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Spermien mögen Maiglöckchen: Kurioses aus Botanik, Züchtung und Genetik
Spermien mögen Maiglöckchen: Kurioses aus Botanik, Züchtung und Genetik
Spermien mögen Maiglöckchen: Kurioses aus Botanik, Züchtung und Genetik
eBook573 Seiten6 Stunden

Spermien mögen Maiglöckchen: Kurioses aus Botanik, Züchtung und Genetik

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Über dieses E-Book

Mehr als zweitausend Jahre Praxis, Entwicklung und Forschung an Pflanzen bieten sehr viel Stoff für Anekdoten und kuriose Begebenheiten. Die kurzweilig geschriebenen Kapitel geben Anlass zum Staunen und Schmunzeln, aber auch zum Nachdenken!
Die souveräne Auswahl der Themen, Sortierung und ihre prägnante Abhandlung lassen den Sachverstand und das nötige Einfühlungsvermögen des Autors erkennen.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum20. März 2012
ISBN9783844851748
Spermien mögen Maiglöckchen: Kurioses aus Botanik, Züchtung und Genetik
Autor

Rolf Schlegel

Prof. Rolf Schlegel ist Emeritus für Zytogenetik, Genetik und Pflanzenzüchtung nach über 50 Jahren Erfahrung in Forschung und Lehre. Er ist Autor von mehr als 200 wissenschaftlichen Publikationen und anderen Abhandlungen, Koordinator interna-tionaler Forschungsprojekte und Mitglied mehrerer internationa-ler Organisationen. Er veröffentlichte bereits erfolgreich fünf Fachbücher in englischer Sprache, herausgegeben von drei amerikanischen Verlagen. Rolf Schlegel diplomierte 1970 auf dem Gebiet der Genetik und Pflanzenzüchtung und promovierte 1973. Die Habilitation (Dr. sc.) folgte 1982. Er war langjährig an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, dem Institut für Genetik und Kulturpflanzenforschung der Akademie der Wis-senschaften in Gatersleben, dem Institut für Getreide und Son-nenblumen-Forschung, Dobrich/Varna, sowie dem Institut für Biotechnologie der Bulgarischen Akademie der Landwirt-schaftswissenschaften tätig; darüber hinaus an verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen der USA, Brasilien, England, Japan, Russland und anderen Ländern. Seit geraumer Zeit hat er die Ahnenforschung seines Heimatortes Stadtlengsfeld zur Freizeitbeschäftigung gemacht. Dabei entstand eine Datei von mehr als 60.000 Personen-Einträgen aus der mehr als tausendjährigen Historie des Ortes. Die Schicksale der Menschen und deren Leben bieten Stoff für eine Vielzahl von Geschichten und historischen Darstellungen. Diese einem breiten Publikum kundzutun, ist eine neue Passion des Autors.

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    Buchvorschau

    Spermien mögen Maiglöckchen - Rolf Schlegel

    Index

    1. Namen und Inhalte in der Botanik

    Wenn man sich mit dieser Thematik beschäftigt, muss mit Studien zur Herausbildung der deutschen Sprache beginnen. Wer Latein lernt, dem fallen schnell – bei aller Fremdheit der neuen Sprache – gewisse Ähnlichkeiten im Wortschatz und der sprachlicher Kultur auf. So etwa: habere > haben, non > nein, nemo > niemand, est > ist, sunt > sind, nasus > Nase, fenestra > Fenster oder plantāre > pflanzen.

    Dass die Germanen vor ihrer Begegnung mit den Römern keine Gourmets waren, zeigt sich noch heute in unserer Sprache. Die Wörter Küche und kochen sind nämlich schon Latinismen und stammen von lat. coquīna und coquere. Die kunstvolle Zubereitung von Speisen in einem eigenen Raum – der Küche – wurde offenbar als so römisch empfunden, dass man hierfür ganz früh – noch vor der hochdeutschen Lautverschiebung – in den germanischen Sprachen die lateinischen Lehnwörter übernahm. So wird aus cerasium > Kirsche, aus prūnus > Pflaume, aus vīnum > Wein, aus vīnitor > Winzer oder aus fructus > Frucht. Vor dem Kontakt mit den Römern ernährten sich die Germanen hauptsächlich von Fleisch, Milchprodukten, Wurzeln und einigen wenigen einheimischen Wildgemüsen und -kräutern.

    Menschen haben den Pflanzen ihrer Umgebung schon immer Namen gegeben. Die waren und sind regional verschieden. Manchmal erscheinen sie uns heute als kurios. Dennoch widerspiegelten sie entweder den subjektiven Eindruck, den sie bei den früheren Menschen (verschiedener Kulturepochen) hinterliessen, die Nutzung oder andere Eigenschaften. Eine kleine Auswahl verdeutlicht das:

    Alpenrose, Alpenveilchen, Baumwolle, Buchweizen, Edelweiss, Fetthenne, Fleissiges Lieschen, Frauenschuh, Froschlöffel, Gänsegrün, Gelbsterne, Hasenohr, Himmelschlüsselchen, Jelängerjelieber, Katzenpfötchen, Knöterich, Krause Glucke, Krebsschere, Lebkuchenbaum, Mädchenauge, Männertreu, Mauerpfeffer, Osterglocke, Pfingstrose, Pusteblume, Sanddorn, Stechapfel, Stiefmütterchen, Stockschwämmchen, Studentenblume oder -nelke, Tausendschönchen, Tollkirsche, Tränendes Herz, Tulpenbaum, Vergissmeinnicht, Weidenkätzchen, Wolfsmilch etc.

