen, statt sich mit anderen anzulegen. Allerdings sah er rot, wenn man versuchte, ihn zu drangsalieren oder noch schlimmer, ihn zu schlagen versuchte. Dann konnte er regelrecht ausrasten und auf seine Widersacher ohne Rücksicht auf Verluste losgehen.

    „Was stehst du denn noch hier herum?, fragte ihn Corinna, du weißt, dass unser Teacher nicht möchte, dass wir uns nach dem ersten Klingeln noch vor dem Klassenzimmer aufhalten.

    Sie schnappte Jakobertus am Arm und drängte ihn durch die Zimmertür. Im Zimmer herrschte emsiges Treiben. Um Eric, einen großen, schwarzhaarigen Schüler, saß eine Gruppe von fünf Schülern, die die Hausarbeit in Englisch von ihm abschrieb. Eric war das Englisch- und Sportass der Klasse. Sein Vater war Trainer in der Regionalliga, er selbst spielte als Stürmer in seinem Heimatverein eine wichtige Rolle und hatte bereits mehrere Angebote von anderen Vereinen. Dadurch kam er manchmal an verbillige Eintrittskarten, was nicht unwesentlich zu seiner Beliebtheit beitrug. Als Klassensprecher kümmerte er sich auch um die Klassenkasse und Klassenpartys. Normalerweise hatte er nichts dagegen, wenn jemand von ihm abschreiben wollte. Dafür verlangte er jedoch immer eine Gegenleistung, die etwas mit seiner Sammelleidenschaft zu tun hatte, für jede Hausarbeit entweder einen Bierdeckel oder einen Kronenkorken, für ausländische Bierdeckel konnte man bei ihm sogar dreimal abschreiben.

    Zunächst bemerkten die Schüler nicht, dass Corinna und Jakobertus das Klassenzimmer betraten. Die meisten waren damit beschäftigt, lautstark die neueste Entwicklung im Big Brother Haus zu diskutieren.

    „Habt ihr gesehen, wie übel diese Tussi über den Heinz hergezogen hat, obwohl sie ihn doch angeblich sooo mag", bemerkte Lara, ein auffällig dickliches Mädchen, der man ihre Vorliebe für Süßigkeiten ansah.

    „Ach was, das ist ja was ganz Neues, unser Pummelchen schaut Big Brother", meinte Dani, ein großer, gutaussehender Junge, welcher der heimliche Schwarm aller Mädchen der Klasse war.

    „Vielleicht würde sie auch gerne ins Haus einziehen", erwiderte Clemens, ein enger Freund von Dani.

    „Ha, meinst du das wirklich? Da müssten sie ja Spezialbetten und Spezialstühle anschaffen, die nicht unter ihrem Gewicht zusammenbrechen würden", entgegnete Dani unter dem Gelächter von zahlreichen Schülern, und hatte damit wieder einmal bewiesen, dass er zu Recht den Spitznamen ‘Giftzahn‘ wegen seiner scharfen Zunge trug.

    Kurz darauf brach Lara – wie so häufig, wenn sie auf ihr Gewicht angesprochen wurde – in Tränen aus.

    „Weiber, was für Zicken, die können nicht mal über einen guten Witz lachen", war der einzige verächtliche Kommentar von Dani und Clemens auf die Reaktion von Lara.

    Jakobertus schlenderte an seinen Platz in der ersten Reihe, doch bevor er sich setzen konnte, wurde ihm von hinten der Stuhl weggezogen, und er landete unsanft auf dem Boden. Wütend fuhr er herum, und starrte in das grinsende Gesicht von Ben und Tobias,

    „Wir wollten dich nur begrüßen, Flügelmonster, „haben dein blödes Gesicht ja sooo vermisst.

    Noch bevor Jakobertus das Mäppchen von Ben ergriffen hatte, um es schwungvoll durch das Klassenzimmer zu schleudern – seine Schulsachen waren für den Sauberkeitsfanatiker Ben sehr wichtig – nahm er aus den Augenwinkeln wahr, dass der Teacher das Klassenzimmer mit einem resoluten „Good morning boys and girls" betrat und sich an ihren Tisch setzte. Die Geräusche verstummten urplötzlich.

    „Good morning Mrs Becker" erwiderte die Klasse ziemlich eingeschüchtert.

