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Die Kinder vom Birnbaumhaus
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eBook252 Seiten1 Stunde

Die Kinder vom Birnbaumhaus

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Über dieses E-Book

Wenn du Mieke bist und bald zehn wirst, hast du es eigentlich ziemlich gut: Du hast einen tollen wilden Garten und eine coole Schwester, du hast Anni, Karel und den alten Gustav, der richtige Boote bauen kann, und natürlich den stillen großen Tuve. Bloß ist das ja wohl keine richtige Bande. Mit Kindern in deinem Alter.

Falls nun eines wunder-, wunderbaren Tages eine Familie mit zehnjährigen Zwillingen in das weiße Haus nebenan einzieht – dann macht dein Herz einen ziemlich glücklichen kleinen Sprung. Wenn du Mieke bist. Und du rennst sofort rüber und fragst, ob du mitspielen darfst.

Aber dann merkst du, wie blöd und gemein das Leben ist.

Nein, sagen die Jungen nämlich einfach. Darfst du nicht.

Und wenn du schließlich erfährst, was sie mit dem schönen, frisch lackierten Boot vom alten Gustav vorhaben … dann steckst du mitten in einem Bandenkrieg, ob du willst oder nicht. Notfalls sogar ganz ohne Bande!
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. Juni 2016
ISBN9783649670650
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    Buchvorschau

    Die Kinder vom Birnbaumhaus - Anna Herzog

    Wenn du das letzte Kind im Schulbus bist, unterhält Walid sich nur noch mit dir.

    »Stell dir vor, Mieke«, sagt er zum Beispiel. »Özil passt zu Müller rüber und der Müller so mit der rechten Hacke …«

    Wenn du Mieke bist, hältst du dich jetzt an der Vorderlehne fest. Denn dann kennst du Walid schon seit ein paar Schuljahren und weißt genau, was jetzt kommt.

    »Bäääääm!«, sagt Walid, macht eine Bewegung mit seiner eigenen rechten Hacke und verlässt mal eben das Gaspedal.

    Wenn du der Bus bist, kannst du ohne Benzin nicht fahren. Also machst du auf der Landstraße einen Satz vorwärts wie ein hüft kranker Grasfrosch und das bringt Walid zum Glück wieder zur Vernunft.

    Bevor Mieke schlecht wird.

    Mieke ist immer das letzte Kind im Schulbus, denn sie wohnt so weit draußen, dass Walid nur noch an Weiden mit schwarz-weißen Kühen und an Windrädern vorbeifährt und zuletzt in den Wald abbiegt. Und dann kommt schon bald Miekes Haltestelle. Es ist keine richtige Haltestelle, sondern ein großer Feldstein mit einer Plakette aus Bronze, der halb verborgen am Straßenrand in einem Bett aus Farn liegt. Es ist auch kein gewöhnlicher Stein, sondern ein Denkmal (behauptet jedenfalls die Plakette). Irgendeine Eiszeit hat ihn hier hingeschoben und vergessen.

    Walid drückt auf einen seiner Knöpfe, die Tür vorn öffnet sich zischend und Mieke klettert an ihm vorbei ins Freie. Der Frühling hat sich ausgebreitet im Land. Die Luft ist so süß wie Himbeersaft, und Mieke muss sie tief eintrinken, als sie von der letzten Stufe springt. Gestern hat Mama Gläser mit Maiglöckchen auf die Fensterbänke gestellt und das bedeutet: Es ist fünf vor Miekes Geburtstag!

    »He, Mieke!«, schreit Walid und Mieke dreht sich um. »Wenn du nicht ordentlich lernst, zieh ich dir die Ohren so lang wie …«

    »… wie Rhabarberblätter! Mann, Walid!« Mieke verdreht die Augen.

    Walid kichert und Mieke wendet sich ab, aber da brüllt Walid schon wieder: »Hee, vergiss deinen Hut nicht!«

    Mieke stöhnt und stapft die Bustreppe noch mal hinauf. Ohne Hut geht gar nichts.

    Da liegt er, grau und rund wie der alte Denkmalstein, auf Miekes Nachbarsitz. Sie hebt ihn auf und schaut ihm streng in die Augen. »Eigentlich müsstest du unsere Haltestelle ja kennen«, sagt sie vorwurfsvoll.

    »Du brauchst echt ’ne Leine.«

    Der Hut antwortet mal wieder nicht.

    »Tschüss, Walid, und danke!«, ruft Mieke durch das Motorengeräusch, als sie wieder auf der Straße steht.

    Walid streckt seinen Daumen hoch. Dann schmeißt er das winzige Radio an, das er irgendwie in das Fahrerfenster geklemmt hat, und der Bus fährt laut jodelnd davon (wobei er es nicht lassen kann, gelegentlich einen Hüpfer zu machen).