    Die Namensgebung in der Biologie ist heute ziemlich eindeutig durch verschiedene international gültige Regelwerke und Vereinbarungen reglementiert. In Werken wie dem „Internationalen Code der Botanischen Nomenklatur" ist festgelegt, wann ein wissenschaftlicher Name rechtmässig ist und wann er nicht akzeptiert wird. Die Entscheidung dazu trifft im Falle der Pflanzen die International Assoziation for Plant Taxonomy" (IAPT).

    Diese Regeln sind ausgesprochen praktisch, da man sich auf diese Weise weltweit ohne grosse Sprachverwirrung über eine bestimmte Pflanze unterhalten kann. Man bedenke nur wie viele verschiedene deutsche Namen mitunter für nur eine einzige Pflanze bekannt sind.

    Bei der Benennung der Pflanzen hat man sich für die alten Sprachen der Wissenschaft entschieden: Lateinisch und Griechisch. Fälschlicherweise werden die wissenschaftlichen Pflanzennamen häufig ganz platt als „lateinische Pflanzennamen" bezeichnet, obwohl viel mehr Worte aus dem griechischen Sprachgebrauch stammen. Verstärkt wird dieser falsche Eindruck obendrein durch die Latinisierung der griechischen Gattungs- und Artnamen. (aus der griechischen Endung „–os" wird z. B. die lateinische Endung „–us").

    Der wissenschaftliche Name einer Pflanze besteht immer aus zwei Worten – die sog. binäre Namensgebung. Das erste Wort bezeichnet dabei die Gattung (lateinisch: genus) und das zweite die Art (lateinisch: species). Der Gattungsname wird stets gross geschrieben, die Artbezeichnung beginnt mit einem kleinen Anfangsbuchstaben.

    Doch obwohl durch diese Regeln relativ enge Grenzen gesetzt sind, gibt es doch immer wieder Menschen, deren kreative und weniger kreative Benennungen einen gewissen Unterhaltungswert haben.

    Manchmal gibt es Pflanzen, die über zwei botanische Namen verfügen, beispielsweise der Rainfarn. Er hat auch im Deutschen viele Bezeichnungen wie Drusendrud, Kraftkrud, Milchkraut, Michelkraut, Pompelblume, Regenfahn, Rehfarn, Reifen, Reinfaren, Revierblume, Tannkraut, Wurmkraut oder Wurmsamen.

    Der Igelschlauch (Baldellia ranunculoides, ein kleiner, zierlicher, heimischer Dauerblüher mit blass-rosa Blüten) ist eine Pflanze der Feuchtgebiete, gehört aber zu den Froschlöffelgewächsen (Alismataceae).

    Die botanischen Namen sind entweder Chrysanthemum vulgare oder Tanacetum vulgare. Hier ist die Klassifikation wohl noch nicht eindeutig entschieden. In Gartenfachbüchern findet man meist die Bezeichnung Chrysanthemum, die sich aus „verwandtschaftlichen" Beziehungen mit anderen Korbblütlern herleitet. Der griechische Name Chrysanthemum setzt sich übrigens aus „chrysos" für Gold und „anthemon" für Blume zusammen.

    In der Kräuterliteratur überwiegt der Name Tanacetum. Dieser soll sich vom griechischen „tanaos" ableiten, was in etwa „hohes Alter" bedeutet. Man meint, dass damit möglicherweise auf die ungewöhnlich lange Blütezeit der Pflanze angespielt wurde.

    Die botanische Penibilität führt manchmal auch zu ellenlangen Bezeichnungen, obwohl es sich lediglich um ein einzelnes Pflänzchen handelt, z. B. bei dem Bach-Steinbrech = Saxifraga aizoon var. aizoon subvar. brevifola forma multicaulis subforma surculosa, d. h. die Unterart einer Pflanze namens Saxifraga aizoon. Ähnlich ist es mit Archaeohystrichosphaeridium, der Gattungsname eines fossilen Dinoflagellaten.

    Der schweizer Botaniker Caspar BAUHIN (1560–1624) hatte in „Pinax Theatri Botanici (Basel 1623) als Erster den Versuch unternommen die verwirrende Vielfalt der Pflanzennamen (ca. 6.000 Arten) zu ordnen. Er unterschied bereits konsequent die Begriffe „Gattung und „Art". Eine Pflanze wurde bei BAUHIN durch einen Gattungsnamen und mindestens ein Beiwort beschrieben, das die beschriebene Art von anderen Arten der gleichen Gattung unterschied.

    Mit der Entdeckung neuer Pflanzenarten wurde die diagnostische Namen immer länger. Eine der Schwertlilienarten trug beispielsweise den Namen „Iris latifolia germanica ochroleucos venis flavescentibus et purpurascentibus distincta". Um eine Art zu zitieren, musste man faktisch die komplette Beschreibung der Art angeben. Die Schwertlilie (Iris sp.) ist verständlicherweise nach den Blättern benannt, die zweischneidigen Schwerterklingen gleichen.