    Frau Becker warf einen langen, prüfenden Blick auf die Schüler – Jakobertus wusste, was nun folgen würde – Frau Becker suchte ein Opfer für ihre Vokabelabfragerei. Man konnte nie sicher sein, wer dies sein würde, da sie die gemeine Angewohnheit hatte, jemanden auch zweimal hintereinander an die Tafel zu holen, sodass sich niemand in Sicherheit wiegen konnte. Diesmal dauerte es besonders lange, bis sie zu einer Entscheidung kam, was die Anspannung der Klasse immer mehr steigerte. Jakobertus hasste es, an der Tafel abgefragt zu werden. Häufig fiel ihm einfach richtige die Antwort nicht ein, weil es ihn nervös machte, vor all den Schülern ausgefragt zu werden und nach jedem Fehler das schadenfrohe Gelächter seiner Mitschüler zu hören. Er selbst hatte mit jedem Mitleid, der sich dieser „Folter" unterziehen musste.

    „Berti, please go to the board, take a piece of chalk", unterbrach die laute Stimme von Frau Becker seine Gedanken.

    Jakobertus warf nur kurz einen Blick auf Berti, der selbstbewusst an die Tafel trat, anscheinend hatte er etwas gelernt. Seine Gedanken schweiften wieder ab, er dachte an den Sportunterricht in der dritten Stunde. Von allen Fächern konnte er diesen Unterricht am wenigsten leiden. Er hieß zwar Sportunterricht, aber sein Sportlehrer verstand darunter Fußballspielen und dies bei jedem Wetter. Was in besonders ärgerte und auch demütigte, war die Art und Weise, wie die zwei Mannschaften zusammengesetzt wurden. Im Gegensatz zu den meisten Mitschülern, hatte Jakobertus keine Ahnung von Fußball, er glaubte auch, dass er dazu völlig untalentiert sei. Und dies ließen ihn die anderen jede Woche spüren. Noch vor zwei Jahren machte ihm Sport richtig Spaß. Damals hatte er auch einen anderen Sportlehrer, der viel Wert auf Leichtathletik legte. Und darin war Jakobertus gar nicht schlecht. Besonders die hundert Meter konnte er gut laufen. Nun musste er sich mit Fußball plagen. Am schlimmsten fand er es, dass der Sportlehrer es den zwei besten Fußballspielern der Klasse, Eric und Ben, erlaubte, die Mannschaften zusammenzustellen. Das lief dann so ab, dass die zwei Spielführer vor die Klasse traten und nach und nach diejenigen Schüler auf-riefen, die sie in ihrer Mannschaft haben wollten, zuerst kamen natürlich die guten Spieler, dann die weniger guten, und ganz zum Schluss stand noch Jakobertus einsam und verlassen auf dem Spielfeld, da niemand ihn in seiner Mannschaft haben wollte.

    „Da können wir auch einen Torpfosten in die Mannschaft stellen, der würde noch mehr Tore schießen oder verhindern als dieser Wichtel", waren die üblichen Kommentare, die sich Jakobertus anhören musste, wenn der Sportlehrer die Spielführer aufforderte, auch Jakobertus einzubeziehen. Wie oft hatte er sich gewünscht, einmal ein Tor zu schießen oder morgens aufzuwachen und so gut wie Eric auf dem Fußballplatz zu sein. Jäh wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als ihn sein Hintermann, Ben, unsanft anstieß,

    „Träume nicht, du bist mit der Hausarbeit dran."

    Jakobertus, what are dreaming of, how many times have I told you to show more interest in my English lessons, dröhnte Frau Beckers Stimme in seinen Ohren."

    Ex … excuse me, I …. I ... "verzweifelt suchte er die Hausarbeit in seinem Schulordner. Er wusste, dass er sie gestern Abend noch gemacht hatte. Die Arbeit bestand darin, eine Bildbeschreibung zu erstellen, eine Sache, die er normalerweise ohne größere Probleme bewältigte. Heute kam wirklich alles zusammen, er musste das Englischheft zu Hause vergessen haben! Sein Gesicht wurde puterrot und während er an seinen Ohrläppchen zog, stammelte er:

    „I ... I ... ." Weiter kam er gar nicht, da die Lehrerin ihm sofort scharf ins Wort fiel:

    Okay, Jakobertus, I see you don’t have done your homework, this means you have to write 200 times I will never forget my homework anymore. Furthermore, because you were dreaming during my lesson you will have to translate our new text from line 11-29 for Wednesday.

    "But … I have made … my homework … I have forgot … it at home" , wagte Jakobertus schüchtern einzuwerfen. "So, you haven’t done your homework, you know what that means."