    Mieke tritt ihren Heimweg an.

    Wenn du möchtest, kannst du sie ein wenig beobachten, wie sie die Landstraße entlanggummistiefelt und dabei pfeift. Ja, stiefelt. Zurzeit hält Nella Gummistiefel nämlich für die praktischsten Schuhe auf der ganzen Welt. Sie trägt sie immer und überall, außer in der Badewanne.

    Nella ist cool. Seit zwei Wochen hat sie Dreadlocks. Sie ist sechzehn und Miekes große Schwester. Und auch wenn sie einiges unternimmt, was Mieke sehr merkwürdig findet, ist sie doch die beste Schwester, die Mieke sich vorstellen kann. Außer: Sie hat schlechte Laune.

    »Denn dann gehört sie auf den Sperrmüll«, sagt Mieke zu der kleinen Straße, die hier abzweigt und in den Wald hineinführt, zu Miekes Haus. Eine schmale Straße voller Löcher (so groß, dass darin ganze Elefantenherden baden könnten, sagt Papa) und voller Sonnenflecken und tiefer Tannenschatten, an deren Rändern Insekten aufglühen.

    Es ist immer ein wenig gruselig, diesen einsamen Weg nach Hause zu laufen. Mieke wohnt mit ihrer Familie hier ganz allein. Das Nachbarhaus ist unbewohnt.

    Das heißt natürlich: kein Kind nebenan. Wenn Mieke außerhalb der Schule Kinder sehen will, muss sie den Weg um das Gerstenfeld hinterm Haus nehmen. Oder gleich mitten hindurchrennen. Und das tut Mieke. (Vorausgesetzt natürlich, der Bauer guckt nicht, denn Bauer Ullrich liebt seine Gerste.)

    Aber was soll sie auch machen, wenn jenseits des Feldes, am Grunde des Waldes, ein See wartet?

    Und außerdem Miekes bester und ältester Freund, Karel?

    Jetzt ist Mieke am Ende ihres Heimwegs angekommen. Nur noch an dem flachen weißen Nachbarhaus vorbei, das schon so lange leer steht, wie Mieke denken kann. Sie macht den Hals lang. Weder ihr noch Nella ist es bisher gelungen, einen Blick in das Haus hineinzuwerfen, obwohl sie neugierig sind wie junge Kühe, wie Mama immer sagt.

    Gelegentlich kommt zwar jemand vorbei und repariert etwas oder schneidet die Wacholderhecke, die sich rund um den Rasen zieht und größer ist als Papa. Doch die Rollläden bleiben meistens geschlossen.

    Heute aber ist etwas anders. Heute steht das Einfahrtstor offen und auf dem Kiesvorplatz wartet ein kleiner, zerbeulter Lastwagen. Mieke runzelt die Stirn. Dieses Auto hat sie hier noch nie gesehen.

    Zwei Rollläden sind halb heraufgezogen, das Haus blinzelt in die Nachmittagssonne. Mieke schleicht wie ein Indianer und lauscht.

    Eines der Fenster ist gekippt. Im Haus ist es still. Und auch sonst ist weder eine Heckenschere noch ein Rasenmäher weit und breit zu hören.

    Mieke bleibt stehen und kratzt sich am Schienbein. Pff. Eigentlich müsste man …

    Aber dann erinnert ihr Magen sie nachdrücklich daran, dass das Mittagessen auf sie wartet.

    Miekes altes Backsteinhaus, gleich jenseits der Wacholderhecke, ist nicht weiß, sondern rot und hier und dort hat es einen Erker. Das ist so eine Art Beule am Haus, und man kann wundervoll darin sitzen und lesen, besonders wenn es regnet und man sich Sofakissen hineinlegt – dann hockt man in einer Höhle aus pochender Regenmusik.

    Und da … da links oben … halb verdeckt von jeder Menge wildem Wein … da sticht ein kleiner Turm in den Himmel. Er ist rund und auf seinem Dach wächst Moos und unter dem Dach liegt ein kleines Zimmer, ganz nah an den Sternen. Miekes Zimmer.

    Nella hat dafür das Balkonzimmer bekommen und das ist immerhin fast gerecht.

    Mieke öffnet die eiserne Gartenpforte. Sie hat so viele Schnörkel, dass es die reine Musik ist. Ein schmaler Weg führt zwischen ein paar Apfelbäumen zu Miekes Haustür hinüber.

    Neben der Pforte blüht ein weißer Fliederbusch, in den man wunderbar klettern kann. Zum Beispiel, wenn man beobachten möchte, wer zu Besuch kommt.