    „Um selbst den sanften Blumen den Glauben an den ewigen Frieden auf Erden zu rauben, baute der Lenz mitten in den Kelch einer Lilie das Wahrzeichen des Kampfes, ein gezücktes Schwert hinein."

    Letzteres ist eine poetische Umschreibung von Arthur SILBERGLEIT. Allerdings gibt es auch sehr kurze Art- und Gattungsnamen, z. B. Aa, der Gattungsname einer Orchidee aus den Hochlagen der Anden in Südamerika. Heinrich Gustav REICHENBACH unterteilte die Gattung Altensteinia im Jahre 1854 und beschrieb die Gattung Aa mit zwei Arten, Aa paleacea und Aa argyrolepis. In der Erstbeschreibung gibt er keine Erklärung für den ungewöhnlichen Namen. Es gibt die Vermutung, er habe den Namen gewählt, um in alphabetisch sortierten Listen immer an erster Stelle aufzutauchen. Es könnte aber auch eine Ehrung Pieter van der AAS sein, der Drucker von Paul HERMANNS „Paradisus Batavus". Eine dritte Möglichkeit ist, dass sich der Name als Verkürzung von der nahe verwandten Gattung Altensteinia ableitet.

    Einige Jahre später machte REICHENBACH seine Einteilung wieder rückgängig und stellte alle Arten wieder zu der Gattung Altensteinia, während Rudolf SCHLECHTER 1912 wieder die Trennung vorschlug.

    Es ist schon ein Kreuz mit den Namen.

    Verpiss dich Pflanze!

    Besonders gefragt unter den Gärtnern ist zurzeit ein Lippenblütler mit dem etwas ordinären Namen „Verpiss-Dich-Pflanze". Hunde, Katzen, Marder, Füchse und Kaninchen soll die Pflanze auf Abstand zum Blumenbeet halten und zwar auf ganz natürliche Art. Sie ist eine künstliche Interspezies-Hybride mit Plectranthus caninus aus der Gattung der Harfensträucher (Plectranthus sp.) der Familie der Lippenblütler. Sie stammt aus Ostafrika. Ähnliche Züchtungen sind im englischen Sprachraum als „scaredy cat plant oder „pee-off plant bekannt.

    Der deutsche Name geht auf den schwäbischen Gärtner Dieter STEGMEIER aus Essingen zurück. Er hat sie 2001 durch die Medien bekannt gemacht und vermarktet sie seitdem unter dem Namen Coleus caninus als „Mittel gegen Hundekot auf Beeten und Grünanlagen". Ihre Geheimwaffe ist ihr Geruch.

    Für Menschen ist er nicht wahrnehmbar. Erst wenn man ein Blatt zerreibt, wird er erlebbar. Aber für Tiere, die ein viel feineres Geruchssystem als wir Menschen besitzen, soll er extrem abweisend sein. Als anspruchsloser Bodendecker wird die Pflanze immer mehr in Vorgärten heimisch.

    Das Gänseblümchen

    Weil das Blümchen als Gänsefutter beliebt war, hat sich sein Name im deutschsprachigen Raum fast überall durchgesetzt. Das Gänseblümchen (Bellis perennis), auch „Massliebchen, „Tausendschön(chen) oder schweizerisch kleine Margerite („Margritli") genannt, ist eine Blütenpflanze aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae). Früher waren Gänseblümchen seltener, erst seit unsere Grünflächen häufig gemäht werden, bekommt die Pflanze zum Gedeihen genug Licht. Im Mittelalter gehörte das Gänseblümchen zu den Universalheilpflanzen. In England wurde es sogar als Kulturpflanze in Gärten gezogen.

    Besonders heil- und zauberkräftig sollen die ersten drei sein, die man im Frühjahr findet! Wer sie gleich isst, soll das ganze Jahr vor Fieber und Zahnschmerzen geschützt sein. Wir finden das Gänseblümchen heutzutage auf nährstoffreichen Wiesen, an Wegrändern und im Gartenrasen. Es ist sehr robust und blüht bei mildem Wetter das ganze Jahr. Geerntet werden Blätter, Knospen und Blüten. Sie enthalten viele bioaktive Stoffe, die das Immunsystem stärken, Veränderungen der Körperzellen abwehren und so gegen Krebs wirken können. Bitterstoffe regen die Verdauungsorgane und den Stoffwechsel an und so ist diese kleine Pflanze das ideale Frühjahrselixier.