    Und ob er das wusste. Er hatte keine Chance die Strafe abzuwenden. Sie wollte ihm nicht glauben. Er wusste, wenn er weiter argumentierte, was er aufgrund seiner mangelhaften Englischkenntnisse auch gar nicht in Englisch machen könnte, würde sich die Strafarbeit noch verdoppeln. Daher schluckte er seinen Grimm hinunter und hoffte, dass dieser schwarze Tag bald vorübergehen würde. Nach der Stunde kam Corinna auf Jakobertus zu und sah ihn mitfühlend an.

    „Soll ich dir bei der Übersetzung helfen? Allein für die neue Hausarbeit und das blödsinnige Abschreiben brauchst du sicherlich vier Stunden."

    Dankbar nahm Jakobertus Corinnas Angebot an.

    „Die Becker ist einfach unfair, sie kann mich nicht leiden, erregte er sich. „Wenn es der Eric gewesen wäre, wäre die Strafarbeit nicht so umfangreich ausgefallen."

    „Du musst aber bedenken, dass es nicht das erste Mal war, dass dich der Teacher beim Träumen erwischt hat", gab Corinna zu bedenken.

    „Ach, jetzt musst auch noch du auf mir herumhacken, er zog nervös an seinen Ohren, „und wenn ich mir überlege, dass ich heute noch Sport habe, könnte ich davonlaufen, schnaubte Jakobertus wütend und lief ohne sie eines Blickes zu würdigen aus dem Klassenzimmer.

    Er überlegte sich, ob er vielleicht den Sportunterricht schwänzen oder zumindest eine Zerrung vortäuschen sollte, sodass er nicht an der demütigenden Spielerauswahl teilnehmen musste. Aber wie er Herrn Beil kannte, verlangte dieser ein ärztliches Attest, und damit konnte er leider nicht dienen. Alles schien sich heute gegen ihn verschworen zu haben. Wie er diese ganze Schule hasste! Er fasste sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an den Hinterkopf. Immer dann, wenn er in letzter Zeit unter starkem Stress stand, verspürte er dort ein merkwürdiges Ziehen. Es wurde ihm etwas schwindlig, sodass er sich an das Trep-pengeländer lehnen musste. Plötzlich glaube er irgendwelche Stimmen zu hören, die aus seinem Kopf kamen. Er konnte jedoch nicht verstehen, was diese sagten, da an-scheinend mehrere Stimmen zu gleicher Zeit sprachen.

    „Hi, Fledermausgesicht, freust du dich schon auf den Sportunterricht?", fragte Ben mit grinsendem Gesicht.

    „Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten, fauchte Jakobertus ihn wütend an und lief schnell die Treppe zum Pausenraum hoch, um sich etwas zu trinken zu holen. Das seltsame Ziehen in seinem Hinterkopf hielt an. Zum ersten Mal hatte er dies verspürt, als er vor rund drei Monaten wieder einmal auf dem Speicher unter den Sachen seiner Mutter kramte. Da seine Mutter ihm kaum etwas von seinem Vater erzählte, machte er sich auf eigene Faust daran, in alten Dokumenten, die sich auf dem Speicher befanden, etwas über seinen Vater herauszufinden. Immer wenn er Zeit hatte, suchte er in den zahllosen Kisten nach etwas Brauchbarem, wie beispielsweise nach alten Fotos, Briefen, Büchern oder anderen Dokumenten. So stieß er eines Tages auf ein Foto, das einen kleinen Mann mit auffallend weiß-blondem Haar zusammen mit seiner Mutter zeigte. Der Mann hatte ein sympathisches Gesicht und obwohl seine Mutter mit 1,55 cm nicht gerade groß war, schätze er, dass der Mann auf dem Foto sicherlich noch um die fünfzehn Zentimeter kleiner war als seine Mutter. Als er seine Mutter auf das Foto ansprach, wurde sie zunächst sehr ärgerlich. Sah aber dann ein, dass ein Zwölfjähriger mehr über seinen Vater wissen wollte, als die Information, dass dieser die Familie verlassen hatte als Jakobertus ein Jahr alt war. Er erfuhr von ihr, dass sie bis heute nicht wusste, warum sein Vater sie beide verlassen hatte. Sie malte ein Bild von einem Vater, der sehr unterhaltsam und lustig war. Immer zu allerlei Unsinn aufgelegt und der seinen Sohn sehr liebte. Deshalb verstand sie auch nicht, warum er von einem Tag auf den anderen wie vom Erdboden verschwunden war. Sie fand weder einen Abschiedsbrief noch gab es irgendeinen Streit zwischen den beiden, der ihn hätte veranlassen können, die Familie zu verlassen. Da sie sich sein Verschwinden nicht erklären konnte, versuchte sie über Privatdetektive und die Polizei Aufklärung zu erreichen. Doch nach Ablauf von fünf Jahren ohne irgendwelchen Erfolg gab sie die Suche auf. Seitdem war sie sich sicher, dass der Vater nicht mehr lebte. Jakobertus hatte das unbestimmte Gefühl, dass da noch irgendetwas war, was ihm seine Mutter verheimlichte. Zunächst wollte er jedoch nicht weiter in sie dringen. Zumindest wusste er nun, woher er die kleinwüchsige Gestalt und sein Haar hatte.

