Das Leben der Haare
Von Oliver Götsch
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Über dieses E-Book
Meine Zeit als Friseur ist sehr spannend und ich bin dankbar für all die Erfahrungen, die ich sammeln durfte â bei meiner Arbeit mit den Haaren, aber auch im Umgang mit den Menschen.
Nun möchte ich Ihnen einen Teil meines Wissens zugäng-lich machen. Sie sollen lernen, Ihre Haarpracht selbst in Angriff zu nehmen und, gemeinsam mit Ihrem Friseur, nach Lösungen zu suchen â damit Sie glücklicher mit sich und Ihrer Frisur sind.
Denn: Erfolg beginnt am Kopf â privat und im Beruf!
Ich wünsche Ihnen nicht nur eine spannende Lektüre, sondern auch eine volle, glänzend schöne Haarpracht bis an Ihr Lebensende.
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Buchvorschau
Das Leben der Haare - Oliver Götsch
aufquellen.
Kapitel 1
Die Geschichte des Friseurs – wie alles begann
Das allgemein bekannte Bild des Friseurs war selbstverständlich nicht immer so, wie wir es uns heute vorstellen.
In unserer Zeit ist der Friseur hauptsächlich nur mehr für das Haareschneiden und -färben zuständig und fungiert nebenbei als Seelenklempner. Es gab aber Zeiten, in denen er weit mehr als Zuhörer, Haarpfleger und Produktberater war.
Die uns bekannten Ursprünge des Friseurberufs gehen auf die Jahre 800 bis 1240 n. Chr. zurück, damals gab es den Beruf des Baders. Dieser bereitete nicht nur Bäder für reiche Leute und andere zu, sondern er war auch für eine Vielzahl verschiedener Arbeiten verantwortlich – wie etwa die reizvolle Aufgabe, faule Zähne zu ziehen, kleinere Wunden zu verarzten und Knochenbrüche zu behandeln.
Bild: JörgBrinckheger/pixelio.de
Der Bader massierte die Badegäste, rasierte sie, schnitt ihnen die Haare, wandte Aderlass und Schröpfen an und ging auf die Suche nach Flöhen. Er war für die damalige Zeit der Hausarzt für jedermann und seine Praxis waren die Badestuben, in denen ein reges Treiben und eine ausgelassene Stimmung herrschten.
Da die hygienischen Bedingungen damals jedoch noch nicht so ausgereift waren, ging der Schuss leider nach hinten los. Die anfänglichen Wohlfühloasen entpuppten sich durch die Feuchtigkeit und Wärme als ideale Brutstätten für Viren, Seuchen, Krankheiten und die damals gefürchtetste Plage, die Pest!
In jener Zeit entstand das eigentliche Berufsbild des Friseurs – auch wenn es damals noch keine Dauerwellen, Färbungen, Packungen, Haarverlängerungen u.v.m. gab.
Erst in der Renaissance begann man, die Haare mit der noch heute verwendeten und besonders hautfreundlichen Naturfarbe Henna zu färben. Die venezianischen Frauen versuchten ihre Haare auch mit Safran oder durch die Sonne zu bleichen, um ihren griechischen Vorbildern möglichst ähnlich zu sein, da bei diesen nämlich blondes Haar als die Haarfarbe der Götter galt. Wer bedauerlicher-weise nicht mit einer wallenden Mähne, die mithilfe des griechischen Knotens zusammengebunden wurde, gesegnet war, trug Perücken aus echtem Haar oder Schafwolle. Dieses Merkmal war besonders bei elitären Veranstaltungen in Athen zu sehen, da dort in der Öffentlichkeit ge-pflegtes Auftreten mit aufgeplusterter Frisur Pflicht war.
Die alten Römer wandten eine ganz besondere Methode an: Sie hielten sich für den Nachschub ihres künstlichen Haarschmucks Sklavinnen aus dem damaligen Germanien.
Während der Renaissance wurden die Formen der Frisuren zusehends prächtiger und ausgefallener und schon bald begann sich der Friseur immer mehr vom eigentlichen Bader abzuheben. Er spezialisierte sich, neben der Kreation von ausgefallenen und aufgepushten Herrenfrisuren, bald auch auf die Haarpracht der Frauen, denn schließlich wollten auch diese durch kunstvolle Frisuren und schöne Haare auffallen.
Auf die Renaissance folgte das Zeitalter des Barock, in dem die Könige noch immer die unumstrittenen Herrscher waren. Ausgehend von Frankreich verbreitete sich ein neuer Zeitgeist, der gekennzeichnet war von Prunkbauten und Luxus, und es entstand der Beruf des Hoffriseurs. Er galt als großer Künstler, und seine Dienste wurden reichlich entlohnt, er genoss viele Vorteile und besaß ein hohes Ansehen.
Allein in der Epoche des Rokoko konnte das Ansehen dieses Berufsbildes noch gesteigert werden. Eigene Friseurakademien entstanden, und der Friseur-Künstler, wie man ihn damals auch nannte, bezog das Einkommen eines Ministers. Er führte ein Leben in Reichtum und großem Luxus und verlangte eine so hohe Entlohnung, dass nur Könige, Adelige und gutsituierte Kaufleute es sich leisten konnten, die Haare vom Friseur schneiden zu lassen.
Heute noch bekannte Hoffriseure waren z.B. Dage, der Friseur von Madame de Pompadour, sowie Autier, der Marie Antoinette frisieren durfte.
Bild: Marianne J./pixelio.de
Da man es mit dem Waschen und mit der Hygiene im Allgemeinen immer noch nicht so genau nahm, verwendete man, anstelle von Wasser und Seife, Puder. Dieser hatte dieselben Eigenschaften und Aufgaben wie das heutige Trockenshampoo. Auch wurde einstweilen das Baden komplett verboten, da die Badestuben, wie bereits erwähnt, durch die warme und feuchte Luft reinste Brutstätten vieler Krankheiten waren. Sich nicht mehr zu waschen sollte also die Gefahr vor Erkrankung reduzieren.
Die größten Veränderungen im Beruf des Friseurs begannen ca. im Jahre 1850. Man entdeckte das Wasserstoffperoxid und konnte dadurch hellere Blondierungen als mit Henna, Safran, Ziegenfett oder Birkenasche erreichen.
Ungefähr um 1900 erfand schließlich Marcel Grateau das Onduliereisen und sofort entwickelte sich ein neuer Trend: Die Frauen, die es sich leisten konnten, ließen sich nun die Haare zu einer Wellenfrisur ondulieren. Bevor der Friseur Karl Nessler die Heißdauerwelle erfand – deren Durchbruch anfangs allerdings auf sich warten ließ, denn nicht jeder vertraute der Technik des elektrischen Erhitzens –, war das Onduliereisen die einzige Möglichkeit, starke und schöne Wellung nach Wunsch zu erzielen.
Zur gleichen Zeit wurde die Haarschneidemaschine, vorerst noch handbetrieben, erfunden und hauptsächlich beim Bart-Stutzen eingesetzt, da damals weder Männer noch Frauen Kurzhaarfrisuren trugen.