    Die inneren Blättchen der Rosetten sind besonders zart. Sie werden frisch in Salate gemischt und passen zu Kartoffelsalat, in Kräuterbutter oder zu Quarkaufstrichen. Als Beigabe bereichern sie auch Obst und Gemüse und gekocht schmecken sie in Suppen und Sossen. Die geöffneten Blütenköpfe sind zwar etwas bitter, aber das macht das Gänseblümchen durch sein Aussehen wieder wett. Ein Tee aus Blütenköpfen hilft bei Verschleimung der Atemwege und aktiviert Magen, Leber und Galle. Getrocknet lassen sie sich auch für Teemischungen verwenden. Die Knospen und halb geöffneten Blüten schmecken angenehm nussartig. Ähnlich wie Kapern in Essig eingelegt, sind sie eine raffinierte Leckerei zu gekochtem oder gegrilltem Fisch. Mit Gänseblümchen garniert wird jede Speise zu etwas Besonderem. Sie bringen Farbe, Leben und wie ihr lateinischer Name „bellis" sagt, „Schönheit" ins Essen.

    Der Lebkuchenbaum

    Eine echte Besonderheit für den Garten oder für Parks ist der Lebkuchenbaum, Kuchenbaum, oder auch Japanischer Katsurabaum (Cercidiphyllum japonicum). Der Baum hat ein freundliches hellgrünes Laub mit herzförmigen Blättern, welches sich im Herbst in den verschiedensten Gelbgrün, Gelb- und Karmintönen färbt. Ist das Laub heruntergefallen duftet es angenehm nach Zuckerwatte, Lebkuchen oder frisch gebackenem Kuchen. Daher rührt auch der Name.

    Das Stiefmütterchen

    Es gehört eigentlich zu den Veilchen, von denen es mehr als 800 Arten gibt. Im Gegensatz zu dem wohlriechenden, blauen Veilchen (Viola odorata) fristet es eher ein bescheidenes Dasein. Die Wildform, Viola tricolor, das Ackerstiefmütterchen, ist mit seinen drei Blütenfarben geruchlos. Die fünf bunten Blütenblätter werden von fünf Kelchblättern getragen. Das unterste, grosse und stark gefärbte Blütenblatt sitzt auf zwei Kelchblättern. Das Stiefmütterchen verdankt seinen Namen dem untersten grössten Kelchblatt, das „Stiefmutter genannt wird. Die beiden kleineren Seitlichen heissen „Töchter. Die beiden obersten kleinen Blätter heissen „Stieftöchter". Ungeklärt bleibt noch immer die Frage, warum diese Blätter so benannt wurden.

    In manchen Regionen ist man sich sicher, in der Blüte auch noch den Vater zu entdecken.

    Symbolisiert von Griffel und Narbe der Blüte sitzt er nämlich in der Mitte der Blüte und von den Frauen seiner Familie eingezwängt. Er kommt erst heraus, wenn Frau und Kinder ausgegangen sind, wenn nämlich die Blume verblüht ist und die Blütenblätter abgefallen sind. Deshalb spricht man im Volksmund bis heute von „stiefmütterlicher Behandlung, wenn jemand einen anderen Menschen vernachlässigt. Diese Symbolik wurde wie so oft nachträglich „erfunden.

    Das Pflänzchen hat in Märchen, Sagen und Erzählungen seinen Niederschlag gefunden. Auf Grund seiner verschiedenen Inhaltsstoffe ist es auch in der Volksheilkunde bekannt und wird heute sogar in Speisen und Parfüms verarbeitet.

    Der Pflanzenzüchter als „Frankenstein"

    Roystonea, die Königspalme (R. regia), ist eine der bedeutendsten Palmgewächse in der Karibik und sogar im Nationalwappen Kubas verankert. Der Gattungsname wurde von Orator F. COOK (1867–1949), einem amerikanischen Botaniker, Entomologen und Agronom um 1900, geprägt, und zwar zu Ehren von Roy STONE, einem amerikanischen General, der bei der Eroberung von Puerto Rico während des spanischamerikanischen Krieges beteiligt war. Ein amerikanischer Biologe, Ian RAMJOHN, wunderte sich jüngst, warum der erste Gattungsname durch Oreodoxa ersetzt wurde. Nach den Gründen dafür suchend, fand er heraus, dass COOK neben taxonomischen, genetischen und evolutionären Publikationen auch solche Arbeiten veröffentlichte wie: „Human Hybrids in Virginia (Menschliche Bastarde in Virginia) oder „Idiots as Reversions: Mongolism and Other Abnormalities Ascribed to Racial Interbreeding (übersetzt: Idioten sind Rückfälle: Der Mongolismus und andere Abnormitäten durch rassische Inzucht).

    Es kam also heraus, dass COOK ein sog. Eugeniker war, d. h. ein (Pseudo-)Wissenschaftler, der die menschliche Rasse, durch gezielte Auslese und Züchtung verbessern will.

    Bei weiterer Betrachtung der historischen Befunde kam zudem zutage, dass nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA, der früheren Sowjetunion und anderen Ländern es nicht ungewöhnlich war, dass Vererbungsforscher und Pflanzenzüchter sich mit Populationsproblemen, Zwillingsforschung, Rassenvermischungen und Rassenfragen beim Menschen beschäftigten.