    Bei einem seiner Ausflüge auf den Speicher stieß er eines Tages auf einen seltsamen Stein, der ziemlich versteckt in einem vergilbten, zusammengeknüllten Briefumschlag unter zahllosen alten Dokumenten lag. Kaum hatte er ihn in der Hand, schmiegte er sich seiner Handfläche wie ein Handschuh an und begann zu pulsieren. Vor Schreck ließ er ihn wieder fallen. Ein Kieselstein, der seine Form änderte und anfing zu pochen, nachdem man ihn in die Hand genommen hatte, das gab es doch gar nicht. Er sah dieses merkwürdige Etwas näher an. Der Stein war oval und hatte einen Durchmesser von rund acht Zentimeter. Seine schwarze Oberfläche glänzte so stark, dass man sich darin spiegeln konnte. Vorsichtig nahm er den Stein nochmals in die Hand. Wie von Zauberhand drückte sich der Stein in seine Handfläche und begann zu wieder zu pulsieren. Dabei veränderte sich die tiefschwarze Farbe etwas, der Stein wurde durchsichtig. Jakobertus glaubte auf der Steinoberfläche schemenhafte Bilder zu sehen. Zur gleichen Zeit verspürte er zum ersten Male eine Art Ziehen in seinem Hinterkopf. Er konzentrierte sich weiter auf den Stein und tatsächlich, die Schemen, die sich auf der Oberfläche abzeichneten, wurden deutlicher. Er glaubte zunächst eine Straße zu sehen, bei deutlicherem Hinsehen sah er eine be-lebte Kreuzung ... und in diesem Augenblick wurde das Ziehen im Hinterkopf so stark, dass er vor Schmerz die Augen schloss und seine Hände auf den Hinterkopf presste, dabei fiel ihm der Stein auf den Boden.

    „Na, du hast heute wohl keine Lust, am Sport teilzunehmen", hörte Jakobertus plötzlich eine Stimme, die ihn an seinen Träumen riss. Er brauchte sich gar nicht umzudrehen, um zu erkennen, dass diese schnarrende Stimme nur dem Sportlehrer gehören konnte.

    „Nun beeil dich aber, du hast dich ja noch nicht mal umgezogen, wegen dir fangen wir bestimmt nicht später an, sagte Herr Beil mit drohendem Unterton.

    „Mir ist es nicht gut, deshalb wollte ich etwas verschnaufen", versuchte sich Jakobertus herauszureden.

    „Deine Krankheit kenne ich, und wenn du nicht innerhalb von drei Minuten umgezogen auf dem Sportplatz bist, lernst du mich kennen."

    Wie ein Blitz lief Jakobertus aus dem Pausenraum hinunter in den Keller zu den Umkleidekabinen. Er wusste, was der Fußballverrückte mit „kennen lernen" meinte. Es wäre nicht das erste Mal, dass er unter dem Gelächter der ganzen Klasse wie ein Storch auf einem Bein um den halben Sportplatz hüpfen musste!! Damals war er so außer sich, dass er diesen Beil hätte umbringen können. Irgendwann einmal würde er es diesem Kotzbrocken schon heimzahlen, tröstete er sich. Wie er diese Fußballstunden hasste!!

    Nach dem Sportunterricht wartete Jakobertus draußen vor der Schule auf Corinna. Er hoffte, dass er noch ein paar Worte mit ihr wechseln konnte, um sich zumindest für sein Verhalten zu entschuldigen. Der Tag heute hatte ihn wirklich geschafft! Und dann noch diese Kopfschmerzen.

    „Du wartest doch nicht auf mich, begrüßte ihn Corinna spöttisch. „Bist du wieder normal? Wenn du mich wieder anschnauzen willst, gehe ich gleich wieder.

    „Entschuldige, dass ich mich so blöd benommen habe, erwiderte Jakobertus kleinlaut. „Ich hatte heute wirklich genug um die Ohren.

    „Ist schon gut", meinte Corinna und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. Jakobertus war froh, dass Corinna nicht nachtragend war.