    An der Hauswand, am Stamm des wilden Weins, lehnt Nellas altes rostiges Rennrad. Und über den Rand des Gartenwegs biegen sich einige Tulpen.

    Moment – biegen sich einige Tulpen? Mieke bückt sich, als sie daran vorbeiläuft.

    In jeder Tulpe sitzt eine Elfe.

    Ja, eine Playmobil-Elfe natürlich, was hast du denn gedacht?

    Nun könnte es ja sein, dass all diese Elfen aus Miekes Fenster geklettert und am Regenrohr heruntergerutscht sind, um in den Tulpen auf Mieke zu warten, bis sie von der Schule nach Hause kommt. Weil sie solche Sehnsucht nach Mieke hatten. Das könnte womöglich sein.

    Aber Mieke weiß es besser und sieht sich suchend um. Playmobil im Garten bedeutet nämlich: Anni ist da.

    Anni spielt immer mit Miekes Playmobilfiguren, denn so etwas haben sie nicht bei ihr zu Hause. Sie ist erst fünf. Wenn sie in die Schule kommt, will Mieke sie als Patenkind haben.

    Und wenn Anni da ist, dann ist auch Tuve da. Obwohl heute doch gar nicht Flötendienstag ist, soweit Mieke sich erinnern kann.

    Miekes Herz pocht schneller.

    Tuve ist schon siebzehn, er und Anni wohnen weit weg am anderen Ende des Waldes in einem violetten Haus. Dort gibt es nur Dinge aus Holz, Wolle und Stoff und nichts aus Plastik oder Zucker.

    Tuve weiß übrigens alles. Also: alles.

    Natürlich kann er auch Querflöte spielen, und das ist der Grund, warum er jeden Dienstag ordnungsgemäß um das Feld herumradelt und in Miekes Wohnzimmer auftaucht. Dann schweben die Töne von zwei Querflöten über die Baumwipfel und in manchen goldenen Momenten passen sie sogar zueinander.

    Mieke pfeift, während sie den Gartenpfad entlang Richtung Haustür rennt.

    Möglicherweise …

    Vielleicht …

    Also, nur für den Fall, dass du es überlesen haben solltest: Mieke hat bald Geburtstag.

    Es ist allerdings nicht so, als würde irgendjemand in Miekes Umgebung wagen, das zu vergessen, zumal Mieke zehn wird.

    Miekes Wunschliste steht seit ungefähr drei Monaten fest. Hallo: fest? Die Wünsche wimmeln vielmehr nur so hin und her – ständig kommen welche dazu und andere ziehen wieder aus. Nur drei stehen immer dort, als hätte jemand sie festgetackert. Und das sind: ein Baumhaus. Ein Pferd. Ein Hund.

    Papa hat eine Hundeallergie. Sagt er.

    Mama hat eine Pferdeallergie. Behauptet sie.

    Trotzdem.

    Und eine Baumhausallergie gibt es ja wohl nicht!

    In Miekes verwildertem Garten, ganz hinten auf der Wiese, streckt ein alter grauer Baum seine Äste dem Himmel entgegen wie eine geöffnete Hand. Er blüht schon lange nicht mehr, Efeu klettert an ihm hinauf und jeden Frühling baut eine Amsel darin ein Nest.

    »Birne«, hat Tuve gesagt, als er den Baum zum ersten Mal gesehen hat vor ein paar Jahren.

    »Wie belieben?«, hat Mama verwundert gefragt.

    »Dort hinten, der alte Baum«, hat Tuve gesagt. »Ziemlich groß für einen Birnbaum, aber …« Er hat die Augenbrauen zusammengezogen und überlegt. »Total ideal für ein Baumhaus.«

    Seither ist Tuve Miekes Freund. Und seither fehlt Mieke und dem Birnbaum ganz schrecklich ein Baumhaus.

    Dann hat Mieke noch einen Wunsch, den man nicht auf eine Wunschliste schreiben kann. Man kann nur hoffen, dass er eines Tages vor der Tür steht und fragt: Hast du mich gerufen?

    Klar, würde Mieke sagen. Hast du es nicht gehört? Weißt du nicht, dass jedes Kind dich haben will?

    Logisch, würde der Wunsch antworten. Ich bin bloß leider sehr, sehr beschäftigt. Aber jetzt bin ich ja da, also freu dich und mecker nicht rum.

    Und dann würde »eine richtige Kinderbande« (denn so heißt der Wunsch) in Miekes Zimmer einziehen, und schon wäre Abenteuer in ihrem Leben, dass es nur so staubte.

    Das soll nicht heißen, dass Miekes

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