    Jack H. KEMPTON, ein Forscher des United State Department of Agriculture (USA) war Maiszüchter. Auch er befasste sich nicht nur mit dem Ursprung der Kulturpflanzen, sondern auch mit eugenischen Massnahmen zur Verbesserung der amerikanischen Bevölkerung. Er schrieb unter anderem, dass die Maiszüchtung als eugenisches Modell dienen kann – „eine Art nützlicher Frankenstein". [154, 155, 156, 157, 158, 159, 160]

    Aber die Umbenennung der Gattung Roystonea hatte nichts mit den rassistischen Äusserungen von COOK zu tun, der 1901 diesen Namen vorschlug. Es hatte damit zu tun, dass die taxonomischen Regeln besagen, dass der Erstbeschreiber der Art das Privileg hat, einen Namen vorzuschlagen, und dieser Name in den allgemeinen Gebrauch übergehen soll. Den Gattungsnamen „Oreodoxa" schlug nämlich schon 1807 der deutsche Botaniker Carl Ludwig WILLDENOW (1765–1812) vor.

    Benennung nach Prominenten

    Nichts ist unmöglich

    Eine im Februar 2006 in Ekuador neu entdeckte tropische Pflanze aus der Familie der Enziangewächse wurde nach den US-Punk-Rockern „Green Day benannt! Der schweizer Botanikprofessor Jason R. GRANT fand sie mit seinen Studenten. Da die Pflanze natürlich noch keinen Namen hatte, musste ein neuer gefunden werden. Seine Studenten sind grosse Fans der US-Punk-Rockband „Green Day. Als sie über einen Namen nachdachten, kam ihnen einfach Macrocarpaea dies-virdis in den Sinn. Der letzte Teil des lateinischen Namens bedeutet Green Day (= grüner Tag).

    Obgleich GRANT und die Studenten Fans der Band sind, benannten sie die neue Art auch in Anerkennung des Engagements der drei Rocker für das „Natural Resources Defense Council", einer Organisation, die sich dem Artenschutz widmet.

    Das Ganze hat der Professor in einem Fachblatt veröffentlicht. „Green Day" sind nicht nur auf den Bühnen der Welt zu Hause, sondern vielleicht auch in der Biologievorlesung! Auch wenn ihr musikalischer Glanz eines Tages verblasst, wird ihr Werk in dem botanischen Namen fortbestehen.

    Auch eine zweite Art aus der Gattung erhielt ihren Namen auf kuriose Weise: Macrocarpaea apparata wurde mit dem englischen Neuverb „to apparate („erscheinen) assoziiert, das mit dem Buch „Harry POTTER and the Chamber of Secrets von J. K. ROWLING (1998) populär wurde. „Als wir die ersten Exemplare der neuen Art fanden, konnten wir nur sterile Individuen erkennen. Nachdem wir den ganzen Nachmittag bis kurz vor der Dämmerung suchten, fanden wir endlich quasi aus dem Nichts auftauchend mehrere blühende Pflanzen, die sich anscheinend direkt vor uns verborgen hatten [268]

    Das jüngste Beispiel ist eine in Kalifornien (USA) entdeckte Flechtenart, die zu Ehren des neuen amerikanischen Präsidenten, Barack OBAMA, Caloplaca obamae, benannt wurde und im pleistozänen Boden der Insel Santa Rosa wächst. Der Biologe der Universität von Kalifornien in Riverside, Dr. Kerry KNUDSEN, war gerade auf Sammelreise als es in die „heisse Phase" des Präsidenten-Wahlkampfes ging. Er war von der neuen amerikanischen Politik, dem Charisma von B. OBAMA und der wissenschaftsfreundlichen Einstellung des Kandidaten begeistert.

    Ein Topffruchtgewächs (Lecythidaceae), wurden nach dem französischen Kaiser Napoleon BONAPARTE (oder NAPOLEON I.), Napoleonaea imperialis, benannt.

    Nicht ungewöhnlich ist, dass man Sorten von Kultur- und Zierpflanzen nach bekannten Persönlichkeiten benennt. Rosen tragen Namen wie „Cardinal Richelieu, „Archiduchesse Elizabeth d'Autriche, „Jeanne d'Arc, „Princesse Marie Adelaide de Luxembourg, „Regierungsrat Rottenberger, „Mildred Scheel, „Aenne Burda, „Bobby Charlton etc.

    Im Zuge der Etablierung des berühmten botanischen Gartens von England, Kew Gardens, wurde George BANKS, ein Pflanzenkenner schlechthin, angeheuert. BANKS begleitete nicht nur Captain COOK auf dessen erster Weltumsegelung in den Jahren 1768 bis 1771, er liess auch durch den königlich bestallten Sammler Francis MASSON weltweit nach unbekannten Spezies Ausschau halten. So brachte dieser – ein Beispiel unter vielen – Strelitzia reginae nach England, gewidmet der Gemahlin Georgs III., Charlotte von Mecklenburg-Strelitz, was der Pflanzengattung der Strelitzien ihren Taufnahmen verlieh. [12, 13, 14]*)

    Auch liebevolle Namen werden manchmal vergeben: So nennen die Amerikaner seit 1879 einer ihrer grössten und ältesten Mammutbäume im Kings Canyon und Sequoia National Park nach dem Bürgerkriegsgeneral „General Sherman. Und da der Name offensichtlich nicht mehr zeitgemäss war, wurde er 1880 in „Karl Marx und zwei Jahre später wieder in „General Sherman" umbenannt.