    „Wie wäre es, wenn du zu mir kommst, meine Mutter kommt heute erst gegen Mitternacht, wie du weißt, arbeitet sie freitags und dienstags noch als Kellnerin in einem Restaurant. Ich könnte uns eine Pizza zubereiten, und wir hören uns die neueste CD von Britney Spears an."

    Jakobertus wusste, dass Corinna ein Fan von Britney war, ihr Zimmer war voll von Postern und Zeitungsausschnitten ihres Idols, sie dachte sogar daran, einen Fanclub zu gründen.

    „Was, du hast tatsächlich schon die neueste LP von Britney, geil!!!, rief Corinna begeistert. „Natürlich komme ich!! Sie schaute auf ihre Uhr „Ich muss noch einige Kleinigkeiten einkaufen, d.h. ich könnte gegen 15 Uhr bei dir sein, ist das okay?"

    „Klar, ich freue mich darauf", entgegnete Jakobertus und schaute sich verstohlen um.

    Er war froh, dass Corinna zumindest einen Teil des Weges mit ihm ging. Wenn sie dabei war, würden es Hanno, Torben und Sven bestimmt nicht wagen, ihn wieder anzumachen. Sie wussten, dass Corinnas Vater Polizeibeamter war, davor hatten sie großen Respekt. Nachdem beide die Bernergasse verlassen hatten, trennten sich ihre Wege. Corinna musste nun die Straßenbahn nach Hause nehmen, während Jakobertus nur noch fünf Minuten zu Fuß gehen musste. Wieder sah er sich vorsichtig um, aber anscheinend hatte er Glück, er wurde nicht verfolgt. Wahrscheinlich war es ein Fehler, niemandem zu erzählen, dass er schon einige Zeit erpresst wurde. Aber sie hatten ihm angedroht, ihn so zu vermöbeln, dass er in keinen Anzug mehr passen würde. Und – was noch schlimmer für ihn war – sie wollten auch seiner Mutter auflauern und ihr etwas antun, wenn er irgendjemand davon erzählte. Nein, das nächste Mal würde er es ihnen zeigen, das konnte nicht mehr so weitergehen. Von seinem knappen Taschengeld war es nicht möglich, jeden Monat Euro 15.- zu zahlen. Er nahm sich vor, sich heute Nachmittag zumindest Corinna anzuvertrauen. Sie hatte einen klaren Verstand, vielleicht hatte sie eine Idee, wie er aus dieser Sache herauskommen konnte.

    Kurz bevor er in die Maximilianstraße einbog, drehte er sich nochmals um, nein – niemand war zu sehen – und ging auf ein älteres, dreistöckiges Haus zu, in dem er und seine Mutter das obere Stockwerk bewohnten. Er versuchte den Haustürschlüssel aus der rechten Hosentasche zu ziehen – das gab’ s doch nicht – er war nicht da! Auch nicht der linken Tasche. Langsam wurde es ihm heiß und sein Gesicht lief rot an, verzweifelt suchte in allen Taschen. Das durfte nicht sein! Ohne Schlüssel konnte er weder in das Haus noch in seine Wohnung. Sollte er den Schlüsselbund verloren haben, wäre seine Mutter nicht nur gezwungen, das teure Sicherheitsschloss der Haustür auszutauschen, sondern auch das Schloss der Wohnungstür. Und jeder Hausbewohner müsste natürlich einen neuen Haustür-schlüssel bekommen. Er wagte sich auch gar nicht auszumalen, wie kostspielig dies alles sein würde. Aufgeregt zog er an seinen Ohrläppchen. Und zuckte kurz darauf heftig zusammen, seine Kopfschmerzen hatten sich urplötzlich wieder gemeldet. Endlich – in der Innentasche seiner Jacke – der Schlüsselbund! Mit zittrigen Händen versuchte er die Tür zu öffnen,

    und wenn der Wicht schon die Schule verlassen hat, dann stehen wir blöde in der Gegend herum"

    Jakobertus fuhr blitzschnell herum, er hatte sofort die Stimme von Hanno erkannt. Doch hinter ihm stand niemand.

    „Ganz einfach, Hanno du gehst unauffällig in den Pausenraum und schaust nach, wie lange das Flügelmonster heute Unterricht hat."

    Jakobertus glaubte zu träumen. Höre ich jetzt schon Stimmen? , fragte er sich verwundert. Er schaute sich aufmerksam umher. Spielte ihm jemand einen Scherz? Nein, keinerlei Mikrophone oder andere technische Vorrichtungen waren zu erkennen.