    Sagen, Märchen und Mythen

    Durch morphologische Eigentümlichkeiten wie Form, Farbe usw. erhielten nach altem Glauben Pflanzen und Pflanzenteile ihre „Signatur, bestimmten Heilzwecken zu dienen. Der „Deutsche Vater der Botanik, Hieronymus BOCK (1498–1554), macht in seinem „New Kreuterbuch" aus dem Jahr 1551 darauf aufmerksam, dass der Querschnitt des Wurzelstocks beim Kreuzenzian (Gentiana cruciata) aussieht, als ob er mit einem Speere kreuzweise durchstochen wäre. Daher rührt wohl der Vulgärname „Speerenstich".

    Allermannsharnisch oder Sieglauch, der, als Amulett getragen, den feindlichen Geschossen die Kraft benahm, ist Allium victorialis, eine Zwiebelpflanze. Im späteren Alter schwindet das Parenchym der äusseren Zwiebelschuppen und es bleiben bloss die netz- oder kettenhemdartig zusammenhängenden Fibrovasalstränge zurück, die entfernt an einen Harnisch erinnern.

    Der Drachenbaum

    Beliebt ist er als haltbare und unempfindliche Zimmerpflanze. Er kann 2–3m gross werden. Besonders ausdrucksvoll ist die breitblättrige Dracaena deremensis mit ihren schönen weissgrün gestreiften Blättern. Auch die schmalblättrige, dünnstämmige Dracaena marginata und ihre buntbelaubten Sorten werden gemocht.

    Wie kam die Pflanze zu ihren Namen?

    Hexenringe sind die im Kreis wachsenden Fruchtkörper verschiedener Pilze.

    Verschiedene tropische Arten liefern ein rotes Gummiharz – das so genannte „Drachenblut", das zu Lacken und Polituren verarbeitet wird. Der Drachenbaum der Kanaren (Dracaena draco) stammt von den westlichen Küsten Afrikas. Es heisst, dass pfiffige Händler aus Venedig den roten Saft tatsächlich als Blut von Drachen verkauften.

    Drachenbäume treiben nach einem Rückschnitt mehrere neue Schöpfe aus, einem Drachen sollen ja der Sage nach ebenfalls mehrere neue Köpfe nachwachsen, wenn man einen abschlägt.

    So ist das mit dem Baum der Drachen.

    Menschenfresserbaum

    Der „Menschenfresserbaum (englisch: man-eating tree) gehört zu den aussergewöhnlichen Beiträgen der früheren Unterhaltungsliteratur, die zwischen 1881 und 1919 in US-Magazinen zu finden war. Im Fall des „Menschenfresserbaum gibt es auf Madagaskar ein Gewächs, von dem man annimmt, dass es für die Geschichte höchstwahrscheinlich Pate stand, die der Autor Dr. Carl LICHE zu Papier brachte. Es scheint die Titanenwurz (Amorphophallus titanum) gemeint zu sein, der eine der grössten Blüten der Welt hervorbringt. Eine ähnliche Geschichte des angeblich erst in den 1970er Jahren entdeckten affenfressenden Baumes im brasilianischen Amazonasdschungel wurde in Wirklichkeit schon 1939 veröffentlicht. Herausgeber war das „Field Museum of Natural History in Chicago (USA). Der Titel der Publikation lautete „Carnivorous Plants and The Man-Eating Tree. Die Autorin hiess Sophia PRYOR.

    Andrew WILSON, der angebliche Entdecker des mexikanischen Schlangenbaums, hat nie einen Fuss auf mexikanischen Boden gesetzt. Während des 19. und frühen 20. Jahrhunderts kamen Berichte über monströse fleischfressende Pflanzen zumeist aus Zentral- und Südamerika sowie Afrika nach Europa. Einige der interessanteren wurden in den „Science Jottings vorgestellt, einer wöchentlich erscheinenden Kolumne in der englischen Abendzeitung „Illustrated London News. Autor der „Science Jottings" war der englische Dozent und Physiologe Andrew WILSON. Für seine Artikel sammelte er sowohl seriöse als auch kuriose Meldungen aus in- und ausländischen Zeitungen, die er schliesslich in seinen Beiträgen vorstellte. Was seinerzeit in der Literatur als phantastisch klang, scheint manchmal in der realen Natur zu existieren, wie etwa die auf Neuseeland wachsende Ongaonga (Urtica ferox). Sie ist auch als Nesselbaum bekannt und kann bis zu 5m hoch werden. Schon die leichteste Berührung ihrer Blätter führt zu schweren Vergiftungen und Schmerzen, die Tage oder sogar Monate andauern und mit grossflächigen Hautentzündungen verbunden sind. Das Brennhaar der Nessel besteht aus einer Zelle, in der die ätzende Brennflüssigkeit gespeichert ist. Damit diese nicht in die Haltezellen eindringt und sie zerstört, ist die Zellwand durch Einlagerung von Kalk und Kieselsäure stabil und undurchlässig.

    Intensivere Berührungen können für Menschen und nicht einheimische Tiere aufgrund eines anaphylaktischen Schocks tödlich sein. Die Ongaonga gilt als die am stärksten hautreizende Pflanze der Welt und gehört zweifellos auch zu den giftigsten. Als die giftigste Pflanze zählt ihr riesiger, in Australien heimischer Artverwandter. Es ist der bis zu 40m hohe Riesennesselbaum, von den Australiern „Gympie Gympie" genannt. Seine toxische Wirkung entspricht der der Ongaonga, nur ist sein Gift wesentlich stärker. Und dennoch ist er botanisch gesehen nur eine Brennnessel, wenn auch eine riesige. Das Nesselgift dieser Pflanzen ist ebenso wie bei den kleineren Verwandten nichts anderes als Ameisensäure. [22]

    Ein grosses Korn ist nicht immer ein gutes Korn

    Nach den „Anales Xantenses wütete im Jahre 857 in Xanten am Niederrhein „eine grosse Plage mit Anschwellungen und Blasen unter dem Volke und raffte es durch eine entsetzliche Fäulnis hinweg, so dass Körperglieder sich ablösten und vor dem Tode abfielen.

    Später wurde die Krankheit aufgrund ihrer Symptome auch als „Brandseuche" (Ergotismus gangraenosus) oder als „Krampfseuche" (Ergotismus convulsivus syn. ignis sacer oder ignis infernalis) bezeichnet.

    Eine zweite, ganz andersgeartete Form der Erkrankung wirkt weniger auf den Blutkreislauf, sondern mehr auf das Nervensystem und verursacht die sog. „Kribbelkrankeit", die mit anfänglichem Hautkribbeln beginnt und über Muskelkrämpfe bis zum Bewusstseinsverlust führt. Auch bei Tieren werden Vergiftungserscheinungen ausgelöst. Sie äussern sich in Verdauungsstörungen, Blasen- und Geschwürbildungen (besonders im Bereich der Mundschleimhaut), Verwerfen während der Tragezeit, Störungen des Zentralnervensystems und häufig in Erblindung. Es sind ähnliche Symptome wie bei der Einnahme von LSD. Und in der Tat beinhalten die Mutterkorn-Alkaloide Lysergsäureamid (LSA), das mit dem Lysergsäurediethylamid (LSD) eng verwandt ist.

    Über Jahrhunderte blieb die Ursache im Dunkeln. Erste Zusammenhänge zwischen dem Verzehr von schlechtem Getreide und den klinischen Symptomen erkannten im Jahr 1630 der Antwerpener Arzt F. TUILLIER und der Franzose D. DODART. In Deutschland gingen die Meinungen weitere 150 Jahre auseinander, bis ein Bericht des Celler Arztes Johann Daniel T. TAUBE im Jahre 1782 die Theorien von TUILLER bestätigte. TAUBE hatte eine Epidemie untersucht, die in den Vorjahren in der Gegend von Celle aufgetreten war. Als Auslöser der verschiedenen Krankheitsbilder wurde schliesslich das Mutterkorn ausgemacht.

    Auch die berühmt-berüchtigte Hexenhysterie (und nachfolgender Prozesse) von Salem im Jahr 1692 in den USA geht mit grosser Wahrscheinlichkeit auf eine Ergotaminvergiftung zurück.

    Das Mutterkorn, im Volksmund früherer Zeiten auch Hungerkorn (französisch: ergot) oder Kornzapfen genannt, ist das Dauerstadium (Sklerotium) des vorwiegend auf Roggenähren, aber auch allen anderen Gräsern, parasitierenden Schlauchpilzes Claviceps purpurea. Das sog. Mutterkorn ragt oft als sehr grosses kornartiges Gebilde aus der Getreideähre (daher: Bockshorn oder Hahnensporn). Die braun bis schwarzviolett gefärbten, 2 bis 4cm langen Sklerotien überwintern auf dem Boden und bilden im Frühjahr Sporen, die für Neuinfektionen der Getreideblüten sorgen und die vom Pilzmyzel befallenen Fruchtknoten zu „Mutterkörnern" (Secale cornutum) werden lassen.

    Der Grund für den langsamen Tod durch den Ergotismus, so die fachliche Bezeichnung der Mutterkorn-Vergiftung, ist die gefässverengende Wirkung der Mutterkorn-Alkaloide, die im menschlichen Organismus zu massiven Durchblutungsstörungen führen. Diese Wirkung war es, die das Mutterkorn über eine lange Zeit hinweg zu einer wichtigen Arznei in der Geburtenhilfe zur Einleitung der Wehen und der Blutstillung machte.

    Der Name hat dennoch nichts mit der Anwendung im gynäkologisch-geburtshilflichen Bereich zu tun, sondern leitet sich von der mythologischen Kornmutter (Roggenmuhme), einem Vegetationsdämon, ab. Erstmalig beschrieben wurde das Mutterkorn 1582 von dem Frankfurter Arzt und Botaniker Adam LONITZER. Lateinische Abhandlungen zum Thema lieferten 1588 der Nordhäuser Stadtphysikus Johann THAL und 1596 der Medizinprofessor Caspar BAUHIN in Basel.

    Über Jahrhunderte hinweg entstanden durch den Verzehr von Mutterkorn-verseuchtem Getreide verheerende Massenerkrankungen. Trotz dieser Erkenntnis nahm die Seuche keineswegs ab, da Hungersnöte die ärmere Bevölkerung zwangen, unbereinigtes Getreide zu verzehren.