    „Auf jeden Fall verdient der Bursche eine Abreibung, an die er sich noch lange erinnern wird. Wir warten in der Nähe der Bernergasse auf dich Hanno, dort können wir ihm gut auflauern, ohne dass es jemand sieht."

    Ohne Zweifel, dies war dies die Stimme von Sven und Hanno. Mit klopfendem Herzen schloss er die Haustür hinter sich und sah ängstlich den Flur entlang. Um diese Zeit war normalerweise niemand zu Hause. Im ersten Stock wohnte ein älteres Ehepaar, das zurzeit in Urlaub war. Im zweiten Stockwerk wohnte Herr und Frau Bauer, die beide berufstätig waren und erst gegen Abend nach Hause kamen. Jakobertus ging langsam die Treppe hoch, die bei jedem seiner Schritte laut knarrte. Auf dem zweiten Stockwerk angekommen hielt er inne und schaute vorsichtig schaute nach oben. Kein Laut zu hören. Wie vermutet war er allein zu Hause. Schnell stieg er die letzten Stufen zu seiner Wohnung hoch und fingerte den Schlüssel zur Wohnungstür heraus.

    „Aber ich habe meinem Sohn versprochen, morgen mit ihm ins Kino zu gehen, können sie nicht die Bärbel fragen, ob sie abends bedienen kann?"

    Jakobertus fiel vor Schreck fast der Schlüsselbund aus der Hand. Die Stimme, die er hörte, war eindeutig die seiner Mutter!

    „Frau Martens, das würde ich gerne tun, aber Bärbel hat sich gestern krankgemeldet, wir brauchen Sie dringend, da wir morgen eine geschlossene Gesellschaft von 25 Personen im Lokal haben."

    Jakobertus hatte sich wieder einigermaßen gefangen. Die andere Stimme musste die von Herrn Timmer sein, dem Inhaber des Restaurants „Zum Schwanen", in dem seine Mutter zweimal in der Woche bediente. Seit zwei Jahren arbeitete seine Mutter dort, da sie meinte, als Sekretärin nicht gut genug zu verdienen.

    „Wenn Sie niemanden finden, muss ich wohl in den sauren Apfel beißen, ich weiß nur noch nicht, wie ich dies meinem Sohn beibringen soll", vernahm Jakobertus die bedrückte Stimme seiner Mutter. Obwohl er sich darüber ärgerte, dass seine Mutter morgen nicht mit ihm ins Kino gehen konnte, war dies für ihn im Augenblick nebensächlich. Wie ist es möglich, dass ich die Stimmen von Personen höre, die sich kilometerweit von ihm entfernt aufhielten? Er hatte einmal einen Science Fiction Film gesehen, in dem sich die Aliens mittels Gedankenübertragung unterhielten. Sollte er auch diese Fähigkeit besitzen? Konnte er etwa die Gedanken von anderen Menschen lesen?

    In der Wohnung angekommen, ging er geradewegs in die Küche, öffnete den Kühlschrank und nahm eine angebrochene Cola-Flasche heraus, die er in einem Zug leerte. Es war jetzt 14.12 Uhr, er hatte noch etwas Zeit, um die belegten Brote zu machen und den Tisch zu decken. Jakobertus war für sein Alter sehr selbständig. Schon in frühen Jahren musste er sich das Essen selbst zubereiten, da seine Mutter über Mittag nie zu Hause war. Wo war jetzt nur die Pizza? Er schaute nochmals im Kühlfach nach, na ja, wer sagt’s denn, eine Schinkenpizza und eine mit Tomaten und Käse war noch vorhanden. Das musste reichen. Corinna wollte sicherlich die mit Käse und Tomaten, sie war kein großer Fleischesser, sondern hielt es mehr mit vegetarischer Nahrung. Jetzt brauchte er nur noch Cola, Besteck und Servietten. Es machte ihm richtig Spaß, den Tisch zu decken. Vorsichtig stellte er die Teller und zwei Gläser auf den Esstisch und holte sich das Besteck aus dem reich verzierten, massiv gebauten Küchenschrank, ein Erbstück seiner Oma, die vor vier Jahren gestorben war. In die Mitte des Tisches platzierte er eine Vase mit Feldblumen, die er vom Wohnzimmertisch nahm. Noch rund dreißig Minuten, dann müsste Corinna klingeln. Wie war das nochmals, wie lange musste die Tiefkühlpizza in den Ofen? Zwanzig oder dreißig Minuten? Eigentlich müssten zwanzig Minuten bei Höchsttemperatur genügen, sagte er sich. Wenn nicht, konnte er die Pizzen jederzeit wieder in den Ofen schieben. Als nächstes schaute er nach der Britney Spears CD in seinem Zimmer. Er hatte eine ziemlich große Sammlung von CDs, die meisten von A-HA, von den Backstreet Boys, den No Angels und von Britney Spears. Immer wenn er sich niedergeschlagen fühlte, legte er vorzugsweise A-Ha auf. Besonders die CD „Minor Earth, major sky" hatte es ihm angetan. Hier konnte er träumen, seinen Gedanken freien Lauf lassen. Obwohl er normalerweise nicht gerade ordentlich war – sein Zimmer glich häufig einem Schlachtfeld – mit den CDs ging er äußerst sorgfältig um. Jede einzelne hatte er genau beschriftet, nummeriert und sogar im PC katalogisiert. Deshalb brauchte er auch nicht lange zu suchen, um die gewünschte CD zu finden. Ging da nicht gerade die Haustürklingel? Jakobertus blickte kurz auf die Uhr, ja, das könnte Corinna sein. Sie war immer sehr pünktlich, sogar überpünktlich wie heute – es war 14.50 Uhr. Schnell eilte der die Treppe hinunter und öffnete die Tür:

    „Hi, Jako, lächelte ihn Corinna an und hielt ihm eine Einkaufstasche entgegen. „Ich habe etwas zum Trinken und zum Knabbern dabei, meinte sie.

    „Oh, Getränke haben wir genug zu Hause, aber etwas Gebäck ist eine gute Idee, komm’ rein", forderte Jakobertus sie auf.

    Gemeinsam stiegen sie zum dritten Stock hoch. „Ist es bei euch im Hause immer so still?", fragte Corinna verwundert.

    „Um die Mittagszeit schon, da die meisten Bewohner außer Haus sind", erwiderte Jakobertus. Aber irgendwie hatte sie Recht. Heute erschien es ihm besonders still. Außer dem Knarren der Treppe war nicht der geringste Laut zu hören.

    „Den Tisch hast du aber schön gedeckt, sagte Corinna erstaunt, als sie in das Esszimmer kamen. „Ich dachte, Jungs können sie was gar nicht oder haben dafür kein Interesse.

    Jakobertus lächelte verschmitzt„ Na, da hast du dich aber schwer in mir getäuscht, hast du vielleicht gedacht, du müsstest die ganze Küchenarbeit machen, obwohl ich dich eingeladen habe?

    „N ... nein, wie kommst du darauf, ich weiß doch, dass du ein Gentleman bist, versicherte ihm Corinna etwas zu schnell. „Aber, vielleicht solltest du mal in den Ofen schauen, ich glaube es riecht bereits.

    „Stimmt rief Jakobertus überrascht und nahm schnell die Pizzen heraus, „welche möchtest du, die mit Käse und Tomaten oder die mit Schinken, beide sehen gut aus.

    „Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gern die ohne Schinken nehmen, meinte Corinna, du weißt ja, ich mag kein Fleisch", fügte sie erklärend hinzu. 

    Sie ließen es sich schmecken und eine Zeitlang hörte man nur ihre Kaugeräusche.

    „Mhm, die Pizza ist lecker, jetzt fehlt nur noch Britney Spears, meinte Corinna mit halbvollem Mund, „du hast die CD doch hoffentlich nicht vergessen? 

    „Oh, entschuldige, ich wusste, dass noch etwas fehlt, Britney als Tischmusik." Er ging rüber zu seinem Zimmer und startete den CD-Player.

    Schon nach den ersten Tönen rief Corinna aus „turbogeil, es gibt keine bessere als die Britney." Sie klopfte mit dem Finger den Takt begeistert mit. Jakobertus mochte Britney zwar auch sehr gerne, aber so verrückt wie Corinna war er nicht. Er überlegte sich, ob er ihr etwas über sein Problem mit Hanno, Sven und Torben erzählen sollte. Er sah Corinna an, die mit geschlossenen Augen und mit wippendem Oberkörper den Song genoss. Lieber nicht, jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt.

    „Wieso hat der Beobachter noch keinen Kontakt mit ihm aufnehmen können?"

    Jakobertus wurde aus jäh aus seinen Gedanken gerissen, da waren sie wieder, die Stimmen. Doch diese Stimme hatte er noch nie gehört.

    „Ich weiß es nicht, wahrscheinlich ist er zu überlastet, vielleicht sollten wir aber auch einen Alpha-Beobachter schicken", meinte die zweite Stimme.