    Die kritische Grenze einer Vergiftungsgefahr ist heute bei Brotgetreide um 1% Mutterkorn-Anteil definiert. In Notzeiten hat das Mehl manchmal bis zu 30% aus zermahlenem Mutterkorn bestanden.

    Ein Rückgang der Seuche war später in Gebieten festzustellen, in denen die Kartoffel als Nahrungsmittel neben Getreide an Bedeutung zunahm.

    Die modernen Anbaumethoden und phytosanitären Massnahmen lassen die Bildung des Mutterkorns kaum noch zu – obwohl im Zuge des Biolandbaus wieder gehäuft Mutterkörner auftreten. [23, 24, 25, 195]

    Die Roggenmuhme

    In der germanischen Sage ist die „Roggenmuhme, oft auch „Kornmuhme („Korn ist in vielen deutschsprachigen Regionen Europas synonym für „Roggen), ein abgesunkener, weiblicher Feldgeist, der das Verwüsten und Schädigen von Roggenfeldern ahndet. Mit der „Roggenmuhme wird häufig die nordische Göttin SIF assoziiert. Ihr von Zwergen gemachtes goldenes Haar ist Sinnbild für das Getreide auf dem Feld. Sie ist sozusagen Göttin der Kornfelder und passt mit diesem eher bäuerlichen Charakter vorzüglich zu ihrem Mann THOR. Nach „Deutsche Sagen der Gebrüder GRIMM gibt es in der Mark Brandenburg unter den Landleuten die Mär von der „Roggenmuhme, die im Kornfeld stecke und die Kinder sich fürchteten hineinzugehen. Wenn das Getreide am höchsten steht und die sommerliche Mittagshitze sich über Feld und Wiese ausbreitet, dann geht die „Roggenmuhme über Land. Unsichtbar schwebt sie einher, und wenn sie Kinder am Rande des Kornfeldes sieht, die Mohn- und Kornblumen suchen, dann lockt sie das ahnungslose Völkchen immer tiefer in das wogende Meer der Halme. Wehe den Kleinen, die ihr folgen! Bald schlagen die Halme über den Köpfen der Kinder zusammen, sie werden von unerträglicher Müdigkeit befallen und sinken mit glühendheisser Stirn und brennenden Wangen in dem lispelnden Gewoge zu Boden. Deshalb sind die Mütter ängstlich bedacht, ihre Kinder an Julitagen nicht aufs Feld zu schicken, denn die Roggenmuhme liegt auf der Lauer.

    Auch die „Holzweibchen oder „Moosfräuleins sind im deutschen Volksglauben weibliche Dämonen des Windes, die den Menschen Glück bringen und dafür von diesen Anteil an der Flachs-, Getreide- oder Obsternte erhalten.

    In der Altmark schweiget man die Kinder mit den Worten: „Halts Maul, sonst kommt die Regenmöhme mit ihrem schwarzen langen Hitzen und schleppt dich hinweg! Im Braunschweigischen sowie Lüneburgischen heisst sie übrigens „Kornwyf.

    Aus dem Jahre 1662 geht die Sage, dass eine Saalfelder Frau dem Beamten erzählte: Ein dortiger Edelmann habe eine Sechswöchnerin und andere Untertanen gezwungen, zur Erntezeit Garben zu binden. Die Frau nahm ihr junges, säugendes Kind mit auf den Acker und legte es dort zu Boden. Über eine Weile sah der Edelmann, welcher zugegen war, ein Erdweib mit einem Kinde kommen und es um das der Bäuerin tauschen. Dieses falsche Kind hob an zu schreien, die Bäuerin eilte herzu, es zu stillen, aber der Edelmann wehrte ihr und hiess sie zurückbleiben. Er wolle ihr schon sagen, wann´s Zeit wäre. Die Frau meinte, er täte so der fleissigeren Arbeit wegen, und fügte sich mit grossem Kummer. Das Kind schrie unterdessen unaufhörlich fort. Da kam die Roggenmuhme von neuem. Sie nahm das weinende Kind zu sich und legte das gestohlene wieder hin. Nachdem der Edelmann alles das mit angesehen, rief er der Bäuerin zu und hiess sie nach Hause zu gehen. Seit der Zeit nahm er sich vor, nun und nimmermehr eine Kindbetterin zu Diensten zu zwingen. [26, 27, 28, 29, 30]

    Allraun

    Regional nennt man das Kraut auch Alraune, Alraunmännchen, Alräunchen, Alruneken, Alruncken, Galgenmännlein, Wurzelmännchen, Ölrun, Alaruna oder Mandragora: Nach deutschem Volksglauben besteht das Kraut aus einem fleischigen Wurzelstock wie ein geschnitztes Amulett, das einer menschlichen (meist männlichen) Gestalt ähnelt. Daher wurde das Allraun oft als Hausgott geehrt und an geheimen Orten oder Kästchen gehütet, sorglich gepflegt, manchmal prächtig gekleidet und Sonnabends in Wasser oder Wein gebadet. Selbst

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