    „Warten wir noch zwei Tage ab, wenn bis dahin Bellatus keinen Kontakt mit dem Sohn von Jakordanus aufnehmen konnte, müssen wir einen qualifizierteren Beobachter schicken", sagte die erste Stimme.

    Jakobertus blickte wieder Corinna an, ihre Blicke trafen sich, „was ist los, du schaust so nachdenklich?", fragte sie.

    „Ach, wenn du wüsstest, begann Jakobertus. „Glaubst du, dass jemand die Gespräche von anderen mithören kann, obwohl er z.B. kilometerweit entfernt ist?, fragte er sie.

    „Quatsch, das kommt nur in Märchen oder SF-Stories vor", erklärte Corinna spontan. Jakobertus war nicht überrascht. Corinna als Mathe- und Physikass stand mit beiden Beinen auf der Erde. Sie glaubte nur das, wenn man auch beweisen konnte.

    „Ich glaube, du wirst deine Meinung ändern müssen, ich denke, dass ich diese oder eine ähnliche Fähigkeit besitze", platzte Jakobertus heraus.

    „Jetzt spinnst du wohl völlig, du willst mich auf den Arm nehmen, wieso sagst du solch einen Blödsinn? Willst du dich vielleicht bei mir interessant machen?", fragte Corinna etwas sauer.

    „Ehrlich, vor rund zwei Stunden konnte ich ein Gespräch zwischen Hanno, Sven und Torben hören, danach verfolgte ich ein Gespräch zwischen meiner Mutter und ihrem Chef und vor ein paar Minuten sprachen zwei Männer über jemanden, mit dem sie Kontakt aufnehmen sollen", versuchte Jakobertus zu erklären.

    Corinna schaut ihn merkwürdig an, „du solltest vielleicht einen Arzt aufsuchen, es ist nicht gut, wenn man Stimmen hört. Meine Großmutter hatte auch dieses Problem. Ihr Arzt überwies sie in ein bestimmtes Krankenhaus, wo solche Fälle behandelt werden. Und – nach ein paar Wochen – ging es ihr wieder besser. Danach hörte sie keine Stimmen mehr. Vielleicht solltest du das auch tun", meinte Corinna besorgt.

    Jakobertus fröstelte etwas, genau das hatte er auch zunächst gedacht. Vielleicht fängt es so an, wenn man verrückt wird.

    „Du musst unbedingt deiner Mutter davon berichten, vielleicht ist es nur eine kleinere Sache, du hast ja gerade heute viel Stress gehabt."

    „Ja, du hast wahrscheinlich Recht, ich überlege es mir". Er wollte so schnell wie möglich das Thema beenden, weil es ihm etwas unangenehm war, vor Corinna als eine Art Verrückter dazustehen.

    „Du kennst doch Hanno, Sven und Torben, die zwei Klassen über uns sind?", fragte er Corinna, um zu einem anderen Thema zu wechseln.

    „Ja, natürlich, sehr unangenehme Typen, ich kann sie nicht leiden. Meine Kusine ist mit ihnen in der 9. Klasse. Sie hat mir schon einige Dinge über sie erzählt. Sie haben schon einige in ihrer Klasse mit Prügel bedroht, die sie nicht abschreiben ließen – gut, dass es in unserer Klasse nicht solche brutalen Typen gibt", stellte Corinna fest.

    „Das ist noch gar nicht alles", meinte Jakobertus und erzählte, wie ihn die drei schon seit drei Monaten erpressten. Corinna war sichtlich schockiert und bot ihm sofort an, ihren Vater zu informieren. 

    „Das muss unbedingt an die Öffentlichkeit, bestimmt bist du nicht der Einzige, der von ihnen erpresst wird. Mein Vater kann dir sicherlich helfen. Am besten machst du eine Anzeige", erklärte sie sachkundig.

    „Ich weiß nicht, ob dies das Richtige ist. Vielleicht sollte ich nochmals mit ihnen sprechen und ihnen damit drohen, sie anzuzeigen."

    „Ach was, das nehmen sie dir sowieso nicht ab. Wahrscheinlich wird du dann noch Prügel beziehen, wenn du allein mit ihnen bist", wischte Corinna sein Argument vom Tisch.

    „Wahrscheinlich hast du Recht", meinte Jakobertus kleinlaut.

    „Oder du gehst zunächst zum Direktor und erzählst ihm die ganze Sache. Danach fliegen sie bestimmt von der Schule und du hast ein Problem weniger. Unser Direktor wird ihnen sicherlich so einheizen, ihnen auch mit der Polizei drohen, dass du

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